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Pädagogik & Soziales

Jakob Langbehn

Die Bewegungskunst Le Parkour: Verändernde Wahrnehmung urbaner Gegebenheiten

ISBN: 978-3-8428-6862-5

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In diesem Buch zeigt der Autor eine Verbindung auf, die auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint: Er zeichnet die Grundstruktur der (Kultur-)Anthropologie nach und bezieht die daraus gewonnenen Erkenntnisse auf die bewegungskulturelle Praxis des Le Parkour, welche in den vergangenen Jahren immer mehr Aufmerksamkeit erfahren hat. Jakob Langbehn legt nicht nur dar, wie sich in der zeitgenössischen Rezeption das Bild des Parkour geändert hat, sondern wird seinem Anliegen gerecht, die spezifischen Momente zu kennzeichnen und zu beschreiben, welche aus soziologisch-anthropologischer Perspektive eine Besonderheit in diesem Sport darstellen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3, Leiblichkeit als Seinsverfassung des Menschen in der Welt: ‘Menschliches Sein ist immer in der Welt wir kommen mit der Geburt auf die Welt und leben von unseren Anfängen an in der Welt. Zugleich ist es Menschen aufgegeben, Zugänge zur Welt zu erschließen: zu der gestalteten, geregelten, bedeutungsvollen Welt, deren Teil sie schon sind. Mit ihren Handlungen finden sie sich in diese hinein sie werden zu Mitspielern sie gliedern sich in ihre Zusammenhänge ein, beginnen ihre Bedeutungen zu verstehen und sich intentional an die Anderen zu richten’. So beschreiben Gebauer und Wulf das Sein des Menschen in der Welt, welches man in Verbindung mit dem Konzept der Leiblichkeit sehen kann. Denn die Modalität des ‘In-der-Welt-Seins’, wird in dieser in der Sportwissenschaft auf Grupe zurück gehenden Konzeption sehr ähnlich betrachtet, wie das von Gebauer und Wulf vorgenommen wurde. Was ist dieser Leib? Was macht ihn aus? Gibt es einen Unterschied zum Körper? 2.3.1, Erläuterung des Leibkonzeptes: Im Bezug auf Heidegger und Nietzsche macht Caysa den Unterschied zwischen dem ‘Körperleib’ und dem ‘Leibkörper’ deutlich, welcher auch oft nur als Differenzierung zwischen Leib und Körper auftaucht. Der Leibkörper wird als große Vernunft bezeichnet, aufgrund der Immanenz der unmittelbaren Erfahrung, die durch ihn möglich wird. Zudem ist er als ‘leibender Leib’ nicht instrumentalisiert, also auch nicht für den Menschen verfügbar und wird somit hier als ursprüngliche Natur des Menschen bezeichnet, wohingegen der nutzbar gemachte Körperleib als zivilisatorische, künstliche Natur bezeichnet wird, die als formbar und verwendbar betrachtet werden kann. Für den Leib selbst wiederum, ist bei Hegel, welcher ein Vorreiter für die Leibtheorie war, von ‘Leib sein und Leib haben’ die Rede damit sind zwei Arten der Erfahrung mit dem Leib gemeint: wenn man im Handeln aufgeht, keine Widerstände spüren kann, die Intention mit dem Können übereinstimmt, dann ist man sein Leib wenn aber eine Situation nicht gekonnt gemeistert wird, zum Beispiel ein Glas umgestoßen, anstatt gegriffen wird, wird einem der eigene Körper bewusst, indem es zu einer Differenzerfahrung zwischen beabsichtigter Konsequenz und tatsächlicher Konsequenz kommt, dann sprechen wir davon, dass wir einen Leib haben. Diese Erlebensdifferenz wird auch mit den Begriffen ‘gelebter’ und ‘erlebter’ Leib bezeichnet. Oft ist in der Literatur von dem Körper die Rede, wo eigentlich der Leib gemeint ist. Grupe behauptet, der Begriff des Körpers sei in der sozialwissenschaftlichen Diskussion gebräuchlicher, der des Leibes in der Anthropologie. Allerdings stellte er fest und dieser Feststellung schließe ich mich hiermit an, dass die Terminologie dieser Trennung nicht eindeutig festgelegt ist, wodurch ein beachten des Kontextes umso wichtiger wird. Das Sein ist also nur über den Leibkörper erfahrbar, weil dieser eben auch einfach nur ist. Grupe hat dieses Konzept für die Sportpädagogik bedeutend gemacht und durch seine Ausführungen mit geprägt. Dabei orientierte er sich an der philosophischen Anthropologie von Plessner, Scheler und Gehlen. Entwickelt und vorbereitet wurde dieses Konzept jedoch nach Hegel bei Heidegger, der sich auf die Metaphysik Nietzsches bezieht. Letzterer stellte fest, dass Gott tot ist, womit gemeint war, dass Gott als ubiquitäre Erklärungsinstanz des Seins weggefallen ist, woraus sich aber gleichzeitig ein Wegfall der Werte der Menschen ergab, welche sich ‘bis dato’ in religiöser Moral gründeten. Caysa stellt ferner fest, man habe diesen ‘vollständigen Nihilismus positiv als Umwertung, als Rekonstruktion des bisherigen Menschseins zu begreifen’. Caysa analysiert im Folgenden die Ansichten von Heidegger, wobei er kritisiert, dass dieser polarisiert, indem er dem Menschen ‘entweder reines Denken oder reine Leiblichkeit, entweder reines Menschsein oder reines Tiersein’ zuschreibt, aber keine Zwischenwelt zulässt. Eine solche Zwischenwelt jedoch konstituiert der Leib eigentlich nach Grupe, da er die Trennung zwischen Geist und Körper aufhebt, die Grenzen zwischen beidem und auch zur Welt verschwimmen lässt. Leiblichkeit ist nicht starr vorhanden, sondern prozesshaft und dynamisch und wird aufgrund ihrer Beschaffenheit als medial betrachtet, als zwischen Ich und Welt vermittelndes. Wie schon angedeutet ist der Leib wandelbar. Dementsprechend ist auch das Verhältnis des Ichs zu diesem Leib einem Wandel unterworfen, was sich aufgrund der Verschränktheit von Leib und Welt durchaus auf das Weltverhältnis der Person/des Subjektes auswirken kann. 2.3.2, Zukunft der Leiblichkeit: Moegling stellt bereits vor gut zwanzig Jahren fest, dass das unmittelbare Erleben von künstlich geschaffenen Wirklichkeiten verfälscht oder verdrängt wird und bescheinigt den Scheinwelten des Massen- und Spitzensports eine Eignung für die Industriegesellschaft, welche durch diese Sportpraktiken noch gefördert wird. Er verspürt außerdem ein Unbehagen in der Gesellschaft über diese Bewegungskultur, worin er den Auslöser für eine sich entwickelnde alternative Bewegungskultur sieht, deren Konstitution