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  • Ethno-Marketing: Wettbewerbsvorteile durch kulturelle Vielfalt im Zielgruppenverständnis von in Deutschland lebenden Migranten

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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 90
Abb.: 11
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Unternehmen in Deutschland sehen sich gesättigten Märkten, einem verschärften Wettbewerb und der Notwendigkeit langfristiger Kundenbindung ausgesetzt. Immer häufiger werden daher risikobehaftete Auslandsmärkte für Unternehmensentwicklungen in Betracht gezogen. Um neue Potenziale zu entdecken, reicht vielfach jedoch der Blick auf die internationalen Märkte im Inland, da die etwa 15,3 Mio. hierzulande lebenden Menschen mit Migrationshintergrund ein von den Deutschen abweichendes Konsumverhalten aufweisen. Die sich daraus ergebende Problematik einer differenzierten Zielgruppenansprache ist Gegenstand des noch relativ neuen Bereichs des Ethno-Marketings. Absicht der vorliegenden Studie ist es, zu verdeutlichen, wie durch Anwendung von Ethno-Marketing-Konzepten Wettbewerbsvorteile erzielt werden können. Die Arbeit geht dabei speziell auf türkisch- und russischstämmige Konsumenten als größte in Deutschland lebende ethnische Minderheiten ein. Die psychografischen Merkmale und die Mediennutzung der betrachteten Zielgruppen werden dargestellt und an verschiedenen Stellen durch Anregungen für das praktische Ethno-Marketing ergänzt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Kultur als Determinante des Marketings: 3.1, Schnittstelle zwischen Kultur und Marketing: Dem sozialen Phänomen Kultur haften verschiedene Definitionen an. Alles ist oder hat Kultur. Unklar bleibt, was für allgemein gültig und als greifbar angesehen werden kann. Eine Umschreibung bezogen auf die Thematik soll den bisweilen inflationär benutzten Begriff Kultur eingrenzen. Mit dieser Annäherung kann jedoch der Komplexität des Begriffs nicht Rechnung getragen werden. Im Rahmen dieser Arbeit ist der Begriff eher kulturpsychologisch zu verstehen, da die Gesetzmäßigkeiten im Verhalten der Marktteilnehmer betrachtet werden müssen (Keller, 1999, S. 106 Felser, 2007, S. 273). Kultur wird als schwer mess- und kontrollierbare Übereinstimmung der Verhaltensmuster vieler Individuen bezeichnet. Diese Übereinstimmung ermöglicht es, soziale Einheiten wie ethnische Gruppen kulturspezifisch voneinander abzugrenzen. Bei einer ethnischen Gruppierung handelt es sich um eine, von der Mehrheitsgesellschaft kulturell differenzierte Gemeinschaft, die sich durch die Identifikationsmerkmale der gemeinsamen Herkunft, einer einheitlichen Sprache oder dem Zusammenhalt in einer bestimmten Situation auszeichnet (Jamal, 2003, S. 1603). Je nach Stärke des Zugehörigkeitsgefühls zu der ethnischen Gruppe, kann die Identifikation, also die sog. ethnische Identität variieren. Eine Definition von Kultur kann, aus Sicht der interkulturellen Marketingkommunikation, wie folgt lauten: ‘Kultur besteht aus expliziten und impliziten Denk- und Verhaltensmustern, die durch Symbole, Helden und Traditionen und Praktiken erworben und durch kollektive Werthaltungen und Überzeugungen von Generation zu Generation weitergegeben werden’. Die Kultur unterliegt einem dynamischen sowie sozialen Wandel, der durch fortwährende Änderungen in der menschlichen Umwelt bedingt ist. Die Umwelt und insb. das persönliche Umfeld des Menschen wirkt sich folglich bestimmend auf sein Verhalten aus (Panjawin, 2007, S. 13). Der gemeinsame kulturelle Background dient den Menschen innerhalb der Subkulturen als Orientierungs- und Identifikationssystem, indem eine gemeinsame soziale Realität konstruiert wird (Müller & Gelbrich, 2004, S. 61). Deutschland ist durch die breite Medienlandschaft, durch die multikulturelle Gesellschaftsstruktur und die immer einfacher zu erreichenden Teile der Nation zu einem Dorf geworden. Mitglieder der vorherrschenden Kultur stehen mit subkulturell geprägten Menschen alltäglich in Kontakt. Obwohl sich ihre Wertvorstellungen als auch ihre Denkweisen vermischen, dennoch bleiben