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  • Altenhilfe bei Kriegstraumatisierung: Therapieformen und die psychosozialen Schwierigkeiten Kriegstraumatisierter

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 01.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In dem vorliegenden Buch wird die spezielle Situation alter, kriegstraumatisierter Menschen betrachtet und erörtert. Dabei wird dargestellt, welche besonderen Kenntnisse in der Altenarbeit mit Kriegstraumatisierten wichtig und anwendbar sind. Zunächst wird auf die Folgen, Therapieformen und die psychosozialen Schwierigkeiten Kriegstraumatisierter eingegangen. Anschließend wird die spezifische Situation des Alters untersucht, um dann in einem weiteren Schritt Erkenntnisse beider Bereiche zu verknüpfen. Theorien und Therapieformen werden beispielhaft aus einer Fülle von möglichen Antworten genannt. Dabei wird versucht, die für die Sozialarbeit relevanten Aspekte herauszuarbeiten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Die gesellschaftliche und therapeutische Auseinandersetzung mit Kriegstraumatisierung: Die Heilung von Kriegstraumatisierten umfasst zwei Dimensionen. Die gesellschaftliche Dimension und zum Zweiten die individuelle, persönliche Dimension. In der Übertragung auf das Trauma meint dies, die Behandlung von individueller und kollektiver Traumatisierung, wie sie im Text unter Punkt 2.1.1 und 2.1.2 beschrieben wurde. Die Therapie des Einzelnen kann nicht alleine wiedergutmachen, was die Gesellschaft verursacht hat. So ist neben der Heilung des Traumas, auch die gesellschaftliche Anerkennung des Leids wichtig. Die psychosoziale Intervention in Bezug auf das Individuum hat gesellschaftliche Auswirkungen und die gesellschaftliche Bearbeitung wirkt sich auf die Mikroebene des Individuums aus. Diese beiden Dimensionen werden unter den Punkten 4.1 und 4.2 gesondert abgehandelt. Ein Trauma verursacht immer einen tiefen Bruch zwischen Individuum und seiner Umwelt. So darf sich die Traumabetrachtung nicht nur auf das Subjekt beschränken, sondern muss die soziale Situation und Umgebung des Menschen mit einbeziehen. Die Klinische Sozialarbeit hat genau diese Verbindung von individueller und sozialer Ebene zum Gegenstand. Sie versucht psychosoziale Störungen und körperliche Beeinträchtigungen im sozialen Zusammenhang zu betrachten und zu behandeln. Der Sozialarbeiter erweitert dadurch die Behandlung von somatischen und psychischen Aspekten auf die sozialen Aspekte und bezieht die gesamte Lebenswirklichkeit des Klienten mit ein. Dies geschieht in Form von Sozialtherapie. Der Heilungsverlauf von Kriegstraumatisierten sollte immer die Multiproblemsituation des Klienten umfassen. Der Fokus liegt dabei auf der interdisziplinären Zusammenarbeit von Mediziner, Therapeut und Sozialarbeiter. Die Kombination von medizinischer Behandlung, Psychotherapie und Sozialtherapie stellt somit eine mögliche Lösung in der Heilung von Kriegstraumatisierten dar. 4.1, Gesellschaftliche Wiedergutmachung durch Anerkennung des Leids: Durch die Tatsache, dass Kriegstraumatisierung in einem öffentlichen Rahmen vollzogen wird, sollte auch das Leid der Menschen, zumindest teilweise, entprivatisiert werden. Der Riss zwischen Individuum und Gesellschaft muss gekittet werden. Am wirksamsten geschieht dies durch die Anerkennung des Leides, durch das Zeigen von Mitverantwortung und Handeln. Dies hilft dem Opfer zu seinem Glauben an die Ordnung der Welt und der Gerechtigkeit zurück zu finden. Oftmals versucht die Öffentlichkeit die Grausamkeiten eines Krieges zu verschleiern. Verliehene Orden, Gedenkfeiern und Denkmäler beschönigen die Grausamkeiten und