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Stefanie Kurka

Burnout als Chance: Der versteckte Appell an Unternehmen und Betroffene

ISBN: 978-3-95485-215-4

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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Emotionale Erschöpfung, reduzierte Leistungsfähigkeit sowie eine zunehmend distanzierte Einstellung zur eigenen Tätigkeit: Angesichts gegenwärtiger Arbeitsanforderungen erleiden immer Menschen ein Burnout und nicht selten werden Führungskräfte und Kollegen zu spät darauf aufmerksam. Doch wie können Vorgesetzte, die sich zumeist selbst in Sandwichpositionen befinden, die Entwicklung eines Burnouts bei ihren Mitarbeitern rechtzeitig feststellen? Zeigen Frauen und Männer im Arbeitskontext die gleichen Symptome? Und welche Maßnahmen können ergriffen werden, um Burnout-Fälle im Unternehmen nachhaltig zu reduzieren? Das Buch zeigt, dass es sich bei einem Burnout um ein multikausales Phänomen handelt, das sich nicht allein auf die Quantität der Arbeit zurückführen lässt. Es wird deutlich, warum Maßnahmen auf strategischer Ebene unausweichlich und singuläre Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung allzu oft nicht ausreichend sind. Denn hinter jedem Burnout steckt die Chance, ja der Appell, sowohl eigene Lebensentwürfe als auch unternehmensinterne Strukturen und Prozesse auf den Prüfstand zu stellen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3. Geschlechtsspezifische Unterschiede im Kontext der Arbeit: Von diesen beruflichen Stressoren sind sowohl Männer als auch Frauen betroffen. Die Folgen der jeweiligen mentalen Belastung kann zwischen den beiden Geschlechtern jedoch differieren, wie die Studie ‘Burnout and gender: Theoretical and organizational implications’ belegt. Die Prävalenz, die Entstehung und der Verlauf eines Burnouts wurden in Abhängigkeit zum Geschlecht im Rahmen dieser Studie untersucht. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Grad der Depersonalisation bei Männern signifikant stärker ausgeprägt ist und sich beispielsweise in einer gleichgültigen und zynischen Einstellung gegenüber Kollegen und Kunden äußert. Kaltschnäuzigkeit und ein zunehmend unpersönliches Verhalten kommen erschwerend hinzu. Dies deckt sich mit der Erkenntnis, dass Frauen in Stresssituationen vermehrt zur Strategie ‘tend and befriend’ (behilflich sein, sich kümmern) tendieren, wohingegen Männer primär ‘fight or flight’ - (Kampf/Aggression oder Flucht/Rückzug) Muster zeigen. Beispielsweise berichten männliche Lehrer häufiger als ihre weiblichen Kollegen von tiefen Gefühlen der Depersonalisation gegenüber ihren Schülern. Zur Erklärung wird u.a. das männliche Rollenbild herangezogen, wonach Stärke, Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit zu den nach dem männlichen Stereotyp akzeptierten Normen zählen. Depersonalisation wird somit als Bewältigungsmechanismus verstanden, der es den Betroffenen ermöglicht, ihre Tätigkeit fortzuführen, hierbei jedoch unbeteiligt zu erscheinen ohne von den Problemen anderer tangiert zu werden. Zudem wurde festgestellt, dass bei Männern lediglich die Depersonalisation positiv und signifikant mit dem Missbrauch von Medikamenten- in erster Linie Schmerzmittel- korreliert. Das heißt je stärker die Depersonalisation ausgeprägt ist, desto häufiger griffen Männer zu Medikamenten und desto schlechter war die allgemeine Lebensweise (Konsum von Alkohol und Zigaretten, wenig sportliche Betätigung). Weitere Daten belegen, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf die Vorläufer eines Burnouts existieren. Während die Arbeit bei Männern im Zentrum der Vorgeschichte eines Burnouts steht, sind es bei Frauen sowohl die Arbeit als auch Aspekte, die das Familienleben betreffen, wie Zufriedenheit mit der Partnerschaft und Rollenkonflikte. Letzteres- die Rollenkonflikte- erwies sich zudem ausschließlich bei Frauen als signifikanter Prädiktor eines Burnouts. Die unterschiedliche Gewichtung von Arbeit und Privatleben als Stressoren bei Frauen und Männern wird mit dem traditionellen Rollenmodell erklärt, wonach sich nach wie vor auch berufstätige Frauen hauptsächlich um die Kinder und die Familie kümmern. Die berufliche Tätigkeit wird hingegen bei Männern als integraler Bestandteil der männlichen Geschlechtsrolle interpretiert. Beispielsweise steht das wahrgenommene Scheitern bei berufsbezogenen Tätigkeiten bei Männern in engerem Zusammenhang mit dem Beginn eines Burnouts als bei Frauen. Die Befundlage in Bezug auf die Prävalenz von Burnout bei Männern und Frauen ist hingegen nicht eindeutig. In der Vergangenheit existierten Hinweise darauf, dass Frauen anfälliger für die Entwicklung einer Burnouterkrankung seien. