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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Wenn man das Zusammenleben von Menschen in Familien betrachtet, entdeckt man verschiedene Ausgestaltungen von Möglichkeiten und Begrenzungen des individuellen Wachstums, Chancen persönlicher und familiärer Weiterentwicklung und Bedingungen des Zusammenhalts. Die familiären Lebensentwürfe beruhen nicht nur auf Entscheidungen einzelner Familienmitglieder der Gegenwart, sondern sind aufgrund von alten Glaubenssätzen, Loyalitäten, guten wie traumatischen Erfahrungen und Kompetenzen der vorherigen Generationen miteinander verbunden, was die Komplexität von familiären Bedingungs- und Wirkungszusammenhängen Wirklichkeit werden lässt. Ähnlich eines Hauses, das je nach Ausgestaltung groß oder klein ist, verschiedene Zimmer und neben Eingangs- und Hintertür Zwischentüren aufweist, haben ebenso Familien 'Beziehungstüren' (Weber & Stierlin), die je nach Beziehungsklima und Vorstellung von Zusammenhalt und Weiterentwicklung einzelner Familienmitglieder unterschiedlich behandelt werden. So kommt es vor, dass je nach Ausprägung diese Zwischentüren Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern eröffnen oder verschließen können. Familien, die in ihren Beziehungszusammenhängen Zwischentüren als unnötig erachten, werden sie möglicherweise aus diesem Grund aushängen eine andere Familie würde im Gegensatz dazu ihre Türen mit unüberwindbaren Schlössern sichern. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll explizit der Frage nachgegangen werden, auf welche Weise bestimmte 'Beziehungstür-Muster' in die nächste Generation übertragen oder weitergereicht werden können und inwieweit diese verstrickten Beziehungsstrukturen die persönliche Identitätsbildung und Weiterentwicklung beeinflussen und behindern können. Es soll herausgefunden werden, inwieweit mögliche entwicklungshinderliche familiäre Gegebenheiten mit persönlichen und Hilfe stellenden Mitteln und Kompetenzen überwunden werden können. Folglich soll folgenden leitenden Fragen nachgegangen werden: Inwieweit kann systemische Aufstellungsarbeit symbiotische Verstrickungen in Familienzusammenhängen lösen? Welche Möglichkeiten und Grenzen stehen im Rahmen von Familienrekonstruktion und Familienstrukturaufstellung zur Überwindung möglicher symbiotischer Verstrickungen dem Klienten zur Verfügung? Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Beschreibung und Erklärung entstehender symbiotischer Verstrickungen, wobei die besondere primäre Beziehung zwischen Kind und Mutter hervorgehoben werden soll. Diese eigentümliche Beziehungs- und Bewältigungsstruktur wird an einem Fallbeispiel erläutert und im methodischen Teil der Arbeit mit den vorgestellten Aufstellungsformaten verknüpft. In diesen Ausführungen wird ausschließlich auf die Möglichkeiten und Grenzen der Familienrekonstruktion nach Satir und der Familienstrukturaufstellung nach Sparrer und Varga von Kibéd eingegangen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.3, Magersuchtfamilien – der Fall: Familie Landmann: Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln das Fundament für eine anschauliche Darstellung eines Fallbeispiels für sogenannte ‘gebundene Familie[n]’ (Weber & Stierlin, 1989, S. 20) gelegt wurde, werden in den weiteren Ausführungen anhand des Falls einer Magersuchtfamilie (Familie Landmann), die verstrickten Familienbeziehungen, deren Bedingungszusammenhänge und Folgen dargestellt. In dem Buch mit dem Titel In Liebe entzweit, welches 1989 erschien, haben Gunthard Weber und Helm Stierlin, anhand von einigen bezeichnenden Fallbeispielen, ein Verständnis für das undurchsichtige Verhalten der Magersüchtigen entwickeln wollen und ein Behandlungskonzept erstellt, welches einen dauerhaften Erfolg in der Behandlung von Magersuchtfamilien erzielen soll. Anhand ihrer therapeutischen Erfahrung sind sie davon überzeugt, dass Essstörungen stets aus einer konflikthaften Erstarrung des ganzen Familiensystems hervorgehen, wobei sie betonen, dass die Erklärung dieser Symptomatik weder linear noch leicht