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Geschichte

Michael P. Veit

Philosophie der Technik: Von den Anfängen bis zur Gegenwart

ISBN: 978-3-8428-9747-2

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In der Geschichte der Menschheit existiert kein Phänomen, das die Situation von Individuen, Gesellschaften und letztlich der gesamten Weltbevölkerung so stark bis in alle Bereiche des täglichen Lebens hinein beeinflusst hat und immer noch beeinflusst wie die moderne Technik. Diese Tatsache wird allgemein akzeptiert, auch in philosophischen Kreisen. Von daher ist es im Grunde nicht nachvollziehbar und auch dieser Situation in jeder Hinsicht unangemessen, dass Technikphilosophie nach wie vor lediglich ein Nischendasein in der philosophischen Wahrnehmung und Forschung, aber auch in der Gesellschaft insgesamt führt. Bis in die Achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts war die Philosophie der Technik eine fast ausschließlich deutsche Domäne, wurde dann aber in ihrer führenden Rolle von zahllosen US - amerikanischen Veröffentlichungen abgelöst. Diese neue Flut englischsprachiger Publikationen war Folge der Ausfaserung von Technik in immer weitere Unterdisziplinen. Die meisten deutschsprachigen Veröffentlichungen zur Philosophie der Technik kapitulierten vor dieser schieren Fülle, aber auch die englischsprachigen Veröffentlichungen orientierten sich zunehmend an immer spezielleren Einzelthemen. Der vorliegende Band hat es sich zur Aufgabe gemacht , die Technikphilosophie in ihrer ganzen Bandbreite von den Anfängen bis zur Gegenwart ins Blickfeld des Lesers zu bringen und dabei das Ganze dieser immer mehr an Bedeutung gewinnenden philosophischen Disziplin nicht aus den Augen zu verlieren.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.12, Technik als Ideologie: Jürgen Habermas´ ‘Technik und Wissenschaft als ‚Ideologie’’ (1969) Im Unterschied zum orthodoxen Marxismus der DDR setzte sich der Neomarxismus der BRD, geprägt durch die Publikationen der Denker der ‘Frankfurter Schule’, wesentlich differenzierter mit den Problemen der fortschreitenden Technisierung der Gesellschaft auseinander. Exemplarisch soll hier (stark gerafft) auf Habermas´ Sammelbändchen ‘Technik und Wissenschaft als ‚Ideologie’’ von 1969 eingegangen werden. Es enthält mehrere Schriften, die zusammengenommen auf überschaubarem Raum die Grundlagen seiner PdT enthalten. Über die marxistische Kritik der anderen Repräsentanten der Frankfurter Schule hinsichtlich der Diskrepanz von wissenschaftlich - technischem Fortschritt auf der einen und Entfremdung, politischer Unterdrückung und Werteverlust auf der anderen Seite (quasi einem ‘defizienten’ Fortschritt) geht Habermas aber insofern hinaus, dass er zwar deren Kritik übernimmt, aber dabei nicht stehen bleibt, sondern untersucht, wie man diese Probleme überwinden kann und darlegt, welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen. Sein erster Aufsatz ‘Technik und Interaktion’ betrachtet zunächst bestimmte Aspekte der frühhegelschen Philosophie. Habermas betrachtet ‘Geist’ als historisch existierend und insofern auf Gegebenheiten der Natur reagierend, wodurch er sich gleichzeitig wiederum von ihr distanziert. Sprache hilft durch geordnete Wahrnehmung bei der Loslösung von der Ausgeliefertheit an Empfindungen, Familie als gesellschaftliche Elementarform verhilft dem zuerst zufälligen Ich zu einer Rolle, Arbeit führt aus dem Diktat der Zufälligkeit der Begierden bzw. ihrer Befriedigung organisiert heraus. Sprache in ihrer Symbolik, familiäre Rollenzuweisung und Arbeitsvollzug bewirkten eine erste allgemeingültige Strukturierung des Umgehens mit der Welt. Arbeitsteilung dagegen führte hinsichtlich der Arbeit von direkter Bedürfnisbefriedigung zu einem allgemeineren, vermittelten Bezug, hinsichtlich der Sprache zu einer mehr standarisierten Kommunikation. Bezüglich der familiären Rollenverteilung ergab sich, so Habermas, ein besonders folgenreicher Schritt: ‘Anerkennung’ wurde als Kampf um die Rollenverteilung aus dem familiären Bereich