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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das primäre Ziel des vorliegenden Buches besteht darin, die Anwendungsbereiche der Neuroökonomie für die Betriebswirtschaftslehre darzustellen. Insbesondere soll auf die Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen sowie philosophischen (In-)Determinismus-Diskussion eingegangen werden. Einerseits werden die Forschungsbereiche und -methoden der neueren Hirnforschung erklärt und andererseits werden die Positionen Determinismus und Indeterminismus beleuchtet. Es zeigt sich, dass für die betriebswirtschaftliche Anwendung der neuroökonomischen Erkenntnisse keine klare Verifizierung beziehungsweise Falsifikation der Existenz der Willensfreiheit erforderlich ist. Schließlich werden bereits vorhandene Resultate sowie Potenziale für die zukünftige Forschung der Neuroökonomie in verschiedenen Teildisziplinen der Betriebswirtschaftslehre dargestellt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Determinismus und Indeterminismus: Die unterschiedlichen Interpretationen einfacher Experimente lassen bereits erkennen, dass der aktuelle Forschungsstand der Willensfreiheit-Debatte mehr als eine Sichtweise zulässt. Deshalb sollen in nachstehendem Kapitel die beiden einander gegenüber stehenden Positionen, Determinismus und Indeterminismus, präsentiert, sowie deren jeweilige Argumente kritisch beleuchtet werden. 3.1, Die deterministische Position: Das Prinzip des universellen Determinismus lautet: ‘Jedes Ereignis folgt nach Kausalgesetzen aus vorgängigen Ereignissen’. Angewandt auf psychische Phänomene, beispielsweise das Zustandekommen von Handlungen, besagt der Determinismus, dass jede Handlung aus vorhergehenden Zuständen des Gehirns vorausbestimmt ist. Dieses Prinzip bedarf einiger Spezifikationen und begrifflicher Abgrenzungen: - Freiheit des menschlichen Willens existiert nicht. - Alles in der Natur Seiende ist auf spezifische Weise determiniert. - Determination ist von Ursächlichkeit und Kausalität zu unterscheiden, insofern als Determination der Grund jeglicher Ursächlichkeit ist und jedes Geschehen kausal bedingt. - Determination ist nicht mit Notwendigkeit im Sinne von Zwang gleichzusetzen. Der starke Begriff der Willensfreiheit bedeutet nach Roth, dass der Wille steuernd in das Naturgeschehen eingreifen kann. Der Glaube an dieses Konzept entsteht durch ein handlungsbegleitendes Gefühl der Freiheit, das dadurch bestimmt wird, dass sich Individuen einerseits als Träger ihres Willens und Verursacher ihrer Handlungen erachten und andererseits davon überzeugt sind, unter identischen Bedingungen auch anders handeln zu können, wenn sie es wollten. Jedoch stehen dieser Auffassung der Willensfreiheit folgende deterministische Argumente gegenüber: - Das Gefühl, frei zu sein, bedeutet nicht zwingend, dass die empfundene Freiheit tatsächlich existiert. - Willensfreiheit ist nicht mit dem Erlebniszustand ‘einen Willen haben’ gleich zu setzen. - Wären Willenshandlungen nicht vollständig von Wünschen und Motiven determiniert, könnten sie niemandem zugeschrieben werden, außer dem bloßen Zufall. - Das starke Konzept der Willensfreiheit widerspricht dem aktuellen neurologischen Wissensstand über die Abläufe im Gehirn vor und während der Ausführung von Handlungen, die von einem Freiheitsgefühl begleitet werden. Darüber hinaus sprechen nach Grün unter anderem folgende Argumente gegen den Indeterminismus, demnach die freie Willensentscheidung zu den eine Handlung determinierenden Faktoren hinzukommt: - Das Ausmaß, in dem der freie Wille eine Handlung beeinflussen soll, ist nicht bestimmbar. - Damit ein weiterer Faktor eine Handlung bestimmen kann, müsste er einerseits auf andere Determinanten rückführbar sein und andererseits unter den gleichen Rahmenbedingungen dieselbe Handlung auslösen. Ein solcher Faktor wäre aber eine determinierende Ursache und kein