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Sozialwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 05.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 56
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

'Das war doch nur ein kleiner Klaps!', 'Mein Kind ist die Treppe herunter gefallen.' - Diese Sätze werden von misshandelnden Eltern oft als Ausflüchte ihrer Taten genutzt. Auch Aussagen wie ‘Eine Ohrfeige hat noch niemandem geschadet’ sind in der Gesellschaft noch immer geläufig. Es zeigt sich, dass Gewalt gegen Kinder in der Gesellschaft allgegenwärtig ist - sie beginnt mit dem kleinen Klaps im Alltag und kann bis zu schlimmsten Verletzungen des Kindes führen. Dabei tritt Kindesmisshandlung in verschiedenen Formen, wobei der Übergang fließend ist und die Misshandlungsformen nicht klar voneinander getrennt werden können. Verletzen Eltern ihre Erziehungs- und Fürsorgepflicht und sind die Entwicklung und das Wohl des Kindes gefährdet, so ist es die Aufgabe des Jugendamtes mit geeigneten Angeboten Abhilfe zu schaffen. Hierzu zählen Angebote wie Frühe Hilfen, als präventive Unterstützungsangebote, und Hilfen zur Erziehung, als Maßnahme bei erzieherischem Bedarf. Aus diesem Spannungsverhältnis ergibt sich die Frage: Wird im Rahmen Früher Hilfen und weiterer Interventionsmöglichkeiten des Jugendamtes in das Elternrecht eingegriffen?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Kindeswohlgefährdung: Kindeswohlgefährdung – ein Begriff unter dem viele verschiedene Paragraphen, Handlungsansätze, Präventionsgedanken und Definitionsversuche, aber vor allem auch Schicksale kleiner und großer Kinder sowie die Hilflosigkeit vieler Eltern zu finden sind. Über Generationen hinweg galt Gewalt gegen Kinder als alltägliche Handlung zur Durchsetzung von Disziplin und Gehorsam bzw. zur Vermittlung von Werten. Dies war in verschiedenen religiösen Vorstellungen der Gesellschaft und in der Wissenschaft fest verankert. Eine Sensibilisierung der Menschen erfolgte erst mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Hier wurde die Misshandlung von Kindern genauso wie deren Vernachlässigung ernsthaft und auch öffentlich dargelegt. Kinder sind in vielen Fällen die Leittragenden einer Ansammlung von Negativentwicklungen in ihrem familiären Umfeld. In den letzten Jahren wurde medial immer wieder von grausamen Fällen der Kindesmisshandlung berichtet: Der zweijährige Kevin aus Bremen wurde im Oktober 2006 tot und schwer misshandelt im Kühlschrank seines Stiefvaters gefunden. Die siebenjährige Jessica verhungerte in einer Hamburger Plattenbausiedlung. Auch die fünfjährige Lea-Sophie aus Schwerin ist qualvoll verhungert und verdurstet. Die Geschichten solcher Kinder und ihrer Familien lösen in der Gesellschaft immer wieder große Betroffenheit aus und weisen darüber hinaus auf Lücken in unterschiedlichen Hilfesystemen hin. Dabei werden viele Fragen nach Schuld und auch nach der Verantwortung laut. Unüberhörbar werden Fragen wie: Warum hat denn niemand geholfen? Wie konnte so etwas passieren? Wie können Eltern ihren Kindern so etwas Grausames antun? Zunächst bleibt zu klären, wie sich die Begriffe der Kindeswohlgefährdung und Gewalt definieren. Das Kinderschutz-Zentrum Berlin beschreibt hierzu die Gefährdung des Kindeswohls als ein ‘das Wohl und die Rechte eines Kindes beeinträchtigendes Verhalten oder Handeln bzw. ein Unterlassen einer angemessenen Sorge durch Eltern oder andere Personen in Familien (…), das zu nicht-zufälligen, erheblichen Verletzungen, zu körperlichen und seelischen Schädigungen und/oder Entwicklungsgefährdungen eines Kindes führt’ . Eine engere Definition schlägt Anette Engfer vor, der zufolge die Gefährdung des Kindeswohls als eine ‘gewaltsame psychische und physische Beeinträchtigungen von Kindern durch [deren – F.P.] Eltern oder Erziehungsberechtigte’ zu bezeichnen ist. Gewalt definiert sich nach Birgit Mertens als die ‘Ausübung von Herrschaft’. Das bedeutet, dass der Wille desjenigen, über den Gewalt ausgeübt wird, unbeachtet bleibt. In Bezug auf die elterliche Form der Gewalt wird hiermit der körperliche oder seelische Schmerz, der Minderjährigen angetan wird, bezeichnet. Somit kann die elterliche Gewalt durch missbräuchliche Handlungen oder Unterlassen zustande kommen. Gewalt gegen Minderjährige spiegelt sich nicht nur in körperlichen Verletzungen wider, sondern auch die psychische und seelische Beeinträchtigung der Entwicklung eines Kindes zählen hierunter. Neben physischer Misshandlung mit sichtbaren Folgen und Verletzungen, finden auch ‘subtilere Formen verbaler Misshandlung’, wie Beschimpfung des Minderjährigen, Erniedrigung, Demütigung und die reine Androhung von Gewalt, Beachtung als Formen der Gewalt gegen Minderjährige. Zur Gewalt gegen Kinder zählt zudem auch der sexuelle Missbrauch, bei welchem das Kind eine sexuelle Handlung erdulden muss bzw. zu dieser genötigt wird, was die psychische Entwicklung wiederum schädigt. Kinder werden durch Misshandlungen nicht aus Versehen verletzt, sondern oft erfahren sie diese Akte der Gewalt immer wieder, indem eine erwachsene und für sie verantwortliche Person bspw. wiederholt zuschlägt, das Kind demütigt, es einsperrt oder vernachlässigt. Kindesmisshandlung erfolgt am häufigsten im familiären, also im unmittelbaren Umfeld. 