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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 90
Abb.: 36
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Aufgrund der Rohstoffkrise, die der Weltwirtschaft laut vieler Experten aufgrund der Verknappung des Erdöls bevorsteht, wird die verstärkte Nutzung nachwachsender Rohstoffe nun schon seit Jahren diskutiert. Ziel ist es, eine langfristige Versorgung mit Produkten wie chemischen Grundstoffen zu gewährleisten und die ökologischen Auswirkungen fossiler Energieträger zu reduzieren. Stehen wir also vor einer neuen Rohstoffrevolution, oder ist die Vision der Konversion von Biomasse in Chemikalien, Energie und Kraftstoffe noch nicht ausgereift? In der vorliegenden Arbeit soll anhand einer Analyse der bestehenden Literatur gezeigt werden, dass nachwachsende Rohstoffe als Basis einer stofflichen Ressource der Industrie großes Potential bieten. Zunächst werden ausgewählte Produkte, die auf nachwachsenden Rohstoffen basieren, dargestellt, und einige der bereits heute hergestellten Erzeugnisse im Hinblick auf ihre ökologischen Effekte bewertet. Außerdem soll veranschaulicht werden, mit welchen Technologien, Anlagekonzepten und Rahmenbedingungen die zukünftige industrielle Nutzung nachwachsender Rohstoffe erfolgreich umgesetzt werden kann. Dabei werden auch die Defizite einer verstärkten stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe analysiert und Handlungsoptionen aufgezeigt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Zukünftige stoffliche Nutzung von Nachwachsenden Rohstoffen: Die zukünftige stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe betrachtet die Herstellung von Produkten auf der Basis nachwachsender Rohstoffe im Konzept der Bioraffinerie. Diskutiert wird der Grundgedanke, Plattformchemikalien zukünftig in Analogie zu den bereits bestehenden Erdölraffinerien in Bioraffinerien herzustellen. Dabei spielen die technologischen Verfahren zur Konversion von Biomasse in deren Bestandteile eine wesentliche Rolle für die Weiterverarbeitung in Kunststoffe, Plattformchemikalien und Kraftstoffe. Neben den wichtigsten chemischen und biotechnologischen Verfahren, werden die meistversprechenden Wege zur effizienten Synthese von Biomasse vorgestellt. Daneben findet sich ein Überblick über die verschiedenen Typen von Bioraffinerien, deren Produkte, als auch eine ökologische Bewertung. 2.1, Chemische Grundstoffe: ‘Die Petrochemie beruht auf dem Prinzip, aus Erdöl einfach zu handhabende und definierte, chemisch reine Grundstoffe in Raffinerien zu erzeugen.’ (Kamm, 2008) Der für die heutige Chemie wichtigste Grundstoff ist Naphtha, der beim cracken zu einer Vielzahl von Alkenen wie z.B. Ethen und Butan, sonstigen (un)gesättigten Kohlenwasserstoffe sowie aromatischen Verbindungen wie beispielsweise Benzol weiterverarbeitet wird. Obwohl die meisten Chemikalien auf der Basis von Erdöl produziert werden, findet sich in der Massenproduktion von Ethanol bereits heute ein wichtiges Beispiel biobasierter Chemikalien. Auf Basis von Cellulose, Stärke und Pflanzenölen werden derzeit aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nur bestimmte ausgewählte Grundstoffe produziert, darunter Zitronen-, Milch- und Lävulinsäure, Sorbit, Glycerin, Cellulosederivate und Oleochemikalien (Oertel, 2007 S. 82). Biomasse hat ein gänzlich anderes C-O-H-N-Verhältnis als Erdöl. So spielen sauerstoffhaltige Kohlenhydrate und insbesondere die Zucker – dazu gehören Glucose, Fructose, Xylose, Arabinose und Sucrose, sowie Stärke eine bedeutende Rolle, auch deshalb, da Biomasse über ihre Gesamtheit gerechnet aus über 75 % dieser Kohlenhydrate besteht. Diese eignen sich für die (biotechnische oder chemische) Produktion von sogenannten Building Blocks (mehrfach funktionalisierte molekulare Bausteine), um diese anschließend über ein Stammbaumsystem in eine Vielzahl hochwertiger Chemikalien und Materialien weiterzuverarbeiten (Busch, et al., 2005 S. 130f). Ein Beispiel hierfür bietet die Produktlinie Cellulose, Lignocellulose oder stärkehaltige Biomasse, die zuerst in Zucker (Plattform), dann zu Milchsäure (Building Block) umgewandelt wird, um anschließend zu Polymilchsäure (Material) weiterverarbeitet zu werden (Oertel, 2007 S. 82). Von den weltweit im Handel über 100.000 verfügbaren verschiedenen chemischen Substanzen fallen über 95% des Umsatzes auf nur ca 1.500 (UN Department of Economic