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Pädagogik & Soziales

Jenny Ehmke

Das Konzept der Bindungstheorie und seine Bedeutung für die Soziale Arbeit

ISBN: 978-3-8428-9867-7

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Untersuchung stellt zentrale Ansätze der Bindungstheorie und deren Relevanz für die Praxis der Sozialen Arbeit vor. Einleitend wird ein Überblick über die Geschichte der Bindungstheorie gegeben, woraufhin die Entstehung und Entwicklung der Eltern-Kind-Bindung näher betrachtet werden. Weitere Kapitel thematisieren die mentale Repräsentation und die Messbarkeit von Bindung. Die Auseinandersetzung mit der transgenerationalen Weitergabe von Bindung beleuchtet den Einfluss elterlicher Bindungsrepräsentanzen auf die Bindungsentwicklung des Kindes. Die Bedeutung der Bindungstheorie für eine professionelle selbst-reflexive Haltung in der Beziehungsarbeit mit KlientInnen beschreibt den praktischen Nutzen der Bindungstheorie. Bindungstheoretische Aspekte werden in der entwicklungspsychologischen Beratung, im Präventionsprogramm SAFE® sowie in der Eltern-Säuglings-Kleinkind-Psychotherapie bzw. der systemischen Familientherapie vorgestellt. Im Fazit werden die Entwicklungsmöglichkeiten durch verlässliche und feinfühlige Beziehungserfahrungen hervorgehoben, sowohl als Wissenshintergrund für die Eltern-Kind-Beziehung als auch in der Sozialen Arbeit mit KlientInnen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.5, Etappen der Bindungsentwicklung: Die Bindung zu einem anderen Menschen, besonders die Bindung des Kindes zu seinen primären Bezugspersonen kann als der wichtigste Teil des Beziehungsgefüges angesehen werden (vgl. Grossmann & Grossmann 2012, 71). Aufgrund des angeborenen Bindungsverhaltens (vgl. Kap. 3.1) gehen alle Kinder Bindungsbeziehungen zu ihren primären Bezugspersonen ein. Beobachtbare Bindungsmuster beim Kind entwickeln sich im Verlauf des ersten Lebensjahres. Wie sich Bindungsmuster entwickeln, hängt maßgeblich vom Interaktionsverhalten der nahen Bezugspersonen ab. Eine sichere Bindung kann entstehen, wenn die Bedürfnisse des Babys nach Nahrung, Sauberkeit und Wärme, nach Kontakt und Geborgenheit, Ruhe und Anregung erkannt und zeitnah und passend beantwortet werden. Zu weiteren wichtigen Einflussfaktoren zählen feinfühliges, emotional zuverlässiges und voraussagbares Verhalten und die verlässliche Anwesenheit der bevorzugten Bindungsperson (vgl. Klein 2012a, 758). Bindungen beeinflussen sowohl die soziale und emotionale Entwicklung des Kindes als auch seine Vorstellung von sich selbst und anderen. Im Folgenden werden die vier Phasen der Bindungsentwicklung näher betrachtet. 3.5.1, Phase der unspezifischen sozialen Reaktionen: Ca. erster bis zweiter Monat: Von Geburt an verfügt das menschliche Neugeborene über soziale Reaktionsweisen wie Horchen, Anschauen, Schreien, Festsaugen, Umklammern und Anschmiegen, die zunächst reflexartig und nicht spezifisch an eine Person gerichtet sind. Der Säugling kann gleichwohl die Stimme und den Geruch seiner Mutter von anderen genau unterscheiden (vgl. Grossmann & Grossmann 2012, 74-76). Stern hat festgestellt, dass der Abstand zwischen den Augen des Säuglings und denen der Mutter während der Fütterung ca. 20cm beträgt. Das entspricht etwa der Distanz, in der das menschliche Neugeborene Objekte klar erkennen kann. Außerdem verwenden Mütter laut Sterns Untersuchungen während der Fütterung rund 70% der Zeit darauf, dem Neugeborenen das Gesicht zuzuwenden und es anzusehen (vgl. Stern 2000, 48). Dies lässt den Schluss zu, dass das Gesicht der Mutter für das Baby einen ‘ersten Schwerpunkt im frühen Aufbau der hervorstechenden visuellen Welt’ sowie einen ‘Ausgangspunkt für das Entstehen seiner frühen Beziehungen zu Menschen’ darstellt (Stern 2000, 49). Etwa ab der sechsten Lebenswoche ist das visuell-motorische System des Kleinkindes so weit entwickelt, dass der Säugling nun auch in der Lage ist, die Augen der Mutter visuell zu fixieren und diese Fixierung beizubehalten. Stern beschreibt diesen Entwicklungsschritt als einen wichtigen Punkt für das Bindungs- und Interaktionsverhalten zwischen Mutter und Kind. Mütter haben dann nämlich zum ersten Mal den deutlichen Eindruck, dass ihre Kinder tatsächlich sie anschauen bzw. ihnen direkt in die Augen blicken. Dies fühle sich für die Mutter an, als seien sie und das Baby endlich miteinander ‘verbunden’, da sie stärker als je zuvor das Gefühl hat, dass das Baby ein direkt reagierendes Menschenwesen ist, zu dem sie eine echte Beziehung hat. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind zeigt nun immer sozialer werdende Komponenten im Interaktions- und Spielverhalten (vgl. Stern 2000, 50-51). 3.5.2 Zielorientierte Phase oder Phase der unterschiedlichen sozialen Reaktionsbereitschaft: Ca. bis sechster Monat: Nach und nach kann der Säugling immer besser und schneller auf Äußerungen und Verhaltensweisen seiner Bezugspersonen reagieren. Während die Fähigkeit des Lächelns bisher noch ‘endogen’, also nicht auf seine Umwelt bezogen war (das Lächeln wird bereits in den ersten beiden Lebenswochen beim Säugling z.B. während des Traumschlafes beobachtet), wird das sogenannte soziale Lächeln etwa ab dem dritten Monat ‘exogen’ und bezieht sich nun auf äußere Ereignisse. Das soziale Lächeln wird vor allem durch das menschliche Gesicht, den menschlichen Blick, eine hohe Stimme und durch Kitzeln ausgelöst. Der Säugling kann das soziale Lächeln immer mehr und besser einsetzen, etwa um ein Antwortlächeln bei seinem Gegenüber zu erzeugen. Damit wird er zum gleichberechtigten, das zwischenmenschliche Geschehen beeinflussender Interaktionspartner (vgl. Stern 2000, 59-60). Während solche sozialen Äußerungen in der ersten Phase der Bindungsentwicklung noch ziellos und nicht an bestimmte Personen gerichtet sind, wendet sich der Säugling jetzt vor allem an seine primäre Bezugsperson. Sie kann den Säugling eher zum Lachen und Vokalisieren bringen, ihn eher trösten als andere und er streckt besonders ihr und wenigen anderen - aber nicht Fremden - seine Ärmchen entgegen (vgl. Grossmann & Grossmann 2012, 76). 3.5.3, Phase des aktiven und initiierten zielkorrigierten Bindungsverhaltens: Ca. zweites Halbjahr: Im fortschreitenden Entwicklungsverlauf kann der Säugling durch selbstständige Fortbewegung wie Krabbeln, Rutschen und gezieltem Greifen allmählich immer aktiver und selbstständiger die Nähe zur Bindungsperson bestimmen. Außerdem erwächst in ihm eine geistige Vorstellung von der primären Bezugsperson. Sie stellt für ihn eine Quelle von Schutz, Trost und Wohlbehagen dar und kann als Zentrum seiner Welt bezeichnet werden. Spezifische Bindungsverhaltensweisen wie etwa Folgen, Rufen und Suchen heben sich von einem immer vielfältiger werdenden Sozialverhalten ab. Bei Wiederkehr der Mutter zeigt er z.B. sichtbare Freude und aufgeregte Bewegungen, seine Mimik hellt sich auf und er äußert spezielle Grußlaute. Seine Vokalisation wird immer differenzierter, er äußert Erzähllaute, kann rufen, grüßen, fragend oder anklagend jammern (vgl. Grossmann & Grossmann 2012, 77). Des Weiteren lernt der Säugling die Reaktionen seiner Bindungspersonen auf sein Verhalten hin vorherzusagen. Damit kann er ‘sein Bindungsverhalten nicht nur auf eine Person (Ziel) hin orientieren, sondern sein Ziel dabei auch der Bindungsperson anpassen, es 'korrigieren' (goal-corrected), wenn z.B. die Mutter inzwischen ihren Aufenthaltsort gewechselt hat’ (Grossmann & Grossmann 2012, 77). Die entstandene Bindung ist ab einem Alter von drei bis sechs Monaten durch spezifische Reaktionen beobachtbar, wie z.B. durch ‘die Orientierung an der Bindungsperson als Zentrum des psychischen Raumes, das Vermissen und Suchen, Trennungsleid und Entspannung und Erleichterung oder Freude bei ihrer Wiederkehr’ (Grossmann & Grossmann 2012, 77-78).

Über den Autor

Jenny Ehmke wurde 1985 in Berlin geboren. Sie studierte Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule Berlin. Sie ist Diplom-Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin und arbeitet in der Jugendhilfe.

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