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  • Die Überwachung von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz: Ist die technische Arbeitnehmerüberwachung rechtlich zulässig und wirtschaftlich begründbar?

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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Überwachung von Arbeitnehmern durch technische Einrichtungen ist ein Thema, das aufgrund der rasanten Entwicklung im Bereich der Mikroelektronik aktuell ist wie nie zuvor: Der Verhaltens- und Leistungskontrolle am Arbeitsplatz sind heute faktisch kaum noch Grenzen gesetzt. Gemeint ist u.a. der Einsatz von Videokameras am Arbeitsplatz, die Zeiterfassung mittels Chipkarten, computerisierte Telefonanlagen, die sämtliche Gesprächsdaten elektronisch erfassen oder die Möglichkeit der Kontrolle der E-Mail- und Internetnutzung. Doch was veranlasst Unternehmen dazu, mit immer neuen Überwachungstechnologien das Verhalten ihrer Mitarbeiter auszuspionieren, wo einst der gelegentliche Kontrollbesuch des Vorgesetzten als ausreichend galt? Zunächst werden die Möglichkeiten der technischen Überwachung, die es heute gibt, dargestellt. Deshalb werden vor allem gängige Überwachungstechniken vorgestellt, die in der Praxis tatsächlich zum Einsatz kommen. Daran anknüpfend folgt eine Diskussion der rechtlichen Probleme, die sich aus der Arbeitnehmerüberwachung ergeben. Außerdem wird der betriebswirtschaftliche Nutzen einer umfassenden Arbeitnehmerüberwachung hinterfragt, denn selbst wenn die technische Verhaltenskontrolle der Arbeitnehmer rechtmäßig ist, ist damit noch nicht erwiesen, dass sie nach betriebswirtschaftlichen Kriterien auch effizient ist. Mit anderen Worten: Rechnet sich die umfassende Überwachung für die Unternehmen überhaupt oder ist sie letztlich demotivierend und kontraproduktiv?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Rechtliche Bewertung der einzelnen Überwachungsarten: Im folgenden Kapitel, das den Schwerpunkt dieser Arbeit darstellt, soll nun der rechtliche Rahmen der technischen Arbeitnehmerüberwachung vorgestellt werden. Obgleich man sowohl das Interesse des Arbeitgebers anerkennen muss, die Arbeitsproduktivität zu überprüfen als auch sein Interesse, sich vor Diebstahl und Spionage zu schützen, so kommt es doch sehr darauf an, in welcher Form und in welchem Umfang dies geschieht. Denn von den oben beschriebenen Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen gehen auch Gefahren für die Persönlichkeit der betroffenen Arbeitnehmer aus, so dass die rechtliche Zulässigkeit einer konkreten Maßnahme vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten und besonders geschützten Persönlichkeitsrechts beurteilt werden muss. Dies macht es jedoch erforderlich, vor der juristischen Diskussion der einzelnen Überwachungsarten eine Vorüberlegung anzustellen: Es geht nämlich um die Klärung der Frage, ob und inwieweit Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die bei geltender Vertragsfreiheit ihre Beziehungen durch einen Arbeitsvertrag geregelt haben, in der Ausgestaltung des Vertragsinhalts an die Einhaltung bestimmter Grundrechte gebunden sind. 3.1, Vorüberlegung: Zum Problem der Grundrechtsbindung von Arbeitsvertragsparteien: Die klassische Theorie der Grundrechte versteht diese als Schutzrechte, die der Bürger vor der staatlichen Macht erhalten soll. Grundrechte entfalten demzufolge keine Wirkung im Verhältnis der Bürger untereinander. Dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 GG zufolge sind Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung, d.h. die öffentliche Gewalt, an die Grundrechte gebunden. Private Rechtssubjekte sind dort nicht genannt, woraus man den Schluss ziehen könnte, dass diese in ihrem rechtsgeschäftlichen Handeln keiner Grundrechtsbindung unterliegen. Ein solcher Zustand wäre indes unerträglich, und so wird auch in der Rechtswissenschaft die Notwendigkeit gesehen, dass die im Grundgesetz genannten Grundrechte auch in Vertragsverhältnissen und somit auch in Arbeitsverhältnissen gelten müssen. Offen ist jedoch, in welcher Art und Weise eine solche Grundrechtsbindung begründet werden kann. Es gibt im Wesentlichen drei verschiedene