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Sozialwissenschaften

Markus Bingel

Moskaus langer Arm - Stalin und der Kommunismus in Polen

ISBN: 978-3-86341-249-4

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 40
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das stalinistische System, welches seit Ende des Zweiten Weltkrieges mit der Hilfe Moskaus in vielen Staaten Osteuropas etabliert wurde, fand auch in Polen seinen Niederschlag. In der Polnischen Arbeiterpartei (PPR - Polska Partia Robotnycza) zeichnete sich sehr bald ein Konflikt zwischen den in Moskau ausgebildeten Kommunisten um Boleslaw Bierut und den sogenannten ‘Heimatkommunisten’ um Wladyslaw Gomulka ab. Zahlreiche polnische Publikationen der letzten zehn Jahre werfen ein neues Licht auf den Machtkampf innerhalb der Parteispitze der PPR bzw. der späteren PZPR (Polska Zjednoczona Partia Robotnikow - Vereinigte Polnische Arbeiterpartei). Sie beleuchten die Vorgänge nicht in Bezug auf die internationalen Geschehnisse, sondern konzentrieren sich auf Strukturen und Säuberungen innerhalb der PZPR. Diese im Detail sehr genauen Untersuchungen konzentrieren sich beinahe ausnahmslos auf die Ereignisse in Polen, ohne Berücksichtigung der internationalen Entwicklung in Osteuropa. Mit dieser Arbeit soll die Frage geklärt werden, ob die Vorgänge in Polen ausschlaggebend für die Ablösung Gomulkas und dessen Verurteilung waren oder ob der Machtkampf in der PZPR nicht vielmehr vor einem internationalen Hintergrund betrachtet werden muss. Hierzu werden in dieser Arbeit die Ereignisse in Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg genauer betrachtet und in die Sowjetisierungsdiskussion eingeordnet. Anschließend erfolgt eine genaue Darstellung der polnischen Positionen zum Machtkampf zwischen Gomulka und Bierut (inklusive einer ausführlichen Darstellung des polnischen Sicherheits- und Geheimdienstapparates), bevor im letzten Teil der Arbeit der Versuch gewagt wird, die Vorgehensweise in Polen im internationalen Kontext zu betrachten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel a, Die Anfänge der PPR und die schwierige Führungsfrage: Betrachtet man die Entstehung der PPR, so ist es nicht unwichtig, sich vor Augen zu führen, dass es bereits in der Zwischenkriegszeit eine in Polen aktive und von Moskau abhängige und kontrollierte kommunistische Partei, die KPP (Komunistyczna Partia Polski), gab. Diese Partei wurde 1938 von der Komintern offiziell aufgelöst. Da Stalin sich der kompletten Führungsschicht der kommunistischen Partei entledigt hatte , musste er nun eine neue Generation von polnischen Kommunisten ausbilden, wenn er ernsthaft daran interessiert war, im Nachkriegspolen eine Regierung zu schaffen, die seinem Willen gehorchte. Zu diesem Zweck entschied sich Stalin 1942, die PPR aus der Taufe zu heben. Stalin konnte sich dabei der Unterstützung einiger polnischer Kommunisten sicher sein, die der Säuberungswelle entgangen waren, weil sie entweder zum Zeitpunkt der Auflösung der KPP keine hohen Positionen innerhalb der Partei innehatten oder weil sie, wie im Falle Gomulkas, zum Zeitpunkt ihrer Auflösung in Polen inhaftiert waren. Unter den Kommunisten, die sich nach dem Überfall des Deutschen Reiches und der Sowjetunion in den sowjetisch besetzten Teil Polens begaben, befanden sich auch ‘Wieslaw’, so der Nom du guerre Gomulkas, und Bierut . Stalin konnte nun auf einen erfahrenen Personenkreis zurückgreifen, welcher die Situation in Polen genau kannte und, so die Annahme Stalins, der Sowjetunion treu ergeben war . Der Name der neu geschaffenen Partei sollte bewusst nicht das Wort ‘kommunistisch’ enthalten, um später möglichst viele Teile der polnischen Bevölkerung zu gewinnen und sie nicht durch den Namen zu verschrecken . Die PPR sollte von anfang an dem Willen Stalins gehorchen. Stalin rief eine Initiativgruppe ins Leben, die im Dezember 1941 nach Polen geschleust wurde, um dort kommunistische Propaganda zu betreiben, aber auch um mittels