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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Tarifpolitik steht unweigerlich vor einem bedeutungsvollen Wandel. So hat sich das Bundesarbeitsgericht mit seinen Urteilen vom 27. Januar 2010 und 23. Juni 2010 dazu entschlossen, den seit über fünfzig Jahren geltenden, aber seit jeher rechtlich umstrittenen Grundsatz der Tarifeinheit ‘ein Betrieb – ein Tarifvertrag’ aufzugeben. In Folge dessen wurde eine lebhafte Diskussion hervorgerufen. Im Mittelpunkt dieser Diskussion steht dabei neben dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur geänderten Rechtsprechung der Tarifeinheit die am gleichen Tag nach Bekanntgabe des Urteils veröffentlichte gemeinsame Initiative der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) mit ihrer Forderung nach einer mit Eingriffen in das Streikrecht verbundenen gesetzlichen Verankerung der Tarifeinheit innerhalb des Tarifvertragsgesetzes. Ihr Vorhaben begründen diese vor allem damit, dass nach der Kehrtwende des Bundesarbeitsgerichts zum Grundsatz der Tarifeinheit mit einer erheblichen Zersplitterung der Tariflandschaft sowie einer drastischen Zunahme von Arbeitskämpfen zu rechnen sei. Auch seitens der Politik fand die gemeinsame Initiative von BDA und DGB breite Unterstützung. Forschungsziel der Studie von Carsten Denis Graser ist es daher, die Frage zu analysieren, ob es nun tatsächlich aufgrund der geänderten Rechtsprechung des BAG zum Grundsatz der Tarifeinheit zu einer Zersplitterung der Tariflandschaft kommen kann, die vor allem durch unzählige Neugründungen von neuen Gewerkschaften (insb. neuer Spartengewerkschaften) hervorgerufen wird, die die Tarifeinheit in den Betrieben und in den Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet und ein Handeln seitens des Gesetzgebers, wie von BDA und DGB gefordert, notwendig macht.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5.4, Der Grundsatz der Tarifeinheit: Unter dem Grundsatz der Tarifeinheit versteht man den vom Bundesarbeitsgericht 1957 entwickelten Rechtsgrundsatz, der festlegt, dass in einem Arbeitsverhältnis oder in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag anzuwenden ist. (Völker / Herold 2011: 3 nach BAG, Urteil vom 22. Februar 1957 – 1 AZR 426/56). Es handelt sich dabei um eine Kollisionsregel für den Fall der Tarifkonkurrenz in einem Arbeitsverhältnis (Tarifeinheit im Arbeitsverhältnis) oder für den Fall der Tarifpluralität in einem Betrieb (Tarifeinheit im Betrieb), also für solche Fälle, in denen mehrere Tarifverträge gleichzeitig gelten (Völker / Herold 2011: 2 Gutzeit 2009: 1). Zur Tarifkonkurrenz in einem Arbeitsverhältnis kommt es, ,wenn beide Arbeitsvertragsparteien gleichzeitig der Bindung mehrerer Tarifverträge unterliegen, die zumindest teilweise denselben Regelungsgegenstand haben. Damit kommen auf ein Arbeitsverhältnis mehrere gleichrangige Rechtsnormen zur Anwendung, so dass ein Fall der Normenkollision vorliegt.' (Völker / Herold 2011: 2). In der Praxis kann sich Tarifkonkurrenz beispielsweise dadurch ergeben, ,dass ein Arbeitgeber, der als Mitglied eines Arbeitgeberverbandes einem Verbandstarifvertrag unterliegt, mit der selben Gewerkschaft, die den Verbandstarifvertrag abgeschlossen hat, einen Firmentarifvertrag abschließt. Arbeitgeber und die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft unterliegen dann nach § 3 Abs. 1 TVG der Bindung beider Tarifverträge.' (Völker / Herold 2011: 2). Da für ein Arbeitsverhältnis nur ein Tarifvertrag Geltung beanspruchen kann, ist Tarifkonkurrenz zwingend aufzulösen. Die Rechtsprechung löst das Problem der Tarifkonkurrenz nach dem Grundsatz der Tarifeinheit, demzufolge kann nur ein Tarifvertrag zur Anwendung kommen (Völker / Herold 2011: 2). Nach dem in diesem Fall anzuwendenden Spezialitätsprinzip gilt derjenige Tarifvertrag, der dem Betrieb in räumlicher, betrieblicher, fachlicher und persönlicher