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Recht / Wirtschaft / Steuern


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit Interferenzen zwischen Familienunternehmen und Unternehmerfamilien auseinander. Es wird untersucht, wie die beiden Systeme Familie und Unternehmen miteinander verbunden sind, sich gegenseitig beeinflussen und weshalb ein Zusammenspiel dieser beiden Systeme für eine gemeinsame Entwicklung von besonderer Bedeutung ist. Aus systemtheoretischer Sicht wird anhand von Interviews mit drei Familienunternehmen untersucht, welche Interferenzen bestehen, wie diese nach außen kommuniziert werden bzw. von außen und innen beobachtet werden können. Die daraus resultierenden Ergebnisse bzw. Beobachtungen dienen Beraterinnen und Beratern als wesentliche Informationen, um Dynamiken in Familienunternehmen besser zu verstehen.

Leseprobe

Kapitel III, Theoretischer Teil: III.1, Systemtheoretische Relevanzen: In diesem Kapitel werden einige systemtheoretische Begriffe beschrieben, die für die Arbeit eine wesentliche Rolle spielen und für die empirische Untersuchung von Familienunternehmen von wesentlicher Bedeutung sind. Die für mich wichtigsten Begriffe werden aus systemtheoretischer Sicht definiert und sollen dem Leser/der Leserin aufzeigen, durch welche ‘Brille’ bzw. mit welcher Grundannahme ich Familienunternehmen betrachte. So geht es hier um die beiden Systeme Familie und Unternehmen und auch um die Verbindung beider Systeme, die eine Gesamtheit darstellen und von außen (ihrer Umwelt) als etwas Gemeinsames – ein Gesamtsystem – gesehen werden. Was nach der Systemtheorie als System gesehen wird, welche Elemente innerhalb des Systems vorhanden sind, wie sich Systeme durch Widersprüche und Paradoxien weiterentwickeln und in welcher Form sie mit der Umwelt Kontakt aufnehmen und Kommunikation betreiben, soll hier beschrieben werden. III.1.1, System: Im Sinne der neuen Systemtheorie werden Organisationen als soziale Systeme verstanden. ‘Die jüngeren Ansätze beschreiben Systeme als prinzipiell offen für Austauschbeziehungen mit ihrer Umwelt. Dabei wird als Umwelt ein Teil von der Welt verstanden, der nicht zur Organisation gehört. Umwelt wird also als gegeben unterstellt.’ ‘Die Wechselwirkung mit der Umwelt wird als Grundlage dafür gesehen, dass Systeme die Gelegenheiten, die sich aus der Interaktion zufällig ergeben, für den Aufbau einer Ordnung nutzen können’. Eine Konsequenz der Aufeinander-Bezogenheit von Umwelt und System ist die Differenzierung durch Bildung von Subsystemen. ‘Das Gesamtsystem gewinnt damit die Funktion einer ‚internen Umwelt’ für die Teilsysteme, und zwar für jedes Teilsystem in je spezifischer Weise.’ Subsysteme können hier zum Beispiel Familienmitglieder und/oder Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen, die nicht aus dem Familiensystem kommen, sein. Beide Systeme gehören dem System Familienunternehmen an, jedoch findet eine Differenzierung statt (wer gehört wo dazu und wer nicht?). ‘Im Kontext von Subsystemen gewinnt die Herstellung und Aufrechterhaltung von Grenzen eine zusätzliche Bedeutung: sie existieren sowohl in Relation zum Gesamtsystem und zu anderen Subsystemen als auch zur Umwelt des Gesamtsystems. Diese Grenzen sind im Hinblick auf die Interaktion zwischen Gesamtsystem, Subsystem und ihrer verschiedenen Umwelt nicht als unbeweglich und rigide sondern als fließend vorstellbar. Die Aufrechterhaltung starrer Grenzen reduziert, ihre Nichtbeachtung steigert die Komplexität – und Kompliziertheit – des Gesamtsystems.’ Gerade innere Strukturen, das individuelle Verständnis des eigenen Systems und die Frage der Nachfolge machen es spannend und untersuchenswert, welche Bedeutung die Herstellung und Aufrechterhaltung von Grenzen in Familienunternehmen hat. Wie in Kapitel III. 3.4. erwähnt, sind für Familienunternehmen eine unübersichtliche Organisationsstruktur und eine Dominanz der Familienlogik charakteristisch. Gleichzeitig gibt es aber eine Handlungsfreiheit und eine Elastizität in schwierigen Zeiten. Also können sowohl die Vor- als auch die Nachteile in Bezug zu den Grenzen, deren Aufrechterhaltung und/oder Nichtbeachtung gesetzt werden. ‘Komplexe soziale Systeme handeln und beobachten sich dabei selbst. Komplexe Sozialsysteme reproduzieren ihre Einheit, ihre Strukturen und Elemente kontinuierlich und in einem operativ geschlossenen Prozess mit Hilfe der Elemente, aus denen sie bestehen. Auf den Punkt gebracht: jedes System kontrolliert seine Realitätsannahme in diesem Sinne rekursiv durch Beobachtung seiner Beobachtung. Heinz von Foerster beschreibt folgende Verhaltenscharakteristika komplexer Systeme: - Komplexe Systeme sind nicht-linear vernetzt, weshalb Ursachen und Wirkungen nicht eng miteinander verknüpft, sondern in Raum, Zeit und Sache verwoben sind. - Komplexe Systeme reagieren auf die Veränderung vieler Systemparameter auffällig gering: das heißt, dass Intervention unbedeutend ist, egal wie genau gesteuert diese