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Pädagogik & Soziales

Nadine Lenz

Schulabsentes Verhalten: Ursachen, Prävention und Intervention

ISBN: 978-3-95934-602-3

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Es wird geschätzt, dass bundesweit etwa 5% aller Schüler aktive Schulschwänzer sind, wobei diese 5% die untere Grenze markieren dürften. Zusätzlich zu den ansteigenden Fällen von Schulabsentismus haben im Schuljahr 2001/ 2002 mehr als 85.000 Schüler, also circa 9 % des Altersjahrgangs, die Schulen ohne Abschluss verlassen. Jugendliche, die aufgrund ihres häufigen Fehlens keinen Schulabschluss erreichen, geraten jedoch schnell in die dauerhafte Arbeitslosigkeit. Daher ist es besonders für die am Lehr- und Lernprozess beteiligten Personen wichtig, sich mit den jeweiligen Ursachen und Interventionsmöglichkeiten des Schulabsentismus auseinander zu setzen. Was aber versteht man genau unter Schulabsentismus? Welche Erscheinungsformen fallen unter diesen Begriff und was können vor allem Lehrer tun, um Schulabsentismus zu verhindern bzw. zu bekämpfen? Aufgrund dieser und weiterer Fragen ist das Anliegen dieser Arbeit, die Komplexität des Themas Schulabsentismus mithilfe einer umfangreichen Literaturanalyse differenziert darzustellen und dabei die Bedingungs- bzw. Risikofaktoren für dieses Verhalten herauszuarbeiten. Die Erkenntnisse aus der Theorie sollen im Anschluss daran die Grundlage für mögliche Präventions- und Interventionsmaßnahmen bilden, durch die den Schülern ein normaler Schulbesuch (wieder) ermöglicht wird und somit die negativen Auswirkungen des Schulabsentismus so gering wie möglich gehalten werden können. Aufgrund der Tatsache, dass individuelle Bedingungsfaktoren auch stets auf mögliche Ansatzpunkte für Präventions- und Interventionsmaßnahmen schließen lassen, rückt die theoretische Auseinandersetzung mit den Bedingungs- bzw. Risikofaktoren in dieser Arbeit in den Mittelpunkt der Betrachtung.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, ZUR SCHULPFLICHT UND ZUM SCHULZWANG: Von einem unerlaubten Fernbleiben von der Schule kann allgemein nur gesprochen werden, wenn eine gesetzliche Grundlage zum pflichtgemäßen Schulbesuch vorliegt (Kaiser 1983). Dabei ist zu unterscheiden zwischen schulpflichtigen und freiwilligen Schülern (z.B. Abiturienten), wobei letztere nicht der Schulpflicht unterliegen (Kaiser 1983). Ricking (2003) sieht die Schulpflicht und den Schulabsentismus in diesem Zusammenhang als Begriffspaar, dessen Komplementarität trotz semantischer Gegensätzlichkeit in einer funktionalen Verbindung aufgeht (Ricking, 2003, S. 37). Gäbe es keine Schulpflicht, könnte sie nicht durch Schulabwesenheit verletzt werden und ohne, dass man sie verletzen könnte, wäre sie keine Pflicht (Ricking, 2003). Die Schulpflicht und der aus ihr resultierende Schulzwang haben demnach nicht wenig Einfluss auf das (möglicherweise unregelmäßige) Schulbesuchsverhalten der Kinder und Jugendlichen. Um die Problematik des Schulabsentismus einordnen und verstehen zu können, bedarf es folglich einer genaueren Betrachtung der historischen und rechtlichen Hintergründe, auf denen die Schulpflicht basiert. Die im nachfolgenden dargestellten Schul- bzw. Unterrichtsversäumnisse beziehen sich dabei ausschließlich auf die Versäumnisse von Schülern, die der Schulpflicht unterliegen. 