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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2020
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die aktuellen Debatten über eine mögliche Unabhängigkeit Kataloniens haben Diskussionen zum Status der katalanischen Sprache sowie ihrem Einfluss auf das Streben nach Unabhängigkeit angeregt. Mithilfe der Analyse von Zeitungsartikeln wird im vorliegenden Buch exemplarisch untersucht, welches Sprachbewusstsein die SprecherInnen für die jeweilige Sprache (hier: Katalanisch & Spanisch) haben. Zudem soll konstatiert werden, inwiefern eine Sprache Identitätskonzepte formen kann und ob sich die SprecherInnen dieser Funktion der Sprache bewusst sind. Untersuchungsgegenstand sind nationale sowie regionale Zeitungsartikel zum sprachpolitischen Modell der Inmersión lingüística, welches den Status des Katalanischen als offizielle Verkehrssprache anstrebt, und dem Manifest der Koiné-Gruppe, welches im Falle einer Unabhängigkeit eine radikale Priorisierung der katalanischen Sprache fordert. Zudem können die Ergebnisse der exemplarischen Untersuchung – gerade in Zeiten der Globalisierung und der Verschmelzung von internationalen Grenzen – zu weiteren Diskussionen rund um die Thematik des Zusammenhangs zwischen Sprache & Identität anregen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.1 Zusammenhang zwischen Sprache und Identität: Gerade bei der Stiftung einer kollektiven Identität ist die Abgrenzung einer bestimmten Gruppe zu anderen wichtig, um die jeweilige Einzigartigkeit zu betonen. Bei dieser Abgrenzung kommen gerade der Sprache sowie einzelnen kulturellen Aspekten eine Schlüsselrolle zu. Mühlschlegel und Süselbeck (2008:9) heben hervor: Las lenguas han servido a los grupos para marcar diferencias hacia el exterior y crear la ilusión de homogeneidad hacia el interior?. Weitere Forscher wie Condillac und Herder betonen, dass der Charakter der Sprache etwas mit dem essenziellen Charakter eines Dorfes, einer Kultur oder einer Nation zu tun hat (vgl. Mühlschlegel/Süselbeck 2008:9). Somit wird davon ausgegangen, dass Sprache ein Mittel zur Identitätsstiftung sowie -erhaltung ist. Im Folgenden sollen vier Modelle von Dirk Geeraerts diskutiert werden, die unterschiedliche Zusammenhänge zwischen der Sprache und ihrer Auswirkungen auf die Identität einer Gesellschaft darstellen. Die ersten beiden Modelle sind gestützte und zusammenhängende Modelle, während die letzten beiden synthetische sind, die versuchen, über die vorausgegangenen zwei Modelle hinauszugehen. Abgeleitet von der Methode Geeraerts sollen im Folgenden zuerst das rationalistische und romantische Modell in ihrer Beziehung zueinander vorgestellt werden, um dann deren Verwandlung hin zu dem nationalen und postmodernen Modell aufzuzeigen. Das rationale Modell entstand zu einer Zeit, in der eine Standardsprache in Nationen entstanden ist und somit immer mehr an Wert und Verbreitung gewann. In diesem Modell wird das Konzept der Standardsprache als übergeordnet gegenüber Dialekten dargestellt, da es im Gegensatz zu diesen allgemeingültig ist und somit eine gesellschaftliche Einheit erschafft. Durch diesen allgemeinen Charakter ist sie neutral, was bedeutet, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner gesellschaftlichen Schicht, durch die Anwendung der Standardsprache frei kommunizieren kann. Sie überspringt damit soziale Unterschiede und wirkt wie ein Mediator. So wird jedem die Anteilnahme an dem gesellschaftlichen Leben sowie der Politik ermöglicht (vgl. Geeraerts 2008:47f.). Das romantische Modell kann als gegensätzliche Positionierung zum rationalen Modell angesehen werden. Dieses Modell hebt hervor, dass die Standardisierung der Sprache zu Unterdrückung und Ausschluss führt. Argumentiert wird die These mit dem Standpunkt Standardsprache entstehe meistens in einer Region, die wirtschaftlich, politisch und sozial sehr gut gestellt ist und somit zur Verbreitung der Sprache beitragen kann. Dies führt zu Dominanz einer führenden Provinz und somit zur Verdrängung anderer Regionalsprachen (vgl. Geeraerts 2008:52). Zusätzlich wird das Argument des rationalen Modells der Allgemeinheit der Standardsprache kritisiert. Durch die Verwendung der Standardsprache in öffentlichen Bereichen, wie der Politik, Schule und Administration, finden Dialekte ihre Anwendung ausschließlich im familiären Bereich. Dies impliziert eine Trennung zwischen öffentlicher und privater Anwendung einer Sprache und somit eine Trennung von emotionaler und intellektueller Kommunikation (vgl. Geeraerts 2008:53). Damit wird gleichzeitig die These der Herstellung sozialer Gleichheit des rationalen Modells kritisiert. So wird bei Geeraerts (2008:53) argumentiert, Standardsprache conributes to social mobility, but conversely, the real social distribution of standrad language functions may turn the standard language into an instrument of discrimination?. Durch die Verwendung der Standardsprache in öffentlichen Bereichen des Lebens, wird sie für die Elite leichter zugänglich und führt somit zum Ausschluss anderer sozialer Schichten. Geeraerts (2008:54) hebt in diesem Zusammenhang außerdem hervor, dass Sprache laut Herder eine gewisse Weltanschauung vermittelt. So führen verschiedene Varietäten auch zu verschiedenen Identitäten. Wenn regionale Sprachen aufgrund der Dominanz einer Standardsprache verdrängt werden, wird gleichzeitig ein fundamentales Recht der Sprecher einer regionalen Sprache