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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 120
Abb.: 10
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Seit dem 1. Januar 2009 wird auf dem Elektrizitätsmarkt das System der Anreizregulierung zur Festlegung der Netznutzungsentgelte praktiziert. Es soll die Netznutzungsentgelte so setzen, dass Anreize für eine effiziente Leistungserbringung entstehen. So soll das Ziel des EnWG aus §§ 1 und 2 erfüllt werden: wirksamer und unverfälschter Wettbewerb bei der Stromversorgung sowie ein leistungsfähiger und zuverlässiger Netzbetrieb. In der vorliegenden Studie wird das deutsche System der Anreizregulierung auf dem Elektrizitätsmarkt im Hinblick auf Optimierungspotenziale analysiert. Zunächst werden die theoretischen Grundlagen einer Anreizregulierung und danach das spezielle deutsche System vorgestellt. Anschließend wird die Erlösobergrenzenermittlung beschrieben. Darauf aufbauend wird die zuvor beschriebene Ausgestaltung der Anreizregulierung in Deutschland einer kritischen Analyse unterzogen und bewertet. Auf Basis eines Kriterienkatalogs werden die ersten Erfahrungen mit der deutschen Anreizregulierung analysiert, um darauf aufbauend Verbesserungsbedarf abzuleiten. Die Studie schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse sowie einer allgemeinen Handlungsempfehlung.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Anreizregulierung: 2.1, Die Anreizregulierung in Theorie und Praxis: Ziel der Regulierung von Monopolen ist, eine gerechtere Verteilung des sozialen Überschusses zu erreichen, als es im Rahmen des nichtregulierten Monopols geschieht. Bei den Elektrizitätsnetzen, wie in allen anderen Netzsektoren, sollen nicht nur Monopolrenditen verhindert, sondern die Nutzung der Netze zu einem fairen Preis, bei gleichzeitiger allokativ effizienter Netzleistung ermöglicht werden. Durch die Anreizregulierung wird angestrebt, Anreize zu einer effizienten Leistungserbringung zu geben. Im Fehlen eben dieser wird der gravierendste Schwachpunkt einer rein kostenorientierten Entgeltregulierung gesehen. Spezifische Anreize sollen zu kosteneffizientem Handeln anregen, was im Nichtmonopolfall durch die Wirkungsmechanismen des freien Wettbewerbs erreicht würde. Bei der Anreizregulierung sind drei Grundvarianten zu unterscheiden. Die Preisobergrenzenregulierung (Price Cap Regulation) erlegt den Unternehmen für einen gewissen Zeitraum eine Preisobergrenze auf. Diese wird z.B. auf Basis der Kostenstruktur und der Kostensenkungspotentiale eines durchschnittlichen regulierten Unternehmens ermittelt. Die Anpassungsformel für den Price Cap beinhaltet mindestens folgende zwei Einflussfaktoren: den Retail Price Index als Inflation (RPI) und die vorgegebene Produktivitätssteigerung (sogenannter X-Faktor). Es wird auch von der RPI-X Regulierung gesprochen. Beim Vergleichswettbewerb (Yardstick Competition) wird vollständig von den spezifischen unternehmensindividuellen Kosten abgekoppelt, entscheidend ist die relative Leistung im Vergleich zur Gesamtheit aller Unternehmen des Sektors. Ein Unternehmen hat wirtschaftliche Vorteile, wenn es im Vergleich besser steht als seine Wettbewerber. Dadurch entstehen starke Anreize zu Produktivitätssteigerungen, da der zusätzliche Gewinn nicht mehr von den eigenen Kosten abhängt, sondern von der relativen Position zu den Konkurrenten. Die Regulierung geschieht also im Rahmen eines Benchmarkings und basiert somit auf Daten, die vom einzelnen Unternehmen nicht beeinflussbar oder