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist jedoch Vorsicht geboten, da Frauen und Männer in völlig unterschiedlichen Bereichen tätig sind, weshalb es hier zu einer Konfundierung von Geschlecht und Beruf kommen kann. Beispielsweise wurden Geschlechtsunterschiede im Bereich der Humandienstleistungen untersucht mit dem Ergebnis, dass Frauen höhere Werte im Bereich der emotionalen Erschöpfung und niedrigere Werte im Bereich der persönlichen Leistungsfähigkeit erzielten. Demnach seien Frauen durch ihre Tätigkeit mit einer größeren Wahrscheinlichkeit emotional ausgelaugt als Männer. Nachdem jedoch die Mehrzahl der Krankenschwestern, Sozialarbeiter und Berater Frauen sind, spiegeln die ermittelten Geschlechtsunterschiede in diesem Fall vielmehr Unterschiede infolge der jeweiligen beruflichen Tätigkeit. Bei der Interpretation von Geschlechtsunterschieden müssen somit stets die Art der jeweiligen Tätigkeit sowie die berufliche Position berücksichtigt werden. So verfügen Frauen im Durchschnitt über ein geringeres Einkommen als Männer, auch sind sie in Führungspositionen unterrepräsentiert. Beruflich erfolgreiche Männer sind zudem in der Regel verheiratet, wohingegen beruflich erfolgreiche Frauen häufiger unverheiratet bleiben. Im Zuge eines Burnouts sind es zudem Frauen, die ihre Erkrankung frühzeitiger wahrnehmen und ärztliche Hilfe aufsuchen, was sich wiederum auf die Angaben zur Prävalenz auswirken kann. Des Weiteren empfinden sie ihr Burnout seltener als Niederlage und gehen mit Rückschlägen im Genesungsprozess produktiver um. In einer vergleichenden Studie zwischen verheirateten und unverheirateten Lehrern wiesen unverheiratete Lehrer geringere Werte im Bereich der persönlichen Leistungsfähigkeit- einer der drei Burnoutkomponenten- auf. Verheiratete Lehrer erkrankten insgesamt seltener an Burnout als unverheiratete Lehrer. Maslach und Jackson (1985) verglichen zudem kinderlose Mitarbeiter mit Mitarbeitern, die ein oder mehrere Kinder hatten. Kinderlose Mitarbeiter waren häufiger von Burnout betroffen, was nach Maslach und Jackson in der Regel auf die erhöhte emotionale Unterstützung in der Familie zurückzuführen ist. Eine Familie zu haben fungiert somit als protektiver Faktor gegen Burnout, und das unabhängig vom Geschlecht. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es abgesehen von den hier aufgeführten Aspekten insgesamt nur geringfügige geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf das Burnoutsyndrom gibt. Die Forschung geht heute davon aus, dass geschlechtsspezifische Unterschiede stattdessen durch die Wechselbeziehungen von Burnout, Arbeit und Familie begründet sind. Kapitel 4. Phasenmodelle: Unabhängig vom jeweiligen Geschlecht werden verschiedene Phasen im Laufe der Krankheit registriert. In der Burnoutforschung existieren verschiedene Phasenmodelle, die in Abhängigkeit zum jeweiligen theoretischen Konzept zwischen drei (z.B. Lauderdale 1982) und zwölf Stadien (z.B. Freudenberger und North 1992) umfassen. Die ersten Phasen eines Modells erstrecken sich in der Regel über einen längeren Zeitraum, während die darauffolgenden Phasen schneller durchlaufen werden. Die sogenannten ‘Five Stages of Disillusionment’ von Edelwich und Brodsky aus dem Jahre 1980 beschreiben den Verlauf eines Burnouts in fünf Phasen. Bei diesem Phasenmodell handelt es sich um eines der ersten Modelle. Wie zu Beginn der Burnoutforschung üblich, gehen auch die Autoren dieses Phasenmodells davon aus, dass Burnout häufiger in helfenden Berufen auftritt. Im Zuge des Burnouts ziehen sich ursprünglich engagierte Mitarbeiter als Reaktion auf berufliche Belastungen von ihrer Tätigkeit zurück. 1. Phase: Idealistische Begeisterung, Diese Phase ist durch hochgesteckte Ziele und Selbstüberschätzung gekennzeichnet. Optimismus, ein hoher Energieeinsatz sowie eine sehr starke Identifikation mit der eigenen Arbeit sind ebenso charakteristisch. 2. Phase: Stillstand, Das Leben wird zunehmend auf die Arbeit fokussiert und Kontakte werden fast ausschließlich zu Kollegen gepflegt. Man zieht sich zunehmend von Klienten zurück und vernachlässigt das Familienleben. Zudem kommt es zu ersten Enttäuschungen. 3. Phase: Frustration, Gefühle der Machtlosigkeit und Inkompetenz treten auf. Betroffene beklagen einen subjektiv empfundenen Mangel an Anerkennung von Vorgesetzten und Klienten. Psychosomatische Erkrankungen häufen sich. 4. Phase: Apathie, Es kommt zur Verzweiflung, Desillusionierung sowie letztendlich zur völligen Resignation und Gleichgültigkeit. 