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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 60
Abb.: 5
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Häusliche Gewalt ist ein weit verbreitetes, dennoch aber tabuisiertes Phänomen in unserer Gesellschaft. In diesem Buch werden Ursachen, Dimensionen und die weitreichenden Auswirkungen für die betroffenen Frauen von der Autorin dargestellt. Dabei richtet sich das Augenmerk insbesondere auf strukturelle Gegebenheiten, die eine Loslösung aus einer von Gewalt gekennzeichneten Partnerschaft erschweren. Derzeitige sozial- bzw. arbeitsmarktpolitische Instrumente im Kontext der spezifischen Lebenslage häuslicher Gewalt werden erörtert und auf Entstehungsmechanismen häuslicher Gewalt sowie Folgen für die betroffenen Frauen überprüft. Dabei wird auf die Spezifika Trauma und Traumafolgen eingegangen und beschrieben wie von Gewalt traumatisierte Frauen sich mit einer Vielzahl von Schwierigkeiten bei einer Trennung von ihren Partner konfrontiert sehen. Parallel wird die Frauenhausarbeit, als eine Form der Zufluchtsstätte und deren enormen Relevanz aufgezeigt. Aktuelle Herausforderungen werden im Zusammenhang der stetig zunehmenden Ökonomisierungsprozesse dargestellt und auf die Folgen für die Bewohnerinnen von Frauenhäusern eingegangen. Gleichzeitig setzt die Autorin mit einem Konzept aus der Integrierten Schuldnerinnenberatung einen neuen Impuls für weitere Handlungsstrategien innerhalb der Frauenhausarbeit. Es wird deutlich, das häusliche Gewalt nicht als ein individuelles und monokausales Problem betrachtet werden kann, solange strukturelle Bedingungen Risikofaktoren für geschlechtsspezifische Macht- sowie Gewaltverhältnisse beinhalten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.4, Frauenhausaufenthalt unter der Reform Hartz IV: In der Regel sind die meisten Frauen im Frauenhaus zwischen 18 und 65 Jahre alt und erwerbsfähig. Demnach gehören sie seit dem 01.01.2005 zum Geltungsbereich des SGB II (Zweites Sozialgesetzbuch) und sind ohne eigenes Einkommen auf SGB-II-Leistungen angewiesen. Grundsatz der SGB-II-Sozialgesetzgebung ist das Fordern und Fördern. Dabei ist es Ziel, Personen schnell und passgerecht in eine Arbeit zu vermitteln. Die HARTZ-IV-Reform unterstützt typische Rollenmuster. Ähnlich wie es sich bereits bei der Inanspruchnahme der ehemaligen Arbeitslosenhilfe zu getragen hat, wird ebenso bei einem Bezug von SGB-II-Leistungen das Partnereinkommen angerechnet, wodurch ökonomische Abhängigkeiten geschaffen werden. Beim Eintritt von Arbeitslosigkeit einer Frau und einem gleichzeitig bestehenden Einkommen ihres Partners, besteht die Möglichkeit, dass eine Frau keinen Bedarf für Leistungen aus dem SGB II aufweisen kann und sich somit ihren Lebensunterhalt über das Partnereinkommen finanziert. Dies verschärft insbesondere die von Gewalt geprägten Beziehungen, da ökonomische Gewalt sehr häufig als Unterdrückungs- und Kontrollinstrument angewendet wird. Des Weiteren wird dem Misshandler, wenn er der Antragsteller einer Bedarfsgemeinschaft ist, ein weiteres Mittel zur Machtausübung eröffnet. Er nimmt nach § 38 SGB II die Hilfeleistungen, für sich und alle Angehörigen entgegen, solange die Angehörigen dagegen keinen Widerspruch einlegen. Frauen, die zu der Bedarfsgemeinschaft ihres Partners gehören, werden demnach nicht nach ihrer Zustimmung gefragt. Legen sie Widerspruch dagegen ein, müssen sie mit Konsequenzen und möglichen weiteren Misshandlungen ihrer Partner rechnen. Bereits vor der Einführung der Hartz-IV-Reform wurde von den Mitarbeiterinnen in den Frauenhäusern auf Schwierigkeiten bei einem Frauenhausaufenthalt und der parallelen Inanspruchnahme von SGB-II-Leistungen aufmerksam gemacht. Ein Teil dieser Schwierigkeiten konnte von der Gesetzgebung aufgenommen werden und es wurden entsprechende Lösungen entwickelt. So gelten mittlerweile Frauen mit dem Einzug in ein Frauenhaus als eigenständige Bedarfsgemeinschaft. Dennoch zeigen sich in der Praxis nach wie vor Lücken im Umgang mit Bewohnerinnen im Frauenhaus und den SGB-II-Regelungen. Gewaltbetroffenen Frauen