zentrale Unterschiede bestehen. Die Marketingmaßnahmen müssen auch an die Veränderungen innerhalb der Gesellschaftssegmente angepasst werden. Im Kontext des Ethno-Marketings helfen kulturspezifische Werte, grundlegende kollektive Überzeugungen (ebd., S. 303) zu erklären, weshalb sich Mitglieder verschiedener Subkulturen in unterschiedlicher Weise verhalten. Die Unternehmen müssen sich besinnen, dass die Marketingkommunikation keine wertfreie Wissenschaft ist (Kraus-Weysser & Ugurdemir-Brincks, 2002, S. 27). Der kulturelle Background ist immer dann ein bedeutsamer marketingpolitischer Entscheidungsparameter, wenn es gilt, kultursensible Produkte in einem kulturell heterogenen Umfeld zu vermarkten. Banken und Kreditinstitute sind hier beispielhaft zu nennen, bei denen erklärungsbedürftige Produkte selbst für deutsche Muttersprachler schwer verständlich sein können. Schichtenmodelle, z.B. in Form der Kulturzwiebel von Hofstede (2001, S. 9), versuchen die unterschiedlichen Facetten von Kultur zu strukturieren, um kulturelle Unterschiede beschreiben zu können. Die Praktiken in Form von Symbolen, Helden und Ritualen verkörpern die leicht zu erschließende Außenschicht, während der nicht-sichtbare Kern einer Kultur aus Normen, Werten und Grundannahmen besteht. Eine leicht modifizierte Darstellung der Kulturzwiebel liefern Müller und Gelbrich (2004, S. 67 vgl. Abb. 4). Ihnen zufolge lassen sich nur die drei äußeren Schichten unmittelbar beobachten. Nimmt man einige Tränen beim vorsichtigen Lösen der Schichten in Kauf, so besteht die Möglichkeit, den Kern einer Kultur freizulegen. Über die dann konkret zu erkennenden Werte lassen sich Kulturen identifizieren und somit auch voneinander abgrenzen (Karmasin & Karmasin, 1997, S. 49). Auf das Ethno-Marketing übertragen, lässt sich Folgendes festhalten: nur diejenigen Unternehmen, die aufgrund von Investitionen in das Ethno-Marketing eine umfassende Kenntnis bzgl. der Werte und Normen ihrer ethnischen Zielgruppe aufweisen, sind auch in der Lage ihre Produkte so zu kommunizieren, dass sie auf Akzeptanz und nicht auf Ablehnung stoßen. 3.1.1, Die multikulturelle Gesellschaft Deutschlands: Kein Land in Europa ist so bevölkerungsreich wie Deutschland. Gleichwohl ist bekannt, dass hierzulande immer weniger Menschen leben. Nach Schätzung des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2050 auf 68,7 Mio. Bürger zurückgehen. Offensichtlichster Grund für die ‘sterbende deutsche Mehrheitsgesellschaft’ (Bücker, 2006, S. 96) ist die seit Jahren geringe Geburtenquote der deutschen Gesamtbevölkerung. Ohne eine fortwährende Zuwanderung oder die hohe Geburtenrate – etwa 30% höhere durchschnittliche Kinderzahl von Müttern mit ausländischer Staatsangehörigkeit (Hermes, 2006a, S. 11) – wäre demnach der Alterungsprozess in der Gesellschaft noch fortgeschrittener, als er es heute bereits ist. Dies hat wiederum weitreichende, negative Folgen für das deutsche soziale Sicherungssystem. Dröge (2007, S. 95) zufolge, werden schon in etwa fünf Jahren 40% der unter 40-Jährigen einen Migrationshintergrund haben. Trotz der intensiven, öffentlichen Debatte über die soziale Lage Deutschlands sowie der Integrationsstufe der Menschen mit Migrationshintergrund in das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben existiert noch zu wenig Wissen über die ethnischen Gruppen. Wie die Zahlen des jüngsten korrigierten ‘Mikrozensus’ des Statistischen Bundesamts (2006, S. 73 f.) aufzeigen, leben gegenwärtig 15,3 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Über die Staatsangehörigkeit hinaus wurden bei dieser sog. ‘kleinen Volkszählung’ repräsentative Daten zu Geburtsort und zur Einbürgerung erfragt (Peter & Borstel von, 2006, o. S.). Ausgehend von einer Gesamtbevölkerung von 82,3 Mio. Menschen liegt der Anteil der Bürger mit Migrationshintergrund bei ca. 19%. Das entspricht, im Vergleich zu den bis dahin vorherrschenden Zahlen über den ausländischen Bevölkerungsteil, einer offiziellen Verdoppelung des Gesamtpotentials von Mitbürgern mit Migrationshintergrund. Demnach leben 7,3 Mio. Ausländer und 8 Mio. eingebürgerte