abgelehnt, nämlich das Recht to express themselves in their own language – the only language, in fact, that could do justice to their individual identity, according to the romantic conception of the relationship between language and identity? (Geeraerts 2008:54). Im nationalistischen Modell des 19. Jahrhunderts finden extreme Auslegungen beider vorangegangenen Modelle statt, wodurch auch zwei Formen des Nationalismus herausgearbeitet werden können. Wenn man das rationale Modell an seine extreme Grenze führt, fordert es eine universelle Sprache und gleichzeitig die Neutralisierung sprachlicher Varietäten. Dies führt zu einer Form des bürgerlichen Nationalismus, in welcher eine Nation ihre Legitimität durch das aktive Teilnehmen ihrer Bürger gewinnt. Das romantische Modell hingegen hat in seinen Extremen einen Hang zur Schaffung und Erhaltung von Individualität, was zu einem Identitätsnationalismus führt (vgl. Geeraerts 2008:59). Bei dieser Form des Nationalismus gewinnt die Nation ihre Legitimität durch die kulturelle Identität der Menschen. In beiden Formen des Nationalismus lässt sich der Zusammenhang zwischen Nationalismus und Sprache erkennen, da the identity that is expressed by the language is the identity of a community, and the community is a nation when it aquires political autonomy? (Geeraerts 2008:59). Im 20./21. Jahrhundert werden das rationale und das romantische Modell durch die Globalisierung und ein postmodernes Bewusstsein im postmodernen Modell neu ausgelegt. Gerade die durch die Globalisierung wachsenden internationalen Beziehungen zwischen Sprachen und dem immer größer werdenden Stellenwert des Englischen haben dazu geführt, dass Sprachkonzepte immer mehr ins Feld der Mehrsprachigkeit rutschen. Das Konzept der Mehrsprachigkeit entspricht in seinen Grundzügen dem des rationalen Modells. Bei einem Multilingualismus wird eine Sprache in einem bestimmten Zusammenhang verwendet, die andere Sprache in einem anderen, was der Verteilung von Standardsprache und Dialekt entspricht. Der Zwist zwischen postmodernem und romantischem Modell könnte eine neue Denkweise über persönlicher Identität hervorrufen. Eines der Zeichen der Postmoderne ist die Pluralität von Identität innerhalb einer Person (beruflich, sozial, ethnisch, kulturell verschiedene Identitäten). Somit wäre der im romantischen Modell hervorgerufene Zusammenhang zwischen Sprache und Identität hergestellt, da verschiedene Sprachen oder Varietäten die Fragmentierung von Identitäten erklären (vgl. Geeraerts 2008:66). Es lässt sich festhalten, dass in der Postmoderne die Konzepte des rationalen und romantischen Modells aufgegriffen und in auf die Mehrsprachigkeit angepasster Form bestätigt werden. So wird hier bezüglich des rationalen Modells die funktionelle Differenzierung, die zwischen Sprachen oder sprachlichen Varietäten existieren kann, betont. Die postmoderne Interpretation des romantischen Modells betont die Heterogenität von Identität: die Pluralität innerhalb einer Person führt zu Pluralität von Identitäten. Wenn man von einem kommunikativen Konzept von Sprache ausgeht, zeigt das rationale Modell den Vorteil einer gebräuchlichen Sprache (Standardsprache) zur politischen und edukativen Teilnahme aller Bürger einer Gesellschaft. Bei einem expressiven Konzept von Sprache zeigt das romantische Modell, inwiefern eine Standardsprache verschiedene auf Regionalsprachen beruhende Identitäten verdrängen könnte. Durch die oben aufgezeigten möglichen Transformationen beider Modelle wird verdeutlicht, dass es einen entscheidenden Zusammenhang zwischen der Sprache einer Gesellschaft und dessen Identität gibt. Gerade deshalb scheint es interessant, zu untersuchen welchen Einfluss die Zweisprachigkeit Kataloniens auf dessen Identitätskonzepte hat. Zweisprachigkeitssituationen sind in der Regel davon geprägt, dass die Standardsprache (in diesem Fall Kastilisch) als hochrangiger dargestellt wird und die Regionalsprache (in diesem Fall Katalanisch) implizit abgewertet wird (vgl. Thim-Mabrey 2003:12). Dies führt zu verschiedenen Einstellungen gegenüber der eigenen Regionalsprache. Diese Einstellung ist ein wichtiger Aspekt beim Aufbau der eigenen Identität, gerade als Mitglied einer Gruppe. Variabilität und Vielfalt werden jedoch nicht immer als schlecht angesehen. Doch wann werden diese Charakteristika als Bedrohung für die Identität einer Gruppe oder eines Individuums angesehen? Im Falle einer erzwungenen Mehrsprachigkeit, z.B. durch Verbot oder Verdrängen der eigenen Sprache und Auferlegung einer Standardsprache, muss in dieser neuen Standardsprache auch eine neue Identität gefunden werden. Meist wird diese auferlegte Mehrsprachigkeit erst in der 2. Generation langsam als Identitätsmerkmal angesehen (vgl. Oppenrieder/Thurmair 2003, 49-52).

Über den Autor

Michelle Prinz,wurde 1993 geboren. Ihr Studium der Geisteswissenschaften an der Universität des Saarlandes schloss die Autorin im Jahre 2016 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Arts erfolgreich ab. Fasziniert von spanischer Kultur und Sprache, verbrachte die Autorin ein halbes Jahr in Spanien (Katalonien) und absolvierte ein Praktikum im internationalen und spanischen Kundenservice. Während ihres Aufenthaltes kam sie erstmals im Detail mit dem sprachlichen Konflikt zwischen dem Katalanischen und Kastlilischen in Berührung. Ihre Erfahrung motivierte sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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