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Religion


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Arbeit geht einem der stigmatisierenden Stereotypen der lateinamerikanischen Pfingstbewegung nach und widmet sich der Frage nach dem politischen Potential der Pfingstbewegung in Guatemala. Dieses mittelamerikanische Land, in dem 1996 nach dreißig Jahren der Bürgerkrieg offiziell beendet wurde, zeichnet sich durch eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Pfingstlern aus und eignet sich wegen seiner bewegten Geschichte in besonderem Maße dazu stereotype Meinungsbilder wie das, dass die Pfingstbewegung apolitisch ist und kein Interesse an sozialen Veränderungen hat zu überprüfen. Anhand des Vergleichs zweier Studien und unter Berücksichtigung der jeweils gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen zur Zeit ihrer Erhebung (vor und nach dem Bürgerkrieg) werden Dynamiken und Transformationsprozesse in den religiösen Vorstellungen sowie den Einstellungen und Motiven guatemaltekischer Pfingstler aufgezeigt. Diese zeigen, dass religiöse Vorstellungen und die Interessen von Akteuren sich in gesellschaftspolitischen Kontexten ausbilden und modifizieren. Die Ergebnisse der Arbeit weisen damit die Gültigkeit des Stereotyps in seine Schranken und tragen zum Verstehen von religiösen Vorstellungen und den daraus abgeleiteten Handlungen bei. Ein solches Verständnis -und das gilt auch über den Kontext Guatemala hinaus- ist die Voraussetzung dafür zukünftige Entwicklungen einschätzen und gestalten zu können.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3., Der Postmillenarismus und seine praktische Logik nach 1996: ...wenn sich das Ende der Welt nähert, wird alles dieses geschehen: Es muß Krieg geben, es muß Gewalt geben, es müssen viele Dinge geschehen. Und viele werden Hunger leiden, denn es gibt kein Wohin. Also hat Christus gesagt: Wenn ihr alle diese Dinge seht, dann deshalb, weil das Reich des Herrn nahe ist (Schäfer 1992: 45). Wie die Zeit des Bürgerkrieges und anderer Krisen mit einem prämillenaristischen Weltbild in Einklang zu bringen sind, so lässt sich auch behaupten, dass sich die Vorzeichen mit dem Ende des Bürgerkrieges änderten. Und während das prämillenaristische Weltbild nun einen Teil seiner Plausibilität einbüßt, gewinnt das postmillenaristische Weltbild hinzu. Diese Tatsache hat in der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema bisher kaum Beachtung gefunden, ist aber m. E. nach gerade in der Diskussion um das politische Potential, von großer Bedeutung. Vor allem im Bezug auf die politische Haltung haben sich die Auffassungen im Zeitraum zwischen den beiden Studien verändert. Diese Veränderung ist momentan zwar noch kaum realpolitisch spürbar, da sich politische Aktivität in Form von Parteimitarbeit o. ä. bisher nur in geringem Maße niederschlägt. In der Disposition zur Welt schlägt sie sich hingegen bereits offensichtlich nieder. In diesem Abschnitt sollen, in negativer Abgrenzung zur Vergangenheit, Veränderungen in der Nachkriegszeit aufgezeigt werden, die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Mitgestaltung bieten, derer sich die Pfingstler bedienen könnten. Vorausgesetzt der Trend zu einem postmillenaristischen Weltbild, wie er postuliert wurde und den es noch im einzelnen zu überprüfen gilt, hält an. Zwar wurde im Zuge der liberalen Revolution die Idee einer Nation ins Feld geführt, die auf den aus der Aufklärung stammenden Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit basiert, in der Geschichte des Landes ist diese bisher jedoch nicht voll erreicht worden. Und so gilt für die Gegenwart, in ähnlich hohem Maße wie in den 1970er Jahren, dass die ethnische Herkunft eine wichtige Rolle bezüglich der sozialen Stellung spielt (vgl. Brennwald 2001:139). Hiervon zeugen auch gegenwärtige Artikel, in denen immer wieder von der Diskriminierung der indigenen Bevölkerung und der Frauen die Rede ist. Dass hieraus, ebenso wie aus den Erfahrungen der Vergangenheit, kein großes Vertrauen in die Politik erwachsen ist, kann nicht verwundern und wird auch durch die Pew-Studie, die im Anschluss dargestellt werden soll, belegt. 84% der Befragten halten demnach die politische Korruption für ein sehr großes Problem und 42% vertrauen der nationalen Regierung nicht im Geringsten. Mit dem Ende des Bürgerkrieges und der Unterzeichnung der ‘Acuerdos de Paz’, einem Friedensvertrag, der am 29.12.1996 von der guatemaltekischen Regierung und der ‘Unidad Revolucionaria Nacional Guatemaleca’ (URNG) geschlossen wurde, gewinnen nun zivilgesellschaftlich agierende Gruppen an Bedeutung. Im Friedensvertrag heißt es ausdrücklich: ‘El fortalecimiento del poder civil es una condición indispensable para la existencia de un régimen democrático.’ Es gilt festzuhalten, dass Guatemala sich, was die gesellschaftliche Struktur angeht, in einer Phase der Umgestaltung befindet. Erstmals in der Geschichte des Landes nimmt hieran auch jene Bevölkerungsmehrheit teil, die in der Vergangenheit ihre Kapitalien nicht wirkungsvoll ausspielen konnte. Gerade das soziale Kapital der indigenen Bevölkerung wurde in der Zeit der ‘Violencia’, wie der Bürgerkrieg auch genannt wird, stark eingeschränkt bzw. gelenkt. Durch das Errichten so genannter ‘Modelldörfer’ oder den ‘Patrullas de Auto-defensa Civiles’(VIDC 2007:22) wollte man die lokalen Strukturen zerstören und die guatemaltekische Gesellschaft durch die ‘Kontrolle der ‘nationalen Moral’, der Medien, der Gewerkschaften und der Religion’ (Ebd::15) umorganisieren. Wie weitreichend die Konsequenzen hieraus waren, zeigt ein ¡Fijáte!-Artikel aus dem Jahr 1999, der den Wahlsieg der Frente Republicano Guatemalteco (FRG) thematisiert. Nicht zu unterschätzen ist die effektive soziale Basis der FRG: Mehrheitlich Indigenas, die in den Zivilpatrouillen (PAC) organisiert waren, dort zu etwas Ansehen und Macht gelangt waren und diesen Zeiten nachtrauerten. Die Angst davor haben, selber wie Kollegen von ihnen, vor Gericht zur Verantwortung gezogen zu werden für begangene Morde. Was kann sie besser schützen als die Partei dessen [sic!]an der Regierung, für den sie die Taten begangen haben? Die ganze Umerziehung der Leute, die in Modelldörfern angesiedelt wurden, der jüngeren Männer, die oft gegen ihren Willen in die Armee gesteckt wurden war recht effizient gemacht und zeigt hier ihre Resultate (¡Fijate! No. 198:5). Die Unterzeichnung des Friedensvertrages wurde auch durch internationalen Druck forciert. Als das menschenrechtsverletzende Vorgehen der Regierung z.B. durch die Verleihung des Friedensnobelpreises 1992 an die Indígena Rigoberta Menchú, immer weiter in die Öffentlichkeit getragen wurde, geriet die guatemaltekische Regierung zunehmend unter internationalen Druck, zumal mit dem Ende des Kalten Krieges Ende der 1980er Jahre auch der Kommunismusverdacht nicht mehr als Legitimationsgrund für das militärische Vorgehen ausreichte. Dies führte schließlich zur Unterzeichnung der ‘Acuerdos de Paz’, die auch die vormals verfolgten, ehemaligen Aktiven der Guerilla ‘gleichberechtigt wie der Rest der Bevölkerung ins soziale, wirtschaftliche und politische Leben’ (¡Fijáte! No 376:1) integrieren sollten. Eine solche, alle Teile der Bevölkerung umfassende Integration, ist bis zum heutigen Tag zwar nicht absolut gelungen, es gibt jedoch ‘mehr Spielräume, um Ideen oder politische Ideologien zu diskutieren.’ (Ebd.:3) Es zeigt sich, dass die Entwicklung hin zu einer Zivilgesellschaft, die nicht durch den Staat gelenkt wird, sondern im Gegenteil diesen regelt und lenkt (vgl. ¡Fijáte! No 212:1), noch lange nicht abgeschlossen ist und auch in den Jahren nach dem Bürgerkrieg noch eine breite Skepsis hinsichtlich der Dauerhaftigkeit des Friedens und der Demokratie vorherrscht. Diese Arbeit verfolgt nicht das Ziel, eine detailgetreue Wiedergabe der Ereignisse in Guatemala seit Ende des Bürgerkrieges zu liefern. Es sollte jedoch deutlich geworden sein, ‘wie wenig konsolidiert die guatemaltekische Demokratie […] nach der ‘ersten Transition’ (der formalen Demokratisierung) und [...] nach der ‘zweiten Transition’ (der Unterzeichnung der Friedensverträge) ist’ (Oettler 2004:26). In diese Zeit, in der sich die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Gestaltung bietet, fällt die Umfrage des Pew-Forums. Die Ergebnisse der Studie zeigen in Bezug auf die Glaubensvorstellungen eine hohe Kongruenz zur Studie Steigengas. In einigen, m. E. nach wichtigen Punkten weichen sie aber auch von dieser ab. Dies eröffnet neue Handlungsoptionen, die sich in einem zunehmenden politischen Bewusstsein und einem wachsenden politischen Aktivismus äußern. Zunächst gilt es an dieser Stelle jedoch die Transformation des Weltbildes transparent zu machen.

Über den Autor

Eva-Maria Döring wurde 1978 in Rhede geboren. Sie studierte Religionswissenschaft an der Universität Bremen und schloss ihr Studium 2009 mit dem akademischen Diplomgrad erfolgreich ab. Heute ist sie Promotionsstudentin und Stipendiatin am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) an der Ruhr Universität Bochum. Sie beschäftigt sich weiterhin mit der Pfingstbewegung und Lateinamerika und verfasst eine empirische Arbeit zu brasilianischen Pfingstlern in NRW.

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