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  • Klinische Sozialarbeit und häusliche Gewalt: Neue Erkenntnisse in der Arbeit mit gewaltbetroffenen Frauen

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Klinische Sozialarbeit, eine in Deutschland noch junge Fachdisziplin, beschreitet neue Wege in der gesundheitlichen Versorgung, sozialen Behandlung und Unterstützung gewaltbetroffener Frauen. Sie schafft Voraussetzungen, handelt und behandelt sozialprofessionell im Umgang mit mehrfach, zum Teil akut belasteten Frauen. Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit theoretischen Grundlagen und Konzepten der klinischen Sozialarbeit, deren Darstellung und praktischen Umsetzung im Arbeitsbereich Frauenzufluchtswohnung. (Be-)Handlungsschritte werden vertieft und konkretisiert und mit einer dringend notwendigen theoretischen Fundierung unterlegt. Handlungen, die in der Sozialen Arbeit eher intuitiv erfolgten, erhalten durch die klinische Sozialarbeit ein wissenschaftlich theoretisches Grundgerüst, auf dem praktische Interventionen und methodisches Handeln basieren. Hauptanliegen des Buches ist, die Bedeutsamkeit der klinischen Sozialarbeit für die vulnerable Gruppe der gewaltbetroffenen Frauen aufzuzeigen und einen Zugang für die Fachöffentlichkeit zu einer bislang kaum beachteten Thematik - Soziale Arbeit in Frauenzufluchtswohnungen - zu schaffen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.4, Ursachen: Die Hintergründe, die zu häuslicher Gewalt führen sind sehr vielschichtig und individuell. Mythen zur Entstehung von häuslicher Gewalt, wie z.B. ‘Sie hat ihn provoziert.’, ‘Er war im Stress, da ist ihm halt die Hand ausgerutscht.’ oder ‘Er schlägt nur, weil er getrunken hat.’ sind überholt und heute nicht mehr tragbar. ‘Provozieren’ Frauen, wenn sie selbständig Denken und Handeln? Kurze Röcke tragen? Anderer Meinung sind? Keine Lust zum Sex haben? Sich so unauffällig wie möglich verhalten? Tatsache ist, dass Frauen berichten, dass jede ihrer Handlungen ‘falsch’ war und egal, wie sie sich verhalten haben, jede Handlung oder Unterlassung zum Auslöser für neue Angriffe wurde. Alkohol kann Auslöser für gewalttätige Handlungen sein, ist jedoch niemals die Ursache. Daher entschuldigt Alkoholkonsum keinerlei Ausübung von Gewalt. Es gibt keine Gründe oder Anlässe die Gewaltanwendung rechtfertigen! So unterschiedlich die Erscheinungsformen häuslicher Gewalt auch sind, Ausgangspunkt ist immer die Steigerung des Macht- und Selbstwertgefühls des einen Partners durch Erniedrigung des anderen. Schlussfolgernd könnten ein geringes Selbstwertgefühl und ungenügende, in der Kindheit nicht adäquat erlernte Konfliktlösestrategien und Stressbewältigungsmechanismen als ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko der Ausübung von Gewalt betrachtet werden. Nicht von ungefähr kommt der im Volksmund verwendete Spruch: ‘Wer schlägt, hat keine Argumente mehr.’ Gewalterfahrungen in der Herkunftsfamilie sowie Gewalt in Kindheit und Jugend gelten als eindeutige Risikofaktoren für eine Viktimisierung durch physische oder sexuelle Gewalt im Erwachsenenalter. ‘Die Untersuchungsergebnisse zeigen auf, dass Frauen, die ab dem 16. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt haben, in erheblich größerem Ausmaß Gewalt in der Herkunftsfamilie entweder als Zeuginnen elterlicher Gewalt oder durch körperliche Züchtigung der Eltern erlebt haben und relevant häufiger durch sexuellen Missbrauch in Kindheit und Jugend betroffen waren. Frauen, die in Kindheit und Jugend körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern miterlebt haben, haben später mehr als doppelt so häufig selbst Gewalt durch (Ex-) Partner erlitten, wie Frauen, die keine körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den Eltern erlebt haben (47% vs. 21%). Befragte, die in Kindheit und Jugend selbst häufig oder gelegentlich Gewalt durch Erziehungspersonen erfahren haben, waren dreimal so häufig wie andere in Paarbeziehungen betroffen’(Bmfsfj 2004: 21). Zu den Faktoren, die häusliche Gewalt auslösen können, jedoch nicht deren Ursache sind, zählen: Konflikte in der Partnerschaft, Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf Sexualität, Kindererziehung und Haushaltsführung, Auseinandersetzung über finanzielle Probleme, Drogen- und übermäßiger Alkoholkonsum. Das bedeutet jedoch nicht, dass Gewalthandlungen im häuslichen Bereich nicht auch ohne ‘Grund’ spontan erfolgen. 