2.1, Historische Entwicklung der Schulpflicht: Bereits im 17. Jahrhundert wurde in Weimar (1619) und Gotha (1640) die erste Schulpflicht eingeführt. Juristisch betrachtet beinhalteten diese Gesetze jedoch nicht die Schulpflicht, also die körperliche Anwesenheit in der Institution Schule, sondern lediglich die Unterrichtspflicht. Die Schulpflicht wurde nur dann wirksam, wenn die vorgesehenen Kenntnisse nicht auf andere Weise, d.h. durch Privatunterricht erworben werden konnten (Blankertz 1982). Ein Zwang zum Besuch öffentlicher Schulen, wie wir ihn heute kennen, bestand nicht (Schreiber-Kittl & Schröpfer 2002). Die Schulpflicht im wörtlichen Sinne wurde erst mit der Weimarer Reichsverfassung von 1919 eingeführt (Blankertz 1982). Mit Artikel 145 Es besteht allgemeine Schulpflicht. Ihrer Erfüllung dient grundsätzlich die Volksschule [...] und die anschließende Fortbildungsschule [...] (Art. 145, Weimarer Reichsverfassung, zit. nach Ricking 2003, S.31) wurde die allgemeine Schulpflicht in Deutschland festgelegt. Dieses Reichsgrundschulgesetz sah vier Pflichtschuljahre für elementare Bildungsinhalte, die in der Grundschule abzuleisten waren, vor. Die in diesem Gesetz verankerte Schulgewalt drückte sich unter anderem dadurch aus, dass die Erziehungsberechtigten von schwänzenden Jugendlichen mit Sanktionen belegt werden konnten, wobei sich die Jugendlichen selbst schulinternen Schulstrafen (z.B. Karzer) unterwerfen mussten (Müller 1990). Nach dem Scheitern der Weimarer Republik wurde im Dritten Reich am 6.7.1938 das Reichsschulpflichtgesetz eingeführt. Damit wurde die Schulpflicht erstmals reichseinheitlich geregelt. Das Gesetz dehnte die Unterrichtspflicht in der Schule auf acht Jahre aus (Ricking 2003) und sah erstmals auch für säumige Schüler strafrechtliche Konsequenzen vor (Schreiber-Kittl & Schröpfer 2002, S.25). Bei Zuwiderhandlung gegen die Schulpflicht drohten dem Schüler nun eine Geldstrafe oder sogar eine Haftstrafe von bis zu sechs Wochen. Zusätzlich waren alle Jugendlichen unter 18 Jahren verpflichtet, eine dreijährige Berufsschule zu besuchen (Schreiber-Kittl & Schröpfer 2002). Das Reichsschulpflichtgesetz bildete noch bis in die 80er Jahre hinein die Grundlage für die Schulgesetze einzelner Bundesländer (Kaiser 1983) und auch die Sanktionsandrohungen gegenüber Schulpflichtigen wurden nach dem Ende des Dritten Reiches beibehalten. Die Schulpflichtverletzung wird seither als Ordnungswidrigkeit eingestuft (Ricking 2003). Durch das am 23. Mai 1949 erlassene Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland wurde mit Artikel 7 ebenfalls das gesamte Schulwesen unter die Aufsicht des Staates gestellt (GG 1994) und seitdem durch die Schulgesetze der einzelnen Bundesländer geregelt. Historisch gesehen dient die gesetzliche Schulpflicht in Deutschland der Förderung und dem Schutz der Jugendlichen (Schreiber-Kittl & Schröpfer 2002, S. 26). Dabei wird Fördern im Sinne der schulischen Bildung als Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe sowie auch als Schutz vor zu früher Belastung durch Erwerbsarbeit verstanden (Schreiber-Kittl & Schröpfer 2002). 2.2, Rechtliche Grundlagen der allgemeinen Schulpflicht: Die allgemeine Schulpflicht beginnt in der Regel für alle Kinder nach Vollendung des 6. Lebensjahres mit dem 1. August desselben Jahres, wobei zu den schulpflichtigen Kindern deutsche wie ausländische Kinder gehören, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem jeweiligen Bundesland haben. Diese Regelung gilt für alle bildungsfähigen Kinder, also gesunde ebenso wie geistig oder körperlich Behinderte (Hage & Staupe 1985). Die Länder legen entweder eine einheitliche 12-jährige Schulpflicht fest, wobei der Besuch einer Berufsschule eingerechnet wird (9- oder 10-jähriger Besuch einer Vollzeitschule, im Anschluss daran werden 2 oder 3 Jahre an einer beruflichen Schule absolviert) oder es wird unterschieden zwischen Vollzeitschulen (allgemeine oder allgemeinbildende