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- Das Bier unserer Ahnen. Norddeutsche Braugeschichte mit Rezepturen
Pädagogik & Soziales
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Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2020
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Seit tausenden von Jahren trinken Menschen Bier. Lange Zeit war es wegen seiner geringen Haltbarkeit ein lokales Produkt. Dies änderte sich urplötzlich mit dem Hopfenbier der Hanse. Bier wurde zum Exportschlager und befeuerte das Wirtschaftswachstum vieler Städte. Große Teile der städtischen Gesellschaften hingen direkt oder indirekt vom Brauwesen ab. Aber nicht jeder durfte brauen und die Qualität und der Geschmack schwankte von Brauer zu Brauer. Doch irgendwann verschwanden die damals so erfolgreichen Biere im Dunkeln der Vergangenheit. Wie mögen sie geschmeckt haben und warum gibt es sie nicht mehr? Diese und andere Fragen zu beantworten ist der Anspruch des Buches. Im geschichtlichen Teil stehen die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung des Bieres sowie die soziale Stellung von Brauer/-in im Vordergrund. Auch eine detaillierte Beschreibung des Herstellungsprozesses sowie der Bierqualität gehören zu diesen Erläuterungen. Das Brauwissen unserer Ahnen wird beleuchtet und neu aufbereitet. Abschließend erhalten die Leser/-innen einen Überblick anhand von Brauanleitungen, Aufnahmen und Beschreibungen über Aussehen, Geschmack und Herstellung von 19 historischen Bieren.
Textprobe: Kapitel Frauen im Brauwesen: Befragt man Passanten auf der Straße welches Geschlecht das Bierbrauen erfunden hat, so ist die Antwort zumeist, Männer. Bilder von biertrinkenden Mönchen und torkelnden Germanen mögen hierbei überwiegend Pate stehen. Nur die wenigsten können sich vorstellen, dass Frauen eine treibende Kraft dabei spielten. Dabei waren es zuerst Frauen, die Bier herstellten. Es gehörte zu ihren normalen häuslichen Tätigkeiten, den Haustrunk herzustellen. Heute back ich, morgen braue ich war ein geflügeltes Wort jener Zeit. Erst als man(n) feststellte, dass mit Bier auch Geld zu verdienen war, übernahmen immer mehr Männer das Brauwesen. Doch das war keineswegs das Ende der Frauen in der Bierbrauerei. Ein zufällig erhaltenes Brauregister der Stadt Wismar aus dem Jahre 1464 listet 182 Bürger als Brauer auf. Interessanterweise befanden sich 32 Frauen darunter. Der Frauenanteil lag damit bei 18 %. Durchschnittlich durfte man zu dieser Zeit in Wismar 8 Mal im Jahr brauen. Legt man für einen Brau 30 Tonnen fertiges Bier zugrunde, wobei jede Tonne 120 l beinhaltet, dann ergibt sich daraus folgende Menge: 30 Tonnen * 120 l pro Tonne = 3.600 Liter fertiges Bier. Diese 36 hl Bier pro Brau, oder 288 hl Jahresmenge, wird keine Frau alleine hergestellt haben. Dafür brauchte sie Hilfskräfte. Ihre Braugehilfen waren zumeist ein Andermann (heute Vorarbeiter), zwei Füll- und zwei Hausknechte sowie mehrere Kesselmägde. Die im Register aufgeführten Frauen galten demnach als Unternehmerinnen. Ihnen gehörte nicht nur der Braubetrieb, sondern sie leiteten diesen auch. Andere Städte hatten ebenfalls Frauen im Brauwesen zugelassen. Die Lübecker Brauer organisierten sich ab dem 14. Jahrhundert in einer Zunft. Das Braurecht stand ausschließlich deren Mitgliedern zu und das konnten neben Männern auch Frauen sein. Allerdings konnten Frauen meist nur die Mitgliedschaft ihrer Männer übernehmen bzw. erwerben, wenn diese verstarben. Dann durften sie den Braubetrieb vollumfänglich fortführen. Anderen Frauen, wie die Töchter oder Schwestern der Brauer, nahm man nur in Ausnahmefällen auf. Wenn dies geschah, dann hatten sie für einen Zunftbruder zu sorgen. Dann stand einer Fortführung des Betriebs nichts im Wege. Im Jahre 1717 milderte die Brauerzunft ihre Regelung etwas ab und erlaubte unverheirateten, mindestens 16 Jahre alten Brauerstöchtern, nach dem Tode ihrer Eltern noch 4 Jahre das Brauhandwerk auszuüben. Blieben sie danach unverheiratet, waren sie nur noch zum Genuss der Orloffsgelder berechtigt. Das Orloffsgeld diente dann als Rente. Vorschriften für das hannoverische Brauwesen aus dem Jahre 1519 sicherten beiden Geschlechtern den Zutritt zum Brauwesen zu. Nach deren Bestimmungen durfte jeder Bürger mit seiner Ehefrau zum gewerbsmäßigen Brauen oder Mälzen zugelassen werden, wenn er dafür 30 Goldflorin an den Rat der Stadt zahlte. Dabei entfielen 20 Goldflorin auf den Mann und 10 Goldflorin auf die Frau. Starb der Brauer, konnte seine Brauerwitwe ohne Zahlung einer weiteren Gebühr weiter brauen und mälzen, solange sie im Witwenstand blieb. Heiratete sie, so fielen abermals die vollen Gebühren von 30 Goldflorin an. Eine weitere Stadt, in der die Arbeitsleistung von Frauen dokumentiert ist, war Zerbst in Sachsen-Anhalt. Dort teilten sich die Brauer die Arbeit auf. Frauen waren zuständig für das Mälzen des Getreides, während die schwerere Arbeit des Brauens die Männer erledigten. Zerbster Gedenkblätter aus den Jahren 1791-1847 beschreiben den starken Einfluss und die Mitarbeit der Brauersfrauen wie folgt: Weil auch in Zerbst das Bierbrauen mehrheitlich von den Frauenzimmern getrieben wird, so ist daher schon vor langen Zeiten ein Sprichwort entstanden: Qui Sorobarum eivis vult urbi haberi Conjugis imperio pareat ille suae Zu deutsch: Wer in die Bürgerschaft zu Zerbst gelangen will, der halte seiner Frau und ihrer Herrschaft still. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass im Brauwesen größtenteils die Männer dominierten. Aber Frauen hatten ebenfalls großen Anteil daran und waren unter den Brauern gleichberechtigt.
Holger Schmidt-Wiegers studierte Wirtschaftsinformatik in Lüneburg. Neben seiner beruflichen Tätigkeit in der IT ist er passionierter Hobby-Brauer. Aber nicht nur der Brauprozess und das Ergebnis interessieren ihn, sondern auch die Geschichte dazu. Inspiriert von einer Ausstellung zum Thema Hamburger Bier im Mittelalter, fing er an in Stadtarchiven und alten Büchern nach der Geschichte und dem alten Brauwissen der norddeutschen Biere und Brauer zu recherchieren. Dabei erlangte er neben der Aufbereitung der alten Rezepturen einen tiefen Einblick in die Geschichte des hanseatischen Brauwesens.
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