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  • Bildung und Herkunft: Erwartung der Eltern an die Kinder unter besonderer Berücksichtigung bildungsferner Milieus

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Bildungsabschlüsse gelten gemeinhin als Garant für einen gesicherten Lebensunterhalt je höher der Bildungsabschluss, umso anerkannter ist ein Mensch in der Gesellschaft und umso sicherer sind seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Verhältnis von Eltern aus bildungsfernen Milieus und deren Erwartungen an die Bildung ihrer Kinder. Hierbei bildet das Verhältnis zwischen Eindrücken der eigenen Schulzeit und der heutigen Schulerfahrung von Kindern den zentralen Schwerpunkt dieser studienbasierten Untersuchung. Inwieweit nehmen die eigenen Erlebnisse Einfluss auf die Einstellungen zur Schule und welche Rolle spielen dabei positive oder negative Erfahrungswerte aus der eigenen Schulzeit? Welches Bild von Schule wird den Kindern durch das Elternhaus vermittelt und inwieweit kann dies die Vorgänge der sozialen und kulturellen Reproduktion begünstigen?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2, Soziale und kulturelle Reproduktion durch die Schule: Wenn man im Zusammenhang mit sozialer Reproduktion über Bildung spricht, sollte der Begriff Bildung zunächst einmal geklärt werden. Dies ist auch im Hinblick auf den Titel und die Bezeichnung bildungsfernes Milieu sinnvoll, da dieser Terminus in der Literatur nicht ausdrücklich definiert wird. Mit Bildung werden Lern- und Sozialisationsprozesse bezeichnet, die das Individuum zu einem sozial handlungsfähigen und kompetenten Menschen bilden. Im Gegensatz zur Erziehung, die zum Großteil dem Elternhaus überlassen wird, findet Bildung in der Schule bzw. in schulähnlichen Bildungsinstitutionen statt. Aufgrund der in Deutschland geltenden Schulbesuchspflicht ist diese bis zum 16. Lebensjahr Aufgabe des Staates. Bildungsfern kann hier also als Abweichung von der normierten schulischen und damit staatlichen Auffassung von Bildung betrachtet werden. Eine andere, vielschichtigere Ansicht von Bildung und Bildungserwerb scheint demnach nötig zu sein. Auch außerschulische Erfahrungen können bildend auf das Individuum einwirken und somit zu seiner Entwicklung und Persönlichkeit beitragen. Der Erwerb und die Bedeutung außerschulischer Kompetenzen sind mittlerweile auch vom PISA-Konsortium erkannt worden. Die Studie soll nun um Schüler-, Schul- und Elternfragebögen zu den schulischen und außerschulischen Lebensbedingungen der Kinder ergänzt werden. Hierdurch wird neben dem positiven Ansatz der Berücksichtigung von Umweltbedingungen auch die soziale Reproduktion, als Auslöser sozialer und bildungsbezogener Chancenungleichheit hervorgehoben. Diese steht in engem Zusammenhang mit der Sozialisation, die durch das Elternhaus erfolgt. Als Sozialisation wird der Prozess bezeichnet, durch den das Individuum in die ihn umgebende Umwelt hineinwächst, sich den in der Gesellschaft herrschenden Bedingungen anpasst und so zu einem handlungsfähigen Wesen wird. Sozialisation kann demnach auch als ein Lern- und Bildungsprozess bezeichnet werden, der abgesehen vom familiären Umfeld auch durch die Schule und Freundschaftsbeziehungen, den so genannten Peer-Groups, stattfindet. Soziale Reproduktion ist auch als Folge der Sozialisation und Milieubindung zu verstehen. Das Individuum wird in ein bestimmtes Milieu hinein geboren, dem auch seine Eltern angehören. Diese erziehen und sozialisieren das Kind nach den eigenen Vorstellungen und Werthaltungen, durch die sie zu Mitgliedern jenes sozialen Milieus geworden sind. Die Auswahl der Bildungseinrichtungen, wie Kindergarten und Grundschule finden ebenfalls im Kontext der Milieuzugehörigkeit statt. Die hierdurch entstehenden sozialen Kontakte und die Sozialisation innerhalb der Peer-Groups schaffen eine zusätzliche Bindung an das Herkunftsmilieu und bilden zu Beginn an in dem Menschen entsprechende Werthaltungen und Denkweisen heraus. Die soziale Reproduktion wird durch diesen Kreislauf perfektioniert. Dass dies tatsächlich der Fall ist belegen zahlreiche