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Sozialwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 08.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 54
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das Thema interkulturelle Kompetenz ist zu einem wichtigen Schlagwort für international agierende Unternehmen geworden. In einem zunehmend internationaler gewordenen Geschäftsumfeld und mit einer immer multinationaler aufgestellten Mitarbeiterstruktur, hat sich eine reibungslose interkulturelle Kommunikation zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor entwickelt. Dennoch herrscht immer noch große Uneinigkeit zur genauen Definition. Diese Arbeit gibt einen Überblick, wie interkulturelle Kompetenz definiert wird und welche Weiterentwicklungsmethoden gefordert werden. Weiterhin wird untersucht, welches Kulturbegriffes sich das Forschungsgebiet der interkulturellen Kompetenz bedient. Im Hauptteil setzt sich das Buch schließlich damit auseinander, wie ein bestimmter Kulturraum innerhalb dieses Forschungsgebietes dargestellt wird. Als Fallbeispiel wurde Japan gewählt, das mit seinen ausgeprägten Eigenheiten seines Managementsystems viel Freiraum für kulturelle Interpretationen gibt. Es wird gezeigt, dass zu leicht auf Verallgemeinerungen und kulturelle Stereotypen zurückgegriffen wird, und dass dies ebenfalls zu Störungen innerhalb der interkulturellen Kommunikation führen kann. Zu diesem Zweck wird die Darstellung der japanischen Unternehmenskultur untersucht, kritisch hinterfragt und mit den Forschungen des Kulturwissenschaftlers Geert Hofstede verglichen. Im letzten Kapitel beschäftigt sich das Buch mit interkulturellen Trainings als Personalentwicklungsmaßnahme, wobei auch in diesem Feld Verbesserungspotential aufgezeigt wird.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Die Darstellung der japanischen Unternehmenskultur: Das Bild der japanischen Unternehmenskultur ist bis heute noch sehr umstritten. Besonders in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften wird laut HAAK und HAAK noch hartnäckig an einem homogenen, traditionellen Bild der japanischen Unternehmenskultur festgehalten und dabei ignoriert, dass sich die japanische Unternehmenskultur aufgrund demographischer und wirtschaftlicher Faktoren im Wandel befindet und nur noch eine Minderheit der japanischen Arbeitnehmer im traditionellen Beschäftigungsverhältnis steht. Zudem wird zu wenig beachtet, dass sich diese ‘traditionellen’ japanischen Werte der japanischen Unternehmenskultur aus den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Nachkriegszeit gebildet haben und damit keine direkten Rückschlüsse auf die Nationalkultur zulassen. Des Weiteren ist oft zu beobachten, dass die japanische Unternehmenskultur als ‘typisch asiatisch’ beschrieben wird und es dadurch zu einer Verallgemeinerung auf Basis einer ‘ostasiatischen Unternehmenskultur’ kommt. Wie jedoch mehrere Studien suggerieren, sind die Kulturprofile in Ostasien deutlich verschieden. Während China von Kulturwissenschaftlern meist mit Ländern wie Vietnam, den Philippinen und Thailand in den als ‘Far Eastern’ benannten Kulturraum eingeordnet wird, werden sowohl Korea, als auch Japan als kulturell eigenständig bezeichnet. Analysen der japanischen Unternehmenskultur basieren größtenteils auf Folgerungen aus interkulturellen Konflikten im Umgang zwischen ‘westlichen’ Managern und ihren japanischen Geschäftspartnern und Kollegen. Hier besteht die Gefahr eines Phänomens, das NIESEN den ‘die-anderen-sind-Schuld’-Faktor nennt. Konflikte zwischen deutschen und japanischen Managern werden allzuleicht als interkulturelle Probleme gesehen, bei denen in der Andersartigkeit der japanischen Unternehmenskultur der Grund für das eigene Scheitern gesucht wird. Empirische Forschungsergebnisse über die japanische Unternehmenskultur scheinen entweder zu fehlen, oder so gut wie nicht berücksichtigt zu werden. Daraus ist ein recht festes Bild der japanischen Unternehmenskultur entstanden, das reich an Stereotypisierungen ist. Dieses Bild wird im nächsten Unterkapitel zusammengetragen werden. In Unterkapitel 4.2 wird ein weiterer Ansatz der Darstellung erläutert, der auf dem Buch Inside the Kaisha von YOSHIMURA und ANDERSON basiert, und der im Gegensatz zu den meisten deutschen Autoren japanische Unternehmen unter japanischer Führung betrachtet. In Kapitel 4.3 wird schließlich auf die Studien von Geert Hofstede eingegangen werden, die die Grundlage vieler interkultureller Forschungen bildet. 