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  • Die Entwicklung von Kindern mit ADHS: Erscheinungsformen, Ursachen, Verlauf und biopsychosoziale Wechselwirkungen sowie soziale Risiko- und Protektivfaktoren

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Abb.: 13
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

ADHS ist eine genetisch prädisponierte Störung, auf deren Ausprägung biopsychosoziale Faktoren erheblichen Einfluss haben. Unbehandelte zieht diese Störung Begleiterscheinungen und Folgeerkrankungen nach sich, die gravierende Auswirkungen auf die psychische, soziale und berufliche Entwicklung der Betroffenen haben können. Zudem ist von einer manifesten ADHS regelmäßig auch das gesamte soziales Umfeld betroffen. Untersucht werden daher Wechselwirkungen zwischen biopsychosozialen Ursachen und Folgen die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS beeinflussen. Dabei wird auch auf die Probleme in unterschiedlichen Lebensumwelten und mit verschiedenen sozialen Interaktionspartnern eingegangen. Protektiv- und Risikofaktoren werden abgeleitet. Ferner werden ein Überblick über die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung bei Kindern und Jugendlichen, das Erscheinungsbild, die Diagnostik, die Epidemiologie und die Ätiologie der Störung dargestellt. Es schließt sich eine Beschreibung des Verlaufs vom Kleinkind bis zum Erwachsenen an. Abgeleitet werden Interventions- und Therapieempfehlungen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Biopsychosoziale Wechselwirkungen: 4.1, ADHS - Manifestation der Anlage-Umwelt-Debatte: Im Thema ADHS spiegelt sich die seit den 70er Jahren bestehende Anlage-Umwelt-Debatte wieder. Die Frage, in wieweit der Mensch durch seine Erbanlagen oder durch seine individuell erfahrenen Umwelteinflüsse bestimmt ist, wird bis heute kontrovers diskutiert. Eine generalisierende Aussage in Hinblick auf die quantitative Verteilung von Anlage- und Umwelteinflüssen ist nicht möglich (Montada, 2002). Dies liegt nicht zuletzt daran, dass es sich nicht um unabhängige Größen handelt, vielmehr muss von einer Interaktion und Kovariation zwischen Anlage und Umwelt ausgegangen werden (Asendorpf, 2007). Die Genom-Umwelt-Interaktion beschreibt die Abhängigkeit der Auswirkung genetischer Faktoren auf Persönlichkeits- und Entwicklungsunterschiede von Umweltbedingungen und umgekehrt. Es hängt von den Allelen ab, welchen Einfluss bestimmte Umweltbedingungen auf das Individuum haben bzw. es hängt von der Lebensumwelt ab, wie sich bestimmte Allele auswirken (Asendorpf, 2007). Auf ADHS bezogen könnte dies bedeuten, dass die genetische Prädisposition sich in Abhängigkeit von der Lebensumwelt unterschiedlich auswirkt bzw. bestimmte Umweltbedingungen sich nur bei Kindern mit dieser Anlage negativ auswirken. Deutlich wird somit auch, dass sich die Prädisposition erst im Zusammenwirken mit Umweltfaktoren entfaltet und nicht per se mit dem Merkmal gleichgestellt werden kann. Von praktischer Relevanz ist es, herauszufinden, welche individuellen genotypischen und welche durch die Entwicklungsumwelt bedingten Merkmale sich auf die phänotypischen Unterschiede auswirken. Es ist bedeutsam, ob es sich um ein Merkmal handelt, das in einem engen oder einem weiten Spektrum von Entwicklungsbedingungen oder gar universell zum Tragen kommt. Die Beantwortung dieser Frage in Bezug auf ADHS hat erhebliche Konsequenzen bezüglich der Präventionen und Interventionen. Bei ADHS wird angenommen, dass es sich um eine genetische Prädisposition handelt, die abhängig vom Entwicklungskontext des Kindes hinsichtlich der Inzidenz und der Ausprägung variiert. Konkret würde dies bedeuten, dass die Prädisposition für ADHS eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung darstellt, die im Zusammenwirken mit bestimmten Umweltfaktoren zur Ausprägung der Störung führt. Sollte sich diese Annahme bestätigen, ist es sinnvoll, Negativ- und Protektivfaktoren zu identifizieren und entsprechend zu intervenieren (Montada, 2002). Denkbar ist, dass, ähnlich dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell für Schizophrenie (Rey, 2006), eine unterschiedliche Ausprägung genetischer Vorbelastung besteht und bestimmte Lebensumstände die Störung zur Ausprägung bringen. Demnach würde es sich um ein dynamisches Konzept handeln, d.h. je größer die Prädisposition, desto niedriger ist die Schwelle, ab der sich die Störung zeigt. Die Genom-Umwelt-Kovarianz beschreibt das gehäufte Auftreten bestimmter Genome in bestimmten Umwelten (Asendorpf, 2007). Auf ADHS übertragen könnte dies bedeuten, dass… - ein mit ADHS prädisponiertes Kind mit höherer Wahrscheinlichkeit ebenso prädisponierte Eltern und Geschwister hat, was ungünstige Umwelteinflüsse zur Folge haben kann (passive Genom-Umwelt-Kovarianz). - die Reaktion der Umwelt die Ausprägung der ADHS und der Folgeerscheinungen beeinflusst (reaktive Genom-Umwelt-Kovarianz). - sich der Betroffene mit wachsendem Entscheidungsspielraum Umwelten wählen wird, die seinen genetisch mitbedingten Eigenschaften entsprechen, z.B. bei der Berufswahl (aktive Genom-Umwelt-Kovarianz). Dies könnte den Rückgang der Symptomatik mit der Adoleszenz mit erklären. Unter Berücksichtigung des Vorgenannten liegt also die Vermutung nahe, dass es sich bei ADHS sowohl um eine dynamische Kombination von Anlage und Umweltbedingungen handelt als auch, dass sich durch die genetische Komponente mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Personen (besonders Eltern und Geschwister) mit ADHS im Umfeld des Kindes befinden, so dass es zu einer Vermischung von Anlage und ADHS-förderlichen Umwelteinflüssen kommt. Ein weiterer Faktor, der in der Anlage-Umwelt-Debatte lange unterschätzt wurde, ist die Interaktion zwischen Individuum und Umwelt. Menschen nehmen objektiv gleiche Umwelten unterschiedlich wahr und wirken ihrerseits unterschiedlich auf ihre Umwelt zurück (Montada, 2002). Demnach nehmen hyperkinetische Kinder z.B. das Klassenzimmer anders wahr als andere Kinder und wirken auch anders auf diese Umwelt ein. Diese Sichtweise relativiert die Zwangsläufigkeit, die der genetischen Veranlagung zugeschrieben wird. Ob und wie sich die Prädisposition für ADHS auswirkt, hängt von der Wechselwirkung mit einer Vielzahl von Umweltfaktoren wie auch individueller Merkmale der Betroffenen ab. Das Verständnis dieser Wechselwirkungen kann zur Entwicklung wirksamer Interventionen und Präventionen beitragen.

Über den Autor

Katrin Bauer wurde 1982 in der Altmark/Sachsen-Anhalt geboren. Ihr Studium der Psychologie schloss die Autorin im Jahre 2010 mit dem akademischen Grad Master of Science ab. Derzeit befindet sie sich in der Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin mit Zusatzqualifikation für Kinder und Jugendliche.

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