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Sozialwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 02.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Zwischen der Sowjetunion und der Volksrepublik China kam es im Laufe der Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkrieges zu zahlreichen Konflikten an der etwa 5000km langen gemeinsamen Landgrenze. In erster Linie treten hier die Zwischenfälle am Grenzfluss Ussuri hervor. Im März 1969 kam es auf der Insel Zhenbao (russisch: Damanskij) mehrfach zu Gefechten zwischen russischen und chinesischen Grenzsoldaten. Diese Gefechte sorgten auf der ganzen Welt für Schlagzeilen. Auch in der westdeutschen Presse wurden im März 1969 ausgiebig über sie berichtet und zahlreiche Spekulationen angestellt, denn verlässliche Informationen waren kaum bis gar nicht zu erhalten. Lediglich die sich widersprechenden Protestnoten der sowjetischen und chinesischen Regierungen boten Einblicke in die prekäre Situation am Ussuri: Gegenseitig beschuldigten sich die Staaten, den jeweils anderen in einen Hinterhalt gelockt zu haben. Dies veranlasste einige westdeutsche Journalisten dazu, über die Ausmaße eines eventuellen Krieges und dessen Bedeutung für die Welt, aber auch für Westdeutschland selbst zu spekulieren. Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit den analytischen und/ oder spekulativen Darstellungen der Ereignisse vom März 1969 in ausgewählten Organen der westdeutschen Presse. Hierbei liegt ein Augenmerk auch auf der Untersuchung sprachlicher Mittel, die von den Journalisten verwendet wurden. Wenn Sebastian Haffner im Stern dem sowjetisch-chinesischen Konflikt aufgrund ideologischer Differenzen zwischen den beiden Staaten die Gnadenlosigkeit eines Religionskrieges zuschreibt, so bleibt dies nicht ohne Wirkung auf den Leser. Weiterhin werden in diesem Buch Aspekte der Stereotypenforschung aufgegriffen. In den Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln werden sowohl die Sowjetunion als auch die Volksrepublik China als fremd dargestellt. Im Vergleich zeigt sich jedoch, dass China und seine Bevölkerung im Gegensatz zur Sowjetunion deutlich negativer dargestellt werden, nämlich als ein Land, das den Deutschen noch fremder und anders erscheint, als die Sowjetunion. Vom Großteil der untersuchten westdeutschen Presseorgane wurde die Volksrepublik China als Aggressor im Grenzkonflikt am Ussuri im März 1969 angesehen. Doch erst mit der langsamen Öffnung Chinas in den letzten Jahren haben sich hierfür neue Belege finden lassen. Auch chinesische Historiker vertreten nun die Auffassung, dass die chinesische Regierung die Vorfälle provoziert zu haben scheint. Somit lässt sich feststellen, dass die Berichterstattung – und die damit einhergehenden Spekulationen der westdeutschen Journalisten – im März 1969 im Vergleich mit dem Wissensstand der heutigen Forschung keineswegs als irrational zu bewerten ist.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3., Der Grenzkonflikt am Ussuri im Zusammenhang des sowjetisch-chinesischen Konflikts: 3.1, Wie kam es zum Konflikt zwischen der Sowjetunion und der Volksrepublik China?: Die Geschichte der beiden Staaten ist spätestens seit dem 18. Jahrhundert unweigerlich und unumstößlich miteinander verknüpft. Zu dieser Zeit begann das zaristische Russland seine territoriale Expansion nach Osten stärker voranzutreiben. David Floyd schreibt in Die feindlichen Genossen, dass sich Russland 'Ende des 18. Jahrhunderts [...] bereits den Weg nach Sibirien gebahnt, an der Pazifikküste Fuß gefaßt [sic] und damit begonnen [hatte], in chinesische Gebiete vorzudringen. Im 19. Jahrhundert dehnte sich die russische Kolonisation entlang der Pazifikküste aus'. Die