Lehren oder Ansätze, wie diese Problematik zu beantworten sei: die Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung, die Lehre von der mittelbaren Drittwirkung sowie die Lehre von der Schutzpflichtfunktion. Sie sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden. 3.1.1, Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung: In den 50’er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde u.a. von Hans-Carl Nipperdey die Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte vertreten. Nach dieser Auffassung sollte eine Reihe von Grundrechten auch zwischen Privatpersonen unmittelbar wirken und zwingend verbindlich sein. Die Grundrechte hätten damit eine absolute Wirkung gegenüber jedermann, und jeder könne sich im Privatrechtsverkehr unmittelbar auf sie berufen. Die Anhänger dieser Lehre wollten damit indes keine verbindliche Aussage über jedes Grundrecht treffen. Vielmehr sei die Wirkung für jede Grundrechtsnorm gesondert zu überprüfen. 3.1.2, Lehre von der mittelbaren Drittwirkung: Wie schon aus dem Namen leicht ersichtlich wird, geht die Lehre von der mittelbaren Drittwirkung von einer mittelbaren Geltung der Grundrechte in Individualverträgen aus. Dies geschieht über das Medium zivilrechtlicher Generalklauseln, also in besonderem Maße auslegungsbedürftiger Rechtsnormen wie die §§ 138, 242, 315 und 826 BGB. Die Grundrechte greifen demnach nicht unmittelbar in privatrechtliche Rechtsverhältnisse ein, ihr Geist und Grundgedanke beeinflusst jedoch die Richtung, in der Generalklauseln auszulegen und zu konkretisieren sind. 3.1.3, Lehre von der Schutzpflichtfunktion: Zuletzt ist noch die Lehre von der Schutzgebots- oder Schutzpflichtfunktion der Grundrechte zu nennen, die auf Claus-Wilhelm Canaris zurückgeht. Demnach erschöpft sich die Funktion der Grundrechte nicht in Abwehrrechten und Eingriffsverboten, sondern es ergeben sich aus ihnen auch Schutzpflichten des Staates gegenüber den Bürgern. Der Gesetzgeber ist daher zur Schaffung einer Rechtsordnung verpflichtet, die den Schutz der in den Grundrechten normierten Rechtsgüter der Grundrechtsberechtigten gewährleistet. Die Ausführungen von Canaris machen deutlich, dass hier nicht nur der Schutz der Bürger vor dem Staat, sondern auch und gerade der Schutz vor anderen Bürgern gemeint ist: ‘Dabei geht es nicht um Verletzungen aus der Staatsrichtung, da dafür ja bereits die Dimension der Grundrechte als Eingriffsverbote und Abwehrrechte zur Verfügung steht, sondern um Verletzungen durch andere Bürger, also in der Tat um die Problematik der Drittwirkung. […] Einen wichtigen Anhaltspunkt liefert schon der Wortlaut des Grundgesetzes, indem dieses in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 bestimmt, dass die staatliche Gewalt die Menschenwürde nicht nur zu ‚achten’, sondern auch zu ‚schützen’ hat. Die Bedrohung, vor der geschützt werden soll, kann dabei nur von anderen Bürgern ausgehen, weil Verletzungen der Menschenwürde durch den Staat selbst schon vom Gebot des ‚Achtens’, also der Abwehrfunktion, erfasst werden.’ Das Bundesverfassungsgericht sieht die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte seit einer Entscheidung von 1993 nicht mehr auf die Interpretation zivilrechtlicher Generalklauseln beschränkt. Vielmehr sieht das Gericht aufgrund der objektiven Bedeutung der Grundrechte den Gesetzgeber in der Pflicht, Maßnahmen zum Schutz eines Rechtsgutes zu ergreifen. Laut Andrea Panzer kann inzwischen von einer ständigen Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte gesprochen werden. 3.2, Grundrechte der Arbeitnehmer: Die Brisanz der technischen Arbeitnehmerüberwachung ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass auf beiden Seiten, also bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern, von der Rechtsordnung besonders geschützte Grundrechte betroffen sind, die unvermeidlich miteinander kollidieren. Bevor detailliert auf die Rechtslage der einzelnen Überwachungsarten eingegangen wird, werden in den folgenden zwei Abschnitten die Grundrechte vorgestellt, die in diesem Zusammenhang relevant sind: zunächst die Grundrechte der Arbeitnehmer, die bei Überwachungsmaßnahmen beeinträchtigt werden, anschließend die Grundrechte der Arbeitgeber, die zur juristischen Legitimation der Überwachungsmaßnahmen herangezogen werden. 