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Pädagogik & Soziales

Marcel Domer

Psychosoziale Unterstützung im Feuerwehr- und Rettungsdienst

Einsatzkräfte und die Auswirkungen belastender Ereignisse – Eine empirische Studie

ISBN: 978-3-8366-8353-1

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 142
Abb.: 35
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Berufsbedingte, belastende Ereignisse und deren Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit von Einsatzkräften haben nicht erst seit dem 11. September 2001 an Bedeutung gewonnen. Schon in den vergangenen beiden Weltkriegen standen Soldaten immer wieder unter einer besonderen Betreuung von Ärzten und Psychiatern, um deren Einsatzfähigkeit so schnell wie möglich wieder herzustellen. Die vergangenen Jahrzehnte und die damit verbundenen weltweiten Unglücksnachrichten ließen aber diejenigen Einsatzkräfte wieder in den Fokus rücken, die sich tagtäglich der Verantwortung des Gemeinwohles stellen. Hierbei handelt es sich um die Männer und Frauen der Feuerwehren, Rettungsdienste und der Polizei. Insbesondere ging es darum, die Einsatzkräfte durch ausgewählte, präventive aber auch postorientierte Stressbewältigungsmaßnahmen auf belastende Ereignisse vorzubereiten bzw. eine Plattform zu schaffen, auf welcher die Symptome von berufsbedingtem Stress frühzeitig erkannt und behandelt werden konnten. Aus theoretischer Blickrichtung werden in der Folge die verschiedenen Stressmodelle zunächst kritisch diskutiert. Die empirische Betrachtung stellt im Gegenzug die Frage, wie nun Einsatzkräfte diese besonderen Belastungen, wie z.B. das Unglück von Eschede oder Rammstein, verarbeiten? Wie gehen sie mit ihren Erlebnissen um und fühlen sie sich ausreichend unterstützt? Welchen Stellenwert nehmen berufsbezogene, präventive und postorientierte Stressbewältigungsmaßnahmen für sie in der heutigen Zeit ein? Anhand einer qualitativen Befragung von Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr Bochum im Jahre 2005 sollen hierauf Antworten gegeben werden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Umgang mit Stress und belastenden Ereignissen bei der Berufsfeuerwehr zu Bochum: Organisationsstruktur und Aufgabenbereiche: Die Berufsfeuerwehr zu Bochum wurde im Jahre 1901 gegründet und kann somit auf eine mehr als 104-jährige Geschichte zurückblicken. Im Laufe dieser Zeit hat diese Institution verständlicherweise verschiedenste Veränderungen über sich ergehen lassen müssen. Heute präsentiert sich die Berufsfeuerwehr Bochum mit einer Personalstärke von 352 Feuerwehrbeamten und Angestellten im feuerwehrtechnischen Dienst, von denen zur Zeit 237 Feuerwehrmänner (Bremer Dienst und Zugführer) im 24-Stunden-Wachdienst eingesetzt werden. Zur Administration gehören 22 Verwaltungsbeamte und Angestellte im Verwaltungsdienst. 7 weitere Arbeitnehmer gehören zum sonstigen Personal und versehen ihren Dienst in den Werkstätten der Berufsfeuerwehr. Das Amt 37, so die offizielle Bezeichnung, verfügt neben einem Direktionsstab über insgesamt 4 Abteilungen, denen differenzierte Funktionen obliegen. Neben der Abteilung 37 1 Verwaltung existieren die Abteilungen 37 2 Qualifizierung, Betriebsunterhaltung und Betriebsausstattung, 37 3 Operativer Dienst und die Abteilung 37 4 Prävention. Die allgemeinen Aufgaben ergeben sich aus der jeweiligen Abteilungszugehörigkeit. So ist die Verwaltung u.a. für die Personalverwaltung und für die Budgetierung zuständig. Die Abteilung 37 2 subsumiert die Bereiche Aus- und Fortbildung, technische Dienste und EDV/ E-Technik zu Ihrem Aufgaben- und Verantwortungsbereich. Zum Bereich der operativen, also den ausführenden Diensten, zählen die taktische Einsatzplanung und die Organisation des Einsatzdienstes. Ferner gehören die Feuer- und Rettungswachen I-III und die Rettungswachen IV-VII zu dieser Abteilung, auf welche im weiteren Verlauf noch en detail eingegangen wird. Im Rahmen der Prävention befasst sich die Abteilung 37 4 u.a. mit der Brandschutzerziehung/-unterweisung und der Betreuung von brandschutzrelevanten Objekten sowie der Erstellung von Stellungnahmen und Gutachten im behördlichen