er auf den Grund gehen möchte. Caysa hat in seinen Bemühungen um eine Sportphilosophie, die er als allgemeine Körperkulturphilosophie versteht, Bedenken, bezüglich der Würde des metaphysischen Leibes in einer von Technologisierung dominierten Welt, geäußert. Aufgrund dieser Präsenz ordnet er aber eine Rückkehr zu einer leibromantischen Vorstellung, wie sie bei Heidegger zu finden ist, als unzeitgemäß und wenig förderlich ein. Hilpert macht deutlich, dass mit der neuartigen Biotechnologie die Grenzen zwischen Natürlichem und Künstlichem, Gewachsenem und Gemachten, verschwimmen werden und somit auch ethische Fragen nicht mehr klar zu beantworten sind. Gleichzeitig beharrt er auf einem Festhalten an der Idee der Natur des Menschen, weil sonst die Möglichkeit zur Aufklärung kulturkritischer Allgemeinurteile an der Biotechnisierung verschenkt wäre. Meinberg erwähnt ebenfalls die Aktualität der Frage Kants nach dem Können und Sollen des Menschen in dieser Technologisierungsdebatte. Er geht auf die voran schreitende Technisierung ein, wodurch der Körper seiner Meinung nach zum Experimentierfeld werde. Dies führe zu einer Verkümmerung der eigenen Natur, weil der ‘Homo Technicus’ ungeahnte Möglichkeiten habe, wodurch er zum Rivalen, für den von Meinberg postulierten ‘Homo Sportivus’, avancieren würde. Meinberg zeichnet eine Auflösung der Anthropologie vor, weil kein Verhältnis zwischen Natur und Kultur gefunden werden kann, wenn alles künstlich wird. Dass die Technologisierung voranschreitet, ist ein Faktum, wie schnell sie jedoch geschieht, beziehungsweise wie gewichtig ihr Einfluss sein wird, bleibt abzuwarten. Im Bezug auf die Verwendung von Technik gibt es mittlerweile keine weitreichenden Bedenken mehr, außer in Einzelfällen. Der einstige Antagonismus gegen Innovationen, wie die Eisenbahn, ist in unserer Zeit mehr als Geschichte. Es kann im Gegenteil sogar von einer Fusion mit der Technik gesprochen werden, allerdings findet diese nicht konkret, sondern im übertragenen Sinne statt. Auffallend ist hier, dass von der Differenzerfahrung zwischen Artefakt und Subjekt in ähnlicher Weise gesprochen wird, wie das bei Hegels ‘Leib sein und Leib haben’ der Fall war. Betrachtet man die Biotechnologie und ihre möglichen Auswirkungen, so entsteht ein anderes Bild. Gebauer beschwört das Scheitern einer tatsächlichen Symbiose von Mensch und Maschine, welches er am Beispiel des Robocop deutlich macht. Oder falls es gelingen sollte, wäre das keine erstrebenswerte Errungenschaft: ‘Ein durch und durch technisierter Mensch wäre ein Mensch ohne Eigenschaften, das höchste Risiko des experimentell angelegten Lebens’. Der Philosoph Sloterdijk dagegen hält es für notwendig, dass der Mensch die ihm gegebenen Möglichkeiten nutzt, um genetisch die Gattungseigenschaften zu verändern. Er sieht also nutzbringende Eingriffe in die Natur des Menschen, der sich zu seinem eigenen Bilde zu schaffen hat, als dem Wohle der gegenwärtigen und künftigen Menschheit gereichend. Daraufhin stellt Drexel, im Bezug auf Müller, heraus, dass die pränatale Veränderung in der Keimbahn, nicht nur für das Bild des Menschen allgemein und seine ethischen Grundlagen, eine extreme Gefahr wäre, sondern auch speziell für den Leistungssport, welcher auf der Feststellung von Leistungsunterschieden fußt, welche nur durch Training oder Talent bestehen. Die Dopingfrage würde in einem leistungsbezogenen Kontext eine Rolle spielen, in Anbetracht des Anliegens der vorliegenden Arbeit kann man die Behandlung jener Frage hier aber, vernachlässigen. Vossenkuhl warnt vor dem Zerfall der Menschheit und vor dem Zerfall des Individuums, welchen er im Zusammenhang mit der bevorstehenden technologischen Entwicklung sieht: ‘Er droht vor allem denen, die unter allen Umständen in den Genuss der Segnungen des technologischen Fortschritts kommen wollen’. Für die Anthropologie würde das eine Hinwendung zur normativen Anthropologie bedeuten, die Erforschung des eigentlichen Wesens verkäme zu einer Nebensache. Man kann also feststellen, dass die Positionen zur Zukunft des Leibes und der Leiblichkeit etwas divergieren zieht man die Möglichkeiten in Betracht, die die Menschen haben und noch entwickeln werden, sind beide Positionen, die der Befürworter und die der Gegner, gegenüber Eingriffen in die menschliche Entwicklung nachvollziehbar. Bezüglich dieser ethischen Frage, die keineswegs einfach zu beantworten ist, scheiden sich die Geister. 2.3.3, Immersion im Moment oder Flow: Die bedeutendste Figur in der Erforschung des ‘Flow’ genannten Zustands ist Csikszentmihalyi. Das Moment des Flows kommt in anderen Bereichen der Gesellschaft ebenfalls vor, soll hier aber nur vom Sport aus betrachtet werden. Er wird gerne als ‘holistisches Gefühl bei völligem Aufgehen in einer Tätigkeit’ umschrieben. Einige typische Merkmale dieses Moments sollen hier knapp zusammengefasst werden. Um in einen solchen Zustand zu geraten, muss ein Gleichgewicht zwischen Können und Herausforderung bestehen. Die Situation ist also weder leicht noch unlösbar, sondern beide Komponenten halten sich die Waage. Im Flow kommt es zudem zu einer Verschmelzung von Handlung und Bewusstsein diese Einheit von Körper und Geist, in der Bewegung, ist ein Hauptcharakteristikum des Flows. Dieser wird unter anderem dadurch aufrechterhalten, dass ein klares Ziel vor Augen steht, welches die Aufmerksamkeit fixiert und jegliche Ablenkung vermeidet. Auch erscheint die Wahrnehmung der Zeit, in Momenten des Flows, höchst subjektiv. Je nach Betätigung kann die ‘objektive’ Zeit gedehnt oder komprimiert werden, was von Csikszentmihalyi auf den Zustand völliger Konzentration zurückgeführt wird. Im Flow stellt sich außerdem ein Gefühl der Kontrolle und Kompetenz ein, Selbstzweifel oder Ängste sind ausgeblendet, überhaupt übernimmt der Moment und das Selbst wird vergessen. Betrachtet man diese Merkmale, dann ist leicht einzusehen, dass dieser Zustand um seiner selbst willen angestrebt wird. Außerdem kann man diese Immersion in die Welt als besondere leibliche Erfahrung bezeichnen.