and Social Affairs, 2004). Im Jahre 2004 beauftragte das US Department of Energy ein Team bestehend aus der National Renewable Energy Laboratory und der Pacific Northwest National Laboratory Chemikalien aus Biomasse (Kohlenhydrate, Lignin, Fette, Proteine) zu identifizieren, die ökonomisch und technisch am erfolgversprechendsten sind. In die Bewertung flossen Kriterien wie Effizienz, chemische Funktionalität, Stammbaumfähigkeit, Nutzungs- und Marktpotential ein. Aus der anfänglich umfassenden Liste von über 300 potentiellen Chemikalien, konnten am Ende die Top 12 solcher Building Blocks identifiziert werden, zu denen folgende Chemikalien zählen: 1,4-Disäuren (Bernsteinsäure, Fumarsäure, Apfelsäure), 2,5-Furandicarbonsäure, 3-Hydroxypropionsäure, Asparaginsäure, Zuckersäure, Glutaminsäure, Itaconsäure, Lävulinsäure, 3-Hydroxybutyorolacton, Glyzerin, Sorbit sowie Xylit/Arabit (PNNL NREL, 2004 S. 3-13). Die in Erdöl enthaltenen Kohlenwasserstoffe müssen durch entsprechende Synthesen in beispielsweise Alkene, Alkohole, etc. umgewandelt werden. Neben der direkt möglichen Nutzung von beispielsweise Cellulose zur Herstellung von Celluloseether oder -fasern, müssen Synthesebausteine aus nachwachsenden Rohstoffen oft ‘entfunktionalisiert’ werden. Die gewünschten Synthesebausteine erhält man über biotechnologische Prozesse, wie der enzymatischen Spaltung von Polysacchariden in einzelne Zuckermoleküle oder durch chemische Prozesse, sogenannte Transformationen wie z.B. hydrolytischen Reaktionen, allerdings können beide Verfahren auch kombiniert angewendet werden. Glucose kann somit in die für die Chemie wichtigen C1 bis C6 Synthesebausteine zerlegt werden, ein Gerüst von einem bis zu sechs Kohlenstoffatomen (Bader, et al., 2009 S. 21f). Die Umsetzung einer Biomasse basierten chemischen Industrie kann über zwei unterschiedliche Ansätze erfolgen. Im ersten Ansatz, dem ‚value chain approach‘, werden wertschöpfende Biomasseverbindungen zuerst identifiziert und die verschiedenen Weiterverarbeitungs- und Biokonversionsschritte isoliert betrachtet. Restbiomasse wird dann in ein universelles Substrat umgewandelt, aus dem Chemikalien synthetisiert werden können. Dieser Ansatz geht davon aus, dass es technisch wie auch ökonomisch von größerem Vorteil sei, teure Chemikalien aus Biomasse zu extrahieren, anstatt diese Verbindungen auf Basis universell einsatzbarer Building Blocks herzustellen. Die Herausforderungen der ökonomischen Umsetzbarkeit liegen hier in den technischen Verfahren zur Reinigung, Veredlung, Trennung und Umwandlung von Biomasse Der zweite Ansatz, der ‚integrated process chain approach‘, verfolgt die Nachbildung der petrochemischen Industrie. In diesem Modell wird, basierend auf den Chemikalien, die produziert werden, zuerst das Substrat in universell einsetzbare Building Blocks transformiert. Ökonomisch und technisch sei es von größerem Vorteil, Chemikalien in hochintegrierten Produktionsanlagen zu produzieren. Herausforderungen hier liegen in der Effizienzsteigerung der Umwandlungsprozesse von Biomasse, um die bereits etablierten Building Blocks für die Petrochemie bereitzustellen (Kamm, et al., 2008 S. 97f). Dabei konnten Industrielle Bioraffinerien, eine Analogie zu den heute existierenden Erdölraffinerien, als der erfolgversprechendste Weg hin zu der Gestaltung einer Biomasse-basierten Wirtschaft ermittelt werden (Realff, et al., 2008 S. 5-9). 2.2, Das Konzept der Bioraffinerie: Die amerikanische National Renewable Energy Laboratory (NREL) definiert Bioraffinerien wie folgt: ‘A biorefinery is a facility that integrates biomass conversion processes and equipment to produce fuels, power, and chemicals from biomass. The biorefinery concept is analogous to today's petroleum refineries, which produce multiple fuels and products from petroleum. Industrial biorefineries have been identified as the most promising route to the creation of a new domestic biobased industry.’ Im Gegensatz zu den Erdölraffinerien nutzen Bioraffinerien die Unterschiede aller Biomassebestandteile und Zwischenprodukte um den Nutzen von Rohstoffen zu maximieren. So können Bioraffinerien beispielsweise ein oder mehrere hochwertige Chemikalien in kleinem Volumen produzieren, dazu noch einen geringer wertigen, dafür in großen Mengen hergestellten Biokraftstoff anbieten, und zudem noch Elektrizität sowie Prozesswärme für den Eigengebrauch erzeugen. Hochwertige Produkte steigern den Ertrag, die großen Mengen an Biokraftstoffen helfen dem steigenden Energiebedarf gerecht zu werden, während die Erzeugung von Energie in der Raffinerie selbst Kosten als auch Treibhausgasemissionen reduziert (NREL, 2009). Die Zusammensetzung von Biomasse ist komplex, so dass der biotechnischen und chemischen Konversion in Bioraffinerien größte Bedeutung beizumessen ist. Auf diese Weise wird Biomasse so modifiziert, dass diese für den jeweiligen Zweck der anschließenden Weiterverarbeitung angepasst wird und dabei auch gleich bestimmte Zielprodukte hergestellt werden, sogenannte ‘precursors, Präkursoren’. Da sich pflanzliche Biomasse immer aus den Grundprodukten Kohlenhydrate (75%, in Form von Cellulose, Stärke und Saccharose), Lignin (20%), Proteinen und Fetten (5%) sowie einer Vielzahl anderer Substanzen (Vitaminen, Farbstoffen, Aromen etc.) zusammensetzt, findet sich im Folgenden zunächst das Grobschema einer Bioraffinerie für die industrielle Herstellung von Zwischen- und Endprodukten präkursorenhaltiger Biomasse unter Bevorzugung der Kohlenhydratlinie (Kamm, et al., 2008 S. 17). Bioraffinerien können die unterschiedlichsten Formen und Größen haben, daher existieren eine Menge von Klassifikationsmöglichkeiten. Eine Klassifizierung kann neben weiteren auf nachfolgenden Kriterien aufbauen: Verarbeitung der Rohstoffe (Lignocellulose, etc.) technologische Verarbeitung (thermochemische Behandlung, mikrobieller Abbau, etc.) Stand der Technik (konventionell gegenüber modern, 1st and 2nd Generation) Haupt- und Zwischenprodukten (Synthesegas, Zucker oder Lignin Plattform). 2.2.1, Prozesse und Technologien in Bioraffinerien: Die Erzeugung von Energie, Kraftstoffen und Chemikalien unterschiedlichster Quellen in einer Bioraffinerie erfordert eine enge Verzahnung der Prozesse zur Umwandlung von Rohstoffen mit den dafür benötigten Anlagen. Der Bereich der in Biomasse enthaltenen Anzahl von Kohlenstoffatomen ist für die Umwandlung in Folgeprodukte von Bedeutung und variiert stark. Ein erheblicher Bestandteil von Biomasse sind die Zucker mit fünf bis sieben Kohlenstoffatomen. Diese ‘low-carbon-number sugars’ (Realff, et al., 2008 S. 7) sind gute Metaboliten und können meist direkt durch Fermentation genutzt werden. Glucose beispielsweise kann über mikrobielle und/oder chemische Verfahren aus Stärke, Zucker oder Cellulose gewonnen werden. Enzymatische Hydrolyseverfahren bei Stärke, eine Form der Biokatalyse , erweisen sich gegenüber der rein chemischen Hydrolyse schon heute als technisch und wirtschaftlich vorteilhaft (Kamm, et al., 2008 S. 17f). Die Anzahl der Kohlenstoffatome polymerer Teile von Biomasse wie der Lignocellulose (Hemicellulose, Cellulose und Lignin) geht allerdings in die Hunderte. Gerade hier sind Verfahren zur entsprechenden Vorbehandlung (pretreatment) der relativ widerstandsfähigen Zellwände von großer Bedeutung. Diese Verfahren zur Vorbehandlung sind allerdings meistens noch thermischer, thermomechanischer oder thermochemischer Natur und erfordern einen erheblichen Einsatz an Energie. 2.2.1.1, Vorbehandlung von Biomasse: Die Vorbehandlung von Biomasse ist ein Prozess, bei dem die Oberfläche der Einsatzstoffe zur enzymatischen Weiterverarbeitung geöffnet wird. Die Zellwände lignocellulosehaltiger Biomasse in ihrer natürlichen Form sind allerdings widerstandsfähig gegenüber einer Aufspaltung durch mikrobielle Hydrolyseenzyme. Die Vorbehandlung umfasst meist zuerst die physikalische Zertrennung durch mechanische Beanspruchung, Temperatur und/oder Druck und beginnt mit einer Zerkleinerung der Pflanze durch Mahlen, Zerstampfen und/oder Zerhacken. Nach diesen Verfahren kann die weitere Vorbehandlung mittels chemischen Extraktionsverfahren erfolgen um die Ausbeute der enzymatischen Hydrolyse von Cellulose zu maximieren. Dies bedeutet meistens, das Lignin zu verändern oder zu entfernen, da es nicht nur als Blocker für Enzyme aufgrund der Beschichtungswirkung auf Cellulosefibrillen (Fuchs, 2006 S. 287f) wirkt, sondern auch einige der Cellulose-aktiven Enzyme absorbiert (Kamm, 2008 S. 362). Das Produkt am Ende der Vorbehandlung bietet als flüssige Lösung eine verbesserte Zugänglichkeit für Folgeprozesse und eine verminderte Interferenz von Lignin bei enzymatischen Verfahren. Im Folgenden findet sich eine Auswahl möglicher Verfahren zur Vorbehandlung von Biomasse.

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