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Pädagogik & Soziales

Thomas H. Kisser

Die Entwicklung des Gymnasiums und des Lehrplans/Bildungsplans in Baden-Württemberg 1945-2008

Mit besonderer Berücksichtigung der Fächer Geografie und Gemeinschaftskunde

ISBN: 978-3-8366-8263-3

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 152
Abb.: 14
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Bildungsplan 2004 für das allgemein bildende Gymnasium in Baden-Württemberg wird als pädagogischer Meilenstein in der Entwicklung unserer Schulen angepriesen: Die Kontingentstundentafel, neue Fächerverbünde, schulartspezifische Akzente, außerunterrichtliche Projekte in der Kooperation verschiedener Fächer gehören dazu. Hinzu kommt die zeitgleiche Verkürzung der Schulzeit auf 8 Jahre und die Einführung von Bildungsstandards. Doch wie ist es um diese Aussagen tatsächlich bestellt? Was ist neu, wann handelt es sich um bloße Floskeln, wohinter versteckt sich nur aktualisierter Stoff oder eine neue Nomenklatur? Die Wurzeln, an die dieser pädagogische Meilenstein anknüpft, reichen weiter zurück, als man zu glauben vermag. Anhand der Fächer Erdkunde/Geografie und Gemeinschaftskunde wird beispielhaft der Rote Faden der rund 60 jährigen Historie aufgezeigt. Ist der Bildungsplan 2004 voll gestopft mit theoretischem Wissen, oder wurden praxisnahe Lerntheorien aufgenommen? Anhand der kategorialen Bildung und der kritisch-konstruktiven Didaktik von Wolfgang Klafki, dem größten deutschen Bildungstheoretiker der Nachkriegsgeschichte, wird diese Frage beantwortet. Und wie stehen die Lehrkräfte wirklich zu diesem Bündel an Reformen? Im Dialog mit erfahrenen Lehrer/innen wird ein breites Meinungsbild deskriptiv wiedergegeben. Plakative, populistische Aussagen wie wir sie in den Medien immer wieder lesen, werden dadurch relativiert. Diese aktuellen Themen werden in Beziehung zur Entwicklung des allgemein bildenden Gymnasiums in Baden-Württemberg in der Nachkriegszeit gesetzt. Dabei wird deutlich, dass Gymnasium und Lehr-/Bildungsplan nicht nur Ländersache sind. Bundesweite Gremien und Prozesse im Föderalsystem bilden den Rahmen, in dem diese Entwicklung vonstatten geht. Zusätzlich wirkt sich der gesellschaftliche Wandel, teilweise in Wechselwirkung mit der Politik, auf das Gymnasium aus. Dadurch unterliegt die Anzahl der Schüler/innen, der ausländischen Schüler/innen, der Abiturient/innen und der Lehrer/innen in Voll- und Teilzeit einer dynamischen Entwicklung. Der Anteil der teilzeitbeschäftigten Lehrer nimmt zu, zugleich üben mehr und mehr weibliche Lehrer eine Vollzeitbeschäftigung aus. Es wird deutlich, dass die Politik seit den 60er Jahren mit der sogenannten doppelten Bildungsexpansion gegen die Bildungsbenachteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen teilweise erfolgreich vorging. Absolut besuchen mehr Kinder aller Bevölkerungsschichten das Gymnasium. In der relativen Verteilung sind ausländische Schüler/innen, Schüler/innen des ländlichen Raums und Kinder sozial schwacher Eltern unterrepräsentiert. Neue Anstrengungen seitens der Politik sind geboten.