ihres militärischen Arms, der Gl (Gwardia Ludowa) bzw. später der AL (Armia Ludowa) die deutschen Besatzer zu bekämpfen. Die Bemühungen der PPR, die polnische Bevölkerung von ihrer Sache zu überzeugen, muss im Nachhinein als äußerst unglücklich bezeichnet werden. Von 1942 bis 1943 verlor die PPR viele Mitglieder ihres Führungszirkels, darunter Marceli Nowotko, der eine ‘independent political line’ verfolgte und deshalb unter bis heute unbekannten Umständen am 28.11.1942 auf offener Straße erschossen wurde. Sein Nachfolger, Boleslaw Molojec, dem die unmittelbare Schuld an der Ermordung Nowotkos gegeben wurde , wurde einen Monat später auf Befehl Moskaus erschossen. Moskau bemühte sich rasch einen Nachfolger für Nowotko bzw. Molojec zu finden und schleuste zu diesem Zweck Witold Kolski nach Polen ein. Dessen Flugzeug wurde aber im Mai 1943, noch vor der Ankunft in Warschau, von der Wehrmacht abgeschossen und Kolski starb. Der Umstand, dass weder Dimitrov noch Stalin es nicht für nötig hielten, die PPR über die Entsendung eines neuen Parteisekretärs zu informieren, weist deutlich darauf hin, welche Rolle ihr im Nachkriegspolen zuteil werden sollte. Keinesfalls sollte die PPR selbstständig über ihren Parteichef bestimmen sollen, vielmehr war es eine Entscheidung Moskaus, wer an der Spitze der PPR stehen sollte . Diese Entwicklung ist typisch für das Vorgehen Stalins in Osteuropa. Auch in anderen Ländern waren die kommunistischen Parteien angehalten worden, nicht selbst über ihre Führungskader zu bestimmen. Kolskis (bzw. Molojecs) Nachfolger Pawel Finder wurde im November 1943 kurz nach seiner, von Moskau abgesegneten, Bestimmung zum Parteisekretär gemeinsam mit Bieruts Ehefrau Fornalska von der Gestapo verhaftet und wenig später hingerichtet . Die PPR sah sich nun vor das Problem gestellt, dass keines der von Stalin ins besetzte Polen geschleusten Mitglieder der ‘Trójka Kierownicza’ mehr am Leben war, bzw. nicht von der Gestapo festgenommen worden war. Laut Stalins Befehl hatte es innerhalb der PPR eine klare Hierarchie gegeben. An erster Stelle stand Nowotko, gefolgt von Molojec und Finder. Die übriggebliebenen Mitglieder des Zentralkomitees der PPR entschieden sich daraufhin, auch weil der Funkkontakt zu Moskau nicht sichergestellt werden konnte, zur Eigeninitiative und wählten ihren Sekretär selbst. Bei dieser Wahl unterlag Bierut im ersten Wahlgang und die Wahl fiel auf Gomulka. Dieser Schritt, nämlich die selbstständige Wahl eines Parteisekretärs, stellte einen klaren Bruch mit der Moskauer Linie dar, denn es war den PPR-Angehörigen eindeutig verboten worden, selbstständig ihre Führungskräfte zu wählen. In Moskau erfuhr man erst wenige Tage später von der Wahl Gomulkas zum Parteisekretär. Stalin sanktionierte die Abweichung von der Moskauer Linie zwar nicht, aber er stand Gomulka von Anfang an skeptisch gegenüber, auch weil dieser die Kriegsjahre nicht in der Sowjetunion verbracht hatte und lediglich von 1934-1936 die Leninschule besucht hatte. Gomulka sollte den Posten des Parteisekretärs nun bis zu seiner, zunächst nur politischen, Ausschaltung im Jahre 1948 innehaben. Die Nähe zu Stalin spielte bei der Besetzung von Spitzenpositionen innerhalb der kommunistischen Parteien Osteuropas stets eine große Rolle . Warum Stalin Gomulkas Wahl zum Parteisekretär zunächst hinnahm, wird erst im weiteren Verlauf der Darstellung deutlich. Dieses Vorgehen unterscheidet Polen von seinen Nachbarstaaten.

Über den Autor

Markus Bingel, B.A., wurde 1986 in Freiburg geboren. Er studierte in Bielefeld und Olsztyn Geschichte und Soziologie. Derzeit studiert er an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg Vergleichende Geschichte der Neuzeit. Neben seinem Studium absolvierte der Autor mehrere Auslandspraktika, u. a. in Lublin und Sankt Petersburg, wo er sich ausführlich mit osteuropäischer Geschichte befasste. Neben seiner journalistischen Tätigkeit arbeitet er auch als Lektor.

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