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Sozialwissenschaften

Elena Worobiewa

Chancengleichheit für Aussiedler/-innen im deutschen Bildungssystem?

ISBN: 978-3-95820-331-0

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 52
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Schätzungen zufolge leben derzeit etwa 4,1 Millionen Aussiedler, deren Ehegatten und Nachkommen in Deutschland. Im Rahmen dieser Arbeit beschäftigt sich die Autorin mit dieser spezifischen Migrantengruppe, wobei sie sich insbesondere auf die Einwanderer aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion bezieht, die auch als Russlanddeutsche bezeichnet werden. Bei der Betrachtung deutschstämmiger Zuwanderer kommt zunächst die Frage auf, wie es zu einer Rückwanderung dieser Personengruppe nach Deutschland kommt und welche Gründe die Menschen zuvor bewegten, nach Russland zu gehen. Mit der Einreise in die Bundesrepublik erhalten Personen mit einem nachgewiesenen Aussiedlerhintergrund und deren Kinder einen besonderen rechtlichen Status, sie werden im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG direkt als deutsche Staatsbürger aufgenommen. Auch nichtdeutsche Ehepartner erhalten die deutsche Staatsangehörigkeit, sofern die Ehe im Herkunftsland bereits mehr als drei Jahre bestand. Aussiedler haben damit von Beginn ihrer Zuwanderung an dieselbe rechtliche Stellung wie die einheimische Bevölkerung und darüber hinaus eine vollständige Beteiligung an der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Sie profitieren zudem von in den §§ 7-14 BVFG geregelten staatlichen Förderungen des Spracherwerbs sowie diversen Einwanderungsregulierungen und Integrationspolitiken. Im Gegensatz zu anderen Migrantengruppen kommen diese Personen außerdem aus Herkunftsländern, die als vergleichsweise entwickelt und an das deutsche System anschlussfähig gelten können. Aufgrund der günstigen Voraussetzungen und der Verbundenheit zur deutschen Kultur könnte man annehmen, dass die Eingliederung dieser spezifischen Migrantengruppe in das deutsche Bildungssystem, den Arbeitsmarkt und somit auch in die Gesellschaft besser verläuft als bei Personen anderer Herkunftsländer. Sollten diese Annahmen zutreffen und die einheimische Bevölkerung die Russlanddeutschen als Ihresgleichen akzeptieren und aufnehmen, so stellt sich die Frage, ob sie in der Aufnahmegesellschaft auch tatsächlich dieselben Chancen auf Bildung und Arbeit, als wichtige Voraussetzungen für die soziale Integration, erhalten, wie die autochthone Bevölkerung. Dieser Frage widmet sich die vorliegende Arbeit im Hinblick auf die Bildungsbeteiligung und den Bildungserfolg von Aussiedlern im deutschen Schulsystem. Von besonderem Interesse ist hierbei, welche Unterschiede sich an den Bildungsübergängen im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung einerseits und zu anderen Migrantengruppen wie den türkischen Einwanderern andererseits ergeben und welche Erklärungen für eventuelle Bildungsungleichheiten denkbar sind.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.1.2, Humankapitaltheoretische Ansätze: Humankapitaltheoretische Ansätze als wesentliche ‘[…] Vertreter der individualistischen Handlungstheorie […]’ (Becker 2009: 25) entstanden in den frühen 1960er Jahren durch Ökonomen wie Gary S. Becker, Theodore W. Schultz und Jacob Mincer, die sich der Erklärung von Wirtschaftswachstum und Einkommensveränderungen in der Bevölkerung widmeten. Darüber hinaus wurden auch ergänzende Erklärungsfaktoren wie das Humankapital eines Menschen betrachtet. In diesem Kontext befasst sich die Humankapitaltheorie mit der Fragestellung, warum bestimmte Bevölkerungsschichten mehr Zeit in Bildung investieren als andere und demnach mehr Bildungserfolg und Lebenseinkommen erzielen (vgl. Hradil 