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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 04.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Wohnungslosigkeit und Alkoholkonsum hängen oft eng zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Wohnungslosigkeit ist häufig Folge einer Alkoholabhängigkeit und die Rückkehr in eine eigene Wohnung wird durch den hohen Alkoholkonsum meist erschwert oder ganz unmöglich. Denn die Betroffenen versuchen, ihre depravierte Lebenslage und die soziale Isolation mit Alkohol zu bewältigen, daher kann Alkoholabhängigkeit auch eine Folge von Wohnungslosigkeit sein. Diese Zielgruppe, die unter dem Oberbegriff der chronisch mehrfachbeeinträchtigten Abhängigkeitskranken einzuordnen ist, stellt komplexe Anforderungen an die verschiedenen Hilfesysteme, die mit ihnen in Berührung kommen. Da sich die Probleme auf verschiedene Lebensbereiche erstrecken, ist nicht nur ein Hilfesystem zuständig. Das komplizierte gegliederte Hilfesystem für alkoholabhängige und wohnungslose Menschen in Deutschland mit den unterschiedlichen Kostenträgern und Leistungserbringern erzeugt Schnittstellen und damit verbunden oftmals Kooperations-, Kommunikations- und Zuständigkeitsprobleme. In diesem Buch werden die Entstehungszusammenhänge von Wohnungslosigkeit und Alkoholabhängigkeit aufgezeigt. Die bestehenden Hilfestrukturen in Deutschland werden dargestellt, um zu prüfen, ob sie in ihrer aktuellen Form für eine Versorgung der Klientel geeignet und ausreichend sind. Des Weiteren werden mögliche Perspektiven für ein zukunftsfähiges Hilfesystem aufgezeigt. Um die theoretischen Aussagen von einem anderen Standpunkt aus zu betrachten, wird anhand von Klienten- und Experteninterviews ein Einblick in die Praxis gewährt

