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Pädagogik & Soziales

A. Bohr

Stalking: Analytischer Leitfaden für Sozialarbeiter

ISBN: 978-3-8428-7899-0

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Stalking, zu Deutsch Nachstellung , ist ein neues Massenphänomen. Seit 2007 ist Nachstellung in Deutschland ein Straftatbestand und in den letzten drei Jahren gab es auch in den Medien dafür ein verstärktes Interesse. Die Medien waren es auch bei mir, die mich zum allerersten Mal auf das Thema aufmerksam machten und ich begann, mich dafür zu interessieren. Bei ersten Recherchen zu dem Thema fand ich fast gar keine Informationen über die Arbeit mit Stalkern und nur einige wenige Informationen über die Arbeit mit den Opfern, was meine Neugier für das Thema weiter verstärkte. Mein Interesse an Stalking hängt sicherlich unter anderem auch mit meinem generellen Interesse für Sozialarbeit in der Zusammenarbeit mit Straftätern zusammen. Daher leistete ich auch mein Praxissemester im Büro für Täter-Opfer Ausgleich ab. Dort hatte ich dann einen realen Kontakt mit einem Stalkingopfer. Die junge Frau, die zu uns kam, hatte ihren Exfreund wegen Nachstellung angezeigt, da er unter anderem erotische Bilder an ihren Chef geschickt hatte und sie monatelang mit SMS-Nachrichten und Anrufen terrorisierte. Sie war sehr verzweifelt und der Fall erregte bei mir sehr großes Interesse, so sehr, dass ich mich nun entschieden habe, ein Buch über Stalking zu schreiben. Ein anderer Grund war, dass ich den Eindruck hatte, dass Sozialarbeiter nicht wirklich wissen, wie sie mit Stalkern und ihren Opfern umgehen sollen, da das Thema einfach sehr neu ist, nur selten Fachkenntnis dazu vorliegt und es auch bisher keine einheitliche Vorgehensweise gibt. Daher möchte ich am Ende des Buches auch die Möglichkeiten für Sozialarbeiter im Umgang mit Stalking beschreiben. Zuvor möchte ich den Begriff Stalking ganzheitlich vorstellen und erklären. Des Weiteren möchte ich auf die rechtlichen Grundlagen und auf die Behandlungs- und Beratungsmöglichkeiten für Opfer und Täter eingehen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1.1, Thesen und Theorien zur Ausbreitung von Stalking heute: Studien, die sich auf die Phänomenologie (Ursprungsfoschung) und die Erforschung von Stalking in Deutschland beziehen, sind rar. Krüger (2007) hält besonders die Studie der TU Darmstadt für erwähnenswert. Im Zeitraum von 2002 bis 2005 wurde an der Technischen Universität Darmstadt die bisher größte wissenschaftliche Studie zum Thema Stalking im deutschsprachigen Raum erstellt. Staatliche Stellen hatten das Projekt abgelehnt und es wurde dann durch die Unterstützung des Weißen Rings ermöglicht. Die Studie ist auch unter dem Titel: Stalking in Deutschland – Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, 2006 im Nomos Verlag erschienen. Die Initiative www.gegenstalking.de von Frau Horn fasst die Ergebnisse der Studie relativ gut und knapp zusammen: - ‘Es mangelte an Hilfsangeboten für die Opfer. - Die Polizei war hilflos, bagatellisierte das Problem oder hielt das Problem für eine Privatangelegenheit. - Durchschnittliche Dauer des Stalkings betrug 28 Monate. - Stalker waren zu 49% Ex-Partner, zu 9% Fremde. - 81% der Stalker waren männlich. - Gewalttätigkeiten bei Stalking betrug 39%. - 66% der Opfer litten unter Schlafstörungen und Albträumen. - häufige Krankschreibungen nach Stalkingattacken. - 55% der Stalker hatten einen höheren Bildungsabschluss’. Die Studie macht des Weiteren deutlich, dass Stalking zunächst als Problem von Prominenten galt, aber sich dann herausstellte, dass es sich hierbei um ein Massenphänomen handelt, mit dem ein großer Anteil der Bevölkerung zumindest einmal Erfahrung gemacht