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Psychologie

Laura Rohlfs

Paarbeziehungen – Wie kann etwas so Schönes so kompliziert sein?

ISBN: 978-3-96146-550-7

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 07.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In einer Welt, in der es nur noch um das emotionale Überleben eines jeden Einzelnen geht, in der Ansprüche stetig wachsen und immer weniger erfüllbar werden und Konflikte und Kompromisse an der Tagesordnung sind, hat die Liebe einen schweren Stand. Die Suche nach dem richtigen Partner ist mühsam. Warum gibt es Glück und Harmonie nicht als Patentrezept für eine Beziehung? Ständig erleben wir gesellschaftliche Veränderungen, die sich auf die Familiengestaltung, auf die Lebensbiographie der Paare und unser Miteinander auswirken. Wie kann etwas so Schönes wie die Liebe nur so kompliziert sein? Gibt es klassische Konfliktherde, die Krisen und Streitigkeiten begründen? Um diesen Vermutungen auf den Grund zu gehen, beschäftigt sich dieses Buch mit dem Themenschwerpunkt Paarbeziehungen, den historischen Entwicklungen, dem Beziehungsverlauf und der Fragestellung, was ein modernes Paar zusammenhält. So wird versucht, der Rezeptur einer gelungenen Paarbeziehung näherzukommen und die eine oder andere bereichernde Zutat hinzuzufügen. Was macht also eine gute Beziehung aus?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 7 Herausforderungen in Paarbeziehungen: Über Jahrhunderte bestimmte die Gesellschaft das Rollenverhalten von Mann und Frau. Es existierten allgemeingültige Regeln und Normen, welche den Paarbeziehungen Halt boten und als Orientierungshilfen dienten. Die Freiheiten die Männer und Frauen heutzutage jedoch haben, verunsichern Menschen mehr als es sie glücklich machen sollte. Die Partner sollen sich in der heutigen Zeit klarer voneinander abgrenzen, eigenverantwortlich handeln, persönliche Entfaltungsspielräume nicht behindern, Konflikte konstruktiv austragen, Entscheidungsprozesse partnerschaftlich lösen und Privilegien gleicher Maßen verteilen. Die Betrachtungsweise einer freien Beziehung mit emanzipierten Partnern, die solange besteht wie sich beide frei, ungebunden bewegen und Selbstverwirklichen können und die Angst vor einer tiefen Bindung, scheinen die vorherrschenden Vorstellung des 21. Jahrhunderts zu sein. (vgl. Willi 1975:7ff.) In dem folgenden Abschnitt möchte ich mich mit den Schwierigkeiten, in welche zwei Partner geraten können, wenn sie sich für eine dauerhafte Bindung entschieden haben, befassen. Ich möchte mich mit dem Funktionieren einer Paarbeziehung beschäftigen, mit dem spannungsgeladenen Wechselspiel zwischen zwei Partnern und der inneren Dynamik und damit Umstände und Prinzipen anführen, die zu dem Bestehen einer Paarbeziehung beitragen können. 7.1 Drei Prinzipien zum Gelingen einer Paarbeziehung: Laut Jürg Willi gründen Ehekonflikte meistens auf beziehungsreichen und komplizierten Ursachen. Einen großen Stellenwert nimmt die soziokulturelle Situation ein, da diese auch zu schweren Konflikten führen kann, wenn die Partner aus verschiedenen Kulturen oder sozialen Schichten stammen, da sie mit unterschiedlichen Vorstellungen über Ehe und Paarbeziehungen aufgewachsen sind. Auch die heutigen Vorstellungen der westlichen Welt kritisieren das Leitbild einer Paarbeziehung, was zu großer Verunsicherung bei den Partnern führt und auch weitere Konflikte hervorruft. Für das Gelingen einer Paarbeziehung führt Willi (1975) drei Funktionsprinzipien an, die ich nun darstellen möchte. Das erste Prinzip ist das Abgrenzungsprinzip. Eine gut funktionierende Paarbeziehung muss sich gegen außen und innen klar definieren. Was auch bedeutet, sich mit Fragen zu beschäftigen wie: Wie nah können wir uns kommen ohne einander Selbst aufzugeben oder wie stark darf die Abgrenzung nach außen sein? Mit dem zweiten Prinzip führt Willi an, dass sich in der Partnerschaft kindlich regressive (an die Vergangenheit gewandte Verhaltensweisen, welche durch kindlichen Nachholbedarf geprägt sind) und erwachsen progressive Verhaltensweisen (auf die Zukunft gerichtet und zu reiferem Verhalten angelegt) nicht als polarisierte Rollen (als Gegensätze) auf die Partner verteilen sollten (siehe nachfolgender Abschnitt). Das dritte Prinzip hebt die Gleichgewichtsverteilung des Selbstwertgefühls in einer Partnerschaft hervor. Die Prinzipien bilden den Rahmen für eine beiderseitig bedürfniserfüllende und befriedigende Ehe und Partnerschaft. (vgl. ebd. 1975:15f.) Eine Ehe muss also Grenzziehungen beachten. Diese möchte ich nun aufführen. 