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3.3, Öffentlicher Gesundheits- und Sozialdienst: Chronisch mehrfachgeschädigte Abhängigkeitskranke werden, wie bereits erwähnt, oft nicht von den Angeboten der Suchtkrankenhilfe erreicht. Die Psychisch-Kranken-Gesetze (Psych-KG) der meisten Bundesländer verpflichten die öffentlichen Gesundheitsdienste zur Versorgung und Betreuung derjenigen psychisch Kranken, die selbst zu einer aktiven Hilfesuche nicht mehr in der Lage sind. Dem Grundgesetz kann man die ‘Daseinsvorsorge’ für alle Bürger als ein tragendes Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung entnehmen. Auch aus dem SGB XII können individuelle Ansprüche auf Hilfe zur Eingliederung abgeleitet werden. Für die Kommunen besteht daher eine gesetzlich geregelte Versorgungsverpflichtung. Aufgrund des staatlichen Subsidiaritätsprinzips werden die meisten Aufgaben an freie Träger delegiert. Die niedergelassenen Ärzte übernehmen allgemeine medizinische Aufgaben. Alle Pflichtaufgaben die nicht auf andere Weise gesichert sind, müssen von den öffentlichen Gesundheits- und Sozialdiensten übernommen werden. So entwickelte sich über lange Jahre hinweg ein Status des ‘Lückenfüllers’ mit ‘Feuerwehrfunktion’. Wienberg wirft den öffentlichen Gesundheitsdiensten vor, der Problemlage von chronisch mehrfachbeeinträchtigten Abhängigkeitskranken, weder qualitativ noch fachlich-konzeptionell gewachsen zu sein und über die Verwaltung des Elends nicht hinauszukommen. Um dies zu verdeutlichen führte er eine eigene, nicht repräsentative, Erhebung zur Kontakthäufigkeit von Personen mit Alkoholproblemen zu den öffentlichen Gesundheits- und Sozialdiensten durch. Die Ergebnisse können aufgrund des Auswahlverfahrens zwar keine Repräsentativität in Anspruch nehmen, sie lassen jedoch eine grobe Schätzung für das Bundesgebiet zu. Demnach werden ca. 103.000 Personen mit Hauptproblematik Alkohol pro Jahr von diesen öffentlichen Diensten erreicht. Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtprävalenz von 5,1 %. Zu beachten ist, dass die Zahlen aufgrund der unsicheren Datenlage, sehr vorsichtig interpretiert werden müssen. Im Vergleich zu Wienbergs Schätzung von 1992 ist eine abnehmende Tendenz zu erkennen. Ob die Gründe dafür in der fehlenden Aussagekraft der Erhebungen, am Rückgang des Bedarfs oder der Ressourcen zu suchen sind, oder ob mehr Delegation an freie Träger stattfindet, bleibt unklar. Inwieweit öffentliche Sozialdienste, wie der ASD und die Familien- und Jugendhilfe mit Alkoholproblemen befasst sind, kann nicht abschließend geklärt werden. ‘Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die entsprechenden Dienste in erheblichem Maße direkt oder indirekt gerade auch mit chronisch Kranken, mehrfach beeinträchtigten Alkoholabhängigen (…) und deren sozialen Problemlagen konfrontiert sind, ohne innerhalb dieses Teilsystems über angemessene Handlungskonzepte zu verfügen.’ Wienberg zeigt anhand von zwei Modellprojekten auf, in welche Richtung eine qualitative Weiterentwicklung erfolgen sollte. Das ‘Bochumer Modell’ verbindet Ressourcen von öffentlichen und freien Trägern mithilfe personenzentrierter und systematischer Hilfeplanung und Casemanagement. Das ‘Kooperationsmodell nachgehende Sozialarbeit’ setzt auf gezielte Vernetzung von vorhandenen Angeboten für chronisch mehrfachgeschädigte Abhängigkeitskranke, sowie Casemanagement in Form von aufsuchender Sozialarbeit. Basishilfen/ Wohnungslosenhilfe/ Eingliederungshilfe/ berufliche Rehabilitation/ Pflege: Der Begriff der Basishilfen bezeichnet niedrigschwellige Angebote, vorwiegend zur Schadensbegrenzung. Dies sind zum Beispiel Notschlafstellen, Aufenthaltsangebote mit lebenspraktischer Hilfe, aufsuchende Gesundheitshilfen, oder Kriseninterventionsdienste. In den letzten zwanzig Jahren gab es einen Anstieg dieser niedrigschwelligen Angebote für Alkoholabhängige. Genaue Zahlen hierzu liegen allerdings nicht vor. Gassmann und Leune sind der Auffassung, dass für Opiatabhängige die niedrigschwelligen Hilfen gut ausgebaut seien, der Bedarf für Alkoholabhängige aber zu großen Teilen von der Wohnungslosenhilfe gedeckt werde. Diese Tatsache lässt sich leicht erklären, da ein Großteil der chronisch mehrfachbeeinträchtigten Alkoholabhängigen zum Klientel der Wohnungslosenhilfe gehört. Auf diesen Bereich des Hilfesystems wird später noch genauer eingegangen. Für Personen mit schweren und langen Suchtkarrieren, und zum Teil erheblichen Folgeproblemen, sind noch weitere Hilfeangebote notwendig. Besonders in den Bereichen Arbeit, Beschäftigung, Pflege und berufliche Rehabilitation werden solche Maßnahmen angeboten. Nach der medizinischen Rehabilitation sollen chronisch mehrfachbeeinträchtigte Alkoholabhängige wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Da sie jedoch außer der Abhängigkeitserkrankung noch weitere vielschichtige Problemlagen aufweisen, ist es sinnvoll, mithilfe von Arbeits- und Qualifizierungsprojekten in Sonder oder Integrationsfirmen den Zugang zum Arbeitsleben wiederherzustellen. In manchen Fällen sind sogar noch weitaus niedrigschwelligere Maßnahmen notwendig. Hier werden tagesstrukturierende Hilfen und Zuverdienst-Möglichkeiten mit sehr flexiblen Bedingungen verbunden. Wie viele alkoholabhängige Menschen von diesen Hilfen profitieren bleibt allerdings im Dunkeln.

Über den Autor

Der Autor Jens Puderbach wurde 1984 in Neuwied geboren. Nach seinem Zivildienst in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie entschied er sich zum Studium der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Koblenz. Dieses schloss er im Jahr 2009 erfolgreich ab. Durch die Wahl des Studienschwerpunktes Sucht und den Besuch verschiedener Suchthilfeeinrichtungen entwickelte der Autor ein besonderes Interesse am Thema wohnungslose Alkoholabhängige.

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