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Sozialwissenschaften

Thaís de Paula Leite Reganati Ruiz

Die Scheidung im brasilianisch-deutschen Rechtsverkehr vor und nach dem Inkrafttreten der Rom III-VO

ISBN: 978-3-95820-073-9

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In den letzten Jahren gab es eine deutliche Zunahme der Scheidungen in Brasilien und in Deutschland. [...] So wächst die Zahl der binationalen Ehen, z.B. zwischen Brasilianern und Deutschen schrittweise. Im Falle einer Scheidung besteht, keine bzw. wenig Kenntnis der jeweiligen persönlichen Rechte. Hinzu kommen Verständigungsschwierigkeiten aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse. Hier stellt sich die Frage, welche Gerichte in dieser Situation für Scheidungen zwischen Ehepartnern gleicher oder verschiedener Nationalität zuständig sind. Hierbei geht es um Eheleute die entweder in Brasilien oder in Deutschland leben. Welches Recht ist anwendbar? Deutsches oder Brasilianisches Recht? Sind eine grenzüberschreitende Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen möglich? Wenn ja, wie? Was sollte man tun? Mit diesen Fragestellungen beschäftigt sich die folgende Magisterarbeit. Das Hauptthema dieser Magisterarbeit liegt in der Sphäre des internationalen Privatrechts, was besonders aktuell ist und eine nähere Betrachtung verdient. Die Arbeit ist in vier Kapitel gegliedert. Zu Beginn geht es um einen allgemeinen Ansatz der Entwicklung des Familienrechts. Das darauf folgende Kapitel befasst sich mit der Scheidung in Brasilien und in Deutschland im Vergleich zueinander. Das dritte Kapitel behandelt das internationale Ehescheidungsrecht im brasilianisch-deutschen Rechtsverkehr vor und nach der Rom III-VO (Verordnung (EU) n°1259/2010 ist ab 21.6.2012 gültig) anhand von praktischen Fällen. Schließlich wird die Anerkennung der Entscheidung der ausländischen Ehescheidungen in Brasilien und in Deutschland aufgeführt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel III, Internationales Ehescheidungsrecht im brasilianisch-deutschen Rechtsverkehr vor und nach der ROM III – VO: Internationales Privatrecht im weiteren Sinn bezeichnet die Gesamtheit aller Normen, die privatrechtliche Sachverhalte mit einem Auslandsbezug regeln. Hierzu gehören neben dem IPR (im engeren Sinn) auch die privatrechtlichen Normen des Fremdenrechts dies sind Bestimmungen, welche materiell privatrechtliche Sachverhalte abweichend regeln, sofern an ihnen ein Ausländer beteiligt ist. .Wenn es ein familiäres internationales Recht in Bezug z.B. auf Brasilien und Deutschland gibt, steht man vor einem sog. Fall des Kollisionsrechts Die Lösung eines Falls des Kollisionsrechts erfordert eine subsumtive Logik (Qualifikation). Diese Logik besteht aus einem Tatbestand und einer Rechtfolge. Der Tatbestand hat zwei Elemente: der Anknüpfungsgegenstand (abstrakter Privatrechtsystembegriffe: Lebenssachverhalt z.B. Scheidung) und das Anknüpfungsmoment (z.B. Staatsangehörigkeit, gewöhnlichen Aufenthalt, Wohnsitz, Domizil, Parteiautonomie etc.). Zuerst muss man prüfen, welchen Anknüpfungsgegenstand es gibt. Dann muss man den Anknüpfungsmoment identifizieren. So kann man die Rechtsfolge, d.h. die Anwendbarkeit einer bestimmten Rechtsordnung, erkennen. Eine Kollision wird im Bereich des Scheidungsrechts in den nächsten Unterpunkten dieses Kapitels behandelt. III.1, Scheidung gemäß Art.17 EGBGB und Art.7. LINDB: Das internationale Ehescheidungsrecht wurde im deutschen Rechtsverkehr bis zum Inkrafttreten der ROM III – VO (gültig seit dem 21.6.2012) durch EGBGB Art.17 bestimmt. Der Art.17 EGBGB lautete: ‘(1) Die Scheidung unterliegt dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist. Kann die Ehe hiernach nicht geschieden werden, so unterliegt die Scheidung dem deutschen Recht, wenn der die Scheidung begehrende Ehegatte in diesem Zeitpunkt Deutscher ist oder dies bei der Eheschließung war. (2) Eine Ehe kann im Inland nur durch ein Gericht geschieden werden. […]’. Und im Art.14 EGBGB steht: ‘(1) Die allgemeinen Wirkungen der Ehe unterliegen: 1. Dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehörten, wenn einer vom ihnen diesem Staat noch angehört, sonst 2. dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hilfsweise 3. dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind.[…]’. Die im Art. 17 EGBGB stehende Regel, verwies auf den Inhalt des Art.14 EGBGB. Deshalb wurde die Auflösung der Ehe im deutschen IPR nach dem Recht der Staatsangehörigkeit der Ehegatten entschieden. Im brasilianischen IPR ist das internationale Ehescheidungsrecht durch LINDB Art.7. geregelt. Art. 7. LINDB lautet: ‘Das Gesetz des Landes, in dem die Person ihr Domizil hat, bestimmt die Persönlichkeitsrechte eines Menschen, den Namen, die Rechts-und Geschäftsfähigkeit und die Familienrechte.’ [eigene Übersetzung]. Das bedeutet, dass das brasilianische IPR im Gegensatz zum deutschen System dem Domizilkriterium folgt. Das gilt auch heutzutage, wenn eine Scheidung im Bereich des brasilianischen internationalen Rechts entschieden werden muss. III.2, ROM III-VO: Die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts ist ab 21.06.2012 gültig. Dies ist ein sekundärer Gemeinschaftsrechtakt der europäischen Union mit Gültigkeit und unmittelbarer Wirksamkeit in den Mitgliedstaaten z.B. Deutschland. Sie hat deswegen Vorrang gegenüber dem deutschen internationalen Recht. So ist diese neu rechtkräftige Verordnung die anwendbare Norm, um ein Scheidungskollisionsrecht in Bezug auf Deutschland zu lösen. III.2.1, Hintergrund: Früher gab es in Europa kein einheitliches internationales Scheidungsrecht und diese Situation ist nach und nach problematisch geworden. Wegen der intensiven Bürgerfortbewegung von Ort zu Ort und von Kontinent zu Kontinent ist die Zahl der internationalen Ehen sehr stark gestiegen. Wenn sich ein internationales Ehepaar scheiden lassen möchte, bestimmt das Kollisionsrecht, welches Recht angewandt wird. Angesichts dieser Situation wird die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 idealisiert, um die Scheidungskollisionsnormen zu harmonisieren. III.2.2, Anwendung: Die Rom III-VO ist gemäß ihren Artikeln 1 bis 4 anwendbar. Diese Verordnung ‘gilt für die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in Fällen, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen.’. Aber sie ‘gilt nicht für die folgenden Regelungsgegenstände, auch wenn diese sich nur als Vorfragen im Zusammenhang mit einem Verfahren betreffend die Ehescheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes stellen: a) die Rechts- und Handlungsfähigkeit natürlicher Personen, b) das Bestehen, die Gültigkeit oder die Anerkennung einer Ehe, c) die Ungültigkeitserklärung einer Ehe, d) die Namen der Ehegatten, e) die vermögensrechtlichen Folgen der Ehe, f) die elterliche Verantwortung, g) Unterhaltspflichten, h) Trusts und Erbschaften.’. Ein einheitliches Scheidungsrecht wäre sinnlos, wenn es keine Verbindung zum Recht unterschiedlicher Staaten gibt. Wichtiger Teil des sachlichen Anwendungsbereichs der Rom III-VO ist die Ehescheidung, d.h. die Auflösung der zivilrechtlichen Ehe. Gemäß Erwägungsgrund Nr. 10, Art. 3, Art.5 und Art.8 dieser Verordnung ist die Auflösung der zivilrechtlichen Ehe durch eine Entscheidung ‘alle Behörden’, ‘die für Rechtssachen zuständig sind’, ex nunc wirksam. Die Frage, was man unter Ehe verstehen kann, soll ‘nach den Kollisionsnormen geregelt werden, die in dem betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaat anzuwenden sind’ (Erwägungsgrund Nr. 10 der Rom III-VO). Deshalb ist das deutsche Gericht nicht verpflichtet eine gleichgeschlechtliche Ehescheidung anzusprechen (gem. Art.13 und Art. 17b EGBGB, Erwägungsgrund Nr. 26 und Art.13 der Rom III-VO). Die Anwendbarkeit der Rom III-VO auf die Privatscheidung ist strittig, weil dies nicht besonders geregelt ist. Und es gibt kein klares Erachten des Rats der Europäischen Union über dieses Thema. Folgen und Nebenfragen der Scheidung richten sich nicht nach der Rom III-VO (gem. Art.1 Abs.2). Die Anwendung der Brüssel IIa-VO ist unberührt. Und die Scheidungsverordnung soll im Einklang mit dieser angewendet werden. Allerdings gilt die Rom III-VO nicht für Ungültigerklärung der Ehe (gem. Erwägungsgrund Nr. 10). Die Rom III-VO ist auch universell anwendbar, weil sie ein Scheidungskollisionsrecht in Bezug auf einen nicht teilnehmenden Mitgliedstaat regeln kann, wie Brasilien. Zeitlich ist diese Verordnung gem. Art. 18 anzuwenden. III.2.3, Rechtswahl: Aufgrund des Ziels der europäische Union signalisiert die Rom III-VO die Entwicklung des einheitlichen Rechts, weil sie eine beschränkte Rechtswahl der Parteien einführt. ‘Der Parteiwille als Anknüpfungskriterium bedeutet Zulassung der Wahl des anzuwenden Rechts. Die Freiheit zur Rechtswahl (‘Parteiautonomie’) ist zu unterscheiden von der Freiheit, innerhalb des anzuwendenden Rechts bestimmte Rechtsfolgen autonom herbeizuführen (‘Parteiautonomie’)’. So ist die Anknüpfung gem. Art.5 Rom III-VO subjektiv. Die Ehegatten können durch bewusste, schriftliche und notarielle Vereinbarung das anwendbare Scheidungsrecht gemäß Art. 5 der Rom III-VO bestimmen. Mit anderen Worten, das Ehepaar kann sich entscheiden für: ‘a) das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder b) das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder c) das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt, oder d) das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.’