sogenannte 'ungleiche Verträge' aus den Jahren 1858 und 1860 zwangen die, durch mehrere Kriege mit imperialistischen europäischen Großmächten geschwächte, Qing-Dynastie dazu, Land an das zaristische Russland abzutreten. Erst mit der Machtübernahme der Bolschewisten 1917 kam es zu einer – wenn auch kurzen – Reduktion des russischen Expansionsbestrebens im Osten. Um ein gutes Verhältnis zu China bemüht, erklärte der damalige russische Vize-Außenminister die 'ungleichen Verträge' für nichtig, die eroberten Gebiete wurden jedoch nicht an China zurückgegeben . Mao Zedong ließ 1964 verlauten, dass China Russland die Rechnung für die Liste der abgenommenen Gebiete noch nicht vorgelegt habe. Auch politisch und ideologisch kam es im 20. Jahrhundert zu Spannungen zwischen den beiden Staaten. Während des Chinesischen Bürgerkrieges 1927 unterstützte Russland die nationalistische Kuomintang-Bewegung und nicht die Kommunistische Partei Chinas. Noch während des Zweiten Weltkrieges hatte das Staatsoberhaupt der Sowjetunion, Josef Stalin, Mao Zedong, dem Anführer der Kommunisten in China, geraten, nicht weiter nach der Macht zu streben. Erst mit der Durchsetzung der kommunistische Partei gegen die Kuomintang und der Proklamation der Volksrepublik China im Jahre 1949 änderte sich das Verhältnis Russlands zum nun kommunistischen Nachbarland. Mao legte 1949 'den Grundstein für eine starke und stabile chinesische Zentralregierung, die Stalin und seine Nachfolger allein schon aus politischen Gründen' zu respektieren hatten. Obwohl sich Mao während der 30er und 40er Jahre von Stalins Bevormundung emanzipiert hatte, entschied er sich 1949 für die Politik der 'Anlehnung an eine Seite' und suchte wieder die Nähe zur Sowjetunion . Anlässlich des 70. Geburtstags Stalins besuchte Mao Zedong 1949 das sowjetische Staatsoberhaupt und dieses Treffen 'revealed the asymmetrical character of the association the PRC [People‘s Republic of China, Anm. d. Verf.] was about to enter. His [Mao’s, Anm. d. Verf.] relationship with Stalin resembled that of a timid student quizzed by a daunting teacher”. Ein 1950 unterzeichneter Freundschaftsvertrag sicherte China dennoch einen Kredit von 300 Millionen Dollar und 'massive transfers of military technology and defense-related industries ranging from missiles to modern aircraft to heavy artillery to small arms' von der Sowjetunion zu. 'Wahrscheinlich war Stalin schon seit den frühsten Anfängen der chinesischen kommunistischen Bewegung der Meinung, daß [sic] ein Erfolg ihrer Revolution den Sowjets mindestens ebenso viele Probleme wie Vorteile bescheren würde' , so David Floyd in Die feindlichen Genossen zu Stalins Ansichten über die chinesische kommunistische Partei. Moskau und Peking hatten zu Stalins Lebzeiten politische und ideologische Meinungsunterschiede, zudem begann sich China zu einer Größe der Weltpolitik zu entwickeln. Mit Blick auf diese Tatsachen scheint es nachvollziehbar, weshalb sich direkt nach dem Tod Stalins 1953 dessen Nachfolger in Moskau darum bemühten, das Verhältnis zu China zu verbessern. Die Sowjetunion musste sich in der Zeit der 'inneren Schwäche und Unsicherheit' , welche durch Stalins Tod entstanden war, neu definieren und suchte daher Entspannung mit China. Floyd beschreibt, dass es in den frühen 50er Jahre keine 'Zeichen eines Konflikts zwischen Moskau und Peking' gab und dass man 'Anfang des Jahres 1956 […] die Achse Moskau-Peking als einen mächtigen Faktor in der Weltpolitik betrachten [konnte]. Diese Achse versprach eher an Stärke zuzunehmen, als zu zerbrechen'. Nikita Sergejewitsch Chruschtschow, Regierungschef der UdSSR von 1958 bis 1964 und zuvor Parteichef der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), verkündete