1. Die Beziehung der Ehepartner zueinander muß [sic!] klar unterschieden sein von jeder anderen Partnerbeziehung. Die Dyade muß [sic!] gegen außen klar abgegrenzt sein, die Partner müssen sich als Paar fühlen, müssen füreinander eigenen Raum und eigene Zeit beanspruchen und ein eheliches Eigenleben haben. 2. Innerhalb des Paares müssen die Partner aber klar voneinander unterschieden bleiben und klare Grenzen zwischen sich respektieren (Willi 1975:17). Solche Grenzen sollen sichtbar für die Partner und Außenstehende, aber trotzdem nicht starr und geschlossen sein. Über Jahrzehnte wurde in unserer westlichen Welt nach dem Ideal der romantischen Liebe gestrebt. Damit war auch eine Überlastung verbunden, die in der Ehe zu Enttäuschungen führte. Als größte Schwierigkeit nennt Willi hier die Trennung in der Liebe (den Partner so anzunehmen wie er ist, ihn in seiner Andersartigkeit zu respektieren ohne Selbstaufgabe). In den letzten Jahren scheint sich die Ehe allerdings zu einer Art Gefängnis verwandelt zu haben, aus der versucht wird auszubrechen. Es scheint als wären Männer und Frauen besonders bemüht, sich nicht zu sehr an einen Partner zu binden. Willi ist der Meinung, dass eine gesunde Paarbeziehung unter Angst und Stress gerät, wenn die oben genannten Prinzipien nicht respektiert werden. So tendieren Paare eher dazu, vom Leitbild des einen Extrems in das Leitbild des anderen zu verfallen. (ebd. 1975:17) Intradyadische und extradyadische Grenzen (beispielsweise außereheliche Liebhaber, Freunde, Familie), sollten für die Partnerschaft und für das soziale Umfeld erkennbar aber trotzdem nicht undurchdringlich sein. (vgl. ebd. 1975:17) Die vielen Verhaltensanforderungen führen aber auch zu Überforderungen und Hilflosigkeit. Es ist offenbar notwendig, sich nicht zu sehr an den Partner zu binden, um nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis zu geraten. Die Menschen stellen einander geringe Erwartungen und versuchen dann einen großen Teil der Bedürfnisse außerhalb der Ehe zu befriedigen. Die Ehe beruht auf einem dauerhaften und verbindlichen Vertrag das zukünftige Leben gemeinsam zu gestalten. Hier kommt dann auch die Eifersucht ins Spiel. Diese steht in einem ganz anderen Licht als eine momentane Bedürfnisbefriedigung oder eine kurzdauernde menschliche Begegnung, sei es beispielsweise eine intime oder freundschaftliche Beziehung. Willi macht wiederholt deutlich, wie wichtig die Abgrenzung zu den eigenen Eltern ist und das die Partner den eigenen Eltern unmissverständlich klar machen müssen, dass nun ein eigenes Beziehungssystem gebildet wird. Dadurch gestaltet sich die Beziehung zu den eigenen Eltern positiver und harmonischer und die Eltern versuchen somit nicht, sich auf anderem Wege in die Partnerschaft/Ehe der Kinder einzumischen, dies obwohl Ehepaare gegenwärtig eher bereit sind, der Außenwelt Einblicke in Konflikte und Schwierigkeiten zu gewähren. Jüngere Paare spüren mehr und mehr das Bedürfnis, ihre Zweisamkeit in Wohngemeinschaften auszuleben um dadurch die Isolation der Kleinfamilie aufzuheben und das Zusammenleben gehaltvoll, beweglich und anpassungsfähig zu gestalten. (vgl. ebd. 1975:18ff.) Möchte man also die Strukturegel befolgen, geht es um das richtige Maß. Unnachgiebige Grenzen sind Kommunikationsbarrieren, die das gemeinsame Zusammenleben in der Entwicklung mindern und verschwinden lassen. Diffuse Grenzen ermöglichen ein hohes Maß an Dynamik, erzeugen aber aus der mangelnden Ordnung heraus oft ein Übermaß an Spannungen und Ängsten, die dem Zusammenleben abträglich sind (ebd. 1975:20). Progressives und regressives Abwehrverhalten stellt das zweite Prinzip nach Willi dar. Schon in den ersten Lebensjahren wird ein Kind mit intimen menschlichen Beziehungen vertraut gemacht und ist erstmals auf einen kleinen Kreis, die Familie bezogen. Wenn zwei Partner dann