5. Phase: Intervention, Diese Phase ist durch Selbstheilungsversuche gekennzeichnet. Ein detaillierteres Modell stammt von Freudenberger und North. Sie unterteilen den Burnoutprozess in zwölf Phasen, die in ihrer Reihenfolge jedoch nicht exakt so verlaufen müssen. Wie bei obigem Modell steht zu Beginn ein übertriebener Ehrgeiz, der im Zeitverlauf in Verbissenheit und Zwang mündet (Stadium 1). Mit der Intention, die selbst gesetzten Anforderungen zu erfüllen, wird der Einsatz zunehmend erhöht (Stadium 2). Infolge dieses außerordentlichen Engagements werden eigene Bedürfnisse zunehmend negiert und nicht mehr befriedigt (Stadium 3). Obwohl dieser Konflikt nun wahrgenommen wird, wird er dennoch verdrängt (Stadium 4). Daraufhin wird immer weniger Zeit in nichtberufliche Angelegenheiten investiert, deren Bedeutung schwindet kontinuierlich (Stadium 5). Während dies von Betroffenen häufig nicht wahrgenommen wird, ändern sich nun auch Denk- und Verhaltensmuster. Mangelnde Flexibilität und Intoleranz sind als Folge der verleugneten Überlastung kennzeichnend (Stadium 6). Auftretende Gefühle der Orientierungslosigkeit können durch eine zum Teil zynische Haltung kompensiert werden (Stadium 7). Im weiteren Verlauf treten nun Verhaltensveränderungen sichtbar zu Tage. Betroffene zeigen sich wenig flexibel, ziehen sich emotional von ihrer Arbeit zurück und reagieren mit Abwehr auf Kritik (Stadium 8). Es folgt eine Phase der Depersonalisierung im Sinne eines Wahrnehmungsverlustes der eigenen Person und frühere Bedürfnisse werden nicht mehr empfunden (Stadium 9). Erschwerend können Suchtverhalten, Angstzustände und Gefühle der Nutzlosigkeit hinzukommen (Stadium 10). Motivation und Initiative sind nahezu nicht mehr vorhanden, an ihrer Stelle stehen nun Desinteresse und Sinnlosigkeit (Stadium 11). Die totale Erschöpfung, die zugleich lebensbedrohlich sein kann, bildet schließlich den Endpunkt (Stadium 12). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich beim Burnout um keine plötzliche Erkrankung, sondern- wie in den beiden Phasenmodellen ersichtlich- um einen prozesshaften Verlauf handelt. Wie sich auch in den Interviews herausstellte, ist dies den Betroffenen häufig nicht bewusst. Zu Beginn eines Burnoutprozesses standen für den Lebensplan große Herausforderungen, von denen man annahm, sie bewältigen zu können. Beispielhaft erwähnt sei hier der Lehrerberuf. Man denke beispielsweise an einen hoch motivierten Lehrer, der zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn Schüler von seinem Fach begeistern möchte und dessen ambitionierte Ziele nicht selten an der Realität des Schulalttags scheitern. Infolge hoher persönlicher Investitionen in Form von Engagement, Zeit, Geld und Verzicht sowie durch das Erleben von Freude zu Beginn der Herausforderung, wird das Vorhaben fortgeführt, um Verluste und Niederlagen zu vermeiden. Zugleich setzt ein ressourcenaufreibendes Verbergen des inneren Erlebens vor anderen ein. Die Situation erscheint zunehmend konfliktreich und innerlich bedrohlich. Die Wahrnehmung des eigenen Problems sowie des eigenen Empfindens verengen sich, es tritt ein Verdrängungsprozess in Kraft, da das Eingestehen der Situation häufig zu schmerzhaft wäre. Die Erkenntnis, den falschen Weg gewählt zu haben, erklärt in der Folge auch das wachsende Gefühl der Sinnlosigkeit und den innerlichen Rückzug von seinem Umfeld. Zahlreiche Betroffene sind auch in der Lage, die Fassade nach außen aufrecht zu erhalten. Ergo bleiben der innere Rückzug und das Aufspalten in ein Innen und Außen häufig unbemerkt. Auffällig und zugleich problematisch ist die die bei Betroffenen häufig vorhandene Fehleinschätzung über den eigenen Zustand. Selbst Personen, die in stationäre Behandlung gebracht werden, spielen zum Teil nach wie vor die Ernsthaftigkeit ihrer Lage herunter. Die Suche nach Hilfe erfolgt somit nicht selten durch die Initiative von Menschen im Umfeld der Betroffenen, z.B. Ärzte, Arbeitskollegen oder Angehörige.

Über den Autor

Stefanie Kurka, B.A., wurde 1990 in Paderborn geboren. 2014 schloss sie das duale Studium Arbeitsmarktmanagement an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit in Mannheim erfolgreich ab und erwarb den akademischen Grad Bachelor of Arts. Seit 2012 studiert sie zudem Psychologie (B.Sc.) an der FernUniversität in Hagen. Durch die Kombination dieser beiden Studiengänge war es der Autorin möglich, psychologische Theorien und Befunde mit lebendigen Beispielen anschaulich darzustellen und von verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.

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