Suche

» erweiterte Suche » Sitemap

Sozialwissenschaften


» Bild vergrößern
» weitere Bücher zum Thema


» Buch empfehlen
» Buch bewerten
Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 04.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Seit es Besteuerung gibt, versuchen Bürger sich dieser finanziellen Last zu entledigen. Vor allem in den Volkswirtschaften der Moderne ist Steuerhinterziehung ein wachsendes Problem. Die vorliegende Studie untersucht die Ursachen von Steuerhinterziehung sowie deren Umfang. Dabei werden nicht traditionell-ökonomische Modelle angewandt, sondern eine Betrachtung aus wirtschafts- bzw. steuerpsychologischer Sicht diskutiert. Zudem werden Verbesserungsmöglichkeiten, die von öffentlicher Seite ausgehen, vorgeschlagen und Steuermentalität, -moral und Belastungsgefühl diskutiert.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1.2., Ergebnisse des Grundmodells: Wie jedes andere Modell, so soll auch dieses versuchen, eine Abbildung der Realität unter vereinfachten Bedingungen zu erschaffen, um daraus folgend Handlungen im wahren Leben vornehmen zu können. Aus der Sicht des Staates ist hierbei besonders interessant, was einen Steuerpflichtigen dazu bewegt, möglichst wenig Steuern zu hinterziehen, bzw. welche Parameter der Staat verändern muss, um steuerehrlicheres Verhalten zu provozieren. Der erste Parameter, den der Fiskus beeinflussen kann, ist die Höhe des Steuersatzes t, dessen Anstieg erstaunlicherweise eine Verringerung des hinterzogenen Einkommens bewirkt [Vgl. Hagedorn, R. (1991), S. 16-18], denn misst man absolute Risikoaversion mit Hilfe des Arrow- und Pratt-Maßes, dann nimmt mit höherem Grenzsteuersatz wegen des damit verbundenen niedrigeren Einkommens die Risikoaversion zu, und der Steuerpflichtige wird sich zunehmend steuerehrlich verhalten. [Schmidtchen, D. (1994), S. 1991] Diese Aussage lässt sich allerdings nur unter den Vorgaben des Grundmodells aufrecht erhalten, v.a. unter jener, die ein exogen gegebenes Einkommen des betrachteten Individuums fordert. Betrachtet man allerdings das wirkliche Leben , dann dürfte eher die Idee zutreffend sein, welche sich hinter der Laffer-Curve verbirgt, also ein Abnehmen der Steuererträge bei erhöhten Steuersätzen, sobald der optimale Punkt der Besteuerung überschritten wurde. Da zudem davon auszugehen ist, dass die zu besteuernden Individuen in einem gewissen Maße ihre Arbeitsleistung und damit auch ihr Einkommen, selbst bestimmen können, ist die Höhe des Einkommen auch nicht mehr exogen gegeben, sondern vielmehr endogen, durch die Arbeitsleistung des Individuums determiniert. Da sich für Steuerpflichtige bei hohen Steuersätzen die Präferenzen zwischen Arbeit und Freizeit zugunsten der Freizeit verschieben, ist zu erwarten, dass die Zensiten weniger arbeiten werden, um der Besteuerung auszuweichen, wodurch die Steuereinnahmen insgesamt natürlich sinken würden. Der eben aufgezeigten Begründung folgend, nimmt dieses Ergebnis des Grundmodells auch keinen weiteren Platz in dieser Arbeit ein. Stattdessen liegt das Hauptaugenmerk auf den nun folgenden zwei Faktoren. Der nächste vom Staat beeinflussbare Parameter ist die Entdeckungswahrscheinlichkeit p, deren Erhöhung dem Modell nach ein probates Mittel ist, die Steuerhinterziehung zu begrenzen. [ Vgl. Hagedorn, R. (1991), S. 14] Da der Nutzen aus einer aufgedeckten Hinterziehung naturgemäß geringer ist als der Nutzen einer Gelungenen, bewirkt eine gestiegene Aufdeckungswahrscheinlichkeit p, und in Verbindung damit eine gesunkene Wahrscheinlichkeit q für den unentdeckten