Studien, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildung befassen. Auch die PISA-Studie 2000 kam zu dem Ergebnis, dass Bildung in erheblichem Maß von der Herkunft abhängt. Im internationalen Vergleich fiel Deutschland hier besonders auf, und in der Auswertung wurden deutsche Kinder aus bildungsfernen Milieus als Risikogruppe bezeichnet. Andererseits setzten neuere Konzepte der Milieutheorie, wie in Punkt zwei erwähnt, das Hauptaugenmerk nicht auf die äußeren Lebensbedingungen, wie Bildung, Beruf und Einkommen. Diese Dimensionen prägen nicht in dem Maße, wie es in älteren Klassen- und Schichtenmodelle der Fall ist, die Milieubindung und Lebensführung des Menschen. Scheinbar sind es die Ansichten, Werte, Denkweisen und Lebensstilauffassungen, die die Einstellungen zu Schule und Bildung beeinflussen. Der, historisch betrachtet, angestrebte Erfolg der Schule, Bildung für alle und damit verstärkt Chancengleichheit zu ermöglichen, kann diesen Äußerungen zu Folge, wohl als gescheitert angesehen werden. Chancengleichheit durch Bildung ist nur möglich, wenn das System Schule und Schulbildung neu überdacht wird. Dies sei insbesondere im Hinblick auf Sinn und Unsinn der Schulpflicht angedacht, welcher im Schlussteil noch zur Sprache kommen wird. Betrachtet man, die soziale und besonders auch kulturelle Reproduktion betreffend, die Ausführungen Bourdieus erscheint Schule als ein System, welches dieser Prozesse dienlich ist. Schule wird somit selbst zum Ort der kulturellen und sozialen Reproduktion. Nach Bourdieu hebt die Schule nicht, wie es ihr ursprünglicher Ansatz war, die Chancenungleichheit der Klassen auf, sondern verstärkt sie noch. Grund dafür ist die schwache Autonomie des Schulsystems ihre eigenen Bewertungssysteme und Prinzipien entgegen den Klasseninteressen durchzusetzen. In der Schule bzw. im Unterrichtssystem herrscht dagegen eine Vorstellung von Lernen und Wissensvermittlung, die jener, der herrschenden Klassen ähnlich ist. Kinder dieser Klassen fällt es leichter in der Schule zu bestehen, da sie über die kulturelle Kompetenz verfügen, welche für den Erfolg der Übermittlung der kulturellen Codes von Nöten ist. Hinzu kommt weiterhin die in der Schule vorherrschende Einprägungsweise. Je mehr diese, jener in der Familie erlernten Einprägungsweise ähnelt, umso leichter fällt es den Kindern dem Unterricht zu folgen. Unter Einprägungsweise versteht Bourdieu die Kategorisierung nach Lerntypen. Je variabler ein Kind geprägt ist, desto effektiver lernt es auch. Wird ein Kind also sowohl auditiv, als auch visuell und haptisch gefördert, kann es schulischen Erwartungen, die sich besonders auch auf das Auditive beziehen, besser begegnen, als ein Kind, das eher einseitig sozialisiert wurde. Zudem orientiert sich die schulische Kultur auch verstärkt an der Hochkultur der herrschenden Elite. Kinder dieser Klasse haben es, durch die Gewöhnung und Vertrautheit mit dieser Kultur, folglich leichter, als jene, denen sie fremd ist. Im Gegenzug übt das Schulsystem von der Gesellschaft legitimierte Sanktionen aus, die sich gegen Kinder richten, welche sich dieser Schulkultur zur Wehr setzen. Dass dies meist Kinder unterprivilegierter Klassen sind, ist nach den obigen Ausführungen leicht nachvollziehbar. Bourdieu zu Folge ergibt sich diese Antizipation der Kinder gegenüber der Schule aus einer unbewußten Einschätzung der objektiven Erfolgsaussichten [...], mit denen die Gesamtheit der Kategorie rechnen kann. Diese Sanktionen sind als Mechanismus einer Auslese zu verstehen, der sich schleichend vollzieht und aufgrund seiner Legitimation innerhalb des Schul- und Gesellschaftssystems als selbstverständlich angesehen wird. Diese Selbstverständlichkeit des Scheiterns von Kindern bildungsferner Schichten wird auch von diesen selbst als natürlich angesehen. Unterprivilegierte glauben gleichermaßen an den Schein der individuellen Leistung und Fähigkeiten, der ihnen in der Schule vorgehalten wird. Im Gegensatz dazu sind Privilegierte von dem Erfolg der eigenen Leistung überzeugt und verstehen diesen als Eigenleistung.

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