heiraten, erfahren sie wieder ein ähnliches Beziehungssystem. Sie erfahren es zwar nicht mehr als Kinder, aber auch noch nicht als innerlich reife (durch Lebenserfahrung gefestigte) Erwachsene. Sie erleben eine neue Position als Paar. Aus diesen Gründen ist vieles in der Partnerschaft in sich widersprüchlich, […] einerseits auf Regression und kindlichen Nachholbedarf, andererseits auf Progression zu <<erwachsenem>> Verhalten angelegt. (ebd. Hervorhebung im Original 1975:20) Eine intime Paarbeziehung bietet ein vielschichtiges regressives und progressives Verhaltensrepertoire an und jeder Mensch, trägt progressive und regressive Tendenzen in sich. Jeder Mensch besitzt also kindliche und erwachsen-vernünftige Verhaltenszüge. Die Ehe ähnelt daher der frühkindlichen Eltern- Kind- Intimität und gewährt zusätzlich eine intensiv umfassende Befriedung elementarer Bedürfnisse, wie einander gehören, Küssen, Umsorgen oder Schutz, fordert aber auch viel Identität , Autonomie und Reife. In Krisenzeiten ist der Erste der um Rat und Hilfe gebeten wird verständlicherweise der Partner. Erwartet wird ein tiefes menschliches Verständnis voneinander, was wiederum viel soziale und emotionale Kompetenz verlangt. (ebd. 1975: 20f.) In einer gesunden Paarbeziehung profitieren die Partner von der Möglichkeit, in freischwingender Balance partiell progredieren und regredieren zu können. (ebd. 1975:21) Da man in einer Beziehung mit einem Ausgleichsverhalten des Partners rechnen kann, kann man sich regressives (kindliches) Verhalten eher auch mal leisten, ohne Angst haben zu müssen, den sozialen Halt zu verlieren. Gegenseitiges Stützen und Halt geben vermittelt ein hohes Maß an Befriedung und stellt einen weiteren Beweggrund zur Paarbildung dar. Vorübergehend teilweise regredieren zu können ist für die Reifung eine wichtige Voraussetzung. (ebd. 1975:21) Regressive Erwartungshaltungen deuten allerdings auf einen unüberwindbaren kindlichen Konflikt hin. So kann jemand als Kind beispielsweise frustriert und enttäuscht worden sein, einen unersättlichen Nachholbedarf an diesen Bedürfnissen haben und verlangen, dass der Partner sein Verhalten auf Grund seines Anrechts auf Befriedigung rechtfertigt. Folglich können in einer Paarbeziehung verschiedene Rollen und Aufgabenbereiche gefunden werden (etwa: neurotisches Verhalten, die Rolle des Führers, des Retters, einander stellvertretende Reifungsanforderungen können abnehmen, eine Aufgabe kann sein: kindliches Verhalten zu akzeptieren oder kindliche Abhängigkeiten zu zeigen). Unechte Progression wird oft belohnt, da sie Aktivität oder Tüchtigkeit symbolisieren. Progressiv handlungsmotivierte Menschen sind sozial gesehen jedoch eher gefährlich, da sie sich in ihrer Position nur halten können, im Umgang mit regressiven (passiven, schwachen, abhängigen oder hilfebedürftigen) Menschen, die sie aber auch so regressiv halten müssen um sich ausreichend gegen sie zu behaupten. (vgl.ebd. 1975:21f.) Man könnte also behaupten, dass eine progressive Verhaltensweise (das Streben nach zunehmendem Erwachsensein) unauthentische Reife bedeutet. In unserer Gesellschaft werden den Männern (allzeit stark, dominierend, voraushabend oder lebenserfahrener) eher progressive und den Frauen eher regressive (Suchen von Schutz, sich anklammernd oder ängstliche) Verhaltensweisen zugeschrieben. Da dies so aber nicht wirklich zutrifft, sind die Männer immer häufiger gezwungen, sich zum Schein progressiv stolzierend zu geben. Inwiefern Frauen und Männer sich regressiv oder progressiv verhalten, dieses Leugnen oder extrem auf der Suche nach genau diesen Eigenschaften sind und sich ihnen anpassen, sei dahingestellt und in dieser Darstellung nicht weiter von Beachtung (vgl. ebd. 1975:23f.).

Über den Autor

Laura Rohlfs, geboren 1987 in Wilhelmshaven, ist Sozialarbeiterin (B.A.), Psychodramatikerin und Supervisorin/Coach. Das Thema Paarbeziehungen beschäftigt sie seit vielen Jahren. Aus verschiedenen beruflichen Arbeitskontexten, eigenen Erfahrungen und Interaktionsbeobachtungen heraus entwickelte sich früh die Frage: Was macht eigentlich eine gute Beziehung aus? Das vorliegende Buch ist diesem Thema gewidmet.

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