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Pädagogik & Soziales

Susanne Schwarz

Depressionsdiagnostik bei Kindern und Jugendlichen

Untersuchungen zur Validität der Montgomery Asberg Depression Rating Scale (MADRS)

ISBN: 978-3-8366-7125-5

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 110
Abb.: 38
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In der BELLA-Studie des Robert-Koch-Instituts zeigten etwa 5,4% der untersuchten Kinder spezifische Anzeichen für eine Depression. Neben dieser vergleichsweise hohen Prävalenz an depressiven Er-krankungen im Kindes- und Jugendalter gibt es außerdem eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Wiedererkrankung oder eine Chronifizierung der Störung. Damit wird im vorliegenden Buch die Notwendigkeit eines diagnostischen Verfahrens begründet, das depressive Symptome bei Kindern und Jugendlichen objektiv und valide erfasst. Das Testverfahren soll in kurzem zeitlichem Abstand einsetzbar sein und dabei auch kleinste Veränderungen in der Schwere der Symptome genau abbilden. Ziel der im Buch sehr anschaulich beschriebenen Untersuchung war es, ein bereits vorhandenes, valides und änderungssensitives Verfahren aus der internationalen Erwachsenendiagnostik, die Montgomery Asberg Depression Rating Scale (MADRS), hinsichtlich seiner Anwendbarkeit bei deutschsprachigen Kindern und Jugendlichen, die depressive Symptome zeigen, zu überprüfen. Dazu wurden eine Querschnittuntersuchung an 76 depressiven Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren sowie eine Längsschnittuntersuchung über acht Wochen durchgeführt. Gezeigt wird, dass sich die MADRS auch für diese Patientengruppe als schnell durchführbares und sehr genaues Testverfahren mit ausgezeichneten Testgütekriterien erweist. Sie ist also ein Test, der ohne große praktische Erfahrung seitens des Diagnostikers bei Kindern ab sechs Jahren zur Therapieverlaufskontrolle und zur Krankheitserforschung eingesetzt werden kann. Dabei erlaubt sie eine Verlaufsdiagnostik bis ins Erwachsenenalter hinein.