hat. Um dieses Massenphänomen jedoch zu erklären, bedarf es der Veranschauung verschiedener Ansätze und Theorien. Hoffmann und Voß (2006) benennen vor allem Erklärungsansätze aus der psychoanalytischen Theorie der Persönlichkeitsentwicklung (S. Freud): Bei der Bindungstheorie ist der Aufbau einer gesicherten, emotionalen und stabilen Beziehung des Kindes zur Hauptbeziehungsperson, zumeist zur Mutter, der Kern. Dadurch wird die Hauptbeziehungsperson einzigartig für das Kind. Im Bezug auf das Stalkingphänomen bedeutet dies, dass ein Kind, dessen Aufbau eines Bindungssystems in irgend einer Art und Weise gestört wurde, eine größere Wahrscheinlichkeit hat, sich im Erwachsenenalter zum Stalker zu entwickeln. Auch wenn diese Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie mit früheren traumatischen Erlebnissen und Verletzungen in Verbindung bringt, kann ein Stalkingverhalten ausgelöst werden. Diese Menschen hatten zumeist bereits bevor sie sich zum Stalker entwickelten, Probleme in anderen zwischenmenschlichen Beziehungen, z.B. in einer Partnerschaft, oder konnten überhaupt keine länger andauernde Beziehung aufbauen. Auch die Psychoanalytische Objektbeziehungstheorie sucht die Ursachen in der frühen Kindheit und es geht unter anderem auch um die Beziehung zur primären Bezugsperson. Maßgeblich dabei sind zum einen die gelingende Loslösung von der Bindungsperson und die Selbstwerdung sowie die Erlangung von Autonomie. Kann die Balance zwischen dem Wunsch nach Nähe und dem Wunsch nach Autonomie nicht hergestellt werden, kommt es zum Ungleichgewicht und das Kind spaltet Objektbeziehungen nur noch in Gut und Böse. Im Bezug auf Stalking bedeutet dies, dass solche Menschen, die sich zu Stalkern entwickeln, enorm zwischen starker Idealisierung und Abwertung einer Person hin und her schwanken. Solche Personen, die eine frühkindliche Phase in der Entwicklung von Objektbeziehungen nicht richtig verarbeitet haben, sind zumeist unfähig, alleine zu sein und eine Trennung zu tolerieren, sowohl Nähe als auch Distanz werden mit Ängsten verbunden. Unter den Psychodynamischen Ansätzen und unter der Psychopathologie stellen Voß und Hoffmann besonders die Theorie der obsessiven Verfolgung von Meloy (1996) in den Vordergrund, um Stalking zu erklären. Dies stellt nach ihrer Meinung die umfangreichste Erklärung von Stalking auf psychoanalytischer Grundlage dar. Nach dieser Theorie neigen Personen zum Stalking nach einem Verlust einer Person, der an ein Verlustgefühl aus der Kindheit erinnert. Meloy stellt sechs Phasen vor, die erklären, wie sich ein Stalker krankhaft in die Beziehung zu einer Person hineinsteigert: 1. ‘Der obsessive Verfolger entwickelt eine Phantasie, in der er sich mit dem Objekt (der verfolgten Person) vereinigt fühlt. Das Objekt wird idealisiert, geliebt, bewundert und als dazu ausersehen betrachtet, mit ihm zusammen zu sein. Es ist die Phase der narzisstischen (selbstverliebten) Vereinigung mit dem Objekt. 2. Die Vereinigungs-Phantasie ist eine primäre Motivation für die nun in der Realität stattfindenden Annäherungsversuche, die jedoch mit Zurückweisung beantwortet werden. 3. Die Zurückweisung (quasi durch die Realität), die in krassem Gegensatz steht zu den sich wiederholenden Vereinigungs-Phantasien, verursacht eine tiefe narzisstische Kränkung (im Original ‘Wunde’), verbunden mit dem Gefühl der Erniedrigung oder Scham. 4. Die Scham wird abgewehrt durch narzisstische Wut. 5. Die Person wertet nun das Objekt ab und versucht es zu verletzen, zu dominieren oder zu zerstören. 6. Führt Phase 5 zum Erfolg, das heißt, ist das Objekt in ausreichendem Maße abgewertet, kann die narzisstische Vereinigungsphantasie wiederhergestellt werden. Die Realität wirkt jetzt nicht weiter störend auf die Phantasien von Größe und Auserwähltheit, welche häufig sowohl selbstberuhigend als auch erotisch befriedigend sind.’