Parameter sind. - Der Beobachter bekommt den Eindruck, das System sei träge. - Auf einige wenige Parameter oder Strukturveränderungen reagieren Systeme organisierter Komplexität jedoch stark. Untersucht man die Systemdynamik genau, so kann man Stellen oder Druckpunkte im System finden, auf die es sehr sensibel reagiert. Gerade Beraterinnen und Berater sind sich der Resistenz vieler Familienunternehmen gegen die Inanspruchnahme externer Beratung bewusst. Fehlende Veränderungsbereitschaft, mangelndes Vertrauen in die Umwelt und Festhalten an altbewährten Vorgehensweisen sind einige der Indizien dieser Resistenz. Doch gerade hier scheint es noch an Anschlussmöglichkeiten zu fehlen (falls es diese überhaupt gibt) und es wird unter Umständen vergessen, dass nur für das System Relevantes beobachtet werden kann und dass durch diese Beobachtung eine Änderung innerhalb des Systems erfolgen kann. Der Nachfolgeprozess könnte einer der oben genannten Druckpunkte des Systems sein, da gerade diese Phase Unsicherheiten, Konfliktpotentiale und Widerstände erzeugen kann. Das System reagiert stark und meist empfindlich (siehe Kapitel III. 4.3 Gefahren im Nachfolgeprozess). III.1.2, Autopoietische Systeme: ‘Wenn wir im Folgenden Organisationen als autopoietische Entscheidungen beschreiben, geht es also immer um die Erzeugung und Reproduktion einer Differenz (systemtheoretisch: von System und Umwelt), und der Begriff Autopoiesis besagt, dass ein Beobachter, der ihn verwendet, voraussetzt, dass die Differenz vom System selbst erzeugt und mit systemeigenen Operationen reproduziert wird’. ‘Autopoiesis oder Autopoiese bedeutet auf Griechisch ‚Selbstschöpfung’. Autopoietische Systeme sind Netzwerke von rekursiv vernetzten Komponenten, die sich selbst und damit das Netzwerk als begrenzte Einheit bzw. Organisation in einem physikalischen Raum, dem Medium, reproduzieren. Autopoietische Systeme haben keinen Ursprung und verfolgen kein telos. Die Zelle als Einheit setzt paradoxerweise das Netzwerk von Zellen voraus, das sie erzeugt. Der Begriff der Autopoiesis wurde von Maturana und Varela exklusiv für die Bestimmung von lebenden Systemen eingeführt und charakterisiert diese als selbsterhaltend bzw. regenerativ. Autopoietische Systeme interpretieren Störungen (‚Perturbationen’) gemäß ihrer eigenen Strukturen. Sie sind zwar energetisch für ihre Umwelten offen, erzeugen relevante Informationen aber nur gemäß interner Interpretationsmechanismen. Aufgrund ihrer operationalen Geschlossenheit sind autopoietische Systeme deshalb autonom und können nicht deterministisch von außen gesteuert werden.’ Das bedeutet, dass energetisch ein Umweltkontakt möglich ist, jedoch das System, das Familienunternehmen selbst, nur nach den im eigenen System vorhandenen Interpretationsmechanismen bestimmt, welche Informationen für das System relevant sind. Das Spannende an dieser Theorie ist, dass gerade Berater und Beraterinnen eine möglichst nahe Anschlussmöglichkeit an das System erreichen müssen, um überhaupt erst einen Umweltkontakt zu ermöglichen. Und auch wenn dieser zustande kommt, so ist es durch die Berater, die Beraterinnen, nicht beeinflussbar, welche Informationen im Familienunternehmersystem wie und wann verarbeitet werden. Auch in den Definitionsversuchen (siehe III. 2.2) wird deutlich, dass es logisch erscheint, dass sich das System selbst definieren, also von innen heraus ein Identitätsbewusstsein entwickeln muss. Jüngere Definitionsversuche vertreten die Ansicht, dass ein Unternehmen und seine Familie (und umgekehrt) kein großes Gemeinsames darstellen, sondern zwei Systeme mit hoher Anschlussfähigkeit sind. Sie liefern einander also gegenseitig wichtige und wesentliche Informationen, die beide Systeme in ihrer jeweils eigenen Selbstschöpfung stark beeinflussen. ‘Eine Organisation ist ein System, das sich selbst als Organisation erzeugt.’ Das heißt in diesem Fall, dass ein Familienunternehmen aus sich selbst heraus entsteht und sich selbst definiert. ‘Autopoietische Systeme sind organisatorisch geschlossen und energetisch offen.’ ‘In der Tiefenstruktur ihrer Selbststeuerung sind sie geschlossene Systeme, somit gänzlich unabhängig und unbeeinflussbar von ihrer Umwelt.’ ‘Auch für beobachtende Systeme gibt es auf der Ebene ihres Operierens keinen Umweltkontakt. Alle Umweltbeobachtung muss im System selbst als interne Aktivität mit Hilfe eigener Unterscheidungen (für die es in der Umwelt keine Entsprechung gibt) durchgeführt werden. Anders hätte es gar keinen Sinn, von Umweltbeobachtung zu sprechen.’ Wenn z.B. Berater von außen das Familienunternehmen verändern möchten, ist dies gar nicht möglich. Zwar können Berater oder Beraterinnen das System beobachten, jedoch entsteht die daraus resultierende Empfehlung auch wiederum im Beratersystem selbst. Jedes System bestimmt immer selbst, was es wann und wie verändert, und diese Veränderung passiert ausschließlich aus dem System heraus.

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