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Natur / Technik


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 07.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der theoretische und praktische Umgang mit der Informations- und Kommunikationstechnologie ist in der Jugendhilfe auch heute noch weitläufig durch einzelne technikaffine Mitarbeiter geprägt, sodass die sozialinformatische Entwicklungen nur zeitlich verzögert in die tägliche Sozialarbeit einbezogen werden. Parallel dazu werden die Anforderungen an Qualität, Ausführung und Effizienz der Dokumentation der praktischen Arbeit stetig höher. Trägerübergreifende Qualitätsstandards und Rechtssicherheit, aber auch die Individualität der sozialen Arbeit, die folgerichtige Partizipation der Familien und die erforderliche Anpassungsfähigkeit stellen also hohe Anforderungen an eine Elementaraufgabe ohne Geld- und Zeitressourcen. Der in diesem Buch fachlich fundiert und praxisnah vorgestellte Bedarf eines Change IT-Managements in der Jugendhilfe und einer nachhaltigen Implementierung eines effektiven Falldokumentationssystems per Tablet und Smartphone in einem reellen Praxisbeispiel erfolgt schrittweise von der Grundlagenvermittlung zur einfachen Sofortlösung, über nachvollziehbare Formularlösungen bis hin zu einer professionellen mobil erreichbaren Datenbanklösung.

Leseprobe

Textprobe: Change- (IT-) Management im Ambulanten Hilfezentrum: If you always do - What you always did - You will always get - What you always got (Lincoln) Unternehmensstrategie: Die wichtigste der Unternehmenstrategien muss also sein, den Zeiten wirtschaftlicher Schwere zu trotzen und dieser mit einem Höchstmaß an Qualität, Fachkompetenz, Veränderungsfähigkeit und Effizienz in der täglichen sozialen Arbeit entgegenzutreten. Neben der im vorangegangenen Kapitel belegten, nicht mehr kosten-deckenden Finanzierung, stiegen die Anforderungen an Qualität, Ausführung und Effizienz der praktischen Arbeit stetig. Die geforderte und dringend nötige, umfassende und qualitativ hochwertige Dokumentation des Hilfeverlaufs war für die sozialpädagogische Familien-hilfe in den letzten Ausschreibungen und Trägervereinbarungen keine direkt bezahlte Leistung mehr. Die Veränderung von den bisherigen Zahlungsmodalitäten, die eine entgeltliche Berechnung für Dokumentationszeiten (und weitere verhandel-bare indirekte Tätigkeiten wie beispielsweise Telefonate, Recherchen und Fahrtzeiten) vorsah, auf die im praktischen Fachjargon so genannte Face to Face-Stundenvergütung hat trotz einer Anpassung des Fachleistungs-stundensatzes bedeutende monetäre und praktische Nachteile. Diese neue Berechnungsgrundlage qualifiziert fast ausschließlich nur noch die direkten, am Klienten durchgeführte Tätigkeiten zur Berechnung. Die bislang getätigte erfahrungsgemäß aufwendig erarbeitete Nach-Dokumentation am Desktop-PC wird umso mehr zu einem zeitlichen Problem. Aber nicht einzig zeitliche und somit auch monetäre Aspekte führten zu dem Veränderungswunsch zu einem partizipativen Dokumentationssystem im Hilfezentrum. Neben des im Gesetz formulierten Datenschutzansatzes der Datenvermeidung und Sparsamkeit gilt der Grundsatz Daten nur bei dem Betroffenen zu erheben. Im direkten Sinne ist damit natürlich gemeint, Daten nicht über Umwege und damit beispielsweise über Dritte zu sammeln. Damit will der Gesetzgeber gewährleisten, dass der Betroffene Herr seiner Daten bleibt, also darüber bestimmt, welche Daten er herausgibt, und die Stelle kennt, die diese Daten enthält (Kreidenweis 2012, S.216). Was aber für Sozialdaten gilt, muss nach Ansicht des Verfassers umso mehr für schützenswerte persönliche Details gelten. Auch dies ist Grund genug sich die bisherigen Dokumentationspraktiken genauer anzusehen und zu verändern. Zusätzlich zu dem Implementierungswunsch sind mit dem Lauf der Jahre augenscheinliche Schwächen im IT-Bereich entstanden, die es