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Soziologie


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In der vorliegenden Untersuchung werden Zusammenhänge zwischen dem subjektiven Wohlbefinden, dem Altersbild und ausgewählten psychosozialen Faktoren in einer bulgarischen Stichprobe von älteren Menschen thematisiert. Ziel ist es einerseits, Einflussfaktoren auf das Wohlbefinden älterer Menschen zu identifizieren. Andererseits wird den Fragen nachgegangen, wie alt sich die älteren Menschen fühlen, wie zufrieden sie mit ihrem Altwerden sind, und wie sich dieser Prozess vom Altwerden in Deutschland unterscheidet. Um einen Kulturvergleich einzuleiten, wurden Daten aus weiteren Studien herangezogen (BASE, ILSE, AARC). Im Rahmen der Studie wurden 153 Personen aus Bulgarien im Alter ab 65 (M = 72,26) zu einem Messzeitpunkt mit Hilfe von einem Fragebogen befragt. Die abhängige Variable (subjektives Wohlbefinden) wurde mit der Satisfaction with Life Scale von Ed Diener gemessen. Die zentrale unabhängige Variable (Altersbild) wurde mit drei der fünf Dimensionen des Alterns gemessen, die in der Untersuchung zu Bildern des Alters und der Sozialstruktur (BIAS) operationalisiert worden sind. Die weiteren psychosozialen Variablen wurden mit verkürzten Skalenversionen erfasst. In einer Korrelationsanalyse wurden die wichtigen Zusammenhänge zwischen den Variablen ermittelt. Für die Aufklärung der abhängigen Variablen ‚subjektives Wohlbefinden‘ wurde anschließend eine hierarchische Regression durchgeführt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2, Rahmenbedingungen gesellschaftlichen Alterns: Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis zur Wende im Jahr 1989 wird Bulgarien zum freiwilligen Verbündeten der Sowjetunion. Primäres Anliegen der kommunistischen Herrschaft in dieser Zeit ist die Entwicklung einer Gesellschaft, ‘die sich durch Klassenlosigkeit, Gerechtigkeit, Gleichheit, Humanität in den sozialen Beziehungen, Streben nach Höherem, Wohlstand und Modernität’ auszeichnen soll. Die Gesellschaft soll der Partei vertrauen (ideologische Konformität) und ihr dienen (persönliche Abhängigkeits- und Loyalitätsbeziehungen), weil sie die umfassende Fürsorge eines paternalistischen Wohlfahrtsstaats bietet (Brunnbauer, 2007:16f.). Ideologisch abweichende politische Standpunkte und autonome Interessenorganisationen werden repressiv unterbunden. Eine kollektive gesellschaftliche Identität und ein soziales Klassen- oder Schichtbewusstsein werden weitgehend geprägt (Sterbling, 2008:46f.). Für diese Situation und für die zugehörige Gesellschaft ist demnach ein kollektivistisches Bewusstsein charakteristisch. Für die ältere Generation ist es folglich wichtig, dass ihre Versorgung in der eigenen Familie geleistet wird. Die Familienverhältnisse spielen sich in einer Drei-Generationen-Familie, wobei verheiratete Söhne mit ihren Eltern zusammenleben. Somit wird die Abhängigkeit älterer Menschen als ein natürliches Phänomen aufgefasst. Ihre Verpflegung ist die logische Konsequenz eines Wir-Gefühls (Hofstede, 2001:246). Der Untergang des Kommunismus im Jahr 1989, der Zusammenbruch der Planwirtschaft und die Einführung der Marktwirtschaft treten sehr plötzlich ein. Diese Veränderungen führen zu einer tiefen ökonomischen Depression mit Hyperinflation, einem unvorhersehbaren Anstieg der Armut und der sozialen Ungleichheiten mit drastischer Abnahme der Staatsausgaben und Sozialhilfen (Sztompka, 2002:456). Unsicherheit und Ungewissheit werden im Alltag zur Normalität. Die Gesellschaft kann sich nicht mehr an geltenden Verfassungsnormen orientieren, weil dies keine Sicherheit mehr verspricht (anomische Sozialstruktur). Eine politische und soziale Entfremdung breitet sich aus (Abbott/ Sapsford, 2006:252). Die wirtschaftliche Krise 1996, der fehlende gesellschaftliche Konsensus und die Unfähigkeit, sich auf eine breite und über längere Zeit stabile parlamentarische Basis stützen zu können, hemmt die Durchführung der Reformen sowohl in der Alterssicherung als auch in anderen Bereichen. 2.2.1, Zum Wohlbefinden von älteren Menschen in Bulgarien: Die erste European Quality of Life Survey (EQLS) im Jahr 2003 fand heraus, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit für alle postkommunistischen Staaten niedriger liegt als der Durchschnitt aller europäischen Länder. Bulgarien weist den niedrigsten Wert von 4,5 auf (höchster Wert - Dänemark 8,4 EU 15 = 7,2 NMS = 6,1, EU 25 = 7,1) auf. Der Staat hat außerdem den höchsten Wert auf der Skala Politische Entfremdung 2,84 (Böhnke, 2005:14). Die darauffolgenden Ergebnisse der EQLS aus dem Jahr 2009 zeigten keine Änderung. Bulgarien, mit einem Wert von 5 auf der Lebenszufriedenheitsskala, bleibt immer noch auf dem letzten Platz, allerdings hier im Vergleich zu EU 27 = 7. Auf der Skala Glück belegt das Land wieder den letzten Platz mit einem Wert von 5,8 (EU 27 = 7,5). Was die Zukunft angeht, sind nur 45% der Bulgaren optimistisch (Anderson et al., 2009:15). Aufgrund der gemeinsamen politischen Entwicklungen der Ostblock-Länder lassen sich die Ergebnisse der Studie von Abbott und Sapsford (2006) über das Wohlbefinden in Russland und der Ukraine mit den Gegebenheiten in Bulgarien vergleichen und können zum Teil übertragen werden. Der Durchschnitt auf der Skala der allgemeinen Lebenszufriedenheit von Diener variiert von 80% bis 90% für EU 15, für NMS 12 liegt bei 62%. Für Russland liegt er bei 57,2% und für die Ukraine bei 41,9%. Ca. 66% der Befragten in der Ukraine und ca. 54% der Befragten in Russland empfinden das Leben als sehr kompliziert. Ca. 53% der Ukrainer und ca. 47% der Russen haben keine Freude an ihren normalen täglichen Aktivitäten, und nur weniger als die Hälfte hat die Kontrolle über ihr Leben und fühlt sich frei in ihrer Lebensgestaltung. Außerdem haben materielle Ressourcen und Kontrollüberzeugung größeren Einfluss auf die allgemeine Lebenszufriedenheit als Gesundheit und Glück (Abbott/ Sapsford, 2006:261ff.). Das Eurobarometer von 2010 zeigt, dass die Bulgaren mit Wohlbefinden grundsätzlich materielle und weniger subjektive Aspekte verbinden. Die eigene Familie, eine befriedigende Untersuchungsstelle, gute Gesundheit, eine Eigentumswohnung, genügend Geld, Luxusgüter oder materieller Status, ebenso wie weniger Politik im Alltag sind laut des Eurobarometers die Voraussetzungen für die allgemeine Lebenszufriedenheit für die Bulgaren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bulgarien keine zufriedenstellenden Voraussetzungen für ein erfolgreiches Altern anbietet. Die objektiven Faktoren sind nur zum Teil gegeben und die subjektiven Faktoren sind in Veränderung begriffen. Die individuellen Ressourcen verlieren sich häufig in der kulturellen und gesellschaftlichen Verworrenheit. Solange das Wohlbefinden noch ein Ziel an sich ist, wird es keine Determinante des Alterns für die bulgarische Mehrheit sein. Wie die Senioren in Bulgarien ihren Alltag meistern, bleibt weiterhin offen und spannender Gegenstand zukünftiger Untersuchungen.