3.2.1, Der Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG): Im Wertsystem des Grundgesetzes hat die Würde des Menschen eine besonders hohe Bedeutung. Die sich frei entfaltende Persönlichkeit und ihre Würde bilden den Mittelpunkt dieses Wertsystems. Es bereitet jedoch einige Schwierigkeiten, den Schutzbereich der Menschenwürde zu bestimmen. Es hängt sehr von Zeit und Situation ab, was man unter Menschenwürde versteht entscheidenden Einfluss hat der zivilisatorische und kulturelle Gesamtzustand einer Gesellschaft. Da die positive Bestimmung der Menschenwürde so schwer fällt, begnügt man sich oftmals mit der negativen Abgrenzung. Statt zu definieren, was Menschenwürde sei, beschreibt man Einzelfälle, in denen man die Menschenwürde verletzt sieht. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts widerspricht es etwa der Menschenwürde, den Menschen zum bloßen Objekt zu degradieren. Vor diesem Hintergrund hält Biegel es für möglich, dass exzessive Überwachungsmaßnahmen die Würde des Menschen beeinträchtigen und somit das oberste Verfassungsgut missachten. 3.2.2, Das Grundrecht der freien Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2 Abs. 1 GG): Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit beinhaltet neben dem Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dabei handelt es sich um ein vom Bundesverfassungsgericht geschaffenes Grundrecht, das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG hervorgeht. Aus diesem abstrakten allgemeinen Grundrecht lassen sich wiederum konkrete Rechte ableiten, die bestimmte schutzwürdige Aspekte abdecken. Dazu gehört z.B. der Schutz der Intim- und Privatsphäre als Recht, nicht beobachtet zu werden, sowie das Recht auf Abgeschlossenheit, auf eine Intimsphäre und häusliche Sphäre. Im Amerikanischen existiert für Ansprüche dieser Art der Ausdruck ‘right to be left alone’, der deutlich macht, dass Individuen in dieser Kultur ohne besondere Begründung verlangen können, weitgehend in Ruhe gelassen zu werden. Ein weiterer Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist das Recht am eigenen Bild. Ein solches Recht spielte bereits in der bekannten Herrenreiter- Entscheidung des Bundesgerichtshofs eine Rolle. Nach Auffassung des BGH sei ‘die menschliche Personhaftigkeit’ durch die Art. 1 und 2 GG geschützt. Das Gericht führte weiter aus, schon bevor das Grundgesetz ein allgemeines Persönlichkeitsrecht anerkannt habe, hätte die Rechtslehre die unbefugte Veröffentlichung des Bildes eines Menschen als Eingriff in die Freiheit der Selbstbestimmung und der freien Betätigung der Persönlichkeit angesehen. ‘Das Unzulässige der eigenmächtigen Bildnisveröffentlichung durch einen Dritten liegt darin, dass damit dem Abgebildeten die Freiheit entzogen wird, auf Grund eigener Entschließung über dieses Gut seiner Individualsphäre zu verfügen.’ Schutzwürdig ist auch das Recht am gesprochenen Wort. Es besteht darin, dass jeder Einzelne selbst den Adressatenkreis seiner Worte festlegen darf. Bei Tonbandaufzeichnungen ohne Zustimmung des Sprechers kann dieses Recht nicht mehr gewährleistet werden. Folglich leidet darunter auch die Unbefangenheit menschlicher Kommunikation. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt: ‘Die Unbefangenheit der menschlichen Kommunikation würde gestört, müsste ein jeder mit dem Bewusstsein leben, dass jedes seiner Worte, eine vielleicht unbedachte oder unbeherrschte Äußerung, eine bloß vorläufige Stellungnahme im Rahmen eines sich entfaltenden Gesprächs oder eine nur aus einer besonderen Situation heraus verständliche Formulierung bei anderer Gelegenheit und in anderem Zusammenhang hervorgeholt werden könnte, um mit ihrem Inhalt, Ausdruck oder Klang gegen ihn zu zeugen.’ Auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betont, in der Rechtskultur Europas habe die Achtung der Privatheit sowie die Intimität und Vertraulichkeit der Kommunikation eine besondere Bedeutung, es handele sich um Errungenschaften des liberalen, demokratischen Rechtsstaates.

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