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Soziologie

Samuel Enderli

Weblogs als Medium elektronischer Schriftlichkeit: Eine systemtheoretische Analyse

ISBN: 978-3-95850-616-9

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Studie untersucht das Kommunikationsmedium Weblog aus systemtheoretischer Perspektive. Sie setzt der vorherrschenden Vorstellung, dass Weblogs eine interaktionsnahe Form der Kommunikation seien, das Modell elektronischer Schriftlichkeit entgegen. Aus dieser Perspektive wird gefragt, wie sinnvoll die gängigen Beschreibungen von Blogs als Online-Tagebuch und Blogs als Massenmedium respektive neue Form des Journalismus sind. Die These ist, dass die wissenschaftliche Beschreibung von Weblogs der Selbstbeschreibung des Mediums aufsitzt und dabei das spezifisch Neue des Mediums nicht sieht, ja: gar nicht sehen kann. Anhand der Unterscheidung von basaler Selbstreferenz und der Ebene der (Selbst-)Beschreibung wird gezeigt, dass Weblogs ein gänzlich neues Kommunikationsmedium sind, das zwar auf Formen des Tagebuchs und der Massenmedien zurückgreift, aber operativ gesehen so nicht funktionieren kann. Eher ist der Effekt von Blogs darin zu sehen, dass sie diese älteren Medien verändern.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Weblogs – ein neues Medium im neuen Medium Internet: Die Einführung neuer Medien ist immer auch von Mediendiskursen begleitet (vgl. Neuberger 2005b Schneider 1997). Es wird versucht, die möglichen (sozialen) Auswirkungen zu fassen, was einerseits zu euphorischem Feiern, z.B. über demokratisierende Effekte führt, andererseits werden allfällige negative Auswirkungen beklagt (vgl. Neuberger 2005b: 77 Thorburn/Jenkins 2003: 1f.). Dies ist sicherlich auch im Falle des Internets und neuerdings auch mit dem neuen Format Weblog so. Im Vergleich mit anderen ‘neuen’ Medien fällt aber auf, dass die Internetpessimisten in der Unterzahl waren (vgl. Neuberger 2005b: 80f.). Gerade in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre wurden dem Internet emanzipatorische, demokratisierende Wirkungen zugeschrieben, und obwohl vieles der damaligen Diskussion schon früh als Mythos des Internets entlarvt wurde, scheint es, als ob es mit jeder neuen Internetanwendung zu einem erneuten Aufflammen solcher Mythen kommt. Das viel beschworene Social Web oder Web 2.0 gehört sicherlich auch dazu, Diemand/Mangold/Weibel (2007: 5, kursiv im Original) sprechen von einer ‘Re-Mythisierung des Netzes’. Web 2.0 bezeichnet das sogenannte ‘Mitmach-Netz’ (van Eimeren/Frees 2007: 376), also im Wesentlichen das Phänomen, dass das World Wide Web (im Folgenden als WWW abgekürzt) als Plattform für benutzergenerierte Inhalte zur Verfügung gestellt wird, wobei den Beziehungen unter den Benutzern eine wichtige Rolle zukommt (vgl. Alpar/Blaschke 2008: 5). Nun läge der Fokus auf der ‘Interaktion mit dem Netz’ (Niedermaier 2008: 60, kursiv im Original), das Netz würde nun agieren, und nicht mehr nur – wie noch das klassische Internet – reagieren (vgl. Niedermaier 2008: 60f.). Der Rezipient würde nun neben seiner Rolle als User auch zum Produzenten, zum ‘Produser’ (vgl. Bruns 2005: 23 Bruns 2006: 19 Bruns 2008). Es wäre für die Nutzer nun möglich, ‘in direkten Dialog untereinander’ (Stanoevska-Slabeva 2008: 14) zu treten, der kollektive Charakter dieser Anwendungen sei entscheidend (vgl. etwa Bruns 2005, Bruns 2008 Bucher/Erlhofer/Kallass/Liebert 2008: 43f.). Dabei ist nicht klar, was denn nun wirklich neu sein soll am Web 2.0 gegenüber seinen Vorgängerversionen, weil sich die heutigen (technischen) Kommunikationsbedingungen des Internets gegenüber den 1990er-Jahren nicht wesentlich verändert haben (vgl. Thiedecke 2008: 45). Dennoch hat man das Gefühl, dass die gleichen Argumente der Internetoptimisten wie in den 1990er-Jahren vorherrschen, häufig mit einem 2.0 versehen, so wird etwa von ‘Gegenöffentlichkeit 2.0’ (Wimmer 2008) gesprochen oder der Wiederbelebung