Über den Autor

Preslava Sayvanska wurde 1982 in Bulgarien geboren. Ihre Neugier für die westliche Welt und der Wunsch über die Grenzen hinauszugehen, haben sie dazu bewegt, Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Die hervorragende Vorbereitung in Deutsch und Mathematik hat es ihr ermöglicht, in Deutschland gleich mit dem Studium der Volkswirtschaftslehre zu beginnen. Nach ihrem Abschluss als Diplom Volkswirtin an der Universität Heidelberg, entschied sich die Autorin, ihr persönliches Interesse und Bestreben im Bereich der Psychologie durch ein Studium weiter auszubauen. Das Bachelorstudium der Psychologie an der Universität Heidelberg schloss sie im Jahre 2013 erfolgreich ab. Das empirische Arbeiten wie das Erstellen von Fragebogenstudien und deren Auswertung mittels qualitativer und quantitativer Methoden hat die Autorin immer fasziniert. Bereits während des Studiums sammelte sie umfassende praktische Erfahrungen in der Forschung. Nach dem Studium richtete sie ihren Arbeitsfokus auf die Beratung und Personalentwicklung. Überraschenderweise ist das Thema Lebenszufriedenheit bei der älteren Bevölkerung im Osten nicht gründlich erforscht. Dies hat noch stärker zu der Überzeugung geführt, die Lücke in der Forschung zu diesem Thema zu schließen.

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