lenken von den unmenschlichen Tatsachen ab. In der kollektiven Wiedergutmachung finden die Sprichwörter ‘Geteiltes Leid, ist halbes Leid’ und ‘ Gemeinsam sind wir stark’ ihre volle Bedeutung. Vor allem die Veteranen des Vietnamkrieges führten die Diskussion für die gesellschaftliche Anerkennung des Leids Kriegsüberlebender an. Sie hatten nicht nur 1980 zur Aufnahme der Diagnose des PTSD in das Handbuch der ‘American Psychiatric Association’ gesorgt, sondern gründeten ihre eigene Organisation (Vietnam Veterans Against War, VVAW), da sie sich von den Machthabern nicht ernst genommen fühlten. Aus dieser Organisation entstanden die so genannten ‘rap groups’, in denen Bertoffene zusammen kamen und intensiv über ihre traumatischen Erlebnisse sprachen. Es entstanden also Selbsthilfegruppen, deren Mitglieder durch die Mitgliedschaft in der VVAW einen politischen Hintergrund hatten. Diese Verbindung aus politischer Aktivität und Therapie erwies sich als sinnvoll. Auch Projekte außerhalb der USA, wie die Wahrheitskommission ‘Truth and Reconciliation Commission’, die nach dem Apartheidsregime in Südafrika eingesetzt wurde, verdeutlichen die Wirksamkeit dieses Ansatzes. Ziel ist es, den Betroffenen auch im öffentlichen Rahmen ihre Ohnmachtsgefühle zu nehmen. Ein wirksames Konzept der Sozialarbeit scheint hier das ‘Empowerment’ zu sein. Das ‘Empowerment’ ist keine sozialarbeiterische Methode im klassischen Sinne, es spiegelt vielmehr eine ‘soziale Haltung’ wieder. Diese ist vor allem von einem Perspektivenwechsel von der Defizit- zur Stärkenorientierung, von der Einzel- zur Gruppenarbeit und von der Beziehungs- zur Netzwerkarbeit gekennzeichnet. Der Klient wird als kompetenter Akteur in seinem Heilungsprozess gesehen. Die Grundüberzeugungen von Selbstbestimmung und Lebensautonomie, sozialer Gerechtigkeit und demokratischer Partizipation bilden die Grundlage des ‘Empowerment’. Die Selbstbestimmung des Klienten wird durch Einschränkung der Expertenmacht gesichert (sharing-power). Die Gleichberechtigung von Sozialarbeiter und Klient ist vor allem in der Arbeit mit Traumatisierten sehr wichtig. Es holt den Klienten aus der Opferrolle das Gefühl, dass jemand ‘Macht’ über ihn hat, verschwindet. Eigensinnige Lebenswünsche und Entwürfe sollten akzeptiert werden, die Hilfepläne nicht zu streng geplant sein, um flexibel zu bleiben. Um eine Selbstbestimmung zu erlangen, sollte die politische Partizipation durch Bildung von Bürgerinitiativen und Vereine gefördert werden. Im ‘Empowerment’ ist die Kooperation von mit gleichen oder ähnlichen Problemen betroffener Personen ein wichtiger Bestandteil. Es wird versucht, Interessen kollektiv zu formulieren und die entsprechenden Partner zu mobilisieren. Dabei sollten den Betroffenen auch bürokratische Kompetenzen vermittelt werden. Zum Beispiel über Anträge zur Entschädigung, rechtliche Grundlagen oder Bildung eines Vereins. Das ‘Empowerment’ sieht keine direkten Interventionen vor und will einen Heilungsprozess nur anstoßen. In der Arbeit mit Kriegstraumatisierten ist es daher wichtig, ‘Empowerment’ mit anderen Methoden, wie dem ‘Case Management’ (vgl. 4.2), zu kombinieren.

Über den Autor

Judith Härri wurde 1980 in Herdecke/ Ruhr geboren. Von 2002 bis 2006 studierte sie Soziale Arbeit an der Fachhochschule Köln (Cologne University of Applied Sciences) und schloss 2006 mit dem akademischen Grad Diplom ab. Während ihres Projektstudiums im Bereich der Altenhilfe wurde sie auf die mangelnde Informationslage über Kriegstraumatisierung in der Altenarbeit aufmerksam und entschied sich dieses komplexe Thema in einem Buch zu bearbeiten.

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