Steuerbetrug, eine Verringerung des Erwartungswertes der Steuerhinterziehung, was wiederum eine korrektere Deklaration des Einkommens zur Folge hat. Verschärft der Staat ceteris paribus den Strafsatz a, dann hinterzieht der betroffene Zensit ebenfalls weniger Steuern. [ Vgl. Hagedorn, R. (1991), S. 14] In diesem Fall reduziert der Anstieg des Strafmaßes bei gleichbleibendem Risiko den Nutzen einer aufgedeckten Steuerhinterziehung, woraufhin wieder mehr Einkommen beim Finanzamt angegeben und somit Risiko gegen Sicherheit substituiert wird. Dem Modell nach lassen sich Aktivitäten zur Steuerhinterziehung also bei einem Anstieg der Nachprüfungswahrscheinlichkeit und/oder der Strafhöhe bzw. des Strafsatzes verringern. Doch lässt sich diese Modellwelt so ohne weiteres in die Realität übertragen? Führt also ein System, welches ausschließlich auf Kontrolle und Strafe aufgebaut ist, auf direktem Wege zum Optimum? 3.1.3., Kritik des Grundmodells: Das Modell geht von Menschen aus, die ihren Nutzen maximieren wollen und dieses ausschließlich über ihr Einkommen bzw. dem daraus resultierenden Konsum erreichen können. Aspekte wie ein Sinn für gesellschaftliche Gerechtigkeit, Altruismus oder eine Sensibilität für soziale Normen werden hier nicht betrachtet. Jeder einzelne der aufgezählten Punkte kann aber, im Ausmaß abhängig von den Präferenzen eines Individuums, zu einem Nutzengewinn bei Befolgen bzw. einem Nutzenverlust bei Verstoß führen. Ein schlechtes Gewissen nach einer getätigten Steuerhinterziehung, welches eventuell die an Weihnachten ansteigende anonyme Spendentätigkeit zugunsten der Finanzämter erklären könnte, kann einen Menschen ebenso belasten wie ein hoher Steuersatz. Andererseits ist es durchaus vorstellbar, dass ein Mensch von Stolz erfüllt sein kann, wenn er in seinem gesamten bisherigen Leben, nicht nur in Bezug auf seine Steuererklärung, immer ehrlich und korrekt gewesen ist. Damit soll jedoch nicht impliziert werden, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung ein Hirngespinst traditioneller Ökonomen sei, vielmehr ist eine differenziertere Betrachtung der Gesellschaft angebracht, deren Mitgliederspektrum von überaus altruistischen Menschen, bis hin zum homo oeconomicus der traditionellen ökonomischen Theorie reicht. Innerhalb einer Gesellschaft sollten sich somit drei, sich voneinander grob abgrenzende, Steuerzahlertypen identifizieren lassen: Zensiten, die nie hinterziehen, Steuerpflichtige, die manchmal hinterziehen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet und Individuen, die jede Verkürzungsmöglichkeit, seien sie legal oder illegal, zu ihrem Vorteil ausnutzen. [ Vgl. Kirchler, E./ Berger, M. (1998), S. 447] Anhänger des Grundmodells rationaler Steuerhinterziehung könnten nun einwenden, dass die Steuerhinterziehung trotzdem immer noch weit verbreitet ist und in ihrem Gesamtausmaß gewaltige Dimensionen angenommen hat, folglich der Bekämpfung selbiger durch eine Verstärkung der Straf- und Kontrollmechanismen hohe Priorität zukommen sollte. Aber haben solche Maßnahmen auch immer den gewünschten Effekt oder könnte sich eine Verstärkung selbiger auch als kontraproduktiv erweisen? Im Jahr 1978 waren in den USA pro Million abgegebener Steuererklärungen nur 200 Kontrolleure innerhalb des Internal Revenue Service (IRS) beschäftigt, abgeurteilt wegen Steuervergehen wurden im selben Jahr gar nur 1446 Fälle mit einer durchschnittlichen Geldbuße von 5.600 Dollar. [Vgl. Weck/Pommerehne/Frey (1984) S.44-45] Trotzdem betrug die Größe der amerikanischen Schattenwirtschaft Mitte