Ausländer, eingebürgerte Kinder von Ausländern oder Spätaussiedler und Kinder von Spätaussiedlern im Bundesgebiet (Statistisches Bundesamt, 2006, S. 73). Zusätzlich halten sich nach Schätzungen etwa 1,5 bis 2 Mio. ausländische Staatsbürger illegal in der BRD auf, was den Anteil auf über ein Fünftel der Bevölkerung steigen lässt (Valente & Yetgin, 2006, S. 51). Mehr als die Hälfte der registrierten Mitbürger gehört einer der beiden großen ‘Ethno-Gruppen’ der Russisch- bzw. Türkischstämmigen an (Bücker, 2007, S. 94). Die aufgeführten Daten verdeutlichen, warum es bei verschärfendem Wettbewerbsdruck, für viele Unternehmen trotz Schwierigkeiten und Barrieren wirtschaftlich sinnvoll erscheint, die Möglichkeiten des Ethno-Marketings auszuschöpfen. Die Tendenz zu einer multikulturellen Gesellschaft Deutschlands entstand durch die Gastarbeiteranwerbung der sechziger Jahre, und folglich aus ökonomischem Zweckdenken. Trotz vieler Ansätze, die der Integration der Einwanderer in die deutsche Gesellschaft dienen sollen, ist man auf dem Weg in eine multikulturelle Gesellschaft ins Stolpern geraten. Analysiert man die heutige Lage, ist ein Wandel in der deutschen Bevölkerung feststellbar. Akkaya, Özbeck und Sen (1998, S. 312) konstatieren eine eher bikulturelle Gesellschaft, in der sich Türkisch- sowie Russischstämmige mit einer eigenständigen sozialen und politischen Infrastruktur eingerichtet haben. Müller und Gelbrich (2004, S. 213) bestätigen die zunehmende kulturelle Pluralität der Wohnbevölkerung Deutschlands. Menschen mit Migrationshintergrund werden demnach von zwei Seiten aus beeinflusst: Durch das deutsche Umfeld der Schule oder Arbeit einerseits und andererseits durch die kulturellen Prägungen der Freunde, Familienmitglieder oder Bekannten. Es sind zunehmend heterogenere Lebensstile beobachtbar, was auf eine Entwicklungstendenz schließen lässt, die durch subkulturelle Einflüsse beherrscht werden. Die Erkenntnis einer Beständigkeit kultureller Unterschiede in Einstellungen und Werthaltungen der Menschen muss sich verstärken. Eine von Seiten der werbenden Wirtschaft gewünschte Homogenität der Konsumenten wird sich nie ergeben. Deutschland ist weder national-einheitlich noch kulturell heterogen, aber ein Land mit zahlreichen Subkulturen. Kulturen sind umso heterogener, je mehr Subkulturen, also ethnische Gruppierungen innerhalb der Gesellschaft, sie beinhalten (ebd., S. 54). Die 15,3 Mio. Menschen verstärken den oben aufgeführten Trend in Richtung Multikulturalität, indem sie sich in sog. Nationalitätengruppen zusammenfinden (Kotler et al., 2007, S. 277). Es bestehen zwar enge Bindungen an die dominante Gesellschaft, dennoch grenzen sie sich durch ihre eigenen Wertvorstellungen und Haltungen, ihren eigenen Glauben und ihr eigenes Konsumverhalten erkennbar von der vorherrschenden Kultur ab. Keller (1999, S. 108) führt dieses bewusste Bedürfnis nach Abgrenzung auf ein ablehnendes Reaktanzverhalten zurück. Es erscheint aus psychologischer Sicht plausibel, dass Randgruppen und Subkulturen einen umso stärkeren Wunsch nach Eigenständigkeit hegen, je näher sie den jeweils anderen sind (Felser, 2007, S. 280). Dies würde auch die zu erkennenden ethnischen Gruppenbildungen erklären, die nach Allgayer (2007, S. 133) einem ‘kulturellen Cocooning’ gleichkommen. In deutschen Großstädten existieren Stadtteile mit bspw. ausschließlich türkischen Wohnvierteln. Berlin ist gemessen an seiner Einwohnerzahl nach Istanbul die zweitgrößte türkische Stadt (Förster & Kreuz, 2003, S. 64). Diese Konzentration ethnischer Minderheiten erleichtert es für das Ethno-Marketing, Zielgruppen mit differenzierten, aber nicht standardisierten Aktionen zu erreichen. Besonders die subkulturellen Unterschiede sind für die Entstehung von Bedürfnissen und Wünschen von großer Bedeutung. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe kann Auskünfte über das Konsumverhalten oder Lebensmittelpräferenzen geben. Die Mitglieder gesellschaftlicher Subkulturen bilden demnach einen wesentlichen Bestandteil des Interesses der Wirtschaft eines Landes.

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