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  • Gudrun Pausewangs politische Werke: Politische Kinder- und Jugendliteratur im Medienzeitalter

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Dieses Buch porträtiert die mehrfach ausgezeichnete Autorin Gudrun Pausewang und beschäftigt sich insbesondere mit ihren politischen Werken. Ein geschichtlicher Überblick skizziert die Entwicklung der politischen, problemorientierten und ökologischen Literatur für Kinder und Jugendliche, um die zeitgenössische Lage der Kinder- und Jugendliteratur nachvollziehen zu können. Weiterhin stellt das Buch die Autorin und ihr schriftstellerisches Schaffen vor sowie ihr bewegtes Leben, das ihr gesamtes Werk bedingt und beeinflusst hat. Pausewangs Schriften haben stets kontroverse Stimmungen hervorgerufen. Insbesonders sind die kindlichen Protagonisten zu betrachten, deren Handeln oftmals zur kritischen Auseinandersetzung einlädt, da die Identifikation nicht immer nahe liegt. Der Analyse von Motiven, politischen Elementen und Realitätsbezügen folgen interpretatorische Schlussfolgerungen und kritische Anmerkungen. Dieses Buch untersucht, inwiefern es ihr gelingt, anhand politischer Rhetorik ihre Intentionen zu vermitteln, ob politische Bücher die Jugend im Medienzeitalter überhaupt noch erreichen können und ob sie die gewünschten Effekte erzielen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel I, Politische und problemorientierte Kinder- und Jugendliteratur (KJL): 1., Entwicklung bis 1970: In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, darin sind sich alle einig, die in der KJL etwas zu sagen oder zu schreiben hatten, erfolgte ein Umbruch, der sich insbesondere auf Themen, Adressat und Funktionalität der KJL bezog. Im Folgenden werde ich einen kurzen historischen Abriss der Geschichte der problemorientierten KJL geben. Die philanthropische Kinderliteraturreform der 70er und 80er Jahre des 18. Jahrhunderts, die mit den Namen Campe, Salzmann und Weiße verbunden ist, folgte konsequent dem Anschauungsprinzip der aufklärerischen Pädagogik. Die neuen Erzählungen beinhalteten einen ganz bestimmten Realismus, der dazu dienen sollte, dem Kind eine ethische Beziehung zur Welt zu ermöglichen und es auf die Werte der von Erwachsenen geprägten Gesellschaft vorzubereiten. Hinzu kam die romantische Kinderliteraturreform der ersten beiden Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts, während der selbst Jacob Grimm, gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm Autor der weltbekannten Kinder- und Hausmärchen (1812-14), kritisch hinterfragte: Sind denn diese Kindermärchen für Kinder erdacht und erfunden? Ich glaube dies so wenig, als ich die allgemeine Frage nicht bejahen werde: ob man überhaupt für Kinder etwas Eigenes einrichten müsse? Diese beiden genannten Bewegungen ermöglichten den Grundstein für eine modernere und eigenständigere KJL. Zwar begab sich die KJL während der Biedermeier-Periode rückbewegend auf moralischen und religiösen Boden, wurde aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts von sozialistischen Autoren wieder eingeholt. Sie wollten die Masse gegen Kapitalismus und Faschismus mobilisieren und Motivation für Rebellion und Revolution aufkommen lassen. Insbesondere Jugendliche sollten von der Literatur der Weimarer Republik auf defizitäre soziale und gesellschaftliche Strukturen aufmerksam gemacht werden. Während dieser Phase machten Autoren wie Erich Kästner auf sich aufmerksam, der um die Macht der Institutionen fürchtete, aber auch um die Bequemlichkeit und Denkfaulheit des Einzelnen. Gegen 1930 kristallisierte sich eine proletarische Literatur heraus, die bereits ein vorausweisendes Zeichen für die problemorientierte KJL der 70er und 80er war: Hierin galten Jugendliche nicht mehr als absolut unterlegen, und sie sollte sowohl Erwachsene als auch jüngere Leser animieren, die Gesellschaft zu beobachten und zu ändern. Während des Nazi-Regimes sank die Zahl der Verlagshäuser und auch die KJL verlor ihre politische Funktion. Die KJL der Frühphase der Bundesrepublik war fast ausschließlich unpolitisch. Sie spiegelte den Geist der Zeit wider, der auf Verdrängung und Wiederaufbau ausgerichtet war, der Rückzug ins Private und das Hervorheben der heilen Welt Literatur waren die Prioritäten der KJL: Moralisch sauber und positiv sollten die Inhalte und Wirkungen der KJL sein. Kindern war eine unbeschwerte Phantasie- und Spielwelt, Jugendlichen die abenteuerliche Bewährung zugedacht, an der die Mädchen als Zaungäste teilnehmen durften. Nach dem Krieg war es schwer, Vorbilder für Kinder und Jugendliche zu finden, Kästner wehrte sich gegen den Gedanken, diese Tätigkeit könnten jene mediokren Leute ausüben, die nur Kinderbücher fabrizierten und in Kniebeuge schrieben, weil die Kinder so klein seien: Die Zeiten haben sich geändert und mit ihnen die Aufgaben der Literatur. Sie kann und darf die neuen Funktionen und das Mehr an Verantwortung nicht ablehnen. Sie muss das Patronat für die Jugendliteratur übernehmen. 