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Sozialwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 11.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Abb.: 19
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In der heutigen Zeit ist es für Schüler immer schwieriger, Primärerfahrungen zu sammeln. Vielfach fehlt Eltern die Zeit, die Motivation oder das Gespür für die Notwendigkeit von Erfahrungen ihrer Kinder jenseits von Schule, Computer und Massenmedien. Ihrem Bildungsauftrag folgend sollte die Schule versuchen, den Schülern im entsprechenden didaktischen Rahmen Erfahrungen zu ermöglichen, die für die persönliche Entwicklung von so immenser Wichtigkeit sind wie das aktive Erleben der eigenen Umwelt und Lebenswirklichkeit. Hat die Schule es durch den Besuch außerschulischer Lernorte einmal geschafft, das oft passive Konsumieren von Unterrichtsinhalten durch die Schüler in wahres Interesse zu verwandeln, ergeben sich positive Effekte für den Unterrichtsalltag. Es entsteht auch im Klassenraum ein völlig neues Unterrichtsklima, das nicht nur die Leistungen der Schüler verbessert, sondern auch Lehrern einiges an Belastungen abnehmen und so die Arbeit vereinfachen kann. Diese Arbeit bietet am Beispiel des Heinz Nixdorf MuseumsForums in Paderborn Lehrerinnen und Lehrern einen Überblick über notwendige Vorüberlegungen sowie die Planung und mögliche praktische Durchführung von Museumsbesuchen im Rahmen des Unterrichts. Es werden aus der zahlreichen Fachliteratur zentrale Ansätze vorgestellt und kommentiert, um eine hohe Praxistauglichkeit zu gewährleisten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5, Besuch außerschulischer Lernorte: Ein Unterrichtsgang wie der Besuch eines Museums ist sowohl in der Planung als auch in der Durchführung ein komplexes Handlungsfeld. Es gilt nicht nur, den rechtlichen Rahmen zu beachten und Organisatorisches vorher mit den Schülern zu besprechen. Ein Unterrichtsgang ist nur dann sinnvoll, wenn er methodisch und didaktisch in die entsprechende Unterrichtsreihe eingebettet und ausreichend vor- und nachbereitet wird. Außerdem stellt ein Unterrichtsgang natürlich nicht die Lösung aller pädagogischen oder didaktischen Probleme in einer Unterrichtsreihe dar. Wir müssen uns bewusst sein, dass der Besuch eines Museums durchaus Probleme aufwerfen kann, die im regulären Unterrichtsgeschehen nicht auftreten würden. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass der Besuch eines außerschulischen Lernorts auch methodische und didaktische Grenzen hat und nicht in jeder Unterrichtseinheit sinnvoll durchzuführen ist. 5.1, Rechtliche Aspekte und Grundlagen: Bei Besuchen von außerschulischen Lernorten wie etwa Museen handelt es sich um sogenannte sonstige verbindliche Schulveranstaltungen, sofern diese Besuche im Rahmen des Unterrichts stattfinden. Das bedeutet, dass Schüler an ihnen genau wie am normalen Unterrichtsgeschehen teilnehmen müssen, sofern sie schulpflichtig sind. Sollten sich Beginn oder Ende des Unterrichts aufgrund dieser Veranstaltung deutlich verschieben sind die Erziehungsberechtigten rechtzeitig zu informieren. Sollte ein Schüler aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden Gründen nicht an der Veranstaltung teilnehmen können, ist genauso zu verfahren wie beim normalen Unterrichtsgeschehen: die Eltern oder Erziehungsberechtigten haben also die Schule rechtzeitig vorher zu informieren. Sollte ein Schüler aufgrund von körperlichen Beeinträchtigungen nicht an der Veranstaltung teilnehmen können, so kann er vom entsprechenden Fachlehrer von der Teilnahmepflicht entbunden werden. Dieser Lehrer entscheidet ebenfalls, ob der Schüler in der Zeit der Veranstaltung zur Teilnahme am regulären Unterricht verpflichtet wird. Der Lehrer sollte, insbesondere dann, wenn durch den Besuch eines außerschulischen Lernorts anderer Fachunterricht ausfallen muss, genauestens prüfen, ob der Besuch dieses Lernortes notwendig und sinnvoll ist. Die Aufsichtspflicht des Lehrers ist eine der zentralen rechtlichen Fragen beim Besuch eines außerschulischen Lernorts. Die Rahmenbedingungen der Aufsichtspflicht sind festgelegt im Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung. Es gilt folgender