. Gemäß dem Erwägungsgrund Nr. 22 der Rom III-VO sind die Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit in Deutschland in Art. 5 Abs.1 EGBGB geregelt. Anwendbar ist das Recht des Staates, mit dem die Person am engsten verbunden ist, insbesondere durch ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder durch den Verlauf ihres Lebens. Über die Anwendbarkeit der Rom III-VO im Falle von Staatenlosen und Flüchtlingen hat Peter Gruber geschrieben: ‘sollte man Art.5 Abs.1 lit. c nicht per se anwendbar halten, sondern das insoweit wählbare (Ersatz-)Recht vorrangig nach dem New Yorker UN-Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatlosen vom 28.9.1954 bestimmen. Die Rom III-VO enthält für die Sondersituation der Staatlosigkeit eine (versteckte) Lücke, die, wie dies der 22. Erwägungsgrund indiziert, durch die ergänzende Anwendung staatsvertraglichen bzw. nationalen Rechts zu schließen ist. Bei Flüchtlingen dürfte lit. c. teleologisch zu reduzieren und wiederum auf staatsvertragliche bzw. nationale Regeln zurückzugreifen sein.’. Diese Wahl ist nicht definitiv, weil dies geändert werden kann (gem. Rom III-VO, Art.5 Abs.2). Außerdem ‘sieht das Recht des Staates des angerufenen Gerichts dies vor, so können die Ehegatten die Rechtswahl vor Gericht auch im Laufe des Verfahrens vornehmen. In diesem Fall nimmt das Gericht die Rechtswahl im Einklang mit dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts zu Protokoll’ (Rom III-VO, Erwägungsgrund Nr. 20 und Art.5 Abs.3). Diese autonome Vereinbarung muss gem. Art. 6. und 7. der Rom III-VO bzw. materiell und formell Wirksam sein. Allerdings kann es sein, dass die Parteien kein Scheidungsstatut wählen. Mit dieser Möglichkeit befasst sich der nächste Unterpunkt. III.2.4, Ermangelung einer Rechtswahl: Die Möglichkeit einer Ermangelung einer Rechtswahl ist im Art. 8 der Rom III-VO geregelt. So ist die Anknüpfung gem. dieses Artikels objektiv. So liegt die Auflösung der Eheleute unter: ‘a) dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls b) dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern dieser nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder anderenfalls c) dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen, oder anderenfalls d) dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts’ . Die Ermangelung einer Rechtswahl wird durch eine Anknüpfungsleiter bestimmt. Auf erster Stufe wird an den aktuellen gewöhnlichen Aufenthalt angeknüpft. Auf zweiter Stufe wird an den vormaligen gewöhnlichen Aufenthalt angeknüpft. Auf dritter Stufe wird an die gemeinsame Staatsangehörigkeit angeknüpft. Schließlich gilt das lex fori. Es ist interessant zu beachten, dass die Staatsangehörigkeit früher das wichtigste und Hauptanknüpfungsmoment war. Heutzutage ist sie subsidiär. Das forum shopping soll vermieden werden, obwohl dies gem. Art.3 Brüssel IIa-VO ermöglicht . III.2.5, Rück-oder Weiterverweisung: Eine Sachnormverweisung existiert in dem Scheidungskollisionsrecht gem. Art.11 der Rom III-VO. Aber eine Rück -oder Weiterverweisung ist in der Rom III-VO unbeträchtlich. III.2.6, Inhaltskontrolle und ordre public: Das Scheidungskollisionsrecht basiert auf dem Souveränitätsprinzip. Da Deutschland ein europäischer Mitgliedstaat ist, ist der Inhalt des EU-GRC einzuhalten. Das bedeutet, dass die wesentlichen Grundsätze des inländischen Rechts nicht widersprochen werden sollte, auch wenn es eine bestimmte Situation gem. Erwägungsgründe Nr. 24 und 25 der Rom III-VO gibt, z.B. keinen gleichberechtigten Zugang zur Ehescheidung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit der Ehegatten gem. Art.10 der Rom III-VO. Dies steht in Art.12 der Scheidungsverordnung.

Über den Autor

Thaís de Paula Leite Reganati Ruiz, Rechtsanwältin, wurde 1984 in Campinas-SP (Brasilien) geboren. Ihr Studium des Internationalen Privat-und Verfahrensrecht, Rechtsvergleichung (unter Einschluss des Europäischen Privatrechts) an der Eberhard Karls Universität Tübingen schloss die Autorin im Jahre 2013 mit dem akademischen Grad Magister Legum (LL.M.) erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische juristische Erfahrungen. Fasziniert von deutscher Kultur und Sprache, verbrachte die Autorin zwei Jahre in Deutschland, um die Besonderheiten des Landes kennenzulernen. Ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin in Brasilien motivierte sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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