Leseprobe

Kapitel 3., Diagnostische Verfahren: Das dritte Kapitel befasst sich mit den verschiedenen Formen diagnostischer Verfahren. Dabei sollen besonders die Vor- und Nachteile der Verfahrenstypen dargelegt werden. Zum Abschluss des Kapitels sollen zusammenfassend die wichtigsten depressionsspezifischen diagnostischen Verfahren für Kinder und Jugendliche aufgelistet werden und Schlussfolgerungen gezogen werden, die die Wahl der MADRS begründen. Grundsätzlich wird in der psychologischen Diagnostik zwischen Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren unterschieden. Feger & Graumann grenzen die Begriffe folgendermaßen voneinander ab: ‘Wenn es derjenige selbst ist, der erlebt und sich verhält, der dies beobachtet und beschreibt, so können wir von Selbstberichten und Selbstbeschreibungen sprechen (self report, self recording). Geschieht Beobachtung und Beschreibung durch einen oder mehrere andere, so können wir das als Fremdbeobachtung bezeichnen’. Selbstbeurteilungsverfahren: Diese Verfahren dienen z.B. der Schweregradbestimmung eines bestimmten Merkmals, der ein- oder mehrdimensionalen Erfassung von Symptomen, der Selektion von Personen oder Patienten, als Basis für therapeutische Entscheidungen und der Evaluation der Effektivität therapeutischer Interventionen. Ferner wird unterteilt in störungsübergreifende Verfahren (z.B. der Youth Self Report (YSR, Arbeitsgruppe Deutsche CBCL, 1998b)) und störungsspezifische Verfahren wie z.B. der Angstfragebogen für Schüler oder das Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche (DIKJ) von Stiensmeier-Pelster et al. (2000). ‘Die Mehrzahl der Selbstbeurteilungsverfahren dient primär zur Schweregradbestimmung von Merkmalen/Syndromen.’ Diagnosen sind hingegen aus Selbstbeurteilungsverfahren nur für die Erkrankungen ableitbar, wo keine klinischen Urteile oder Verhaltensbeobachtungen notwendig sind. Die Vorteile dieser Verfahrensgruppe sind erstens die ökonomische Durchführung und die gute teststatistische Absicherung der meisten gängigen Verfahren. Möller hebt zudem die Möglichkeit hervor, Selbstbeurteilungsverfahren in eher kurzen Zeitintervallen einzusetzen, was bei Fremdbeuteilungen nicht der Fall sei. Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass gerade Stimmungen und Befindlichkeiten nur durch die Person selbst einschätzbar sind. Die Nachteile liegen einerseits in der mangelnden Objektivität der Personen. Es kann zu unwissentlichen Verfälschungen durch Erinnerungs- oder Selbstdarstellungsfehler, zur absichtlichen Verfälschung oder der Benutzung sog. Response-Sets (Antworttendenzen) kommen. Die Personen wissen, dass sie anderen Menschen durch das Selbstbeurteilungsverfahren etwas über sich mitteilen und machen sich Gedanken darüber, was sie mitteilen und wie der Empfänger auf die Informationen reagieren könnte es kommt zur sog. Selbstdarstellung. Die Selbstbeurteilungen bedeuten gleichzeitig auch eine Konfrontation der Patienten mit sich selbst und können dazu führen, dass Personen die eigenen Äußerungen glätten oder so verändern, dass sie ins Selbstkonzept passen. Eine spezielle Form der Selbstdarstellung ist nach Bortz & Döring die soziale Erwünschtheit, die dazu führt, dass Personen aus Furcht vor sozialer Verurteilung konformes Verhalten zeigen und sich in ihren Verhaltensäußerungen an verbreiteten Normen orientieren. Manche Patienten neigen zur Simulation, d.h., sie übertreiben ihre Symptome, oder zur Dissimulation, d.h., sie beurteilen ihre Symptome absichtlich weniger schwer. Zu den oben genannten Response-Sets gehören bestimmte stereotype Reaktionsweisen auf die Fragen, wie die Jasage-Tendenz (Akquieszenz) oder die Neinsage-Tendenz sowie die Tendenz, immer mittlere Ausprägungen einer Skala zu wählen. Ein weiterer Nachteil nach Stieglitz & Freyberger (2001) ist, dass bei vielen Skalen keine theoretischen Konzeptionen vorliegen, sodass z.B. Depressionsskalen mit sehr unterschiedlichen Items das gleiche Merkmal zu erfassen versuchen. Auch die Items in Depressionsskalen für Kinder unterscheiden sich inhaltlich voneinander. Zusätzliche Nachteile sind die unterschiedliche Reliabilität der Selbstbeurteilungsverfahren in Abhängigkeit von der Schwere der Störung, ihre z.T. unbefriedigende Validität und die Auswirkung der Art der Itemabstufungen auf die Beantwortung. Am günstigsten hat sich dabei nach Hippler et al. das sieben-stufige Antwortformat erwiesen. Die Autoren konnten außerdem zeigen, dass die Entscheidung der Einstufung von Häufigkeit, Dauer und Schwere eines Merkmals durch die Person zu Unterschieden in der Beantwortung führen kann. Auch im praktischen Einsatz gibt es Einschränkungen: So setzen viele Selbstbeurteilungsverfahren ein allgemeines Sprach- (und Lese- Anm. d. Verf.) verständnis voraus, sowie die patientenseitige Motivation und Bereitschaft zur Kooperation. Stieglitz & Freyberger weisen außerdem darauf hin, dass die meisten Verfahren nur bei einem leichten