neuer Teil- und Versammlungsöffentlichkeiten (vgl. Witte 2008: 99). Auch für Weblogs, die als wesentlichen Bestandteil des Web 2.0 angesehen werden, scheint dies der Fall zu sein. So meint etwa Lovink (2007/2008: 37), dass Blogs ‘weltweit die Demokratisierung des Netzes’ vorantreiben würden, oder es wird die Position vertreten, dass mit Blogs den Nutzern die Möglichkeit geboten würde, ‘sich dem diskursiven Regime ihrer begrenzten real-life Gemeinschaften entziehen’ (Folger 2008: 291, kursiv im Original) zu können. Thomas N. Burg (2004: 11, kursiv im Original) sieht eine ‘political position inherent in the weblog medium’ und verweist auf die von allen Bloggern geteilte Auffassung, dass es um die ‘emancipation of opinions’ (Burg 2004: 11) gehe, obwohl es ebenso viele politische Ansichten wie Blogger gäbe. Wijnia (2004: 65ff.) sieht in Weblogs gar eine ideale Sprechsituation (i. S. v. Habermas (1984: 174ff.)) gegeben und Schönberger (2006: 243) meint, dass mit Weblogs nun tatsächlich Bertolt Brechts (1932/1967) Radioutopie des Einbezugs der Rezipienten und des Many-to-Many Realität geworden wäre. All diese Konzeptionen beziehen sich implizit oder explizit auf Massenkommunikation, im Wesentlichen also darauf, Mitteilungen öffentlich an eine grosse Anzahl Rezipienten zu versenden, wobei sich nun jeder Gehör verschaffen könne und nicht mehr nur die kleine Minderheit von kapitalstarken Medienunternehmen. Diese Demokratieperspektive soll hier nicht explizit weiter verfolgt werden, taucht aber auch im Folgenden immer wieder auf, ja sie ist untrennbar mit Blogs verbunden. Zunächst ist es sicherlich einmal die enorme Anzahl und die relativ schnelle Diffusion von Blogs, die beeindruckt und vermutlich der Grund für solche Einschätzungen ist. Es gibt aber auch vorsichtigere Beobachter, die zumindest die Frage in den Raum werfen, ob es nicht auch sein könnte, dass Blogs ‘nur’ ein temporäres Phänomen seien (so Wimmer 2008: 220). Die behauptete Konkurrenz von Blogs und Massenmedien fällt zudem gerade in eine für viele Medienhäuser ökonomisch turbulente Zeit und erhält dadurch noch zusätzlichen Auftrieb (vgl. Jarren 2008: 330). Um nicht wie viele Andere auch der Euphorie oder Lethargie angesichts des Medienwandels zu verfallen, ist es hilfreich zu fragen, ob es denn (sozialstrukturell) überhaupt möglich ist, das wirklich Neue neuer Medien zu erfassen. Hier scheint es angebracht, einen Gedanken von Niklas Luhmann (1989: 11) stark zu machen, der davon ausgeht, dass weder die Gesellschaft noch ihre Wissenschaft (mit was für ausgeklügelten Modellen, Analyseverfahren, Theorien etc. auch immer) je in der Lage waren, abzuschätzen, welche strukturellen Folgen mediale Veränderungen zeitigen werden. Dies scheint erst zeitversetzt (und zwar mit relativ grossen Zeitdistanzen) einigermassen möglich zu werden. So betont Ong (1982/2002: 2f.) etwa, dass die Beschäftigung mit dem Buchdruck und seinen sozialen Auswirkungen erst etwa 400 Jahre später einsetzte, als sich eine neue Art von Medien, nämlich die elektronischen Medien, allmählich etablierten. Insofern ist ein Blick in die bisherige Medienentwicklung unumgänglich (vgl. Kuhm 2003: 97ff. Thorburn/Jenkins 2003: 2), gerade wenn man von dem beschriebenen (gesellschaftsstrukturell auferlegten) Defizit der Analyse vom Neuen neuer Medien ausgeht. Das muss nicht heissen, dass man – einfach weil man die Mediengeschichte in die Analyse miteinbezieht – automatisch zu einem besseren Ergebnis gelangen würde, sondern nur, dass Reflexionsfähigkeit und Analyseschärfe gesteigert werden, und das ist gerade beim momentan heiss debattierten Phänomen Weblog wichtig. Die Medien, die hier in die Analyse miteinbezogen werden, sind: Verbreitungsmedien. Das folgende Kapitel soll einen kurzen Überblick geben über die bisherige Entwicklung dieser Art Medien, auf die im Laufe der Untersuchung immer wieder Bezug genommen wird.

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