1955 wurde das Tagebuch der Anne Frank veröffentlicht und gab den Anstoß für viele KJL-Autoren, sich gegen Ende der 50er mit der Vergangenheit der Deutschen und dem Nazi-Regime auseinanderzusetzen, wobei die Problematik nicht kritisch angegangen wurde, sondern vielmehr nur projiziert und dargestellt. Viele klammerten das Thema weiterhin aus. Zu Beginn der 60er deutete sich eine rechte Bewegung an, die einige Schriftsteller veranlasste zu glauben, dass Jugendliche durch Bücher politisch und gesellschaftlich erzogen werden müssten. Das Ende der 60er war charakterisiert vom Einfluss der neuen Großen Koalition, durch die eine Politisierung der Öffentlichkeit eingeleitet wurde, (die konservative Adenauerära war beendet) , von Studenten- und Kinderladenbewegung und der Angst vor militärischen Konflikten. Politische Debatten und Diskussionen konnten demnach nicht mehr aus dem Alltag oder der Literatur ferngehalten werden, sodass auch die KJL stark davon beeinflusst wurde. Es entwickelte sich ein neues Konzept, das zunächst antiautoritäre KJL genannt wurde und seit 1972 die Bezeichnung emanzipatorische KJL erhielt, die gesellschaftliche Normen nicht unbeobachtet übernahm, sondern in Frage stellte und kindliche Bedürfnisse bewusst gegen die gesellschaftliche Unterdrückung stellte. Viele Autoren begannen, für Kinder zu schreiben, die bis dato nur Erwachsenenliteratur veröffentlicht hatten, oder umgekehrt die Grenzen zwischen KJL und speziell erwachsener Literatur begannen zu verwischen. Der Leiter des Instituts für Jugendbuchforschung in Frankfurt, Professor Ewers, geht sogar so weit zu behaupten, dass als einzig bleibende Differenzierungsebene zwischen den beiden Literaturtypen die Perspektivierung des Gegenstandes geblieben sei. Vom Problembuch für Jugendliche konnte dann ab Anfang der 70er die Rede sein. Diese Bezeichnung missfiel einigen Autoren und Kritikern, denn sie konnte sowohl gesellschaftsrelevante Probleme, als auch Probleme von Kindern mit sich und der Umwelt beschreiben. So wurde die begriffliche Entwicklung zum problemorientierten Jugendbuch immer frequenter. Aber noch 1982 kritisierte Winfried Kaminski diese Definition, denn es (das problemorientierte Jugendbuch) hat zwar Probleme zum Thema, aber nicht die der Jugendlichen. Es informiert den Leser über etwas, nur nicht über sich selbst, so dass sich die Jugendlichen in diesen Büchern nicht wiederfinden. Aufgrund der genannten politischen Veränderungen wurden Kindheit und Jugend neue Werte beigemessen. Schließlich wurde das Kind in eine neue Rolle befördert, es verlor den Status des unmündigen und gesellschaftlich uninteressanten Bürgers, erhielt verstärkt Aufmerksamkeit und wurde zu Meinungsbildung und –äußerung aufgefordert. Es erfolgte die Gleichberechtigung von Kindern und Erwachsenen, eine Art Liquidierung der Ständeordnung, die die Kinder auch dazu verpflichtete, den eigenen Schutzraum, die naive Gegenwelt, aufzugeben. Dem jungen Leser sollten soziale Mechanismen und Miseren durchschaubar gemacht werden, damit er in diese fehlerhafte Wirklichkeit auch eingreifen konnte. Das Kind wurde aus seiner Zwangsinfantilisierung herausgehoben, die heile Welt Literatur, die noch von den Autoren in Kniebeuge (Kästner) geschrieben wurde, sollte immer mehr verdrängt werden. Die Schlüsselfrage bestand aber darin, ob die Jugend mit ihrer Gesellschaft auf so kritischem Wege konfrontiert werden wollte, oder ob sie Fantasy-Bücher und weniger brisante Themen bevorzugte. Schließlich nahm diese neue KJL das Risiko in Kauf, die Kinder zu überfordern, da sie zwar als intentional, aber partout nicht als kindesgemäß zu beschreiben war. Viele Kritiker des problemorientierten Jugendbuches wurden sehr direkt und beschuldigten unter anderem den Rotfuchs-Verlag, durch seine Bücher Kinder umzupolen, zu Terroristen zu erziehen und brachten einzelne Titel der Reihe mit der Entführung und Ermordung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hans-Martin Schleyer in Verbindung.

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