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Pädagogik & Soziales

Christian Marquardt

Videoanalysen in der Unterrichtsforschung: Momentaufnahme oder typischer Schulalltag?

Eine Betrachtung der DESI-Videostudie

ISBN: 978-3-8428-6351-4

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 168
Abb.: 25
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das im OECD-Vergleich unterdurchschnittliche Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler zu Beginn des neuen Jahrtausends - die Rede war vom PISA-Schock - rückt die unterrichtsnahe Forschung wieder ins Zentrum der Bemühungen. Dem Trend entsprechend werden auch zunehmend Videoanalysen, sog. Videografien, eingesetzt, um Erkenntnisse über Unterricht und dessen Qualität zu gewinnen. Die Erörterung der Besonderheiten und Vorzüge, aber auch der Grenzen dieser Methode stehen im Mittelpunkt vorliegender Studie. Als besonders gewinnbringend können Videografien dann angesehen werden, wenn die aufgezeichnete Stunde ein typisches Abbild des alltäglichen Unterrichts aufzeichnet. Da aufgrund der besonderen Situation im Klassenzimmer Verzerrungen nicht auszuschließen sind, kann sich hier unter Umständen eine Schwachstelle auftun. Darüber, ob und in welcher Art diese Annahme gültig ist, ist bisher wenig bekannt. Beschreibungsmerkmale sind nötig, um festzustellen, inwiefern videografierter Unterricht repräsentativ ist. Diese stellt die Unterrichtsforschung bereit. Gefragt wird also, ob und in welchen Dimensionen videografierter Unterricht vom gewohnten Verlauf abweicht und worauf Lehrkräfte vermeintliche Abweichungen zurückführen. Im ersten Teil des vorliegenden Buches werden Grundüberlegungen zur Unterrichtsforschung skizziert und die Frage erörtert, was guten Unterricht auszeichnet, Anschließend werden Möglichkeiten der Unterrichtserfassung beleuchtet, insbesondere die der Videografie. Zur Einordnung der späteren Urteile von Lehrkräften zum eigenen Unterricht werden ferner Attributionstheorien vorgestellt. Im Rahmen der DESI-Videostudie (Deutsch Englisch Schülerleistungen International) wird im zweiten Teil dieses Buches die Begleituntersuchung zur Repräsentativität vorgestellt. Durch ein spezielles, zugleich deduktiv und induktiv generiertes, Kategoriensystem werden Lehrerurteile klassifiziert, diskutiert und abschließend unter der übergeordneten Fragestellung der Repräsentativität von videografiertem Unterricht kritisch reflektiert.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2.4, Potenziale und Grenzen von Unterrichtsvideografien: Die bisherigen Kapitel haben Videografien sowohl von theoretischer (Aufbau und Durchführung) als auch von praktischer (Vorstellung der Studien) Seite gezeigt. Abschließend soll eine methodologische Diskussion das Bild abrunden. Die Auseinandersetzung soll klären, inwieweit die Methode dem Vergleich mit konventionellen Erhebungsmethoden standhält und wo sich Probleme und Grenzen auftun. Begonnen sei mit dem Hinweis, dass es zumindest eines geringen Maßes an technischer Intelligenz bedarf, die Methode der Videografie zu nutzen. Die technischen Gerätschaften aufzubauen, den Klassensaal entsprechend zu präparieren und nicht zuletzt auch das korrekte Führen der Kamera, stellen sicherlich einen höheren Aufwand dar, als dies bei anderen Methoden der Fall ist. Sind die Räumlichkeiten vorbereitet und ist das Personal geschult, können dennoch technische Probleme, wie z.B. eine eingeschränkte Perspektive bei ungünstigen Räumlichkeiten, Schwierigkeiten bereiten. Hier bewährt sich der Einsatz von Weitwinkelobjektiven oder mehreren Kameras. Nicht zu unterschätzen sind auch Schwierigkeiten mit der Tonqualität der Aufnahmen, welche im Gegensatz zur Bildqualität ein zentraler Problempunkt der Methode sein kann. Sind die genannten Vorkehrungen getroffen, steht den Einschränkungen eine ungleiche Menge an Möglichkeiten gegenüber. Im Gegensatz zur reinen Beobachtung mit Rating-Bögen, ist bei Videografien die Phase der