2006: 138). ‘Education and training are the most important investments in human capital” (Becker 1993: 17), weist der US-amerikanische Ökonom Becker auf die Bedeutung von (Aus-) Bildungsentscheidungen hin. Der Grundgedanke dahinter ist, dass die Produktivität eines Menschen durch seine Humankapitalausstattung abgebildet wird und seinen Wert auf dem Arbeitsmarkt steigert (vgl. Konietzka / Kreyenfeld 2001: 269). Höhere Investitionen in schulische und berufliche Bildung sowie in Weiterbildung zahlen sich dann in Form einer höheren sozialen Position sowie höherem Einkommenserwerb aus (vgl. Becker 2009: 26 Eulenberger 2013: 111). Im Sinne der Humankapitaltheorie werden Einkommensunterschiede als Resultat unterschiedlich hoher Investitionen eines Menschen in Bildung gesehen (vgl. Diefenbach 2009: 441). Diese fallen wiederum unterschiedlich aus, da Individuen die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Bildungsentscheidung genau einschätzen können und somit bewusst gezielte Kosten-Nutzen-Entscheidungen treffen (vgl. Hradil 2006: 138). Der Mensch als Nutzenmaximierer investiert so lange in Bildung, bis der erwartete Nutzen die aufzubringenden Kosten übersteigt, um seine Einkommenschancen zu erhöhen (vgl. Becker 2009: 26). Dabei wenden Menschen, die in ihren Bildungserfolg weniger investieren müssen und hohe Erfolgsaussichten haben, mehr Zeit für Bildung auf. Sie ergreifen diese Chance, da ihnen die Bildungsinvestition sichere Erträge in Form von Lebenseinkommen zusichert. (vgl. Hradil 2006: 138 f.) Einkommensschwache Familien dagegen stehen Investitionsentscheidungen in Bildung sehr kritisch gegenüber, da sich die daraus entstandenen Einkommensausfälle stark auf deren Lebenssituation auswirken. (vgl. ebd.: 138 f.) Die Orientierung des humankapitaltheoretischen Ansatzes am neoklassischen Grundmodell der Mikroökonomik und dessen Annahmen über den Arbeitsmarkt stößt häufig auf Kritik, insbesondere durch die Ausrichtung an ausschließlich monetären Erträgen. (vgl. Becker 2009: 26). Nachdem die Entscheidungen des Einzelnen, in Bildung zu investieren, betrachtet wurden, widmeten sich Humankapitaltheoretiker zunehmend dem Bildungserwerb im Kindesalter. Dabei stellt das Investitionsverhalten der Eltern eine zentrale Einflussgröße auf die Bildung von Kindern dar, welches im Wesentlichen von drei Faktoren abhängt. (vgl. Diefenbach 2009: 441) Wie viel Zeit zur Unterstützung eines Kindes auf seinem Bildungsweg zur Verfügung steht und wie qualitativ diese Zeit ausfällt, wird zum einen vom erreichten Bildungsstand der Eltern beeinflusst, zum anderen wirkt sich ein höheres Familieneinkommen positiv auf die verfügbare Zeit- und Gütermenge aus, die einem Kind zugutekommt. Zuletzt ist die Anzahl von Kindern in einem Haushalt von Bedeutung, da die Investition der Eltern in die Bildung eines einzelnen Kindes mit zunehmender Kinderzahl geringer ausfällt. (vgl. ebd.: 441) Bei Migrantenkindern kann im Vergleich zu deutschen Altersgenossen davon ausgegangen werden, dass ihre Eltern einen durchschnittlich geringeren Bildungsstand aufweisen, weniger Familieneinkommen erzielen und mehr Geschwister haben. (vgl. ebd.: 441) Dementsprechend fallen die Investitionen der Eltern mit Migrationshintergrund in die Bildung und somit in das Humankapital ihrer Kinder vermutlich niedriger aus. Folgen sind eine geringere Produktivität und ein niedrigerer Wert auf dem Arbeitsmarkt, der letztlich zu Einkommensunterschieden und Chancenungleichheiten zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund führt. Einkommensunterschiede zwischen Einheimischen und Migranten können darüber hinaus auch in der schwierigen Bewertung von nichtdeutschem Humankapital gesehen werden (vgl. Konietzka / Kreyenfeld 2001: 270).

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