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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 224
Abb.: 30
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Öffentliches Sprechen ist im heutigen Studienalltag und auch im Berufsleben fast unumgänglich geworden. Dabei kann ein gewisses Maß an Nervosität von aktivierender Wirkung sein, starke Redeangst jedoch mindert die Vortragsleistung und führt bei den Betroffenen häufig zu einem hohen Leidensdruck. Wie Meta-Analysen zeigen, erweist sich besonders die Kombination verschiedener Interventionsverfahren als geeignet, um Redeangst zu reduzieren. Im deutschsprachigen Raum ist ein deutlicher Mangel an psychologisch fundierten und empirisch überprüften multimodalen Interventionsmaßnahmen zu verzeichnen. In diesem Buch beschreibt die Autorin die Entwicklung, Durchführung und Evaluation eines integrativen Gruppentrainings zum Abbau von Redeangst. Bei der Entwicklung ihres Trainings berücksichtigt die Autorin aktuelle Erkenntnisse der Redeangstforschung, indem sie auf verschiedene Ätiologiemodelle von Redeangst sowie bereits bestehende Interventionsansätze eingeht. Sie schildert detailliert den Ablauf ihrer sieben im Wochenrhythmus stattfindenden Trainingssitzungen, in denen modifizierende Verfahren auf kognitiver, behavioraler und physiologischer Ebene zur Anwendung kommen. Als relativ neue und unerforschte Interventionsmethode integriert die Autorin Übungen des Improvisationstheater. Mit Hilfe zweier Stichproben redeängstlicher Studierender im Hochschulraum Karlsruhe und Landau wird das Training evaluativ überprüft.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Erklärungsansätze für Redeangst: Selbstverständlich existiert kein allumfassendes Modell zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Redeangst. Vielmehr liegt eine Vielzahl an theoretischen Überlegungen vor, die zum einen die Vielschichtigkeit und Komplexität des Gegenstandsbereichs als auch die Heterogenität der verschiedenen Denkrichtungen in der Psychologie aufzeigt. In diesem Kapitel werden einige Erklärungsansätze zur Entstehung von Redeangst herausgegriffen, die je nach Bedeutungsgrad für diese Studie verschieden ausführlich dargestellt und bewertet werden. Lerntheoretisch-behaviorale Ansätze: Lerntheoretische Ansätze zur Erklärung der Entstehung von Redeängsten gehen von der Bildung klassisch konditionierter Stimulus-Response-Assoziationen aus. So kann in einer Redesituation ein Publikum durch Bestrafung des Redners (z.B. durch Auslachen) oder auch durch Ignoranz einen negativen Reiz erzeugen, auf den der Redner mit Angst reagiert. Ein anfänglich neutraler Stimulus (NS) also, die Redesituation, kann auf Grund der raum-zeitlichen Kopplung mit einem angstauslösenden unkonditionierten Stimulus (UCS), der Bestrafung, zu einem negativen konditionierten Stimulus (CS) aufsteigen, der eine konditionierte emotionale Reaktion (CR), die Redeangst, auslöst. Entsprechende Lernerfahrungen in Redesituationen werden oft in der Kindheit gemacht und internalisiert. Und auch in der weiteren Entwicklung werden sie bei der Einschätzung ähnlicher Situationen herangezogen, mit der Folge, dass diese wenn möglich vermieden werden, um die erwarteten aversiven Konsequenzen zu umgehen. Im Sinne Mowrers Zwei-Faktoren-Theorie kann also die konditionierte angstauslösende Redesituation gleichzeitig zu einem diskriminativen Hinweisreiz werden, indem sie eine Signalfunktion für Vermeidungsverhalten übernimmt, das getreu der operanten Konditionierung auf Grund des Ausbleibens der aversiven Angstreaktion negativ verstärkt wird. Somit bleiben neue positive Erfahrungen in Redesituationen