strukturiert zu beseitigen gilt. Vor allem, um eine datenschutzkonforme, wirtschaftliche und technische Basis für eine mobile effiziente, partizipative und sichere Falldokumentation bilden zu können. Technische Veränderungs- und Entwicklungsnotwendigkeiten: Ziel des IT-Managements ist es, die Informationstechnologie so auszurichten, dass sie die Erreichung der Organisationsziele bestmöglich unterstützt. (Kreidenweis 2012, S.149) Die Hälfte der PCs und drei Viertel der Peripherie (Monitore und Eingabegeräte) sind noch aus der Gründungsphase im Jahre 2006. Die IT-Arbeitsplätze verlieren an Zuverlässigkeit. Jedes Jahr fallen, wenn auch nur vereinzelt, Rechnereinheiten aus. Durch die dringend nötig gewordene Umstellung auf Windows 8 sind die noch nicht ersetzten PCs an der unteren Grenze der Hardwaremindestanforderungen anzusiedeln. Dies zeigt sich in der täglichen Arbeit durch eine verlangsamte Start- und Arbeitsgeschwindigkeit. Trotzdem ist es weiterhin geplant Rechnereinheiten nur bei Ausfall auszutauschen (dies setzt eine noch bessere Datensicherheitsstrategie voraus) und die klassische IT-Arbeitsplatz-Lösung zumindest mittelfristig zu erhalten. Sollten die Tablet-PCs sich als praktischer Ersatz erweisen können, wäre ein innovativer Umbau in nur noch einzelne besonders gut und umfangreich ausgestattete IT-Arbeitsplatzinseln (27 Monitore, Multifunktionsdrucker mit Fax und Scaneinheit etc.) denkbar. Der Windows 2003 Server ist veraltet und wird stetig instabiler. Er muss immer häufiger zwischenzeitlich neu hochgefahren werden und ist aufgrund der Einstellung des Supports durch Microsoft ein nicht unbedeutendes Sicherheitsrisiko geworden. Während der Mainstream-Support schon seit vier Jahren ausgelaufen ist, so wird auch spätestens zum Herbst 2015 der Sicherheits-Support eingestellt. Service-Packs und Erweiterungen gab es bereits seit 2009 nicht mehr. Die nicht mehr zeitgemäße Anwenderoberfläche und die insgesamt sehr mäßigen Konfigurationsmöglichkeiten lassen einen Wechsel ebenfalls notwendig erscheinen. Die alte Server-Hardware für ein aktuelles Serverbetriebssystem zu nutzen ist weder sinnvoll im Sinne der Ausfallsicherheit noch ausreichend in Bezug auf die zu erwartende Geschwindigkeit. Eine aktuelle Serverlizenz inklusive der nötigen Clienterweiterungen und Zusatzlizenzen kostet mit Installation und Konfiguration mehrere tausend Euro. Dies erscheint unverhältnismäßig viel zu sein für ein paar Ordnerfreigaben und einen einfachen Mailserver. Daraus entwickelt sich der Arbeitsauftrag für einen Systemwechsel zu einem NAS-Laufwerk mit vollwertigem Server-Betriebssystem. Im Gegensatz zu den anwenderfreundlichen, sich selbst aktualisierenden Eingabegeräten wie Tablet-PCs und einfach zu konfigurierenden NAS-Laufwerklösungen bedeutet die Wartung und Pflege der klassischen IT-Arbeitsplätze und Serversysteme einen nicht zu unterschätzenden Zeit- und Kostenaufwand. Dies ist auch einer der Gründe, warum für eine mobile Falldokumentation nicht auch Notebooks und Laptops in Betracht gezogen wurden. Tablet-PCs bieten, bei sehr praktischen Ausmaßen und einer Softwarevollausstattung, eine sofortige Einsatzbereitschaft bei einer im Vergleich sehr langen Akkuleistung zu einem vergleichsweise insgesamt sehr günstigen Preis. Veränderungsmanagement innerhalb des Teams Zur professionellen Sozialarbeit gehört die Fähigkeit, sich der Informations- und Kommunikationstechnik bedienen zu können. (Wendt 2000, S.50) Obwohl die Nähe und die enge Beziehung der Sozialinformatik zur Sozialen Arbeit deutlich benannt ist, so befasst sich das Gros der sozialinformatischen Literatur vor allem mit den technischen Aspekten. Wenn Anwender und Mitarbeiter thematisiert werden, dann vor allem für den Bereich der Mitarbeiterschulung und Qualifizierung. Einzelne werden explizit in den Fokus gerückt als sogenannte Multiplikatoren oder Key-User mit besonderen Fähigkeiten und Rechten. Dabei