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Sozialwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das Zeitalter der Aufklärung kann als Geburtsstunde einer differenzierten europäischen Konsumgesellschaft betrachtet werden. Breite Bevölkerungsschichten neigten von nun an dazu, eine Vielzahl von Gütern und Dienstleistungen zu konsumieren, die man vorher nicht konsumiert hatte. Mit diesem Konsum ging eine Persönlichkeits- und Verhaltensänderung, vor allem der bürgerlichen Schichten einher. Des Weiteren vollzog sich eine Individualisierung, Ausdifferenzierung und Pluralisierung der Lebensstile, die das konsumtive Verhalten enorm begünstigte. Diese Arbeit soll unter anderem Aufschluss darüber geben, wieso die Bürger des 18. Jahrhunderts vermehrt zu Konsumenten wurden. Der Autor will aufzeigen, weshalb konsumiert wurde und wie sich der Konsum in beinahe alle Lebensbereiche drängte. Es soll ein komplexes Bild dieser frühen Form von Konsumgesellschaft entwickelt werden. Darüber hinaus soll verdeutlicht werden, welche gesellschaftlichen Ansprüche an die Bürger gestellt wurden und inwiefern die Konsumenten versuchten, sich durch den Konsum - als Instrument zur sozialen Mobilität - eine Identität zu bilden, um dadurch ihren gesellschaftlichen Status zu verändern. Die Aufarbeitung einer grob umrissenen, zeitgenössischen intellektuellen Debatte um die neuen Konsumgewohnheiten, den ‚Luxus‘, ‚die Üppigkeit‘ oder die ‚Habgier‘ protokolliert dabei im letzten Kapitel die Entstehung einer deutschen Konsumgesellschaft nicht nur, sondern veranschaulicht auch, wie der Konsum zunehmend ins Bewusstsein der damaligen Menschen trat und dass sich eine Veränderung der Einstellungen zum Konsum vollzog. Als Quellen dienen dabei vor allem Literatur und Zeitschriften aus der damaligen Zeit, wie Anstands- und Verhaltensbücher Adolf Knigges, philosophische Abhandlungen Immanuel Kants oder auch erste Formen von Lifestyle- und Mode-Magazinen wie das ‚Journal des Luxus und der Moden‘. Diese Journale liefern dabei eine Vielzahl hilfreichen Materials. Adolph Knigges Werke veranschaulichen Ansprüche und Erwartungen an den Bürger in Hinsicht auf seine Kleidung, sein Verhalten in der Gesellschaft, seine Gestik und Mimik, etc. Kant, als wichtiger Philosoph der Aufklärung, ist insofern hilfreich für die Thematik, als dass sein eigenes Verständnis wohl auch von breiten Gesellschaftsschichten übernommen wurde.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Der Konsum: Im späten 17. Jahrhundert entstand in Europa der Konsum einer breiten Bevölkerungsschicht von Gütern und Dienstleistungen, die nicht lebensnotwendig waren. Diese Produkte können jedoch größtenteils nicht als ‘Luxuswaren’ - nach unserem heutigen Verständnis - verstanden werden, da sie nicht mehr nur einer geringen Elite zugänglich waren. Im Zuge des 18. Jahrhunderts nahm die Konsumgewohnheit unter allen Bevölkerungsschichten nochmals verstärkt zu. Speziell der Konsum von kommerziell gefertigten Manufakturwaren wie Uhren, Spiegel, Kunstdrucke, Vorhänge, Möbel, Teppiche, Keramik, Porzellan, Silber und Zinn oder auch modischer Kleidung wie Strümpfe, Seidenkleider, Taschentücher, Schirme und Fächer nahm enorm zu. Aber auch bei der Ernährung und den Genussmitteln war ein Wandel zu verzeichnen. Ca. 25% der Bevölkerung konsumierte nun Tabak, Zucker und koffeinhaltige Getränke. Der stärkste Sektor des Konsums und somit auch der damaligen Wirtschaft war