Schulen) und der im Anschluss daran zu besuchenden dreijährigen Teilzeitschule bzw. Berufsschule wie in Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Saarland und Schleswig-Holstein (Hage & Staupe 1985). Wird nach dem Schulabschluss keine Ausbildung begonnen, ist es die Pflicht eines jeden Schulabgängers, ein Berufsgrundbildungsjahr durchzuführen (Meyers Großes Taschenlexikon 2001). Bleibt ein Schüler der Schule unentschuldigt fern und sorgt sein Erziehungsberechtigter nicht dafür, dass er die Schule besucht oder hält ein Ausbilder ihn nicht zum Schulbesuch an bzw. gewährt ihm nicht die erforderliche Zeit, so handeln die entsprechende Personen aufgrund der allgemeinen Schulpflicht ordnungswidrig (Ricking 2003). Unter dem heutigen rechtlichen Begriff Schulpflicht wird sowohl die Verpflichtung der Kinder und Jugendlichen zum Schulbesuch durch den Staat als auch die Pflicht der Erziehungsberechtigten, diesen Schulbesuch zu garantieren, verstanden (Ricking, 2003). Die Erziehungsberechtigten sind dabei ebenfalls verpflichtet, dem Schüler die nötigen Lehrmaterialien zur Verfügung zu stellen und für seine Gesundheit Sorge zu tragen (Hage & Staupe 1985). Die Schulpflicht verpflichtet die Kinder und Jugendlichen jedoch nicht nur zur pünktlichen und regelmäßigen körperlichen Anwesenheit in der Schule, sondern auch zur Teilnahme am Unterricht, der Erledigung von Hausaufgaben, der Erbringung erforderlicher Leistungsnachweise sowie zur Mitarbeit an schulischen Veranstaltungen (Thimm, 2000, S. 73, Hage & Staupe 1985). Auch Müller (1990) sieht die Schulpflicht in der Praxis in die Schulbesuchspflicht und die Verhaltenspflichten der Schüler innerhalb der Institution Schule unterteilt. Durch den bestehenden Schulpflichtbesuch ergibt sich, dass das Fehlen des Schülers innerhalb der Unterrichtszeit als Schulversäumnis gilt und daher ebenfalls Gegenstand rechtlicher Bestimmungen ist: Ist ein Schüler durch Krankheit oder aus anderen nicht vorhersehbaren Gründen verhindert, die Schule zu besuchen, müssen die Eltern bzw. der volljährige Schüler selbst die Schule i.d.R. spätestens am 2. Unterrichtstag benachrichtigen und bei Beendigung des Schulversäumnisses der Schule schriftlich den Grund für das Schulversäumnis mitteilen (Hage & Staupe 1985, S.188). Bestehen begründete Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Krankmeldung eines Schülers, so kann die Schule ein ärztliches Attest verlangen. Längeres unentschuldigtes Fehlen und Abwesenheit bei Leistungsnachweisen mit der Folge, dass die zu erbringende Leistungen nicht bewertbar ist, kann bei nicht mehr schulpflichtigen Schülern zum Ausschluss von der Schule führen so regelt es beispielsweise das Hamburger Schulgesetz §§ 36 Abs. 2, §§ 57 Abs. 4 hess. SchVG (Hage & Staupe 1985). Das Fehlen im Unterricht wird demnach nur durch eine schriftliche Mitteilung der Erziehungsberechtigten an die Schule entschuldigt. Gründe des Fehlens können sein: Krankheit, Erholung auf ärztliches Anraten sowie Unterrichtsbefreiung von Schülern in Sport- oder Schwimmunterricht und infolge Glaubens- und Gewissenskonflikten z.B. bei knapper Bekleidung im Schwimmunterricht. Nicht entschuldbar ist dagegen die beharrliche Weigerung von Eltern, ihre schulpflichtigen Kinder in eine Schule zu schicken. Hierin wird ein das Kindeswohl gefährdender Missbrauch des Sorgerechts gesehen, der bis hin zur Trennung von der elterlichen Familie führen kann (Hage & Staupe 1985). Inwieweit die von Eltern angegebenen Gründe für das Fehlen des Kindes am Unterricht tatsächlich stimmen, lässt sich durch den Lehrer nur schwer kontrollieren.

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