Leseprobe

Textprobe Kapitel II., a.1., Die Entwicklung des Gymnasiums und der Gesellschaftliche Wandel: Der Begriff des Gesellschaftlichen Wandels wird synonym für eine Vielfalt von Veränderungen benutzt. Entscheidend für das Gymnasium waren die Vorstellungen der Wissenschaft, überwiegend der Pädagogen, die Ziele der Politik, und die Denkstrukturen der Gesellschaft, soweit es diesen verallgemeinernden Begriff gibt. Es sind Trends und Entwicklungen die in der Vergangenheit beobachtet werden konnten, und sich auf das Gymnasium auswirkten. Die Aktivitäten der Politik wurden bereits geschildert. Dieser Abschnitt schildert die verschiedenen Vorstellungen von Pädagogen und der Gesellschaft die das Gymnasium geprägt haben im Lauf der Zeit. In den 1950er Jahren galt das Gymnasium noch als hochselektive Eliteschule, die ihren Status mittels restriktiver Aufnahmeprüfungen bewahrte. In den Folgejahren wurden diese Prüfungen abgeschafft, und das Gymnasium begann einen Wandel. Bedingt durch die zerstörerische Wirkung des 2. Weltkrieges verloren viele Familien ihr gesamtes Vermögen. Das Einzige, was ihnen blieb war ihr geistiger und kultureller Besitz. Folglich bemühten sie sich darum, ihren Kindern die bestmöglichen Zukunftschancen zu geben – mittels Bildung. Zuerst verlängerte sich die (schulische) Ausbildungszeit für die männlichen Nachkommen, zuungunsten von frühzeitiger Erwerbstätigkeit oder Heirat. In den 1960er Jahren zogen die weiblichen Nachkommen diese Entwicklung betreffend nach. Ein weiterer Grund für den Schülerzuwachs am Gymnasium war in Baden-Württemberg die Abschaffung des Schulgeldes (schrittweise von 1955-1957/58), die Lernmittelfreiheit und die Erziehungsbeihilfen. Abgesehen von diesen Reformen für mehr Bildung in der breiten Bevölkerung galten die 1950er Jahre als Jahre der Stagnation. Damals entstand die Kunstfigur der katholischen Arbeitertochter vom Land. Alle vier Spezifika, Konfession, soziale Schicht, Geschlecht und Region, drückten die Bildungsbenachteiligung bestimmter Bevölkerungsgruppen aus. Ralf Dahrendorf sprach in diesem Zusammenhang von der sozialen Frage, die in Deutschland noch nicht gelöst sei. Er sah die Lösung in einer veränderten Bildungspolitik ( Bildung ist Bürgerrecht ). Ab Mitte der 1960er Jahre versuchten die Politik und die Wissenschaft die vier Merkmale zu nivellieren. Oftmals wird in diesem Zusammenhang von der Planungseuphorie gesprochen. Alles schien planbar und Politik und Wissenschaft versuchten alles zu lenken und zu steuern. Von den späten 1960er bis zu den frühen 1980er Jahren wurde aufgrund von politischen und ökonomischen Modernisierungsbestrebungen die Bildungsnachfrage aktiv gefördert, um diese Begabungsreserven (ein Schlagwort aus dieser Zeit) zu erschließen. Die ökonomischen Modernisierungsbestrebungen resultierten aus Bedarfsschätzungen, denen zu Folge in der gesamten Bundesrepublik Akademiker fehlten. Ursprünglich handelte es sich um die Bedarfsfeststellung von Lehrkräften für die Jahre 1961-1970. Diese Feststellung nahm Georg Picht als deutsche Bildungskatastrophe auf und popularisierte sie. Im Grund traf die Aussage den Punkt. Um in Zeiten der Vollbeschäftigung die Konjunktur nicht zu bremsen, musste die Qualität gesteigert werden. Quantitativ war man in der Produktion an die Grenze gekommen, und die wirtschaftliche Konkurrenz zu anderen Nationen verschärften den Druck, auf mehr Qualität zu setzen. Der Schulentwicklungsplan I in Baden-Württemberg aus dem Jahr 1965 ist zum Beispiel eine Fördermaßnahme. Ab 1966 gab es in Baden-Württemberg Bildungsberatungsstellen, die den Eltern zusprechen und die Eltern beraten sollten. Das Ziel war der Abbau von Bildungshindernissen und die Vermeidung eines frühzeitigen Abgangs vom Gymnasium. Hinzu kamen Aktionen wie Student aufs Land und Schick dein Kind länger auf bessere Schulen . Teilweise wird auch die Saarbrücker Rahmenvereinbarung von 1960 und die Oberstufenreform von 1972 als Bildungsfördernde Maßnahme genannt. 1977/1978 wurde die Multilaterale Versetzungsordnung eingeführt, die es erlaubte, Schüler jeweils halbjährlich in der 5. und 6. Klasse an eine höher oder niedriger eingestufte Schule wechseln zu lassen. Seitdem trägt sich die begonnene Entwicklung selbst. Faktisch wurde die Wahrscheinlichkeit, einen höheren Bildungsabschluss zu erwerben, erhöht, aber für alle Bevölkerungsgruppen in demselben Ausmaß. Das bedeutet, dass zwar absolut mehr Personen aus bildungsbenachteiligte Gruppen in den Genuss des Abiturs kommen, aber ebenso absolut mehr Personen aus den traditionell bildungsstarken Gruppen.

Über den Autor

Thomas Kisser studierte von 2004 bis 2009 Geschichte, Geografie und Politikwissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität, Tübingen. Die Zulassungsarbeit zum Staatsexamen schrieb er im Fach Pädagogik. 2009 beendete er das Studium mit dem 1. Staatsexamen. Derzeit ist er als Studien-/Oberreferendar an einem Gymnasium in Baden-Württemberg tätig.

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