4.1, Stereotypisierung der japanischen Unternehmenskultur: Bei der Literatur über die japanische Unternehmenskultur trifft man oft auf immer wiederkehrende Aussagen. Ein Großteil dieser Aussagen wird weitgehendst verallgemeinert und somit zu einem festen Bild des ‘typischen’ Japaners geformt. Diese Aussagen, die, wie bereits erwähnt, meist nur auf Beobachtungsanalysen basieren, werden in der vorliegenden Arbeit daher als ‘Stereotypen’ bezeichnet. Da die Untersuchung dieser ‘Stereotypen’ den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, soll die hier präsentierte Aufzählung keine Bewertung darstellen, sondern einzig die Darstellung der japanischen Unternehmenskultur im Diskurs über interkulturelle Kompetenz zusammenfassen. Wie bereits erwähnt, wird bei der Darstellung der japanischen Unternehmenskultur immer wieder auf die Nihonjinron-Literatur zurückgegriffen. Dies geschieht durch die Schwierigkeit der Abgrenzung von Nihonjinron, durch die Unkenntnis der japanischen Kultur seitens fachfremder Autoren, teilweise jedoch auch gezielt. So bezeichnet MOOSMÜLLER die Thesen des Nihonjinron als ‘äußerst wirksame Konzepte [...], die das Alltagshandeln in den Unternehmen nicht nur erklären, sondern auch determinieren’. Diese Aussage rechtfertigt er einerseits durch die (fälschliche? ) Annahme, der Nihonjinron sei keine von außen herangetragene Stereotypisierung, sondern das Ergebnis der Konstruktion und Erklärung der eigenen Unternehmensstruktur seitens japanischer Autoren. Die Thesen des Nihonjinron seien in der japanischen Gesellschaft derart verankert, dass sie den japanischen Unternehmensstil deutlich prägten. Dazu sei an dieser Stelle angemerkt, dass es auch in der Japanologie Stimmen zum gemäßigteren und nicht automatisch verdammenden Umgang mit dem Nihonjinron gibt. Die Beurteilung des Nihonjinron würde den Umfang dieser Arbeit ebenfalls übersteigen, zur Bewertung des Diskurses in der interkulturellen Kommunikationsforschung muss das Wissen reichen, dass es sich beim Nihonjinron zumindest um äußerst umstrittene, wissenschaftlich oft nicht belegte Thesen handelt. 4.1.1, Das japanische Harmoniebedürfnis: Eines der häufig erwähnten angeblichen Prinzipien der japanischen Unternehmenskultur ist das wa (jap. für Harmonie). So erwähnt beispielsweise ROTHLAUF ‘das Grundbedürfnis aller Japaner zur Harmonie ihrer Gesellschaft beizutragen’. Außerdem funktionierten Japaner nur, wenn ein bestimmtes Maß an Harmonie gegeben sei, weshalb offene Kritik an Japanern unbedingt zu vermeiden sei. MOOSMÜLLER mahnt westliche Manager zu unbedingten Einhaltung der Hierarchiestrukturen, die essentiell für das Harmoniebedürfnis der Japaner sei: ‘Ob Schüler, Student oder Firmenangehöriger, sie alle ordnen sich in ein fein abgestimmtes System der Ungleichheit, in dem idealerweise jeder 'seinen Platz', also den gemäß Alter, Betriebszugehörigkeit, Ausbildung etc. 'angemessenen' Platz einnimmt. Wenn jeder seinen Platz einnimmt und dieser Position entsprechend behandelt wird, dann gibt es keine Anfeindungen und Neidereien, dann herrscht Harmonie in der Gruppe’. Auch WOLF sieht wa als wesentlichen Bestandteil der japanischen Unternehmenskultur, findet aber ‘das Bild des konfliktscheuen, schweigenden Japaners [...] durch die westliche Literatur zu einseitig gezeichnet’. Vielmehr versteckten Japaner ihre ‘wahren Gefühle’ (honne) hinter einem sozial akzeptablen Scheinbild (tatemae). Das honne lasse sich trotzdem durch Umfeldwechsel (wie etwa dem ‘after-hour socializing’, dem berühmten Essen- und Trinkengehen nach der Arbeit) herauslocken. KEELEY sieht die Hauptaufgabe des japanischen Personalmanagements in ‘maintaining wa’. So sei es zu erklären, dass die Bewertungskriterien japanischer Manager (Pünktlichkeit, Teamwork, Arbeitseinstellung) derart von westlichen Standards