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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 188
Abb.: 42
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Terminus Kompetenz stellt für jeden Lehramtsstudierenden spätestens ab der zweiten Vorlesungswoche mehr als ein geflügeltes Wort dar, denn Kompetenzen sind vielmehr zum Prinzip, zum Schlüssel, zur conditio sine qua non für funktionierendes Lernen geworden. Doch wie entwickelte sich der Kompetenzgedanke? Während die Lehrpläne der Nachkriegszeit stark vom Duktus der Besatzungsmächte beeinflusst waren, zeichnete sich ab den Siebzigern und im Zuge reformpädagogischer Leitgedanken eine klare Tendenz der Veränderung ab. Ziele wurden weiter gefasst, Bildungsinhalte genderunabhängig thematisiert und seit 2004 ist wohl nur noch ein Leitgedanke kennzeichnend: Kompetenzorientierung. Diese Untersuchung ist nicht allein unter schultheoretischen Aspekten zu betrachten, denn sie skizziert insbesondere Auf- und Umbrüche, zeigt Konträreres und Äquivalentes immer im Schatten der geltenden bildungspolitischen Umstände und gibt einen Ausblick auf künftige Tendenzen. Dieses Werk urteilt weder über den bildungspolitischen Wert eines Lehr- oder Bildungsplans noch versucht es, schultheoretische oder didaktische Implikationen als optimal zu befinden. Hier wird dargestellt, in welchem Kontext Bildungspläne stets zu betrachten sind, welche Möglichkeiten die damalige und heutige Schulpolitik in Baden-Württemberg hatte, aber auch welche Grenzen ihr gesetzt waren und sind. Statt einen empirischen Befund zu liefern, sollen die Fakten dieser Untersuchung vor allem zum Mit- und Weiterdenken in (bildungs-)politischen Umbruchzeiten anregen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1, Zur Entwicklung des Lehrplans (Politikfeldanalyse): Mit dem Ende des Dritten Reiches und des Naziregimes in Deutschland stellte sich nicht nur für die gesamte Welt eine neue Ära ein, auch das deutsche Schulsystem wurde grundlegend überdacht und neu konzipiert. Unter Hitler wurde 1938 endgültig der radikale deutsche Schulzwang eingeführt, der in den darauffolgenden Jahren bis heute als ‘Schulpflicht’ bezeichnet wird. Vor 1938 war die Unterrichtung zu Hause als Ausnahme noch genehmigt, es bestand lediglich eine ‘Unterrichtspflicht’, keine Schulpflicht. Nach 1945 stand die Schulpolitik in den Westzonen und der Bundesrepublik vor diversen Problemen, wobei zu den vergleichsweise kleineren Problemen ‘die 'Säuberung' der Schulen von nationalsozialistischen Inhalten’ gehörte. Dies gestaltete sich jedoch schwieriger als gedacht, da partiell die tiefen und weitreichenden Einflüsse der nationalsozialistischen Prägung der deutschen Bevölkerung auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch zu spüren waren. Hierbei gilt es auch, die damaligen politischen Umstände zu betrachten: ‘Nach dem vollständigen Zusammenbruch des 'Dritten Reiches' wurde die Regierungsgewalt in Deutschland von den vier Besatzungsmächten dezentral ausgeübt. Infolgedessen entwickelten sich Bildungspolitik und Schulreform der Nachkriegszeit in den einzelnen Besatzungszonen den Schultraditionen und Gesellschaftsvorstellungen der jeweiligen Besatzungsmacht entsprechend unterschiedlich. Entgegen den Vereinbarungen des Potsdamer Abkommens, das 'die endgültige Umgestaltung des deutschen politischen Lebens auf demokratischer Grundlage' vorsah, waren nämlich 1945 zentrale deutsche Verwaltungsabteilungen nicht eingerichtet worden. Der Alliierte Kontrollrat aber, der für die Einheitlichkeit der Regierungsmaßnahmen in den Besatzungszonen sorgen und über ‘alle Deutschland als Ganzes betreffende Fragen’ entscheiden sollte, wurde im Zuge der wachsenden Ost-West-Spannungen zunehmend funktionsunfähiger.’ Es galt somit neue Verwaltungsinstitutionen und Behörden zu schaffen, deren Aufgabe es fortan sein sollte, die Homogenität des Bildungswesens und der Schulfragen zu gewährleisten und sich mit Bildungsfragen und -reformen zu beschäftigen. Des Weiteren sollte ein struktureller und inhaltlicher Umbruch des Schulwesens respektive der Bildungsinhalte erfolgen. Es tauchte erstmals der Begriff der ‘Reeducation’ als ‘gesellschaftliche Restauration und schulische Konsolidierung nach 1945’ auf. Den größten Einfluss von den westlichen Besatzungsmächten auf den Lehrplan ab 1952 sowie die Änderung und Neustrukturierung des deutschen Schulsystems weg von einer ‘vertikalen Zweiteilung des deutschen Schulwesens in eine niedere und eine höhere Schullaufbahn’ hin zu einem zweigestuften Gesamtschulsystem übten die Amerikaner aus. Sie setzten sich entsprechend der ‘Kontrollratsdirektive Nr. 54 über die 'Grundlegenden Richtlinien für die Demokratisierung des Erziehungswesens in Deutschland' ‘ entschieden für eben diese ‘Demokratisierung des deutschen Erziehungswesens und (eine) tiefgreifende schulische Strukturreform’ ein. Hingegen der Bemühungen der Besatzungsmächte blieben jedoch anfangs größere Erfolge aus und ‘die Entwicklungen im deutschen Bildungswesen nach 1945, obwohl ihnen eine der größten historischen Katastrophen der deutschen Geschichte vorausging, (wiesen) zunächst keine größere Bewegung auf.’ Die Ursache hierin, so Heid und Vath, sei gewesen, dass zunächst ein ‘Schub’ durch die Besetzung des ehemaligen Reichsgebietes verhindert worden war und noch kein Zwang bestanden hatte, ‘sich mit der Notwendigkeit und den Zielen einer allgemeinen Bildungsreform [...] eingehend zu beschäftigen’. Hieraus resultierten auch die ersten neuen Probleme im Nachkriegsdeutschland. Die Bevölkerung war noch zu stark von den Kriegserlebnissen und auch teilweise noch von ideologischen Einflüssen geprägt, als dass ein Umschwung im Bildungswesen einfach durchzuführen gewesen wäre. Die notwendigen Kontrollinstanzen waren noch sehr unkoordiniert bzw. man war sich über die Struktur und den Aufbau jener Schulüberwachungsinstrumente noch nicht vollständig im Klaren. Zwar konnten sich schleichend Neuerungen und Bildungsreformen durchsetzen, allerdings waren diese in ihren Anfangsstadien noch schwammig und wurden nicht von allen begrüßt. Somit zeigte es sich, dass ‘die Reedukationspolitik mit diesem Schulverständnis an gemeinsame Reformtraditionen (zwar) anknüpfte, (...) jedoch keineswegs zu einer gemeinsamen und einheitlichen Schulpolitik zwischen den westlichen Besatzungsmächten einerseits und den westdeutschen Schulbehörden andererseits (führte). Die Demokratisierungsbestrebungen [der westlichen Besatzungsmächte] (wären) ebenso wie die Umerziehungspläne [...] in den Nachkriegsjahren zunehmend auf Widerstand in den Schulverwaltungen, politischen Parteien und Verbänden (gestoßen), die ohne ‘grundlegende Korrekturen an die schulischen Verhältnisse [von 1945] wieder anknüpfen wollten.’ In Hinblick auf den Bereich der Realschule waren diese Bestrebungen, in schulgeschichtlichem Kontext betrachtet, von einer Neuordnung des Schulwesens betroffen. Mit der Mittelschulreform von 1938 wurde veranlasst, dass lediglich noch die ‘einsprachige Mittelschule’ als Mittelschule gelten solle. Somit verlor ‘die 'alte Realschule' (hiermit) ein Bildungsziel, das bisher ihre Attraktivität ausgemacht hatte, (nämlich) die Obersekundareife’, welche mit ‘ihren (fünf) Schuljahren unter der (sechs)jährigen Mittelschule (stand) […]

Über den Autor

Marcel Misterek wurde 1988 in Berlin geboren. Er studierte die Fächer Deutsch, Englisch und Informatik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Bereits vor und während des Studiums beschäftigte er sich mit Fragen zum Wandel innerhalb des Schulsystems, den er als Betroffener der Bildungsplanreform 2004 an der Realschule miterlebte. Der Autor ist begeisterter Anglist und verfolgt ein großes Interesse an schulpädagogischen und soziopolitischen Fragestellungen, welche heute umstrittener sein dürften als jemals zuvor.

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ISBN: 978-3-95935-596-4
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