freier Wille. - Da sehr wenig über den Umfang, das Zustandekommen und die Stärke eines freien Willens bekannt ist, scheint es effizient, die determinierenden Faktoren zu fokussieren. Der Determinismus hat eine lange Tradition in der Wissenschaft, beispielsweise sind der Behaviorismus und die Psychoanalyse davon geprägt. In den 1970er Jahren entwickelten sich auch fragwürdige Konzeptionen des Determinismus, denen zufolge der Mensch in Abhängigkeit von der jeweiligen Ideologie zu 10, 50 oder 90 Prozent durch seine Umwelt und zum verbleibenden Anteil auf 100 Prozent durch seine Gene bestimmt sei. Nach Kempermann ist der Mensch jedoch zur Gänze von der Wechselwirkung seiner Gene und seiner Umwelt determiniert. Menschliche Entwicklung basiert auf der Interaktion zwischen Genom und Umwelt, da einerseits genetische Information kontextsensitiv ist und sich andererseits auch das Gehirn lebenslang durch Aktivität verändert. Präzisiert wird der Determinismus durch das Konzept eines Aktual-Determinismus, demnach menschliches Verhalten Schritt für Schritt determiniert wird, weil sich ‘in jedem Augenblick neue Kausallinien überschneiden’. Prinz begründet die Verankerung der deterministischen Sichtweise in der Neurowissenschaft folgendermaßen: ‘Die Idee eines freien menschlichen Willens ist mit wissenschaftlichen Überlegungen prinzipiell nicht zu vereinbaren. Wissenschaft geht davon aus, dass alles, was geschieht seine Ursachen hat und dass man diese Ursachen finden kann.’ Er erachtet den freien Willen als das Ergebnis mentaler Prozesse und sozialer Konstruktion und argumentiert, dass auch Vertreter der Willensfreiheit von einem weitgehenden Determinismus des Handelns ausgehen. So lässt sich die Annahme eines freien Willens nur schwer mit der Vorstellung vereinbaren, ‘dass alles Weltgeschehen determiniert sei.’ Sie widerspricht dem Erfahrungswissen, dass jedes Ereignis die Konsequenz eines anderen Ereignisses ist. Dass der Wille nicht frei ist, zeigt sich nicht nur im Alltag, sondern beispielsweise in der Politik und dem Gesundheitsverhalten, wo ‘Menschen anders handeln, als sie könnten und ‚eigentlich‘ wollen’. Hirnforscher, die die Wahrnehmung der Welt immer in Abhängigkeit von ihrem Betrachter darstellen, widerlegen nicht die Möglichkeit eines freien Willens. Jedoch würde diese Annahme nach Grün wissenschaftliche Denksysteme verkomplizieren und weder Logik noch empirischer Beobachtbarkeit entsprechen. Darüber hinaus kann auch die Vorstellung eines freien Willens nicht erklären, wie menschliches Handeln zustande kommt. Auch Birbaumer hält den freien Willen für eine Illusion des Gehirns, da menschliches Verhalten durch die Elektrophysiologie der Hirnmechanik vollständig determiniert wird. Hirnvorgänge resultieren aus sozialem Lernen und der genetischen Anlage, wobei sich die Zwischenschritte zum Verhalten der Beobachtung entziehen und zudem weiteren Umwelteinflüssen unterliegen. Auch Merkel/Roth argumentieren, dass eine sich selbst verursachende Willensbildung ohne weitere Determination nicht denkbar ist. Singer begründet die deterministische Position anhand der evolutionären Entwicklung des Gehirns sowie dessen Funktionsweise und erklärt in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung (un-)bewusster Hirnprozesse.

Über den Autor

Mag. Raffaela C.M. Wallner wurde 1984 in Wiener Neustadt geboren. Ihr Studium der Internationalen Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien schloss sie im Jahre 2010 mit dem akademischen Grad der Magistra rerum socialium oeconomicarumque (Mag.rer.soc.oec.) erfolgreich ab. Während des Studiums sammelte die Autorin wertvolle Erfahrungen in den USA und Costa Rica. Faszination an Hirnforschung und philosophischen Fragestellungen sowie grundlegendes Interesse an interdisziplinären Zusammenhängen motivierten sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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