steuerbar sind. Die Erlösobergrenzenregulierung (Revenue Cap Regulation) folgt ebenfalls dem Prinzip der Entkopplung der Preise von den spezifischen Kosten. Hier werden Erlösobergrenzen für eine Regulierungsperiode vorgegeben, die Tarife hingegen werden von den Unternehmen selbst kalkuliert. Es werden also keine Preisobergrenzen festgesetzt, sondern das Gesamterlöswachstum wird beschränkt. Auch hier spielt der X-Faktor eine wichtige Rolle. Vereinfacht sieht die Anpassungsformel wie folgt aus: EOt= EOt-1 * (1 + RPI – X), EOt Erlösobergrenze im Jahr t, EOt-1 Erlösobergrenze im Jahr t-1, Neben der Gewährleistung des diskriminierungsfreien Netzzugangs zielt die Anreizregulierung als Entgeltregulierung insbesondere auf Effizienzsteigerungen bei den Netzbetreibern, die dadurch ihre Kosten senken und ihre Gewinne steigern können. Genau hier setzt die Erlösobergrenzenregulierung als konkurrierendes Modell zur kostenorientierten Entgeltregulierung an. Ziele der Anreizregulierung sind höhere Effizienzsteigerungen durch unternehmenseigene Anstrengungen. Sofern ein Netzbetreiber die vorgegebenen Kostensenkungspotentiale übertrifft, kann er die hieraus resultierenden Gewinne in der jeweiligen Regulierungsperiode vereinnahmen. Zusätzlich hat der Netzbetreiber für die Dauer der Regulierungsperiode Planungssicherheit. Diese zusätzlichen Kostensenkungen bzw. Effizienzsteigerungen werden erst in der nächsten Regulierungsperiode durch sinkende Netznutzungsentgelte an die Netznutzer weitergegeben. Mit steigender Regulierungsperiodendauer steigen demnach die Anreize zu Kostensenkungen. Bei jeder Netzregulierung besteht das grundsätzliche Problem der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Regulierer und Netzbetreiber. In der Regel sind die Unternehmen über ihre Effizienzpotentiale und Kosten besser informiert als die Regulierungsbehörde, so dass sie diesen Informationsvorsprung nutzen um höhere Netznutzungsentgelte genehmigen zu lassen. Um trotzdem einen effizienten und technologisch störungsfreien Netzbetrieb zu erreichen, müsste der Kontroll- und Informationsaufwand erheblich gesteigert werden, damit sich die Informationsstände angleichen. Der Ansatz der Anreizregulierung ist, das Regulierungsregime so auszugestalten, dass die Regulierungsintensität gesenkt werden kann, indem auf eine umfangreiche Erhebung und Kontrolle interner Unternehmensdaten verzichtet wird. Die Erlöse und die Kosten werden für einen bestimmten Zeitraum voneinander entkoppelt, so dass das Unternehmen selbst die Konsequenzen seiner Effizienzsteigerungsbemühungen trägt. Es folgt den Anreizen unter größtmöglicher unternehmerischer Freiheit, so dass der Informationsbedarf des Regulierers sinkt. Erst am Ende einer Regulierungsperiode werden die tatsächliche Kosten und Gewinne erneut geprüft und für die nächste Periode angepasst (Regulatory Review). Durch diese Prüfung sammelt die Regulierungsbehörde wichtige Informationen über einen effizienten Netzbetrieb. Grundsätzlich führt jede Form von Regulierung zu Anreizverzerrungen. Die Beschränkung unternehmerische Freiheiten provoziert Ausweichmanöver und Anpassungsreaktionen. Konkret bedeutet dies, dass die Anreize zu produktiver Effizienz zu Lasten der Qualität der erbrachten Leistungen gehen können. Es sind also Gewinnsteigerungen durch Qualitätsminderung möglich. Daher erscheint eine komplementäre Qualitätsüberwachung bzw. -regulierung geboten, insbesondere wenn die Nachfrage auf Qualitätsveränderungen unelastisch reagiert. Qualitätsregulierung ist häufig mit