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Pädagogik & Soziales

Simone Becker

Soziale Arbeit und Systemtheorie

Eine Studie zum Nutzen der systemischen Betrachtungsweise

ISBN: 978-3-8366-6740-1

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2008
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die systemische Beratung ist ein inzwischen einschlägiger theoretischer und praktischer Wirkungsbereich der Sozialen Arbeit und in den verschiedensten Handlungsfeldern anzutreffen. Doch nicht überall hat das Systemdenken Einzug erhalten - sei es aus Gründen mangelnder finanzieller Möglichkeiten, fehlender Sachkenntnis, des Desinteresses oder der Ablehnung heraus. Mögliche Anlässe dafür werden im Rahmen der vorliegenden Forschungsarbeit thematisiert. Im Vordergrund steht die Fragestellung, aus welchem Grund bereits vielfältig nach dem systemischen Paradigma praktiziert wird bzw. was die Systemtheorie der Sozialen Arbeit darbieten kann. In einem interpretativen Zugang sollen das Bedeutungs- und Handlungsfeld drei verschiedener Pädagogen, die sich in verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit systemisches Denken zur Aufgabe gemacht haben, ergründet werden. Dabei steht zur Debatte, ob und wie sich durch das Selbstorganisations-Paradigma ihre Selbstdefinitionen verändert haben. Von Interesse ist ebenso die Bedeutung für die Akteure selbst, d. h. die Motive und Intentionen, die sich innerhalb eines Handlungsfeldes herausbilden.