aus. Kriebel unterscheidet desweiteren zwischen aktivem und passivem Vermeidungsverhalten von Redeängstlichen: Aktives Vermeidungsverhalten äußert sich in vermehrtem Reden oder Witzemachen , um einer gefürchteten negativen Bewertung bei einem Sprechakt auszuweichen. Der Sprecher beschäftigt sich dann also weniger mit den Aufgabenanforderungen als vielmehr mit der Vermeidung von Kritik mittels eines verstärkten Redeflusses, der auch als Logorrhöe bezeichnet wird. Unter passivem Vermeidungsverhalten fasst die Autorin das Nicht-Erscheinen bei einem Vortrag oder andere Fluchtreaktionen, wie das Abbrechen eines Vortrags, zusammen. Vor allem bei der Logophobie, eine extreme Ausprägung von Sprechangst mit einer gleichzeitig hohen klinischen Relevanz, ist passives Vermeidungsverhalten kennzeichnend. Tatsächlich existieren Befunde, nach denen Redeängstliche in ihrer Kindheit seltener positive Sprecherfahrungen gemacht haben und insgesamt von ihren Eltern weniger zu Sprechaktivitäten ermutigt wurden. Dennoch gibt es Personen, die nach einer oder gar mehreren negativen Redeerfahrungen keine intensiven Redeängste entwickelt haben. Zudem sollten retrospektive Angaben in Bezug auf soziale Ängste grundsätzlich mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden, da sie auch Ausdruck einer Suche der Betroffenen nach Erklärungen sein können. Ängste können sich nicht nur durch den direkten Kontakt mit aversiven Situationen entwickeln, sondern gleichfalls indirekt. Dieses auf Bandura zurückgehende Konzept besagt, dass allein durch die Beobachtung von Modellen Angst und Vermeidungsverhalten stellvertretend erworben werden können. Dementsprechend können Kinder ihre Eltern in deren Kommunikationsverhalten nachahmen, was bei einem mangelhaften Vorbild zu der Verinnerlichung eines fehlerhaften Modells kommunikativer Fertigkeiten führen kann. Freilich müssen gemäß Stangier, Heidenreich und Peitz aber noch weitere Aspekte wie genetische Faktoren für die Übereinstimmung zwischen sozialen Ängsten, worunter auch Redeängste fallen, der Kinder und deren Eltern verantwortlich gemacht werden. Das defizitäre Skill-Modell: Das defizitäre Skill-Modell erklärt die Entwicklung von Redeangst mit dem unvollständigen Erwerb sprecherischer Kompetenzen. Danach gelingt es dem Redner auf Grund seiner sprecherischen Defizite nicht, den sozialen Anforderungen gerecht zu werden, die mit Redesituationen einhergehen. In Folge dieser Unzulänglichkeiten können reale wie auch vorgestellte Redesituationen zu aversiven Stimuli werden, die bei den Betroffenen Angst hervorrufen. Dementsprechend fand Ayres einen positiven Zusammenhang zwischen der Redeangstausprägung und den sprecherischen Defiziten, die als solche von den redeängstlichen Probanden wahrgenommenen wurden. Auch objektive Beurteiler bewerteten in einer Studie von Daly et al. Hoch-Redeängstliche im Vergleich zu Niedrig-Redeängstlichen als schlechtere Redner. Allerdings scheint das Problem laut Daly, Caughlin und Stafford bei den meisten Betroffenen nicht in einem Skill-Defizit per se zu liegen, sondern vielmehr in einer langsameren Entwicklung oder einem ineffektiven Einsatz von Redefertigkeiten. Somit verfügen Hoch-Redeängstliche möglicherweise durchaus über spezifische Redekompetenzen, jedoch lähmt oder reduziert ihre starke Angst in einer Redesituation entsprechende sozial kompetente Verhaltensweisen.

Über den Autor

Antje Pollay, Diplom-Psychologin, arbeitet u.a. in der Psychologischen Beratungsstelle für Studierende in Mannheim, wo sie fortlaufend das in diesem Buch beschriebene Training zum Abbau von Redeangst anbietet.

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