Genehmigungsverfahren. Die für den Gegenstandsbereich dieser finalen Arbeit wichtigsten Organisationseinheiten sind neben den Rettungswachen die Feuer- und Rettungswachen I-III, die mit insgesamt 237 Einsatzkräften für eine Fläche von 145,40 km2 und rund 390.000 Einwohnern in den Aufgabenfeldern Brandbekämpfung, technische Hilfeleistung und Rettungsdienst tätig sind. Dabei sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass jeder Feuerwehrmann in Nebenfunktion entweder Rettungssanitäter oder -assistent ist. Alle Wachen sind auf das gesamte Bochumer Stadtgebiet verteilt. Den einzelnen Feuer- und Rettungswachen fallen neben den oben genannten Aufgabenfeldern besondere Aufgaben zu. Zum erweiterten Aufgabenbereich der Feuer- und Rettungswache I, Bochum West, gehört z.B. die Atemschutzwerkstatt, in der alle Atemschutzgeräte aller Feuer- und Rettungswachen gewartet und instandgehalten werden. Zudem werden hier die Einsatzkräfte im Rahmen des Atemschutzes aus- und fortgebildet. Auf der Feuer- und Rettungswache II, Bochum Mitte, werden alle Rettungssanitäter und Rettungsassistenten in der dort ansässigen Rettungsdienstschule ausgebildet. Ferner werden hier größere Mengen an Arzneien, Verbandsmaterial etc. bevorratet. Die jüngste Feuer- und Rettungswache befindet sich im Bochumer Nordosten und ist auf technische Hilfeleistungen spezialisiert. In ihr befinden sich zudem die Branddirektion, die allgemeine Verwaltung, die Feuerwehrschule, die Fahrzeugwerkstätten sowie ein Material- und Logistiklager. Die Rettungswachen, die übrigens nicht ausschließlich durch die Berufsfeuerwehr betrieben werden, halten Rettungswagen bzw. Notarzteinsatzfahrzeuge bereit und sind entweder im Stadtgebiet disloziert oder den verschiedenen Krankenhäusern unmittelbar zugeordnet. Die Pflicht zur Fürsorge - Die personenzentrierte Qualifizierung für den Umgang mit Stress im Rahmen der Aus- und Fortbildung: Allgemeines: Die notwendig gewordene Interessenverlagerung von der opferzentrierten zur helferzentrierten psychosozialen Betreuung impliziert Forderungen an die Aus- und Fortbildung der Einsatzkräfte, die unweigerlich mit der Prävention, der Intervention und der Nachsorge im Sinne einer aktiven Stressbewältigung verbunden sind. Diese Forderungen, die einerseits durch die Unfallkassen gestellt werden, finden andererseits eine Unterstützung durch Studien und durch die wissenschaftliche Diskussion in der stress- und traumabezogenen Fachliteratur. Sie richten sich in erster Linie an die Organisationen, die die Einsatzkräfte beschäftigen, aber auch an die Einsatzkräfte selbst. Im Rahmen der Stressprophylaxe fordert z.B. die Unfallkasse Niedersachsen eine Ausbildung und Training in geistiger und körperlicher Hinsicht und richtet sich damit an die Träger des Brandschutzes und der Feuerwehr. Von Seiten der wissenschaftlichen Diskussion ergeht die Aufforderung, dass im Zuge der primären Prävention, hiernach ist die psychologische Vorbereitung auf traumatische Ereignisse gemeint, bereits in der Ausbildung eine kognitive Vorbereitung auf bestimmte Einsätze und eine Vermittlung von Stressbewältigungsmaßnahmen erfolgen kann. Mit der von Hermanutz et al. nach einem Busunfall in Donaueschingen mit insgesamt 71 Personen durchgeführten Untersuchung wurden 4 wesentliche Maßnahmen anhand der Ergebnisse formuliert: Einstellung auf die katastrophale Lage, Nachsorge, modellhafte Führung und Förderung der psychosozialen Kompetenzen. Die Organisationen, wie z.B. die Bochumer Berufsfeuerwehr, sehen sich hierbei in der Verantwortung zwischen Fürsorge und initiativen Angeboten gebunden. So weist die Feuerwehrdienstvorschrift FwDv 2/2 bereits 1994 darauf hin, dass vom ausgebildeten Helfer erwartet werden kann, dass er auch in extremen Situationen geordnet denkt und die Nerven behält. Diese als Selbstbeherrschung bezeichnete Eigenschaft kann in einem gewissen Umfange durch ein Training erworben werden. Die FwDv 2/2 lässt somit in Grundzügen erkennen, worauf es in der Ausbildung zum Brandmeister, Rettungssanitäter und Rettungsassistenten neben den feuerwehrtechnischen Themenfeldern ankommt. Prävention und Vorbereitung auf den