herausgeführt und nach Kriterien des technischen ‘Erfolges’ gestellt. Gerade hinsichtlich Hegel muss Habermas konstatieren: ‘Die Befeiung von Hunger und Mühsal konvergiert nicht notwendig mit der Befreiung von Knechtschaft und Erniedrigung, denn ein entwicklungsautomatischer Zusammenhang zwischen Arbeit und Interaktion besteht nicht. Weder die Jenenser Realphilosophie noch die Deutsche Ideologie haben ihn befriedigend aufgeklärt - immerhin können sie uns von seiner Relevanz überzeugen: von jenem Zusammenhang zwischen Arbeit und Interaktion hängt der Bildungsprozeß des Geistes wie der Gattung wesentlich ab’. M.a.W.: Unter dem Primat technisierten Erfolgsdenkens (s.o.) wurde das Problem fehlender wechselseitiger Anerkennung und Mangel an aufgeklärter, rationaler Sprache eher noch weiter verschärft. Habermas wertet folglich Technik und Wissenschaft als ‘Ideologie’ (So ja auch im Titel des Bändchens und des zweiten Textes), Ideologien im Sinne von Haltungen, die , aufgewertet durch kapitalistische Produktionsverhältnisse, auf Herrschaft über die Natur zum Zweck der Produktionssteigerung abzielen (eine gewisse Parallele zu Heideggers ‘Stellen’ der Natur zwecks Entbergen in den Bestand und damit in die Verfügbarkeit hinein), wobei die gesteigerte Produktion die zur Vermarktung notwendige Steigerung der Nachfrage bzw. Bedürfnisse gleichzeitig mitproduziert. Angesichts dieser Situation plädiert Habermas für eine Rehabilitierung oder erneuerte Institutionalisierung von vernünftigem Sprechen und gegenseitiger Anerkennung über den Bereich des technischen Umgangs hinaus. Steigerung der Verfügungsgewalt über Technik, so Habermas, führt zu einer Steigerung der Verfügungsgewalt über Subjekte. Wissenschaft und Technik legitimieren weiterhin diese Herrschaft. Nicht zuletzt auf dem Hintergrund der modernen Expertenkultur (von Gehlen als ‘Exzentrizität’ bezeichnet) entsteht eine Technokratie einer ‘verwissenschaftlichtlichten Politik’ Eine derartig determinierte Politik kann letztlich nur ‘Vermeidungsimperative’ befolgen und ‘Konfliktvermeidungspolitik’ mit dem Ziel der Aufrechterhaltung des Status-Quo der Machtverteilung, des ‘Apparates’, des Mensch - Maschine - Systems sein, abhängig entweder von zufälligen Meinungskonstellationen und daher wertentleert, oder technokratisch beherrscht. Wiederum fordert Habermas, diesmal unter Bezugnahme auf Hermann Kahns Zukunftsprognose ‘Toward the Year 2000’, Rückbesinnung bzw. Neuentwicklung hinsichtlich der gesellschaftlichen Rollenverteilung und der Orientierung von Arbeit an den Bedürfnissen, und zwar auf Grundlage nicht -technisch oder nicht allein erfolgsdominierter Kommunikationsprozesse, wobei Habermas mit Kahn Möglichkeiten und Chancen in neuen psychisch - medizinisch - geneologischen Techniken sieht. In der ebenfalls im Sammelband enthaltenen Schrift ‘Technischer Fortschritt und soziale Lebenswelt’ nimmt Habermas u.a. eine Charakterisierung dreier von ihm unterschiedener Arten von Wissenschaft vor: Das Hauptinteresse der empirisch - analytischen Wissenschaften liege in der Gewinnung von Prognosen, die ihrerseits Einfluss auf technische Prozesse ermöglichen, womit dieser Bereich von Wissenschaft also letztlich der Technik verpflichtet sei. Geisteswissenschaften hätten demgegenüber ihre Aufgabe im Bereich der Kommunikation, insofern sie ja durch Interpretationen letztlich den Sinn von Texten und damit die Voraussetzung für Kommunikation und Intersubjektivität vermittelten.

Über den Autor

Michael P. Veit ist Jahrgang 1952, Master of Arts (Philosophie), Diplom - Sozialwissenschaftler und Evangelischer Pfarrer im Ruhestand. Sein besonderes wissenschaftlich - philosophisches Interesse gilt daher der Philosophie in ihren gesellschaftlichen Bezügen. Michael Veit ist Mitglied der internationalen Society for Philosophy and Technology (SPT) und bereitet sich derzeit auf seine Promotion zum Dr.phil. vor. Darüber hinaus ist er Autor verschiedener Veröffentlichungen zu hermeneutischen und ontologischen Themen.

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