Grundsatz:'Die Aufsichtspflicht der Schule erstreckt sich auf die Zeit, in der die Schülerinnen und Schüler am Unterricht oder an sonstigen Schulveranstaltungen teilnehmen. Daher obliegt die Aufsichtspflicht auf dem Weg zu außerschulischen Lernorten und gegebenenfalls auch auf dem Rückweg zum Schulgelände dem Lehrer. Allerdings dürfen diese Wege von Schülern der Sekundarstufen I und II ohne Begleitung eines Lehrers zurückgelegt werden, wenn keine besonderen Gefahren zu erwarten sind. Ebenfalls entfällt die Aufsichtspflicht des Lehrers, wenn die Schüler den außerschulischen Lernort direkt von zuhause erreichen sollen (zu Beginn des Unterrichts) oder wenn die Schüler direkt nach Hause entlassen werden (zum Ende des Unterrichts) für die entsprechende Wegstrecke. Auch hier gilt es jedoch zu beachten, dass die Aufsichtspflicht normalerweise zusätzlich 15 Minuten vor Beginn und nach Ende des Unterrichts umfasst. 5.2, Didaktische Einordnung: Der Besuch eines außerschulischen Lernorts kann innerhalb einer Unterrichtsreihe verschiedene Funktionen einnehmen. Je nachdem welche Funktion dieser Besuch haben soll, ist es sinnvoll, den Besuch zu Beginn, in der Mitte oder zum Abschluss beziehungsweise zur Auswertung einer Unterrichtsreihe einzusetzen. 5.2.1, Besuch als Einstieg in eine Unterrichtsreihe: Der Besuch eines außerschulischen Lernortes wurde schon von vielen Reformpädagogen gern als Einstieg in eine Unterrichtsreihe genutzt. Das Arbeitsprinzip verlangt vom Erzieher, dass er die Kinder den Unterrichtsstoff in weitgehendstem Maße selber erleben und erarbeiten lässt und sie so zu möglichst selbständigem Schaffen heranzieht. Wenn dem so sein soll, so darf der Lehrende dem Lernenden nichts vorwegnehmen, nichts mitteilen, was dieser selbstständig finden kann. Die Aufgabe der Schüler sollte hier insbesondere das selbstständige Stellen von Fragen an den außerschulischen Lernort sein. Ebenso sollten so Vorkenntnisse und eine eventuell notwendige Aufarbeitung alten Unterrichtsstoffes bedacht werden und eine gemeinsame Basis für die folgende Unterrichtsreihe bestimmt werden. Insbesondere im Bereich der Naturwissenschaften ist diese Form des Einstiegs in eine Unterrichtsreihe sowohl für Lehrer wie auch Schüler sehr fruchtbar. Viele naturwissenschaftliche Phänomene lassen sich in der unmittelbaren Umgebung des Schulgeländes oder gar auf dem Schulhof erleben. Dies erfordert keine langwierige Vorbereitung einer Anreise und generiert keine weiteren damit verbundenen Probleme wie Unterrichtsausfall in anderen Fächern. 'Lernorte in der Natur und auf den Straßen dürften besonders geeignet sein, dass vor jeder Problematisierung zunächst ein Unterrichtsgang vorgenommen wird, meinen auch Burk und Claussen.71 Allerdings kann auch das Museum durchaus als Ort des Einstiegs in eine neue Unterrichtsreihe dienen. Hier bietet das Heinz Nixdorf Museums-Forum durch den Aufbau und die Bandbreite seiner Ausstellung Möglichkeiten, die in anderen Museen oftmals nicht zur Verfügung stehen. So lassen sich die unterschiedlichen Kulturtechniken in der Dauerausstellung als Ganzes oder nur bestimmte Ausschnitte genauer untersuchen. Diese Fokussierung auf bestimmte Themenbereiche unterstützt das HNF durch Themenführungen. In diesen Spezialführungen werden ganz bestimmte Themenbereiche, für die häufig das Museum als Lernort benutzt wird, genauer betrachtet. Viele der museumspädagogischen Angebote eignen sich ebenfalls gut, um die Schüler in eine neue Thematik einzuführen, da sie jeweils in sich geschlossene pädagogische Konzepte verfolgen. Allerdings bleibt zu beachten, dass einige der sogenannten Workshops sich nur bedingt für den Besuch durch Grundschüler eignen, da sie Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben, Rechnen oder ein gewisses technisches Grundverständnis erfordern. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, den Besuch und damit den Einstieg in die Unterrichtsreihe noch genauer zu steuern. Hierzu können Schulklassen die Dauerausstellung auch ohne gleichzeitige Buchung einer Führung besuchen. Hat der Lehrer genaue Vorstellungen, welche Fragen durch den Besuch aufgeworfen werden sollen und kennt er selbst die Ausstellung in ausreichendem Maße, so kann er die Gruppe führen. Auf diese Weise kann er genau die benötigten Objekte oder Texttafeln ansteuern und so seine Gruppe gezielter lenken als dies einem Museumsführer, der weder Klasse noch die genaue Zielsetzung der Unterrichtsreihe kennt, möglich wäre. Selbstverständlich erfordert ein Besuch im Museum, wie bereits gesagt, eine genaue und gezielte Aufarbeitung des Gesehenen und Erlebten im Lauf der folgenden Unterrichtsreihe. 5.2.2, Besuch eingebettet in eine Unterrichtsreihe: Wird der Besuch eines außerschulischen Lernorts in eine Unterrichtsreihe eingebettet, so ist dies sicherlich mit einem deutlichen Mehraufwand an Planung und Vorbereitung durch den Lehrer verbunden als die Nutzung zum Einstieg in eine Unterrichtsreihe. Burk und Claussen fassen diese Überlegungen im methodischen Dreischritt von Vorbereitung auf das Lernen vor Ort, handelnder Auseinandersetzung mit dem Lernort und Auswertung der Ein-drücke, Erlebnisse und Erfahrungen zusammen. So ist es unabdingbar, dass vor dem Besuch des Lernortes eine Vorbereitungsphase stattfindet, in der das Vorwissen der Schüler ausgelotet und von den Schülern Fragen an den Lernort formuliert werden. Nur so ist es möglich, mit dem geweckten Interesse die Beobachtungen der Schüler auf die für die Unterrichtsreihe relevanten Details zu fokussieren. An den Besuch des Lernortes muss sich selbstverständlich eine Reflexionsoder Auswertungsphase anschließen, in der über die Erlebnisse und Erfahrungen der Schüler gesprochen wird und die gesammelten Eindrücke und Erfahrungen gesichert werden. Die einzelnen Schritte werden in Kapitel 5.3 genauer betrachtet und erläutert. Für diese Form der Nutzung eines außerschulischen Lernorts eignet sich das HNF ebenfalls sehr gut. Bringen die Schüler bereits ein Vorwissen und gezielte Fragen mit, so ist der Besuch der Dauer- oder einer entsprechenden Sonderausstellung ein guter Weg, die theoretisch erworbenen Kenntnisse an Realobjekten zu vertiefen und so zu lernen, dass Schule nicht losgelöst von der Gesellschaft stattfindet, sondern so weit wie möglich ist auf die Wirklichkeit vorbereiten will. Die Dinge, die vorher zweidimensional in ein Druckraster gepresst waren, um ein Buch zu füllen, erhalten ihre dritte Dimension. Die Lernobjekte werden durch die Ausstellungsobjekte materiell und erhalten ihre eigene Aura, die die Sicherung des Erlebten vereinfacht und damit die Nachhaltigkeit des Gelernten deutlich verbessert. 5.2.3, Besuch als Abschluss einer Unterrichtsreihe: Der Besuch eines außerschulischen Lernorts eignet sich auch als Abschluss einer Unterrichtsreihe. So werden Ergebnisse gesichert, indem das Gelernte in Bezug zur Wirklichkeit gesetzt und in dieser Wirklichkeit angewandt wird. Den Schülern wird deutlich gemacht, dass Schule nicht ohne Bezug neben der Lebenswirklichkeit der Schüler koexistiert, sondern dass Schule versucht, im Rahmen ihrer Mittel möglichst erfolgreich auf eben diese Lebenswirklichkeit vorzubereiten. Allerdings lässt man beim Besuch eines Lernorts als Abschluss einer Unterrichtsreihe den wichtigen Faktor der Motivation ungenutzt. Das Besondere des außerschulischen Lernorts ist dann nicht mehr in der Lage, Interesse, Fragen oder Motivation zur Problemlösung zu generieren. Daher sollte ein solcher Besuch zum Abschluss einer Reihe eine Ausnahme darstellen.

Über den Autor

Oliver Kraatz wurde 1980 in Salzkotten geboren. Sein Lehramtsstudium für die Fächer Englisch und Geschichte schloss er im Jahr 2010 an der Universität Paderborn erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte er zahlreiche Unterrichtserfahrungen unter anderem an der Melville High School in Hamilton, Neuseeland. Diese Erfahrungen verschiedener Schulsysteme und unterschiedlicher Gestaltung des Unterrichts motivierten ihn, ein Konzept zu entwickeln, das deutsche Lehrerinnen und Lehrer bei der Planung des Besuchs von außerschulischen Lernorten unterstützt und wertvolle Hinweise und Ideen zur sinnvollen Einbettung in den Unterricht bietet. Am Beispiel des größten Computermuseums der Welt, des Heinz Nixdorf MuseumsForums in Paderborn, werden zentrale Entscheidungen, aber auch museumspädagogische Angebote beleuchtet.

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