Datenerfassung von der Phase der Auswertung getrennt, d.h, die als Videos vorliegenden Daten können erst gesammelt und aufbereitet werden, bevor sie im Hinblick auf eine oder mehrere bestimmte Fragestellung(en) analysiert werden. Somit kann auch auf Vorentscheidungen, die die Untersuchung in eine bestimmte Richtung lenkten und sich zwangsweise durch die Erstellung einer entsprechenden Beurteilungsskala ergäben, verzichtet werden. Diese Unvoreingenommenheit überwindet eine der bekanntesten Schwächen herkömmlicher Unterrichtsforschung, nämlich einen zu engen Blickwinkel auf einzelne Unterrichtsaspekte. Einer der größten Vorteile, den Videografien zudem bieten, kann mit Dauerhaftigkeit überschrieben werden. Die Komplexität der Lehr-Lern-Prozesse im Unterricht erfordert zum einen viel Zeit zur Beurteilung, zum anderen aber auch eine hohe Übereinstimmungsquote der verschiedenen Rater. Die Videos können hier als Diskussionsbasis fungieren. Subjektive Wahrnehmungen eines Live -Beobachters kommen somit erst gar nicht zustande. Ferner können die Videos als Ausgangsbasis für mehrfache Analysen herangezogen werden. Damit meinen Helmke und Mitarbeiter die Analyse aus unterschiedlichen Perspektiven. Ein und derselbe Unterricht kann aus pädagogisch-psychologischer Sicht ebenso analysiert werden wie aus fachdidaktischer, erziehungswissenschaftlicher, sozialpsychologischer Perspektive oder im Bezug auf eine spezielle Fragestellung, wie etwa (z.B. bei DESI) die Fehlerkultur im Unterricht. Ferner tragen Unterrichtsvideos nicht nur zur Integration verschiedener fachlicher Perspektiven, sondern ebenso zur Vernetzung von Theorie und Praxis bei, indem sich an ihnen die theoretische Kommunikation über Unterricht festmachen lässt. Sie erleichtern die Übersetzung und Situierung von Theorien und Konzepten des Lernens und Lehrens in Sichtstrukturen des unterrichtlichen Handelns . Auch der Faktor Zeitmanagement ist hier anzuführen. Die aufbereiteten Videos können nicht nur aus verschiedenen Blickwinkeln, sondern auch zu verschiedenen Zeitpunkten analysiert werden, was als Vorteil für die interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Institute zu werten ist. Gegenüber reinen Audioaufzeichnungen haben Videos den Vorteil, auch nonverbale Kommunikation (Gestik und Mimik) zu erfassen. Außerdem umgeht man so die Problematik der Sprecheridentifizierung, die bei Audioaufzeichnungen immer wieder auftritt. An diesem Punkt muss allerdings auch auf die Problematik des Datenschutzes hingewiesen werden. Sobald Audio- oder Videoaufnahmen geplant sind, muss die Einverständniserklärung der Beteiligten (bzw. der Erziehungsberechtigten) eingeholt werden. Dies stellte jedoch nur einen geringen Mehraufwand bei den Vorbereitungen dar. Verweigert ein Schüler oder eine Schülerin die Teilnahme zur Videostudie, so kann ein Problem entstehen, wenn der- oder diejenige darauf besteht, bei der Videoaufzeichnung im Klassenraum zu verbleiben. In diesem Fall muss es dem Kameramann gelingen, die Klasse trotzdem nach den standardisierten Richtlinien zu videografieren und dabei den bzw. die betreffende(n) Schüler(in) so zu positionieren, dass weder Ton, noch Bildaufnahmen von ihm oder ihr entstehen.

Über den Autor

Christian Marquardt, Jahrgang 1978. Sein Studium der Erziehungswissenschaft und Psychologie für Arbeit, Betrieb und Organisation schloss der Autor im Jahr 2005 mit dem akademischen Grad des Diplom-Pädagogen ab. Bereits während seines Studiums arbeitete er in Bildungsforschungsprojekten und entwickelte besonderes Interesse an Diagnostik und sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden. Nach einigen Jahren in Erwachsenenbildung und Qualitätsmanagement arbeitet er heute am Zentrum für empirische pädagogische Forschung der Universität Koblenz-Landau auf dem Gebiet der Kompetenzdiagnostik an der Entwicklung neuer Assessment-Formate für Aus- und Weiterbildung in Schule und Beruf.

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