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Sozialwissenschaften

Martin Franke

Strategische Partnerschaft zwischen Kuba und Venezuela?

ISBN: 978-3-95684-227-6

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 52
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Zwei Tage Staatstrauer wurden in Kuba unmittelbar nach dem Tode des ehemaligen venezolanischen Präsidenten Hugo Rafael Chávez Frías verhängt. Mit dem líder bolivariano ist eine einzigartige Beziehung zwischen den beiden amerikanischen Staaten Kuba und Venezuela entstanden und zu Ende gegangen. Kann gar von einer strategischen Partnerschaft gesprochen werden? Für Kuba ist Venezuela der größte Handelspartner, umgekehrt sorgt die Karibikinsel dafür, dass das venezolanische Sozial- und Gesundheitssystem funktioniert. Im Tauschhandel stehen insbesondere vergünstigtes Erdöl aus Venezuela gegen Ärzte und Fachpersonal aus Kuba: Das südamerikanische Venezuela besitzt die nachgewiesen weltweit größten Erdölvorkommen, die sozialistische Insel Kuba hat pro Kopf die zweithöchste Anzahl an Ärzten vorzuweisen. Andererseits werden für die Beziehungen beider Länder gemeinsame Werte, Ideen und eine gemeinsame Identität bemüht, die eher dem konstruktivistischen Paradigma zuzuschreiben sind: Wie lassen sich also das Verhältnis zwischen den beiden lateinamerikanischen Staaten erklären und welche Rolle spielen dabei die zwei Präsidenten Hugo Chávez und Fidel Castro?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3, Konstruktivistische regionale Partnerschaft: gleiche Werte – ein Weg?: ‘Venezuela´s alliance with Cuba is more than political calculation or commercial exchange. Its reasons and foundation run deeper. The revolutionary solidarity between Fidel Castro and Hugo Chávez, the bedrock of the alliance, is based on the vision of a united Latin America free of Washington´s control, turning Simón Bolívar´s legacy into a new reality” (Azicri 2009: 99). Der Konstruktivismus argumentiert, dass Interessen nicht eingesetzt werden, um den eigenen Nutzen zu maximieren, sondern um gemeinsame Vorstellungen von Werten, Normen und Identität zu verwirklichen. Im ersten Abkommen zwischen Kuba und Venezuela im Oktober 2000 heißt es in der kurzen Präambel: ‘Animados por el deseo de fortalecer los tradicionales lazos de amistad entre los dos países’ (Convenio Integral 2000: 1). Was die Freundschaft Kubas mit Venezuela verbindet, wird auf scheinbar gemeinsame Wurzeln zurückgeführt. Dahinter sollen gleiche Werte, Normen und eine Identität stehen, die durch den ‘Sozialismus des 21. Jahrhunderts’ wieder aufgenommen wurden und diese enge Freundschaft ermöglichten. Das trifft jedoch nur bedingt zu, wie Max Azicri ausführt: Trotz der historischen Signifikanz, die die kubanische wie auch die bolivarianische Revolution teilen, sind beide grundlegend verschieden (vgl. Azicri 2009: 104). Nicht nur die Tatsache, dass die zwei Revolutionen zeitlich rund 40 Jahre auseinanderliegen, sondern vor allem die Unterschiede in der sozialen, politischen und ökonomischen Konzeption der Transformationsprozesse zeigen, dass die kubanische Revolution aus einem eher marxistisch-leninistischen Verständnis entstanden ist, die bolivarianische aus einem eher nationalistischen und populistischen. Chávez war kein Marxist, auch wenn er gleichzeitig die dahinterstehenden Ideen nicht ablehnte. Seinerzeit im Gefängnis 1992-1994 las er mehrere Werke über die kubanische Revolution, als dessen Sympathisant er zweifelsfrei gelten kann. Das würde auch den Besuch in Havanna kurz nach seiner Entlassung erklären, wo er