4.5, Folgen häuslicher Gewalt: Häusliche Gewalt führt zu körperlichen, seelischen, finanziellen, emotionalen und sozialen Beeinträchtigungen, die oft langwierige Auswirkungen haben. Zu den gesundheitlichen Folgen zählen zum Beispiel funktionelle Beeinträchtigungen, chronische Schmerzsymptome, Schwangerschaftskomplikationen, Essstörungen, Depressionen, Angsterkrankungen, Posttraumatische Belastungsstörungen, dauerhafte Behinderungen bis hin zu Suizid und Mord. Von den erlebten Formen häuslicher Gewalt kann nicht direkt auf die Beeinträchtigungen und Auswirkungen geschlossen werden, da diese je nach psychischer, sozialer und gesundheitlicher Situation und Lebensgeschichte der Opfer in ihren Ausprägungen variieren (s. Inzidenzformel in Kapitel 7)). Es gibt jedoch Folgen, die für viele Opfer, unabhängig von der erlebten Gewaltform ähnlich sind. Die psychischen und meist auch körperlichen Grenzen einer Frau werden durchbrochen. Jegliche Gewalt ist für eine Frau äußerst demütigend, verletzt ihr Selbstbild und Selbstwertgefühl und hat einen Vertrauensverlust zur Folge. Sie fühlt sich verraten und erfährt zumindest zeitweilig die totale Ohnmacht. Die der Frau zugefügte Gewalt in ihren unterschiedlichsten Formen zieht meistens gesundheitliche, psychosomatische, psychische und soziale Konsequenzen nach sich. Darüber hinaus ist Gewalt gegen Frauen auch ein für die Gesellschaft und die Frau mit nicht zu vernachlässigenden Kosten verbundenes Phänomen, dazu zählen Kosten im Gesundheitsbereich, der Polizei und Justiz, im sozialen Bereich, Kosten für den Arbeitsmarkt und persönliche Kosten, diese wurden jedoch bisher im deutschsprachigen Raum noch nicht erforscht. Jede der unter 4.2 genannten Formen häuslicher Gewalt birgt das Risiko einer gesundheitlichen Beeinträchtigung für die Frauen durch die erfahrene Gewalt bzw. durch riskante Bewältigungsstrategien und kann zu ernsthaften Erkrankungen führen. ‘So ist einerseits ein höherer Alkohol- und Medikamentenkonsum, vor allem ein sehr viel höherer Tabakkonsum bei Frauen festzustellen, die körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt oder sexuelle Belästigung erlebt haben. Andererseits waren diese Frauen auch deutlich stärker durch gesundheitliche Beschwerden belastet als Frauen, die keine dieser Gewaltformen erlebt haben’ (Bmfsfj 2004: 17). Häusliche Gewalt gilt weltweit als das größte Gesundheitsrisiko für Frauen und rangiert noch vor Verkehrsunfällen und Krebserkrankungen (vgl. Gabriel 2004: 29). Gewalt wird selten als Ursache für gesundheitliche Probleme identifiziert. Sehen die behandelnden ÄrztInnen keine Verbindung zwischen den Symptomen und Gewalterfahrungen, werden zum Teil unwirksame oder sogar schädigende Anwendungen und Behandlungen verschrieben, die wiederum eine Chronifizierung unterstützen.

Über den Autor

Juliane Wahren studierte im Diplomstudiengang der Hochschule Zittau/Görlitz (HSZG) Sozialarbeit/Sozialpädagogik und Klinische Sozialarbeit im Masterstudiengang an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB). Im Jahr 2014 erwarb sie den Titel Dr. phil. an der Fakultät Erziehungswissenschaften der Technischen Universität (TU) Dresden. Seit 2004 arbeitet sie als Projektleiterin von Frauenzufluchtswohnungen in Berlin. Ihr besonderes Interesse gilt gesundheitsfördernden und krankheitsvermeidenden Aspekten von informellen und formellen sozialen Beziehungen. Neben der praktischen Tätigkeit als klinische Sozialarbeiterin hält Frau Wahren Vorträge und ist in der Lehre an verschiedenen Hochschulen tätig.

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