bis mittleren Störungsgrad anwendbar sind. Fremdbeurteilungsverfahren: Stieglitz, Baumann & Freyberger unterteilen die Fremdbeurteilungsverfahren generell in Ratingskalen und Interviewverfahren. Zuerst sollen hier die Eigenschaften sowie die Vor- und Nachteile der Ratingskalen beschrieben werden. Ratingskalen: Ratingskalen werden folgendermaßen verwendet: ‘Ein Rater ordnet (…) einer Person hinsichtlich eines gegenwärtigen oder vergangenen Reaktionsausschnittes (…) mithilfe von zumeist unspezifischen Codierungsregeln eine Beurteilungskategorie auf einer Skala zu, die zusammen mit weiteren ebenso generierten Skalenwerten der Person über Inferenzregeln zu klassifikatorischen, statusdiagnostischen oder veränderungsdiagnostischen Aussagen über die Person verändert wird.’ Ratingskalen gehören nach Stieglitz, Ahrens & Freyberger neben den Selbstbeurteilungsverfahren zur zahlenmäßig größten Gruppe in der klinisch-psychologischen Diagnostik. Die Autoren heben die Relevanz dieser Verfahrensklasse folgendermaßen hervor: Die Fremdbeurteilungsverfahren können eingesetzt werden, wenn die zu untersuchende Person nur unzureichende Auskunft geben kann oder will. Die Verfahren stellen eine eigene Informationsquelle dar und sie können bezüglich der Qualität der Beurteilung überprüft und verbessert werden. Stieglitz, Ahrens & Freyberger weisen darauf hin, dass die Unterscheidung in Selbst- und Fremdbeurteilung künstlich sei, denn Fremdbeurteilungsverfahren basierten zwar auf der Verhaltensbeobachtung während der Befragung, im Wesentlichen basierten sie jedoch auf berichtetem Erleben und berichtetem selbst beobachtetem Verhalten des Patienten, was heißt, dass in Fremdbeurteilungen Selbstbeobachtungen eingingen. Auch Fremdbeurteilungsverfahren werden in mehrdimensionale bzw. störungsübergreifende und störungsspezifische Verfahren unterteilt. Ein Beispiel für ein mehrdimensionales Verfahren ist die Child Behavior Checklist, ein Beispiel für ein spezifisches Verfahren ist die Beobachtungsskala für Autistische Störungen. Im Vergleich zu Selbstbeurteilungsverfahren bieten Fremdbeurteilungsverfahren eine Reihe von Vorteilen. So erlauben nach Paykel & Norton (1986) Fremdbeurteilungsskalen ein differenziertes Bild über verschiedene Aspekte der Gestörtheit, während Selbstbeurteilungsverfahren eher globale Aussagen erlauben. Ein weiterer Unterschied ist die höhere Sensitivität für Veränderungen bei Fremdbeurteilungsverfahren und die höhere Reliabilität der Beurteilung. Außerdem konnten Stieglitz et al. (1998) in ihrer Untersuchung zeigen, dass die Behandler den psychopathologischen Status von depressiven Erwachsenen durch Fremdbeurteilungsverfahren als besser einschätzten als die Patienten selbst. Nachteile der Fremdbeurteilung liegen im hohen Zeitaufwand für die Beurteilung und in der Tatsache, dass sie einer ausführlichen Ausbildung des Raters bedürfen. Weiterhin seien manche klinisch bedeutsamen Bereiche nur der Selbstbeobachtung zugänglich (z.B. Stimmungen und Befindlichkeiten). Auch die mangelnde Beurteilerübereinstimmung zwischen verschiedenen Ratern sei problematisch. Showalter & Tyrer konnten zeigen, dass die Reliabilität bei sieben Skalenstufen am größten war. Zudem unterliegen nach Stieglitz, Ahrens & Freyberger (2001) Ratingskalen bestimmten Fehlerquellen. Dazu gehörten die Informationsvarianz (d.h., verschiedene Interviewer verwenden verschiedene Fragetechniken), die Interpretationsvarianz (d.h., die Interviewer gewichten Symptome unterschiedlich), die Beobachtungsvarianz (d.h., sie bewerten dieselbe Beobachtung unterschiedlich) und die Begriffsvarianz, (d.h., die Interviewer deuten Begriffe anders). Daher sei nach Stieglitz, Ahrens & Freyberger (2001) ein Training der Beurteiler von herausragender Bedeutung. Die weiter oben beschriebenen Fehlerquellen in Selbstbeurteilungsverfahren gelten auch für Fremdbeurteilungsverfahren. Eine weitere Fehlerquelle ist der sog. Mildefehler, der darin besteht, dass bekannte Personen milder eingeschätzt werden als fremde. Der von Thorndike beschriebene Halo-Fehler bedeutet, dass der Beurteiler in seiner Einschätzung nicht objektiv ist, sondern andere Kriterien wie z.B. die äußere Erscheinung oder die Stimme des Patienten in die Beurteilung mit einfließen und somit in die eine oder die andere Richtung verzerren. Es kann auch sein, dass die Beantwortung eines vorangegangenen Items einen Einfluss auf die Beantwortung nachfolgender Items hat. Die Ursache könnte nach Krauth darin liegen, dass der Urteiler bemüht ist, möglichst gut zueinander passende, konsistente Antworten zu geben.

Über den Autor

Susanne Schwarz, Diplom-Psychologin, Studium der Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Abschluss 2007 als Diplom-Psychologin. Das Buch entstand während einer Tätigkeit als studentische Mitarbeiterin an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Charité Berlin.

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