Investitionsregulierung verknüpft. Vorgegebene Qualitätsstandards stellen dann ein ausreichendes Investitionsniveau sicher. Seit dem 1. Januar 2009 herrscht in Deutschland das Regime der Erlösobergrenzenregulierung. Die Regulierungsbehörden genehmigen Obergrenzen für die Gesamterlöse der jeweils fünfjährigen Regulierungsperioden, wobei ab 2019 in Deutschland der Übergang zur Yardstick Competition vorgesehen ist. Die Entscheidung fiel gegen eine Price-Cap-Regulierung aufgrund des geringeren Informationsbedarfs und des maximalen unternehmerischen Entscheidungsspielraums bei der Erlösobergrenzenregulierung. Bei der Kalkulation der Erlösobergrenze vor Beginn der ersten Regulierungsperiode wurden die unternehmensindividuellen Kosten als Basis herangezogen. Die Berechnung erfolgte auf Grundlage des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres, dem Basisjahr 2006. Seitdem sind die Erlöse von den Kosten entkoppelt, so dass auf einen Aufschlag auf die realisierten Kosten verzichtet wird. Stattdessen haben die Netzbetreiber durch den X-Faktor den andauernden Anreiz, ihre Netze effizient zu gestalten und zu führen. Ferner regeln §§ 12-16 ARegV einen bundesweiter Effizienzvergleich der Netzbetreiber, wobei nur die vom Netzbetreiber beeinflussbaren Kosten berücksichtigt werden. Nur hier sind realisierbare Effizienzsteigerungen durch den Netzbetreiber möglich. Der resultierende Effizienzwert ergibt sich aus der Differenz zwischen der aktuellen Effizienz des jeweiligen Netzbetreibers und derjenigen des effizientesten Unternehmens (Frontier-Unternehmen) und dient der Ermittlung der individuellen Ineffizienzen. Die Festlegung der Erlösobergrenzen (Effizienzvorgabe) geschieht auf Grundlage der kalkulatorischen Kosten des Netzbetreibers, wobei die im Effizienzvergleich ermittelten Effizienzziele berücksichtigt und auf die beiden ersten Regulierungsperioden als Minderung der Erlösobergrenze verteilt werden. Das deutsche Anreizregulierungskonzept enthält zusätzliche hybride Elemente, welche die Nachteile von Mengenschwankungen reduzieren und die Versorgungsqualität gewährleisten. Kurzfristige Mengenschwankungen werden in Regulierungskonten erfasst, diese sind in der folgenden Regulierungsperiode auszugleichen. Nachhaltige Mengenschwankungen bei Verteilnetzbetreibern werden durch einen Erweiterungsfaktor berücksichtigt, der die Erlösobergrenze an die veränderte Menge anpasst. In der ersten Periode kann zusätzlich ein pauschaler Investitionszuschlag von 1% beantragt werden. Gesonderte Vorgaben bzgl. Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen gelten für die Übertragungsnetzbetreiber. Statt des Erweiterungsfaktors werden hier außerhalb der Erlösobergrenzermittlung Investitionsbudgets genehmigt. Spätestens mit Beginn der zweiten Regulierungsperiode im Jahr 2014 wird das Regulierungsregime durch ein Qualitätsanreizsystem ergänzt, um die Versorgungssicherheit zu steigern. Abweichungen von der durchschnittlichen Versorgungsqualität werden als Bonus/Malus auf die Erlösobergrenze angerechnet.

Über den Autor

Thorsten Luig wurde 1981 in Menden (Sauerland) geboren. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann schloss er das Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster 2010 mit dem akademischen Grad des Diplom-Volkswirts ab. Dabei war er stets darauf bedacht, die theoretischen Grundlagen mit konkreten Erfahrungen zu verbinden, sowie die entwickelten Erkenntnisse für die Praxis umsetzbar zu gestalten.

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