Einsatzdienst - das Phänomen Stress als Baustein in der Ausbildung zum Brandmeister, Rettungssanitäter und Rettungsassistenten: Nicht immer wurden bei der Bochumer Berufsfeuerwehr die Themen Stress, einsatzbedingte Stressoren und deren Auswirkungen als Teil der Aus- und Fortbildung betrachtet. Erste Anfänge lassen sich auf das Jahr 1993 zurückführen, wo der derzeit amtierende Notfallseelsorger/ Seelsorger in Feuerwehr und Rettungsdienst in Weiterbildungen im Zuge der Rettungsassistentenausbildung zusammen mit den Einsatzkräften die Frage erörterte, was prinzipiell im Rettungsdienst verändert werden müsste bzw. welche Unterstützung die Einsatzkräfte erfahren sollten. In einer Initiative aus Branddirektion und Kirchenkreis wurde der Berufsfeuerwehr das Angebot unterbreitet, den Einsatzkräften einen evangelischen Pfarrer im Rahmen der Notfallseelsorge/ Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst zur Seite zu stellen. Diese Initiative wurde 1994 in die Tat umgesetzt. Allerdings mussten die Einsatzkräfte zunächst über das Thema Stress und seine Auswirkungen ausgiebig informiert werden, ehe 1995 erste stressgebundene Ausbildungsabschnitte in die Ausbildung zum Rettungssanitäter und Rettungsassistenten übernommen wurden. Zu diesen Ausbildungsgängen gesellte sich später der Grundlehrgang Brandmeister. Im Grundlehrgang Brandmeister stehen insgesamt 8 Ausbildungsstunden in den Themenfeldern Traumastress, Stressbewältigung und Einführung in das autogene Training zur Verfügung. In der Relation zur Ausbildungsdauer von 18 Monaten erscheint dieser Stundenansatz eher gering als ausreichend. Da aber die Rettungssanitäterausbildung ein integrativer Bestandteil der Ausbildung zum Brandmeister ist, kommen 3 weitere Ausbildungsstunden mit den Themen Umgang mit Patienten, Angehörigen und Dritten im Rettungsdienst hinzu. Mit diesen 11 Stunden wird das Thema Stress zunächst abgeschlossen. Nicht jeder Feuerwehrmann wird allerdings zum Rettungsassistenten ausgebildet. Ist die Ausbildung zum Rettungsassistenten jedoch vorgesehen, dann beginnt diese u.U. erst einige Zeit später. Dieses hängt mit der zur Verfügung stehenden Ausbildungskapazität und den zu erwerbenden Erfahrungen im Rettungsdienst als Voraussetzung zur Teilnahme zusammen. Die im Curriculum der Rettungsassistentenausbildung vorgesehene Vermittlung der psychosozialen Grundlagen haben zum Ziel, dass der Lehrgangsteilnehmer im Anschluss an die Ausbildung über die hohen psychischen Belastungen in der rettungsdienstlichen Tätigkeit informiert ist und Verfahren zur Stressvermeidung/-bewältigung anwenden kann. Ferner kennt er die Möglichkeiten zur Behandlung traumatischer Belastungsstörungen. Um diesen Zielen zu genügen, werden jeweils 2 Unterrichtseinheiten à 3 Stunden durch den Seelsorger der Bochumer Feuerwehr durchgeführt. Die zu vermittelnden Themen umfassen Schwerpunkte wie z.B. Ethik im Rettungsdienst und die Betreuung Sterbender. Ein weiterer, flexibler Themenkomplex richtet sich nach dem Bedarf der Lernzielgruppe. Ob dieser Stundenansatz mit den dabei vermittelten Inhalten allumfassend und ausreichend ist, vermag der Autor an dieser Stelle nicht zu kommentieren. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Auswertung der Mitarbeiterbefragung und die Interpretation der Ergebnisse, da sich ein wesentlicher Bestandteil derselben mit der Ausbildung zum Brandmeister, Rettungssanitäter und Rettungsassistenten befasst.

Über den Autor

Marcel Domer war von 1989 bis 2004 Offizier der Bundeswehr und hat an 2 Auslandseinsätzen in Bosnien- und Herzegowina teilgenommen. Er hat Soldaten psychosozial unterstützt und im Rahmen von Einsatznachbereitungsseminaren aus dem Auslandseinsatz zurückkehrende Soldaten betreut. Während eines freiwilligen, 4-monatigen Praktikums in der Notfallseelsorge der Berufsfeuerwehr Bochum im Jahre 2004/ 2005 konnte er seine Kenntnisse in der psychosozialen Betreuung von besonders belasteten Menschen vertiefen. Marcel Domer ist Diplom-Pädagoge, Organisationspsychologe, Personalfachkaufmann und PEER. Derzeit ist er als Personalreferent tätig.

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