Über den Autor

Jakob Langbehn wurde 1984 in Weingarten geboren. Nach schulischer Ausbildung am Salvatorkolleg und Zivildienst in der Rheumaklinik Bad Wurzach verschlug es ihn im Herbst 2004 zum Studium nach Marburg in Mittelhessen. Das Studium des Lehramts mit den Fächern Englisch, Sport und Pädagogik schloss er im Herbst 2010 erfolgreich ab. Während des Studiums sammelte er Erfahrungen im Umgang mit Kindern, sowohl in der Schule als auch als Verkehrssicherheitstrainer, und engagierte sich in einem Verein zur Förderung der Integration Behinderter. Um sich kulturell und sprachlich weiterzubilden, arbeitete er von März bis August 2009 auf Bauernhöfen in England. Nach dem Studium erfolgte ein Aufenthalt auf Zypern, wo (traditionelle) Kulturtechniken und Aspekte des Naturschutzes im Vordergrund standen. Seine Affinität zur Weiterentwicklung motorischer Fähigkeiten in allen Lebensbereichen brachte ihn praktisch bereits zu Beginn des Studiums zum Parkour die theoretisch-soziologische Auseinandersetzung mit diesem Thema war, ob der Lehre der Bewegungs- und Sportwissenschaften in Marburg, eine mehr als schlüssige Konsequenz.

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