Leseprobe

Kapitel 1.3, Luhmanns universale Theorie sozialer Systeme: Seine soziologische Systemtheorie erhebt für sich selbst den Anspruch, universell zu sein, d. h. den gesamten Bereich der Wirklichkeit abzudecken. (Margot Berghaus). Neben sehr unterschiedlichen systemtheoretischen Ansätzen in der Sozialen Arbeit wird in der aktuellen Diskussion eine Theorie angeboten, die den Ausgangspunkt beim Beobachter setzt. Diese Perspektive, welche die Bedeutsamkeit des Beobachters für das, was beobachtet wird, besonders hervorhebt, wird auch als systemisch-konstruktivistische Systemtheorie bezeichnet. In dieser Richtung nimmt die soziologische Systemtheorie Luhmanns eine elementare Position ein, da seine Arbeiten in den Diskursen der Soziologie, der systemischen Therapie und der Sozialen Arbeit Eingang erhalten haben. Luhmann ist Konstruktivist, jedoch kein radikaler. Für ihn existiert die Welt, wenn auch unerreichbar, ist somit keine Konstruktion unserer Einbildung. Als Umwelt holt ein System sich die Welt nahe, wodurch sie aber letztendlich Konstruktion des Systems ist. In seiner Universaltheorie ist der Umwelt-Begriff zentral. Luhmann betont: Sie reklamiert für sich selbst nie: Widerspiegelung der kompletten Realität des Gegenstandes. Auch nicht: Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Erkenntnis des Gegenstandes. Daher auch nicht: Ausschließlichkeit des Wahrheitsanspruchs im Verhältnis zu anderen, konkurrierenden Theorieunternehmungen. Wohl aber: Universalität der Gegenstandserfassung in dem Sinne, dass sie als soziologische Theorie alles Soziale behandelt und nicht nur Ausschnitte (wie z. B. Schichtung und Mobilität, Besonderheiten der modernen Gesell-schaft, Interaktionsmuster etc.) . Diese neue systemtheoretische Auffassung platziert Personen außerhalb des sozialen Systems, wodurch sie öfter zunächst auf Skepsis und Ablehnung stößt und ihr sogar Menschenfeindlichkeit vorgeworfen wird. Durch die theoretische Herausverlagerung des Menschen aus dem sozialen System wird die Bedeutung des Individuums jedoch nicht geschmälert, sondern sogar betont. Denn auf diese Weise lässt sich die Besonderheit der beteiligten Menschen unabhängig von den spezifischen Handlungsweisen des Sozialsystems, in das sie eingebunden sind, beschreiben. Personen werden daher als autonome Einheiten verstanden und infolgedessen als psychische Systeme definiert. Operation: System-Umwelt-Differenz: Der Ausgangspunkt der Luhmannschen Theorie ist sehr allgemein gefasst. Dabei handelt es sich um die Unterscheidung von System und Umwelt. Für Luhmann ist der Umweltbezug konstitutiv für die Systembildung. Die Schlussfolgerung daraus ist, es muss immer von der Gleichzeitigkeit von System und Umwelt ausgegangen werden. System und Umwelt können getrennt als die zwei Seiten einer Form, jedoch nicht ohne die zweite andere Seite existieren. D. h. System und Umwelt identifizieren sich immer nur durch diese Differenz und ein System bildet nur anhand dieser Unterscheidung seine Identität aus. Die Bestimmung eines Systems kann demnach nur im Sinne einer System-Umwelt-Differenzierung erfolgen. Diese systemhervorbringende Unterscheidung geschieht durch einen Beobachter, der eine Einheit von einer Umwelt subjektiv unterscheidet. Systeme verfügen über Systemgrenzen, durch die sie sich von der Umwelt distinguieren. Sie heben sich einerseits von ihrer Umwelt ab und sind andererseits gleichzeitig auf sie ausgerichtet und strukturell bezogen. Das bedeutet, jedes System wird von seiner eigenen relevanten Umwelt umgeben, mit der es kommunikative Austauschprozesse vollzieht. Umwelt ist also stets systemrelativ bzw. für jedes System etwas anderes, nämlich jeweils das außerhalb des Systems Bestehende aus Sicht des Systems selbst. Umwelt ist kein eigenes System, sondern stellt die Summe von Systemen, Handlungen und Geschehnissen dar, die außerhalb des Referenzsystems liegen. Die relevante Umwelt lokalisiert sich nach Bronfenbrenner auf den Ebenen der Mikro-, Meso-, Exo- und Makrosysteme. Luhmann stellt sich die Umwelt als Verlängerung der Handlungssequenzen des Systems nach außen vor. Die Umwelt ist für ihn einfach alles andere außerhalb des Systems. Die Umwelt ist somit komplexer als das System. Systeme sind gleichzeitig immer auch Umwelt für die Systeme ihrer Umwelt und damit möglicherweise Objekt ihrer Operationen. Die jeweiligen Systemgrenzen lassen sich dabei nicht klar und eindeutig bestimmen, sondern sind deutungsabhängig. Sie müssen von den Systemakteuren oder denjenigen, die sie rekonstruieren, definiert werden. Dabei geht es nicht um richtig oder falsch, sondern darum, was systemfunktional Sinn macht. D. h. es gibt oft keine klaren theoretischen Festlegungen, wo die Grenzen zu ziehen sind, also was zum System dazugehört und was zur Umwelt. Die Grenzen sind zu konstruieren und die Grenzziehung bedarf häufig der Verständigungsarbeit. Es wird also davon ausgegangen, dass jedes soziale System eine spezifische Sinnstruktur aufweist, die die Grenzziehungen zur Umwelt bestimmt. Die System-Umwelt-Differenz ist die Leitdifferenz der Systemtheorie. Denn Erkenntnisse über die Welt lassen sich nur als Erkenntnisse über Umwelten von Systemen gewinnen. Die Betonung der Unterscheidung von System und Umwelt ersetzt die veraltete Auffassung früherer Systemtheoretiker, ein System sei ein aus Teilen zusammengesetztes Ganzes. Die alte Auffassung ist zu statisch und lenkt fälschlicherweise den Blick auf das Systeminnere anstatt auf die Systemgrenze. Gegenstand der Systemtheorie ist folglich nicht das System selbst, sondern die Differenz von System und Umwelt. System und Umwelt können als zwei Seiten derselben Medaille begriffen werden, d. h. es ist absurd etwas über ein System aussagen zu wollen, ohne diese spezifische Differenz, seine Grenze zur Umwelt, zu berücksichtigen. Ein System ist Differenz zur Umwelt. Umwelt gibt es nur durch das System. Systeme operieren in System-Umwelt-Differenz. Sie sind dynamisch und bestehen nicht aus Dingen, sondern aus Operationen. Operation bezeichnet die entscheidenden Aktivitäten von Systemen, die für Systeme konstitutiv sind, d. h. mit denen ein System sich selbst produziert und reproduziert. Auf biologische, psychische und soziale Systeme bezogen bedeutet operieren leben, Bewusstseinsprozesse durchführen und kommunizieren. Indem sie operieren, erzeugen Systeme die Unterscheidung von System und Umwelt. Die Differenz ist nicht ontologisch, d. h. sie zerschneidet nicht die gesamte Realität in zwei Teile, auf der einen Seite das System, auf der anderen die Umwelt stehend. Ihr Entweder-Oder ist nichts Absolutes. Es ist systemrelativ, aber gleichzeitig objektiv. Beobachtung: System-Umwelt-Differenz: Neben dem Operieren gibt es eine weitere zentrale Aktivität, das Beobachten. Damit ist das Unterscheiden und Bezeichnen gemeint. Die Systeme kopieren die System-Umwelt-Differenz noch einmal in sich hinein und nutzen diese Abgrenzung intern als Grundkategorie für ihr sämtliches Unterscheiden bzw. Beobachten. Luhmann bezeichnet diesen Wiedereintritt als re-entry und den Akt der Unterscheidung als Selbstreferenz bzw. Fremdreferenz. Ein System muss zuerst operieren, beispielsweise ein soziales System etwas kommunizieren, bevor es die auf diese Weise erzeugte Differenz intern als Unterscheidung und somit als Basis eigener Beobachtung verwenden kann. Dies hat zur Konsequenz, dass alle Erkenntnis eine Konstruktion ist. Denn die System-Umwelt-Differenz ist vom System selbst erzeugt und nicht in der Welt außerhalb des Systems vorhanden. Selbstreferenz beschreibt die Dynamik einer Einheit, die stets wieder auf sich selbst zurückkommt bzw. an sich selbst anschließt. Intern läuft ein Prozess ab, der die Strukturen des Systems zum Ausgangspunkt nimmt und durch sie bestimmt wird. D. h. man kann sich nur auf sich selbst beziehen, wenn man sich von sich selbst unterscheidet. Die momentane Struktur des Systems wird folglich modifiziert, indem etwas Neues passiert. Doch wie kann Neues im System entstehen, wenn es nur Bezug auf sich selbst nimmt? Hier setzt der Gedanke der Fremdreferenz an. Über den Prozess der Selbstreferenz wird die Unterscheidung zu sich selbst getroffen, während mittels der Fremdreferenz eine Differenzierung zur Umwelt für den innersystemischen Prozess nutzbar gemacht wird. Die Umwelt wird intern abgebildet, sodass Umweltreize wirken können. Wie sie wirken, bestimmt jedoch das System. Fremdreferenz kann somit als Spezialform der Selbstreferenz verstanden werden.

Über den Autor

Simone Becker, Diplom-Pädagogin, Pädagogik-Studium im Fachbereich Erziehungswissenschaften an der Universität Siegen. Abschluss 2007 als Diplom-Pädagogin.

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