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  • Die Objektivität der Leistungsbewertung: Inwieweit sind Leistungsbeurteilungen von Lehrkräften einheitlich und somit vergleichbar?

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Abb.: 19
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Mit der Leistungsbewertung fällt eines der mächtigsten und einflussreichsten Instrumente zur Bestimmung der Chancen auf schulischen wie auch beruflichen Erfolg in den Verantwortungsbereich von Lehrerinnen und Lehrern. Basierend auf deren Beurteilungen werden weitreichende Laufbahnentscheidungen wie die alljährliche Versetzung, die Art der weiterführenden Schulform oder auch die Teilnahme am Förderunterricht getroffen. Aufgrund dieser hohen Relevanz von Beurteilungsprozessen bedarf es einem essenziellen Interesse am Zustandekommen sowie an der Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit von Leistungsbeurteilungen. Unter Einbeziehung messtheoretischer Gütekriterien und eigener empirischer Untersuchungen wird der Anspruch der in Kritik geratenen schriftlichen Leistungsbewertung im Primarbereich der Wirklichkeit gegenübergestellt. Dazu werden Daten von 20 Lehrpersonen mittels einer Fragebogenerhebung erfasst und mit Verfahren der deskriptiven Statistik ausgewertet sowie anhand von Kategorien auf Grundlage der qualitativen Inhaltsanalyse analysiert.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.5, Anforderungen an die Leistungsbeurteilung: Die Intentionen und Ziele der schulischen Leistungsfeststellung und -bewertung können nach Jürgens weder mit den vorgestellten rechtlichen Grundlagen noch anhand der in der wissenschaftlichen Literatur verorteten Funktionsbeschreibungen pädagogisch legitimiert werden. Diese Problematik hängt u.a. mit den widersprüchlichen Anforderungen zusammen, die der Institution Schule zugeschrieben werden (vgl. Jürgens 2005: 56). Die Schule gilt zum einen als gesellschaftliche Institution, die unter Berücksichtigung diverser Auslese- und Selektionsmechanismen beliebte und zugleich begrenzte Zugangsberechtigungen verteilt. Diese Allokations- und Klassifikationsfunktion wird über die Leistungsbeurteilung realisiert. Dadurch wird der Bewertung von Schulleistungen eine bedeutende Rolle bezüglich zukünftiger Laufbahnentscheidungen und damit einhergehenden schulischen, beruflichen und sozialen Aufstiegschancen beigemessen (vgl. Jachmann 2003: 29 Jürgens 2005: 56, 58f). Demgegenüber steht die curriculare Funktion, die für die Schule als pädagogische Institution zur Förderung der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung unverzichtbar ist und die der kontinuierlichen Überprüfung der Lehr- und Lernplanungen dient (vgl. Jürgens 2005: 56f). ‘Leistungsbeurteilungsprozesse stellen in diesem Sinne diagnostische Aktivitäten dar, mit deren Hilfe sich pädagogische Handlungsentscheidungen im Rahmen schulischen Unterrichts vorbereiten, durchführen und auswerten lassen. Die curriculare (lernzielbezogene) Kontrolle ist sowohl für die Optimierung der individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern als auch für die inhaltliche Planung und Organisation von Lernprozessen von unverzichtbarer Bedeutung’ (Ebd.: 57). Die im Hinblick auf die Leistungsermittlung und -beurteilung fehlende einheitliche Festlegung der pädagogischen Legitimation ist auch auf die Notengebung übertragbar. Neben den beiden beschriebenen Funktionen zur Leistungsbewertung, werden der Zensierung in der erziehungswissenschaftlichen Literatur noch weitere, teilweise unvereinbare Funktionen zugeordnet (vgl. Jürgens 2005: 61). Die konstante Präsenz der Ziffernnote im deutschen Bildungssystem wird u.a. mit ihrer einfachen Handhabung, ihrer suggerierten Eindeutigkeit und ihrer universellen Einsetzbarkeit legitimiert (vgl. Jürgens 1999: 29 Winter 2012: 38). 2.6, Exemplarische Darstellung der empirisch relevanten Studien: Zahlreiche empirische Studien haben bereits vor Jahrzehnten die Bedenken bezüglich der Leistungsbewertung traditioneller schriftlicher Arbeiten, insbesondere hinsichtlich der Notengebung, wissenschaftlich untermauert (u.a. Birkel/Birkel 2002 Carter 1952 Eells 1930 Ingenkamp 1969, 1975, 1995 Schröter 1971 Starch/Elliot 1912, 1913 Thiel/Valtin 2002 Weiss 1965) (vgl. Ingenkamp 1989 Ingenkamp/Lissmann 2008: 143-151 Schröter 1971). Aufgrund der darin enthaltenen Thematisierung des Gütekriteriums der Objektivität und ihrer Ähnlichkeit zur eigenen Studie bzw. ihrer Relevanz für die eigene Erhebung werden nachstehend zwei dieser Untersuchungen exemplarisch angeführt. Bei der ersten hier vorgestellten Erhebung handelt es sich um eine Replikationsstudie der Untersuchungen von Rudolf Weiss aus den 1960er Jahren. Birkel und Birkel haben darin Aufsatzbewertungen von 89 Grundschullehrerinnen und -lehrern miteinander verglichen. Dazu wurden den Lehrkräften im Frühjahr 1999 vier Aufsätze unterschiedlicher Qualität und Quantität zur