wird nach § 36 a SGB II ein Frauenhausaufenthalt gewährt und finanziert. Jedoch soll der Frauenhausaufenthalt resp. die Erstattung der Kosten ausschließlich dazu dienen, dass den betroffenen Frauen der Weg in die Erwerbstätigkeit erleichtert wird. Insofern werden emotionale und gesundheitliche Verfassungen der Frauen gänzlich ausgeblendet. Besonders prekär ist die Situation für Frauenhausbewohnerinnen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Sie sollen unverzüglich nach der Antragsstellung in eine Arbeit, Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit vermittelt werden. Die Antragstellung erfolgt aufgrund individueller Absprache mit der jeweiligen ARGE (Arbeitsgemeinschaft) in der Regel problemlos. Allerdings werden Leistungen nach dem SGB II nicht rückwirkend gezahlt. Das heißt, dass die gewaltbetroffenen Frauen sofort mit dem Einzug im Frauenhaus einen Antrag stellen müssen, da ihnen sonst keine Mittel zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen. Jedoch sehen sich die meisten Frauen aufgrund der mitunter schweren Verletzungen nicht in der Lage eine ARGE für die Antragstellung aufzusuchen. Weiterhin ist die Stellung eines Antrages mit der Überprüfung der Hilfebedürftigkeit und einer Anrechnung von ersparten Rücklagen verbunden. Ersparnisse müssen aufgebraucht resp. für die Kosten des Aufenthaltes im Frauenhaus verwendet werden, obwohl die Bewohnerinnen keine Schuld für ihre Situation tragen. Damit einhergehend ist ein hoher und abschreckender bürokratischer Aufwand, durch den sich gerade Frauen nach (traumatisierenden) Gewalterfahrungen überfordert fühlen. Die betroffenen Frauen sehen sich gezwungen, entsprechende Eingliederungsvereinbarungen zu unterschreiben, da sie Ängste vor Sanktionen der ARGE befürchten und erneute Grenzüberschreitungen durch die Behörde erfahren. Gleichzeitig berichten Bewohnerinnen im Frauenhaus, dass sie sich von den zum Teil subjektiven Entscheidungen der jeweiligen SachbearbeiterInnen abhängig fühlen. Zusätzlich hat sich in der Praxis gezeigt, dass Frauen, welche zu ihrem Partner zurückkehren und damit nicht mehr in Bezug der SGB-II-Leistungen stehen, die Frauenhauswohnkosten rückwirkend in Rechnung gestellt bekommen. Enorm prekär kann es sich gestalten, wenn Frauen aufgrund von einer erhöhten Gefährdungssituation ein Frauenhaus in einem anderen Bundesland in Anspruch nehmen. Die ARGEn verweigern meist die Kostenübernahme mit der Begründung, dass sie in ihrem eigenen Landkreis über ein Frauenhaus verfügen. Die vor Ort ansässigen ARGEn möchten die Kosten ebenso wenig übernehmen, da die Zuständigkeit bei der ARGE liegt, wo die Frau ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, also ihrem regulären Wohnort. Frauenhäuser sind aber überörtliche Einrichtungen, welche länderübergreifend zur Verfügung stehen müssen. Weiterhin sind mit der Einführung von SGB-II-Leistungen weitere Lücken aufgetaucht. Sowohl Rentnerinnen mit einem niedrigen Einkommen als auch Frauen in der Ausbildung, wie beispielsweise Studentinnen, sowie Frauen mit Migrationshintergrund ohne einen eigenen Aufenthaltstitel wird ein Zugang zum Frauenhaus aufgrund fehlender Finanzierungsgrundlagen verwehrt. Sie müssen die anfallenden Kosten selbst tragen, die sich mitunter auf bis zu 800 Euro monatlich belaufen können, wobei hier noch nicht die Kosten eingerechnet sind, die gegebenenfalls für die Kinder der betreffenden Frau bei einem Frauenhausaufenthalt entstehen. Ebenso betroffen sind Selbstzahlerinnen, deren Einkommen nur knapp über der Bedürftigkeitsgrenze liegt und denen damit nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, den Frauenhausaufenthalt zu bezahlen. Die Ursache für die mitunter immens hohen Kosten bilden die Tagessatzfinanzierungen der Frauenhäuser. Die Finanzierungsgrundlagen der Frauenhausarbeit stellt die Frauenhäuser vor eine aktuelle Problematik, die es gilt öffentlich zu thematisieren und zu verändern.

Über den Autor

Nancy Groschoff, Sozialarbeiterin B.A., praktische Erfahrungen in der Frauenhausarbeit und der Opferhilfe.

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