. Schuhmacher (2004) stellt ebenfalls fest, dass über die Ursachen von Stalking in Deutschland größtenteils spekuliert werden muss, da die Forschung noch in den ‘Kinderschuhen’ steckt. Jedoch gibt es bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen, die Stalking zu begünstigen scheinen, zum Beispiel die Auflösung traditioneller Familienbindungen, der Anstieg der Scheidungsraten und auch der Anstieg der Zahl der Singlehaushalte. Die Menschen vereinsamen zunehmend mehr in der Gesellschaft. In Folge dessen ist auch ein Anstieg psychischer Störungen zu verzeichnen. Schuhmacher bezeichnet diese gesellschaftlichen Entwicklungen als ‘Trend zur Ego-Gesellschaft’, in der der Gemeinschaftssinn verkümmert. Damit meint sie, dass Stalking vielleicht nur der Anfang sein könnte, auf dem Weg zu einer zunehmend narzisstisch (selbstverliebt) ausgerichteten Gesellschaft, in der das Individuum vor allem sich selbst und seine Bedürfnisse wahrnimmt. Die ansteigende Isolierung vieler Menschen verstärkt das Bedürfnis nach Nähe. Ob die Entstehung von Stalkerpersönlichkeiten durch die gesellschaftlichen Entwicklungen begünstigt wird, kann aber nicht klar bewiesen werden. Auch den Medien wird ein Einfluss zugeordnet. Zum einen durch die Zunahme der Berichterstattung über Stalkingfälle, die Nachahmer ansprechen könnte, zum anderen suggeriert das Fernsehen die totale Öffentlichkeit des Privaten. Zum Beispiel durch Fernsehshows, in denen sich Menschen die ganze Zeit von Kameras begleiten lassen, am Tag und bei Nacht. (Formate: Big Brother, RTL 2 oder Das Dschungelcamp, RTL) Auch in Spielfilmen sind Stalkinghandlungen direkt oder indirekt ein beliebtes Motiv. (z.B. French Kiss, 1995 The Fan, 1997 In Sachen Liebe, 1997) Es ist oft in romantischen Filmen so, dass der Hauptakteur anfänglich verliebt ist in eine Person, diese aber die Liebe nicht erwidert. Erst nach Beharrlichkeit ändert sich die Liebesgeschichte in ein ‘Happy End’ um. Für Stalker könnte sich daraus die Botschaft ergeben, dass derjenige belohnt wird, der lästig ist. Auch die modernen Kommunikationsmöglichkeiten erlauben die Vermutung, Stalkinghandlungen zu verstärken und zu fördern. Das Telefon, das Handy und die Kurznachrichten (sms), das Fax, oder das Internet sowie Emails stellen Kontaktmöglichkeiten da, die es früher nicht gab. Speziell das Internet gibt Stalking einen anonymen, großen Raum. Zwar gibt es den Datenschutz, aber die meisten Stalker sind so ehrgeizig, dass sie Mittel und Wege finden, diesen zu umgehen. In manchen Fachbüchern wird ‘Internet-Stalking’ bereits als eigenständiges Phänomen aufgeführt. Für andere Autoren ist es jedoch nur eine neue Möglichkeit, für Stalker jeglicher Art, Kontakt mit dem Opfer aufzunehmen, es auf Internetseiten bloß zu stellen oder sich anderweitig im Internet an ihm zu rächen.

Über den Autor

A.Bohr, Jahrgang 1982 Ihr Studium der sozialen Arbeit schloss die Autorin an der Fachhochschule Dortmund 2009 mit dem akademischen Grad Dipl. Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin (FH) erfolgreich ab. Bereits im Studium wurde Sie durch ihr Praktikum beim Büro für Täter-Opfer-Ausgleich auf das Thema Stalking aufmerksam und sammelte erste Erfahrungen mit Straftätern als auch Opfern. Aufgrund der fehlenden Fachliteratur zum Thema Stalking, welche für eine professionelle Arbeitsweise benötigt wird, fühlte sich die Autorin motiviert, einen analytischen Leitfaden für Sozialarbeiter zu schreiben. Heute arbeitet Sie vor allem mit problematischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

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