abweiche. MESSING zitiert dazu eine Umfrage, nach der 80% der Japaner mehr Wert auf ‘gute interpersonale Beziehungen’ (in der westlichen Literatur oft als wa interpretiert) wichtiger seien als hohes Gehalt. Leider fehlen auch hier entsprechende Vergleichswerte mit Nicht-Japanern. BOLTEN führt die Ergebnisse einer Umfrage an, nach der die Zielsetzung japanischer Manager im Gegensatz zu der Zielsetzung deutscher Manager (die u.a. Sicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze als wichtigste Ziele angaben) auf teamorientierten Werten wie der Verbesserung der Unternehmensumwelt oder der Sicherstellung guter Zusammenarbeit liegen. Dies interpretiert Bolten jedoch nicht als ‘Harmoniebedürfnis’, sondern als Ausdruck einer dynamischen und teamorientierten Unternehmenskultur zur Steigerung der Wirtschaftskraft. Mit dem angeblichen Harmoniebedürfnis wird oft die ‘hai-Problematik’ in Zusammenhang gebracht. Demnach sagten Japaner in Verhandlungen zu allem ‘Ja’ (jap. hai), auch wenn sie damit nur ihre Aufmerksamkeit ausdrücken möchten. Im Gegensatz dazu seien sie durch ihr Harmoniebedürfnis nicht fähig ‘Nein’ zu sagen, weshalb westlich geprägte Menschen oft Schwierigkeit haben, die wahre Aussage ihrer japanischen Geschäftspartner zu verstehen. WOLF erklärt dies durch die Einteilung des Anthropologen Edward T. Halls von Kulturen in ‘high-context’ und ‘low-context’ Kulturen. ‘High-context’ Kulturen, wie die japanische, benutzten laut Hall nur wenig Informationen in ihrer verbalen Kommunikation, da diese schon durch den Kontext vorausgesetzt werden. Somit könnten Japaner ‘durchaus ein deutliches 'Nein' kommunizieren, wobei man die verwendeten Nuancen verstehen muss’, was Menschen aus einer ‘low-context’ Kultur (wie der deutschen) schwer falle. Ungeklärt ist bei dieser Argumentation jedoch die Frage, ob Japan auf Grund ihres (angeblichen) Harmoniebedürfnisses diese ‘high-context’ Kommunikation entwickelten, oder ob die japanische Kultur durch ihre spezielle Kommunikationsweise von Außen als ‘harmoniebedürftig’ wahrgenommen wird. YOHSIMURA und ANDERSON halten wa als Erklärung der japanischen Unternehmenskultur für überbewertet. Der größte Irrtum gegenüber wa sei, dass Westler der Meinung seien, Harmonie entstehe aus Vertrauen. In japanischen Firmen sei diese Harmonie jedoch nur oberflächlich, Umfragen zeigten, dass Japaner im Vergleich mit westlichen Unternehmen sogar weniger zufrieden mit ihrem Arbeitgeber seien. Diese oberflächliche Harmonie sei vielmehr ein Produkt aus Kontrollmechanismen, sie funktioniere aus einem Konzept heraus, in dem ‘individuals follow well-understoof behavioral models’. Diese vorgegebenen ‘behavioral models’ seien jedoch nicht jedem Japaner kulturell gegeben, sondern werden in einem strikten Sozialisationsprozess erlernt. Bei der Erklärung der Entstehung dieser Verhaltensmodelle gehen YOSHIMURA und ANDERSON jedoch wieder kulturalistisch vor und beziehen sich auf das Konzept des haji (Scham / Verlegenheit). Als ‘beschämend’ werden Handlungen wahrgenommen, die die Erwartungen der Gesellschaft oder einer bestimmten Referenzgruppe nicht erfüllen, oder im schlimmsten Fall einer anderen Person haji zufügen. Dieses Konzept ähnelt somit stark dem Konzept des ‘Gesicht verlieren’, welches in der westlichen Asienliteratur ebenfalls oft zur Anwendung kommt. Haji erschafft somit Verhaltensnormen, die Japaner zu der oft bewunderten Loyalität und einer harmonischen Umgangsweise, die keinem der involvierten Personen haji zufügt. Das ‘Harmoniebedürfnis’ der Japaner sei also nur ein Produkt dieses haji, denn in Wirklichkeit sei ‘feeling embarrased or ashamed [...] the basic intangible principle guiding Japanese behaviour’.

Über den Autor

Tim Schalow wurde 1985 in Esslingen geboren. Sein Bachelorstudium der Asienwissenschaften schloss er im Jahre 2010 erfolgreich ab und erhielt anschließend einen Studienplatz in einem Doppelmaster-Programm der Universität Halle und der Keio Universität Tokio. Bereits während seines Bachelorstudiums verbrachte er ein Jahr in Japan und begann sich sehr für die interkulturelle Personalentwicklung zu interessieren.

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