zu erschließen sei und dabei immer unterschiedliche und vielfältige Faktoren zu solchen Symptomatiken führen (S. 36). Sie unterstreichen, dass jede Familie ihre ‘unverwechselbare Geschichte’ (S. 13) hat und daher eine linear erzählte, idealtypische Darstellung einer Magersuchtfamilie problematisch sein kann. Um die Bedingungsfaktoren und die Entwicklung einer Magersucht verständlicher werden zu lassen, bedarf es einer vielschichtigen Beschreibung, die, ähnlich eines unterschiedlich eingestellten Teleskopes, verschiedene Bilder hervorbringen kann (S. 61). Die beschriebenen Prozesse und Konstellationen können nicht als ‘unveränderbare Gegebenheiten’ (S. 14) gesehen werden, sondern diese Erläuterungen sollen vielmehr deutlich machen, dass die Spielräume selbstverantwortlicher Entscheidungen die vorhandenen Entwicklungspotentiale erweitern und aktivieren können. Aufgrund der Erfahrungswerte beider Autoren konnten allerdings gewisse wiederkehrende Beziehungsmuster, die Störungen begünstigen, identifiziert werden, die ebenso in meinen Überlegungen aufgezeigt werden sollen. Obwohl die Autoren äußern, sich in der Darlegung ihres Materials und der Ergebnisse mit Bewertungen zurückzuhalten, belegen sie, dass ihre dargelegten Informationen nicht gänzlich frei von Bewertungen sein können, da schon die Auswahl der Informationen und die Akzentuierung und Zusammenstellung des Materials Interpretationsausdruck sei (S. 67). Sie beanspruchen nicht ein ‘genaues Abbild der Realität’ (S. 67) zu liefern, sondern sind sich im Klaren darüber, dass auch sie ‘Konstrukte (Modelle, Bilder, Kriterien)’ (S. 67) benutzen, nach denen sie das Material und dessen Ergebnisse sichten und demonstrieren und ihre eigenen Erfahrungen, Wahrnehmungen und Bewertungskriterien in ihre Darstellungsweise mit hineinfließen (S. 36 f., S. 67). Die Wichtigkeit meiner Darstellung besteht darin, dass die Magersucht nicht detailliert als Krankheit, aufgeführt im ICD-10 und DSM IV als Anorexia nervosa, nachgezeichnet wird, sondern die Beziehungsdynamik innerhalb einer Magersuchtfamilie, aus der solche Symptomatiken entstehen können, als Schilderung auskommen soll. Beziehungsgeflechte werden nicht als defizitär, pathologisch oder als Krankheit verstanden, die einem Individuum zugeschrieben werden können, sondern als ‘schicksalhaftes So-geworden-Sein jedes Einzelnen im Fluss der Ereignisse und in sich entwickelnden Beziehungen’ (S. 13 f.). Auf der Basis der Erkenntnisse und theoretischen Überlegungen Boszormenyi-Nagys (vgl. Kapitel 4.2.1) und Minuchins (vgl. Kapitel 2.3 und 4.2.3), gehen Weber und Stierlin (1989) bei Magersuchtfamilien von einer starken generationsübergreifenden Bindung aus, die heranwachsende Familienmitglieder mehr an die Ursprungsfamilie bindet, als es für die erfolgreiche Entwicklung und Individuation nützlich ist. Häufig zeigen sich in den Familienzusammenhängen Strukturmerkmale wie starre Regelgefüge, eine Tendenz zur Verwischung der innerfamiliären Generationsgrenzen und Konfliktvermeidung (S. 45). Naturgegebene Veränderungen und Trennungen im Leben stellen für diese Familien eine enorme Herausforderung dar und werden in der Regel als große Bedrohung des Familienzusammenhalts interpretiert, so dass Harmoniebestrebungen und Überfürsorglichkeit nur noch mehr forciert werden (S. 47). In diesen Übergangsphasen bindet sich diese Familie nur noch mehr aneinander, was weitere Verstrickung und Beziehungsstagnationen zur Folge hat (S. 47).

Über den Autor

Viktoria Joelle Jost wurde 1981 in Krefeld am Niederrhein geboren. Nach ihrer Berufsausbildung zur examinierten Gesundheits- und Krankenpflegerin konnte sie viele Jahre auf einer qualifizierten Drogenentgiftungsstation Erfahrungen im Bereich der Beziehungsgestaltung, Abhängigkeit und Selbständigkeit sowie familiären Verstrickungen sammeln. Ihr erziehungswissenschaftliches Studium, in dem sie ihr Interesse auf dem Gebiet der systemischen Aufstellungsarbeit vertiefen konnte, schloss sie Anfang 2012 an der Universität zu Köln als Diplom-Pädagogin erfolgreich ab.

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