zum ersten Mal Fidel Castro traf. Doch für seine politische Mission und die der bolivarianischen Revolution ist vornehmlich der Grundgedanke auf Símon Bolívar zurückzuleiten, der Venezuela, Kolumbien, Peru, Ecuador und Bolivien von der Kolonialmacht Spanien befreite. Die Analogie, die Chávez zur Moderne zog, war der Vergleich Spaniens mit den USA: ‘Chávez considers the United States the imperial power from which all of Latin America must be freed’ (Azicri 2009: 104). In diesem Punkt stimmen sowohl die bolivarianische als auch die kubanische Revolution überein. Die Wurzeln der politischen Sozialisation Castros hingegen gehen auf die kubanische Geschichte und speziell auf José Martí (1853-1895) zurück, der als Held im Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien bis zum heutigen Tag gefeiert wird und dessen politisches Erbe Fidel Castro antrat. Die wenigen Übereinstimmungen der beiden Revolutionen lassen den Aspekt gemeinsamer Werte und Identität aus konstruktivistischer Sichtweise etwas schwächer erscheinen. Trotz dieses Defizits besteht weiterhin die Frage, welche Aspekte der Beziehungen durch den Konstruktivismus erklärt werden können. Dafür stellt Azicri drei zentrale Aspekte des Austausches seit 2000 auf (vgl. Azicri 2009: 108): Die persönliche Beziehung zwischen Chávez und den Castros als Stellvertreter-Konstrukt für die Freundschaft zwischen den beiden Völkern. Der wirtschaftliche Austausch von Gütern und Dienstleistungen. Das Streben nach gemeinsamen politischen Werten und Normen unter dem Banner der bolivarianischen Revolution. Das Verhältnis Hugo Chávez zu Fidel Castro wurde immer wieder als das eines (politischen Zieh-) Sohnes zu seinem Vater dargestellt. Auch lassen sich bei beiden gewisse Ähnlichkeiten in der Biographie feststellen: Sowohl Castro als auch Chávez saßen vor ihrem Machtantritt im Gefängnis. Und in beiden Fällen wurden sie jeweils für den Versuch eines politischen Umsturzes festgenommen. Der persönliche Kontakt zwischen den charismatischen Präsidenten kann als Ausgangspunkt für die konstruktivistische Interpretation der gesamten Beziehungen betrachtet werden. Diese Freundschaft, dargestellt in medienwirksamen Geburtstagsbesuchen von Hugo am Bett des erkrankten 80-jährigen Fidels, ist der Inbegriff für die solidarische und freundschaftliche Allianz. In ihr konzentriert sich die gesamte werteorientierte und wirtschaftliche Austauschkultur. In der Öffentlichkeit beschrieb es Chávez folgendermaßen: ‘I´m honored by Fidel´s friendship and each time I feel this in my soul I express it. I am grateful to him, not for me, but for my people. Fidel´s determination to cooperate with us is unprecedented” (Guevara 2005: 88, zitiert nach Azcri 2009: 102). Auch setzte Hugo Chávez seinen Bruder Adán als venezolanischen Botschafter in Havanna ein. Die Konzentration auf wenige vertrauenswerte Personen im Umkreis Chávez dürfte auch auf die Behauptung zurückgehen, Chávez hätte kaum Freunde gehabt (vgl. Wagner 2010).

Über den Autor

Martin Franke, 1989 in Tönisvorst geboren, Abitur 2009 Studium der Politik- und Filmwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität 2009-2013, Abschluss: B.A. März-September 2012: Hospitanz an der Deutschen Botschaft in Santo Domingo (Dominikanische Republik), mit Reisen nach Haiti, Kuba, Kaimaninseln, Panama, Costa Rica und Nicaragua Seit Oktober 2012: Freier Autor u.a. für ZDF auslandsjournal, Spiegel Online, Zeit Online Schwerpunktthemen: Migration in Lateinamerika Beziehungen zwischen Kuba und Venezuela Iran

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