Beurteilung präsentiert. Die Auswertungen der Daten ergaben für alle vier Aufsätze erhebliche Abweichungen bei den Benotungen (vgl. Birkel/ Birkel 2002: 219-222). ‘Je nach beurteiltem Aufsatz streuten die Lehrerurteile zwischen 3 bis 4 Notenstufen’ (Ingenkamp/Lissmann 2008: 144). Damit konnten Birkel und Birkel die Ergebnisse von Weiss replizieren und folglich erneut bestätigen, dass sich ‘bei der Beurteilung ein und desselben Aufsatzes durch verschiedene [Lehrerinnen und] Lehrer eine Notenstreuung, die u. U. fast die ganze Notenskala ausschöpft’, ergibt (Birkel/Birkel 2002: 222). Die Vergleichbarkeit der in verschiedenen Klassen gleichen Jahrganges erteilten Zensuren als Voraussetzung für unser System der Jahrgangsklassen und als notwendige Bedingung für das Verteilungs- und Selektionswesen wurde in den vergangenen Jahrzehnten vielfach kritisiert (vgl. Thiel/Valtin 2002: 72). Die Kritik geht u.a. auf das für den deutschsprachigen Raum bereits 1969 von Ingenkamp nachgewiesene klasseninterne Bezugssystem zurück, welches als Gegenstand der zweiten hier präsentierten Erhebung fungiert (vgl. Ingenkamp 1989: 194-199 Ingenkamp/Lissmann 2008: 146). In einer Untersuchung von 37 Klassen des 6. Grundschuljahres (Berlin) wurde dieses Phänomen durch den ‘Vergleich von Zensuren und Testergebnissen bei [Schülerinnen und] Schülern nachgewiesen, die in der gleichen Klassenstufe nach gleichen Lehrplänen unterrichtet und in Rechtschreibung, Lesen, Mathematik und Englisch mit den gleichen Tests untersucht wurden’ (Ingenkamp/Lissmann 2008: 146). Sowohl die Studie Ingenkamps als auch aktuellere Untersuchungen mit ähnlichen Forschungsdesigns (u.a. im Rahmen des Projektes NOVARA – einer Längsschnittstudie aus den 90er Jahren) konnten einen kennzeichnenden Zusammenhang zwischen der Klassenzugehörigkeit und der vergebenen Zensur diagnostizieren, der auf eine sich ähnelnde Notenverteilung der unterschiedlichen Klassen zurückzuführen ist. Da die zufällige Zugehörigkeit zu einer Klasse und nicht - wie etwa vom Schulsystem angedacht - das eigentliche Leistungsniveau die Bewertung einer Leistung bestimmt, lässt die Vergleichbarkeit von Zensuren, insbesondere im Hinblick auf deren Bedeutung bei den diversen Übergängen im Schulsystem (u.a. Übergang zur Sekundarstufe, zur Berufsausbildung, zur tertiären Ausbildung), problematisch erscheinen (vgl. Ingenkamp/Lissmann 2008: 146f Thiel/ Valtin 2002: 72-75). Das klasseninterne Bezugssystem wird in dieser Untersuchung als Konsequenz der sozialen Bezugsnorm interpretiert. Deren vermutete überwiegende Verwendung bei Bewertungsentscheidungen (vgl. Brügelmann et al. 2006: 30 Rheinberg 2002: 69) wurde bereits in Kapitel 2.3 aufgeführt. ‘Mit dem [aufgezeigten] Fehlen der Objektivität in der Beurteilung ergibt sich fast schon zwingend, dass auch wesentliche Aspekte der Reliabilität und Validität nicht gegeben sind’ (Jachmann 2003: 52). So weisen Studien beispielsweise von Eells (1930) nach, dass eine von derselben Lehrkraft wiederholte Beurteilung eines Schüleraufsatzes zu unterschiedlichen Ergebnissen führt (vgl. Eells 1989: 167-172). ‘Die nicht ausreichende prognostische Validität zeigt sich darin, dass Zensuren nicht dazu geeignet sind, zukünftiges Leistungsverhalten zu prognostizieren’ (Jürgens/Sacher 2008: 63 vgl. auch Valtin 2002: 12). Trotz erwiesener Mängel der traditionellen Leistungsbewertung in Hinblick auf die messtheoretischen Gütekriterien und der damit einhergehende wissenschaftliche Diskurs stellen schriftliche Leistungsüberprüfungen (überwiegend Klassenarbeiten) weiterhin das am häufigsten verwendete Instrument zur Erfassung und Beurteilungen von Schülerleistungen im deutschen Bildungssystem dar (vgl. Ingenkamp/Lissmann: 2008: 154 Jürgens 2005: 82). Die fehlende Aktualität der vorgestellten Untersuchungen geht einher mit einem Mangel an Replikationsstudien, der, ungeachtet stetiger Änderungen der Rahmenbedingungen früherer Erhebungen wie der Lehrpläne, der Lehrerausbildung etc., dennoch existent ist (vgl. auch Ingenkamp/Lissmann 2008: 144). Die Seltenheit dieser überprüfenden Studien kann als weiterer Beweggrund für die eigene Erhebung angesehen werden.

Über den Autor

Im Laufe ihrer Schulzeit hat die Autorin Katharina Sonnenschein, aufgrund von mehreren Umzügen und den damit einhergehenden Schulwechseln, zahlreiche Erfahrungen mit unterschiedlichem Beurteilungshandeln von Lehrkräften gesammelt. Konnte sie bei ihrer ersten Deutschlehrerin lediglich ausreichende Leistungen erreichen, wurden ihre Arbeiten nur wenige Wochen später an einer anderen Schule durchgehend mit sehr gut bewertet. Die während ihres Lehramtsstudiums geringe Thematisierung dieser allgemein bekannten Problematik begründet die umfassende Auseinandersetzung der Autorin mit dem Bewertungshandeln von Lehrkräften. Das vorliegende Buch ist das Produkt intensiver Recherchen und einer eigenen Erhebung.

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