auf dem XX. Kongress der KPdSU 1956 in Moskau jedoch eine neue politische Ausrichtung der UdSSR. The Twentieth Congress of the C.P.S.U., which opened in February 1956, launched a two-pronged program, the policies of so-called de-Stalinization and peaceful coexistence, both of which had large domestic and foreign implications. De-Stalinization shocked the Communist world to its foundation, and was also to affect adversely Sino-Soviet relations. The other theme of peaceful coexistence, taking account of the worldwide longing for peace, […] reflected Soviet desire to avoid an unnecessary war it was to have a decisive impact upon Soviet-Western as well as Soviet-Chinese relations. Mao hatte Stalins Ideologien – wie ein 'timid student' – weitestgehend unterstützt, auch wenn beide '‘deeply suspicious‘ of each other’s designs and policies' waren. Chruschtschows Neuerungen wurden von Mao als ein ideologischer und militärischer Rückzug vom Marxismus-Leninismus angesehen. Die Wurzeln des ideologischen Bruchs der beiden Staaten liegen hier – in der Entstalinisierung und der Idee der friedlichen Koexistenz zweier unterschiedlicher politischer Systeme, welche Chruschtschow zufolge, aktiv an einer Verbesserung ihrer Beziehungen arbeiten sollten . Ab 1960 begannen sich die politische Führung Chinas und der Sowjetunion auch öffentlich zu kritisieren. Mao bezeichnete die UdSSR unter Chruschtschow als revisionistisch und warf den Russen einen 'Rückfall in kapitalistische Sitten' vor. Russland andererseits beschuldigte 'Peking’s leadership and Mao in particular of ‘chauvinism and arrogance‘, all made ‘manifest‘ by their territorial claims' . Eine Reihe der Gebiete, welche China aufgrund der 'ungleichen Verträge' von Aigun (1858) und Peking (1860) an das zaristische Russland hatte abtreten müssen, und welche nach der Annullierung der Verträge 1917 an China hätten zurückgegeben werden müssen, tauchten während der 60er Jahre beispielsweise auf der 'Liste derjenigen Grenzregionen welche die Chinesen als noch ‚für Verhandlungen offen‘' erklärten auf. '[I]n the eyes of the fraternal C.P.C. [Communist Party of China, Anm. d. Verf.] the U.S.S.R. [Union of Soviet Socialist Republics, Anm. d. Verf.] was a colonist power that held Asiatic peoples against their will, by force, within her confines” und während China mit Staaten wie 'Outer Mongolia, Burma, Nepal, Afghanistan, and Pakistan on the basis of mutual compromises” die Grenzkonflikte löste, war die östliche Grenze zwischen der Sowjetunion und China besonders umstritten. Neben Territorien in Sinkiang (Xinjiang) und der Äußeren Mongolei gehörten hierzu auch Gebiete entlang der Flüsse Amur und Ussuri im nordöstlichen Asien . Die UdSSR begann verstärkt Truppen an die sowjetisch-chinesische Grenze zu verlegen und '[b]y 1968, six divisions were stationed in Outer Mongolia and another sixteen were stationed at the Sino-Soviet border. They faced forty-seven lightly armed Chinese divisions' . Es kam mehrfach zu Zwischenfällen entlang der Grenze, doch keinem wurde eine solche Beachtung zuteil, wie den Konflikten um die Zhenbao Insel im Ussuri im März 1969.

Über den Autor

Ann-Kathrin Bartels, B.A., wurde 1989 in Buchholz in der Nordheide geboren. Ihr Geschichts- und Anglistikstudium an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg schloss sie 2012 mit dem Bachelor of Arts erfolgreich ab. Während ihres Studiums entwickelte die Autorin ein besonderes Interesse für die Geschichte Osteuropas, welches sie für die vorliegende Abschlussarbeit motivierte. Ann-Kathrin Bartels studiert derzeit im Master an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

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