der 70er Jahre nur geschätzte acht bis zwölf Prozent des BIP, [Vgl. Weck/Pommerehne/Frey (1984) S. 17] was erstaunlich ist angesichts der relativ niedrigen Aufdeckungswahrscheinlichkeit bzw. Strafhöhe. Letzteres gilt auch dann noch, wenn davon auszugehen ist, dass nicht jeder Zensit über vollkommene Informationen hinsichtlich der eingesetzten Kontrolleure bzw. der verhängten Strafen verfügt. Was bewog also die Steuerpflichtigen im genannten Beispiel dazu, trotzdem relativ steuerehrlich zu sein? Betrachtet man noch einmal den homo oeconomicus, dann erkennt man, dass seine Motivation Steuern zu zahlen, ausschließlich extrinsisch begründet ist, er also der Bestrafung einer aufgedeckte Steuerhinterziehung entgehen will. Er macht nur das unbedingt Notwendige, um nicht entdeckt zu werden. Allerdings endet diese Art der Kooperation genau in dem Moment, in dem ihn der Staat nicht mehr kontrollieren kann. [Vgl. Brandes, W./ Weise, P. (2000), S.51-52) Da der homo oeconomicus aber nur einen Extremtypus abbildet, muss bei den übrigen Steuerpflichtigen ein gewisses Maß an intrinsischer Motivation vorliegen, Motivation also, die dem Individuum selbst entspringt. Diese ist nicht fremd- sondern selbstbestimmt und ermöglicht…eine positive Selbstwertschätzung. [ Brandes, W./ Weise, P. (2000), S.53) Folglich sorgt in einem Steuersystem mit seinen Kontroll- und Strafmechanismen nur das individuelle Ausmaß der intrinsischen Motivation für Steuerzahlungen, die über das Mindestmaß hinausgehen. [Vgl. Brandes, W./ Weise, P. (2000), S.53) Das Problem liegt nun aber darin, dass sich die beiden Arten von Motivation nicht addieren lassen, sondern sich eher gegenseitig verdrängen, es bei einer Erhöhung des Drucks von außerhalb also zu einem Motivationsverlust innerhalb des Individuums kommen kann. Eine Erhöhung der extrinsischen Motivation senkt das Ausmaß der wahrgenommenen Selbstbestimmung, der freien Wahlmöglichkeit und der Hingabe an die Aufgabe – und damit die intrinsische Motivation. [ Brandes, W./ Weise, P. (2000), S.54) Durch verstärkte Kontrollen und Strafen signalisiert der Fiskus den Zensiten vielmehr, dass er ihnen nicht vertraut und ihre intrinsische Motivation nicht wertschätzt. Die intrinsisch motivierten Steuerzahler könnten sich daraufhin gegängelt fühlen und in der Zukunft verstärkt opportunistisch handeln, was wiederum die für den Fiskus positiven Effekte verstärkter Kontrollen und Strafen aufwiegen kann. [Vgl. Frey, B. (1992), S. 175-176] Wie gezeigt wurde, kann die vom Grundmodell der rationalen Steuerhinterziehung vorgeschlagene Handlungsweise der Kontroll- und Strafverstärkung nur dann effizient sein, wenn die zu besteuernde Gruppe hauptsächlich dem Typus des homo oeconomicus angehört, da jener nicht über intrinsische Motivation verfügt, die verdrängt werden kann. Obwohl Steuerzahlungen unter Zwang geschehen, sind die Steuersysteme der entwickelten Industrieländer paradoxerweise aber auf die Mitarbeit der Steuerpflichtigen und ihre wahrheitsgemäßen Angaben angewiesen. Die Höhe des deklarierten Einkommens hängt folglich von der intrinsischen Motivation des Individuums ab, wodurch die Empfehlungen des Grundmodells einiges an Bedeutung verlieren, da sie einen gegenteiligen Effekt im Hinblick auf die Steuereinnahmen auslösen können, falls es dem Staat nicht gelänge, der Bevölkerung zu vermitteln, dass sich erhöhte Kontroll- und Strafmaßnahmen ausschließlich gegen Steuersünder richten.

weitere Bücher zum Thema

Bewerten und kommentieren

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichenten Felder aus.