2.1, Rechtliche Grundlagen: ‘Kinder waren im Laufe der Geschichte immer wieder Misshandlungen ausgesetzt, deren Art und Ausmaß zeitspezifische Gemeinsamkeiten und Veränderungen erkennen lassen. Mord, Ritualopfer, Aussetzung, Verstümmelung, Verkauf, harte Züchtigung und die Ausnutzung der kindlichen Arbeitskraft bis zum gesundheitlichen Ruin - dies sind nur einige der Misshandlungsformen, die von Historikern (...) dokumentiert worden sind.’ Die Rechte von Kindern haben sich in den letzten Jahrhunderten stark verändert. Seit 1949 steht die Familie in Deutschland nun gemäß des genannten Art. 6 Abs. 1 GG unter dem besonderen Schutz des Staates. Doch nicht nur die Familie wird in diesem Artikel geschützt, sondern auch das Elternrecht definiert, denn Art. 6 Abs. 2 GG besagt: ‘Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.’ Somit steht das Elternrecht ausdrücklich unter dem besonderen Schutz der Verfassung. Hierbei ist zu beachten, dass das Recht der Eltern nicht als ‘ungebundener Machtanspruch gegenüber ihren Kindern’ anzusehen ist, sondern, dass es sich hierbei vielmehr um die ‘verfassungsrechtliche Gewährleistung des Elternrechts’ handelt, die dem Schutz des Kindeswohls dient. Demnach ist das Elternrecht ein fremdnütziges Recht zum Wohle des Kindes. Kinder haben gemäß § 1631 Abs. 2 S. 1 BGB ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung: ‘Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind [demnach – F.P.] unzulässig.’ Das stellt ein Verbot der körperlichen Züchtigung dar, welche bis zum Jahr 2000 als Körperverletzung im Rahmen einer angemessenen erzieherischen Maßnahme gerechtfertigt wurde. Mit der Reform des § 1631 BGB werden Kinder nun ‘als eigenständige Rechtssubjekte angesehen’ , wodurch sie mehr Rechte und ebenso rechtlichen Schutz erhalten. So werden sie z.B. zu Trägern von Grundrechten nach Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 GG. Zudem beginnt die Rechtsfähigkeit gemäß § 1 BGB ‘mit der Vollendung des Geburt’. Das Schlagen eines Kindes gilt somit als Körperverletzung gemäß § 223 StGB, in einem besonders schweren Fall sogar als gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB. Die Verletzung der Erziehungs- und Fürsorgepflicht gilt als Offizialdelikt und wird als Straftat gemäß §171 StGB verfolgt. Zudem ist die Misshandlung von Minderjährigen in § 225 StGB festgeschrieben, wonach es heißt: ‘Wer eine Person unter achtzehn Jahren (…) quält oder roh mißhandelt [sic], oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit [einer – F.P.] Freiheitsstrafe (…) bestraft.’ Eine weitere Grundlage für das Verbot von Kindeswohlgefährdung ist die UN-Kinderrechtskonvention aus dem Jahr 1989, die in Deutschland 1992 in Kraft getreten ist. Hierbei handelt es sich um ein ‘Übereinkommen über die Rechte des Kindes’, bei dem durch die gemeinsame Verpflichtung der Vertragsstaaten ‘positive Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen’ geschaffen werden sollen. In Art. 19 Abs. 1 ist der Schutz vor Gewaltanwendung, Misshandlung und Verwahrlosung wie folgt festgelegt: ‘Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen, um das Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenzufügung oder Misshandlung, vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschließlich des sexuellen Missbrauchs zu schützen, solange es sich in der Obhut der Eltern oder eines Elternteils, eines Vormunds oder anderen gesetzlichen Vertreters oder einer anderen Person befindet, die das Kind betreut.’ Zudem wird in Art. 19 Abs. 2 der UN-Kinderrechtskonvention auf durchzuführende Schutzmaßnahmen und Verfahren zur Unterstützung betroffener Eltern und Kinder, im Falle einer Kindeswohlgefährdung, eingegangen. ‘Damit wurde der erste Grundstein für ein internationales Recht auf gewaltfreie Erziehung gelegt.’ 2.2, Formen von Kindeswohlgefährdung: Gewalt gegen Kinder tritt in verschiedener Art und Weise auf. Unterschieden wird in körperliche und seelische Misshandlung, Vernachlässigung und sexuellen Missbrauch. Zu betonen ist hierbei, dass es sich um eine idealtypische Einteilung handelt, welche nicht scharf trennbar ist. So haben beispielsweise körperliche Misshandlungen an Kindern für diese auch psychische Konsequenzen. Es ist wichtig zwischen einem engen - hierunter zählen Fälle, bei denen das Kind körperlich verletzt wird - und einem weiteren Misshandlungsbegriff zu unterscheiden. Der weite Misshandlungsbegriff umfasst ‘Handlungen oder Unterlassen (…), die nicht unbedingt zu körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen (…) führen [und – F.P.] die in geringerem Maße als Normalabweichung gelten’. Im Fall eines sexuellen Missbrauchs zählen hierzu Handlungen ohne Körperkontakt. Im Folgenden werden die vier genannten Misshandlungsformen genauer betrachtet und definiert. Es soll ein Bild der einzelnen Arten der Kindeswohlgefährdung entstehen, welches auch Folgen und Ursachen darlegt.

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