Ausrichtung am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen im Betrieb am ehesten gerecht wird (Völker / Herold 2011:3 Nebeling / Gründel 2009: 3). Im oben genannten Beispiel zur Tarifkonkurrenz verdrängt der sachnähere Firmentarifvertrag den Verbandstarifvertrag (Völker / Herold 2011: 3). Nach gängiger Interpretation hat das Spezialitätsprinzip außerdem zur Folge, dass der Tarifvertrag, der den kleineren Teil der Beschäftigten erfasst, insbesondere ein Berufs- oder Spartentarifvertrag, verdrängt wird (Monopolkommission 2010: 336). ,Tarifpluralität liegt demgegenüber vor, wenn der Betrieb des Arbeitgebers vom Geltungsbereich mehrerer Tarifverträge erfasst wird, während für die betreffenden Arbeitnehmer jeweils nur ein Tarifvertrag Anwendung findet. Damit gelten für verschiedene Arbeitnehmer eines Arbeitgebers unterschiedliche Tarifverträge.' (Völker / Herold 2011: 3). ,Zur Tarifpluralität kommt es vor allem dann, wenn ein Arbeitgeber mit mehreren verschiedenen Gewerkschaften Tarifverträge über den gleichen Regelungsgegenstand abschließt. Während für den Arbeitgeber alle von ihm abgeschlossenen Tarifverträge Tarifbindung Geltung beanspruchen, gilt für die betreffenden Arbeitnehmer derjenige Tarifvertrag, der von der jeweiligen Mitgliedsgewerkschaft abgeschlossen wurde, § 3 Abs. 1 TVG.' (Völker / Herold 2011: 3). In der Praxis ist ein Beispiel hierfür bei der Deutschen Bahn AG zu finden: Dort wird ein Tarifvertrag mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG und ein Tarifvertrag mit der Lokführer Gewerkschaft GDL abgeschlossen (Völker / Herold 2011: 3). ,Im Gegensatz zur Tarifkonkurrenz bedarf die Tarifpluralität nicht zwingend der Auflösung. So ist es prinzipiell möglich, dass im o.g. Beispiel für die Lokführer, die Mitglied der Gewerkschaft EVG sind, der EVG-Tarifvertrag und für die Lokführer, die Mitglied der GDL sind, der GDL-Tarifvertrag angewandt wird.' (Völker / Herold 2011: 3). Bisher galt nach der Rechtsprechung des BAG auch hier der Grundsatz der Tarifeinheit (Völker / Herold 2011: 3). In der Realität zeigt sich jedoch, dass sich in den Branchen, in denen der Grundsatz der Tarifeinheit bereits seine Machtstellung verlor, die Gültigkeit mehrerer Tarifverträge akzeptiert wird. Ein fortschreitender Wettbewerb der Gewerkschaften um Mitglieder ist somit zu erkennen. In der Praxis ist es jedoch üblich, dass eine Berufsgruppe eines Betriebes nur einer Gewerkschaft angehört. Für Krankenhausärzte gilt beispielsweise der Tarifabschluss des Marburger Bundes. Bei konkurrierenden Tarifverträgen gilt der jeweils günstigste für die Arbeitnehmer (Monopolkommission 2010: 336). Kleine durchsetzungsstarke Gewerkschaften werden in ihrer Organisationsform durch die jüngsten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes zur Frage der Tarifeinheit gestärkt. So wurde die Darlegung ,sozialer Mächtigkeit' erheblich erleichtert unter der Voraussetzung, dass die Gewerkschaftsmitglieder eine ,Schlüsselfunktion' ausüben (Monopolkommission 2010: 336 nach BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2004, 1 ABR 51/03, AP Nummer 1 zu § 2 TVG Tariffähigkeit (UFO)). Anstelle der Tarifeinheit im Betrieb ist in der Realität offenbar eine Tarifeinheit innerhalb einer Berufsgruppe getreten. Trotzdem versuchen die Arbeitgeber immer noch an der Tarifeinheit im Betrieb festzuhalten (Monopolkommission 2010: 336 nach Greiner 2007: 1023ff).

Über den Autor

Carsten Denis Graser wurde 1986 in Esslingen am Neckar geboren. Sein Studium der Volkswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Personalmanagement, Non-Profit-Ökonomik und Management, schloss der Autor im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad Bachelor of Science (B. Sc.) erfolgreich ab. Bereits während seines Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen im Bereich Personalmanagement und Tarifrecht.

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