das zunehmende Interesse an Bekleidung und Schmuck. Dies zeigt sich unter anderem an der hohen Anzahl von Kleiderdiebstählen im 18. Jahrhundert sowie an florierenden Secondhandshops, bei denen diejenigen einkauften, die sich nichts anderes leisten konnten. Die ersten Secondhandshops in Deutschland kamen ebenfalls im späten 17. Jahrhundert auf. Auch für den Bereich des Haushalts wurde neuerdings viel konsumiert. Es bestand ein zunehmendes Interesse an Haushalts- und Küchenwaren, woraus auch veränderte Haushaltsrituale resultierten. Ein weiteres Merkmal für den Konsum des 18. Jahrhunderts war das Aufkommen von Waren speziell für Kinder, wie z.B. Kinderbücher. Auch Sportgeräte wurden vermehrt angeschafft. All diese Dinge wurden bald in jedem ‘anständigen’ mittelständischen Haushalt als unumgänglich angesehen. Markenware und Markenimages spielten dabei, außer in der Pharmazie, noch keine besondere Rolle. Am meisten konsumiert wurde unter den Wirtschaftseliten, Handel betreibenden Schichten und vielen Handwerkern in den Städten. Aber auch in den ärmsten Familien fand man nicht selten z.B. Bilder an den Wänden oder andere, nicht lebensnotwendige Güter. England und die Niederlande führten den Konsum innerhalb Europas an, wobei Frankreich und England als die Zentren für Mode und Kultur galten. Aber auch in Deutschland fand man alle Merkmale der frühen Konsumgesellschaft! Wie in anderen Ländern Europas konsumierte man alle möglichen Güter, bereiste die ‘Antike’ in Italien, genoss die Landschaften der Schweiz und kleidete sich wie in Paris und London. Deutsche Komponisten ergänzten den Markt der italienischen und französischen Tradition und waren überall in Westeuropa ein weit verbreitetes Konsumgut. Besonders ausgeprägt war das Konsumbewusstsein in Großstädten wie Hamburg und Berlin, dicht gefolgt von kleineren Städten wie Frankfurt, Dresden und Leipzig. Im Laufe des 18. Jahrhunderts verbreitete sich das Interesse an Konsum weiter über die zahlreichen Residenz- und Universitätsstädte und war bald in allen deutschen Territorien mehr oder weniger stark vorhanden. Diese ‘Konsumrevolution’ war jedoch nicht nur das Anzeichen einer beginnenden Massenproduktion. Viele der konsumierten Güter wurden in kleinen Einheiten hergestellt und waren nicht standardisiert. Die ersten Anzeichen der aufkommenden Massenproduktion können also nicht als wesentlicher Grund für den Anstieg des Konsums gesehen werden , sondern eher umgekehrt die höhere Produktion als Resultat eines größer werdenden Verlangens. Um nun einen groben Überblick über das Gefüge der Faktoren zu geben, die formal für den Anstieg des Konsums eine Rolle gespielt hatten, stütze ich mich auf die von John Brewer zusammen getragenen Forschungsergebnisse. Sehr interessant ist, dass der Besitz von Waren stetig zugenommen habe, wohingegen die Reallöhne gleich geblieben oder sogar zurück gegangen seien. Somit könnte also auch ein Lohnanstieg als Grund für den vermehrten Konsum ausgeschlossen werden. Forschungen der frühen Neuzeit ergaben - so Brewer - dass im 17. und 18. Jahrhundert bessere Vertriebssysteme entwickelt worden seien und die Märkte sowie der Einzelhandel stark zugenommen habe. Die Märkte und Kirmessen fanden nun viel häufiger statt und die Geschäfte waren dann in den meisten Gegenden - bis auf Sonntags - täglich geöffnet. Auch Hausierer waren eine neue Erscheinung im 18. Jahrhundert.

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