wird Erfolg und Misserfolg maßgeblich mit einer erfolgreichen Implementierung innerhalb des Teams und damit deren Akzeptanz bestimmt. Ein guter Einführungsprozess bestimmt, ob in dessen Verlauf das zuvor beschriebene Change-Management, die Strategiekonzepte, IT-Systeme und die Reorganisationsmaßnahmen zu einem stimmigen Gesamtkonzept werden. In der Literatur ist immer wieder mal von einer Technologiedistanz in sozialen Organisationen zu lesen. Auf der anderen Seite werden sogenannte technikaffine Mitarbeiter besonders herausgestellt. Für das Team des Ambulanten Hilfezentrums mit einem Durchschnittsalter von 44 Jahren bei einer Altersspanne von 25 bis 63 Lebensjahren ist eine derartige Polarisierung nicht mehr auszumachen. Die Kolleginnen und Kollegen sind sicher im Umgang mit einem Personal Computer, deren Betriebssystemen und den gängigen Office- und Anwenderprogrammen. Obwohl die Entscheidung ein Studium aus dem sozialen Bereich zu wählen durchaus eine Technik-Aversion zulassen würde, hat keiner der Mitarbeitenden seine Diplomarbeit oder Bachelorarbeit auf einer Schreibmaschine geschrieben. Jeder besitzt auch privat mindestens einen PC oder ein Laptop. Während ein Tablet-PC aktuell bei sieben der 15 Mitarbeitenden genutzt wird, telefonieren immerhin bereits 13 privat über ein Smartphone. Diese eigenen Handys teilen sich konkret auf in vier iOS-basierte iPhones, neun Handys mit einem Android-Betriebssystem und zwei ältere Telefonmodelle von Nokia. Die Bedienung eines Tablet-PCs wird ähnlich dem Smartphone beschrieben und dem von den Mitarbeitenden geäußerten Nachteil der eher kleinen elektronischen Bildschirm-Tastatur wurde mit einer externen Tastatur die gleichzeitig als sehr schlanke Schutzhülle fungiert adäquat begegnet. Ein Pressen in technisch messbare Raster und Größen und eine damit verbundene technische Begrenzung der eigenen Fachlichkeit war eine früh geäußerte Befürchtung bezüglich der Implementierung eines neuen mobilen Dokumentationssystems. Entwicklung der pädagogischen, fachlichen, und informations-technologischen Dokumentationsgrundlage im Hilfezentrum: Effizient: Unter Effizienz versteht man ganz allgemein das Verhältnis von Zielerreichung zu Aufwand. Hohe E. wird demnach entweder durch geringen Aufwand oder durch ein hohes Maß an Zielerreichung erreicht. (Schellberg in Grunwald et al 2013, S. 276) Der Focus bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe liegt bei einem ressourcenorientierten Blick auf die Familie und einem möglichst gut strukturierten zielorientierten Verlauf der Unterstützung. Die Familienakte ist hierfür wichtiges Instrument und unentbehrliches Hilfsmittel. Eine digitale elektronische Klientenakte genießt jedoch weder die oberste Priorität der Praxis noch ist sie unabdingbar für einen guten Verlauf einer Hilfe. Nichtsdestotrotz ist das Dokumentieren selbstverständlicher Be-standteil professioneller pädagogischer Arbeit und eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Qualitätssicherung. Über die Jahre der Zusammenarbeit gab es eine arbeitssame Verständigung und sich entwickelnde Verpflichtungen über die Art der Dokumentation im Hilfe-zentrum. Eine fachlich gut geführte Familienakte, enthält neben einer Schweigepflichtsentbindung und Datenschutzerklärung nur die Unterlagen, Kontaktadressen und Vorinformationen, die für einen positiven Hilfeverlauf von Bedeutung sind. Eine gute Dokumentation im Hilfezentrum ist fakten- und situations-beschreibend, reflexionsfähig und ergebnisoffen. Pädagogisches Handeln und die jeweilige Entscheidung muss dabei für Dritte nachvollziehbar sein. Vereinbarte Ziele müssen über ein gewisses Maß an Verbindlichkeit hergestellt und Hilfsprozesse und Verläufe müssen transparent gemacht werden. […] Die mit der Familie und dem Jugendamt abgesprochenen Hilfe-Ziele und wichtige Dokumentationspunkte werden daraus abgeleitet. Beispielsweise muss in einer Familie mit massiven Problemen in der Hygiene und Ordnung täglich der Zustand der Wohnung dokumentiert werden, während in einer anderen Familie der Gemüts- und Ernährungszustand der Kinder täglich dokumentiert wird. Effizient bedeutet in dem Zusammenhang auch, dass logisch gegliederte, einfach zu findende und vollständig aufgebaute Ordnerstrukturen neu entwickelt wurden, die dem Mitarbeiter vor Ort alle sinnvollen Informationen, Kontakte, Formulare und Hilfsmittel bereitstellen. Hierzu wurden die bereits vorgestellten IT-Anwendungen (insbesondere die Word-Dateien und Excel-Tabellen) für das Fallmanagement auf ihre Lesbarkeit über das Smartphone und ihre Bedienbarkeit über das Tablet-PC überprüft und zum großen Teil neu angepasst. Jeder Mitarbeiter greift über Benutzer- und Freigaberegelungen auf ein festgelegtes Ordnersystem zu, in dem die durch ihn betreuten Familien an erster Stelle und die zu vertretenden Familien an zweiter Stelle erscheinen. Ein mobil erreichbarer gemeinsamer Ordner mit dem Titel Instrumente der SPFH ist als eine wachsende Sammelstelle eingerichtet worden. Hier werden beispielsweise Verfahrenstipps und Anträge für sich wiederholende Situationen und über Excel realisierte Haushaltspläne, Verstärkerpläne oder monatliche Finanzpläne bereitstellt, die vor Ort nur noch angepasst werden müssen. Mobil: Mobil meint an dieser Stelle nicht nur den Wortsinn der technischen Bereitstellung der Ordner und Dateien im Smartphone und Tablet-PC. Es meint vor allem auch die fachliche und praktische Fähigkeit partizipativ, wirklichkeitsgetreu und zeitnah im Haushalt der Familie dokumentieren zu können. So wurde sich unter anderem bei dem mobilen Dokumentationsblatt im Wordformat bewusst gegen eine mögliche Spalte mit dem Titel Verlaufs- oder Situationsbewertung entschieden. Stattdessen gab es im Hilfezentrum schon im Vorfeld die Verständigung darüber, dass die Fakten und Situationen für eine Meinungsbildung angemessen zu beschreiben sind, jedoch nicht monokausal bewertet werden sollen. Die ersten Erfahrungsberichte der Testgruppe für die mobile Dokumentation zeigten, dass während der konkreten Situation oder bei nur geringer zeitlicher Verzögerung am Ende des Gesprächs die eingängigsten Beschreibungen gelangen und die wenigsten unterbewussten Bewertungen passierten. Die zuvor übliche Praxis im Hilfezentrum erst nach einem Hausbesuch, zum Ende des Arbeitstages oder im schlechtesten Fall am Ende der Arbeitswoche am Computer die handschriftlichen Dokumentationen der Familienbesuche in Ruhe auszuformulieren, bieten Makel in vielerlei Hinsicht. Neben den zeitlichen und damit klar wirtschaftlichen Nachteilen, sind die nicht vorhandene Partizipation der Familien an ihrer eigenen Dokumentation und damit eine möglicherweise verfälscht bewertete oder nicht vollständige Dokumentation zu nennen. Damit Technologie als ein Hilfsmittel verstanden wird und nicht wirklichkeitsverändernd wirkt (vgl. Kreidenweis 2012, S. 24), wurde auch bewusst nicht weiter eingeschränkt, was es wert wäre zu dokumentieren und was eher nicht. Checkboxen und praktisch erarbeitete Standards für die mobile Dokumentation dürfen eine Hilfe sein, sollen aber nicht den Blickwinkel auf das technisch messbare reduzieren.

Über den Autor

Marc Tomke wurde 1972 geboren und betätigte sich vielfältig als Krankenpfleger, Diplomsozialpädagoge, Antigewalt- und Deeskalationstrainer und studierte Sozialpädagogik und Management im sozialwirtschaftlichen und diakonischen Bereich zum akademischen Grad Master of Arts. Aktuell arbeitet er in verschiedenen pflegerischen, pädagogischen und therapeutischen Teams der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in verschiedenen Jugendhilfeprojekten und der sozialpädagogischen Familienhilfe, gibt Seminare und Fortbildungen und ist seit 2008 hauptberuflich als Einrichtungsleitung in der Jugendhilfe tätig.

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