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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 09.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Chancen eines Einsatzes von Lyrik im Religionsunterricht zu beleuchten – dies ist das ausgeschriebene Ziel der Arbeit. Leserinnen und Leser, die aufgrund dieser ersten Auskunft deshalb nun ein methodisches Rüstzeug oder mundgerecht für den Unterricht präparierte Gedichte erwarten, werden jedoch enttäuscht werden. Es ist vielmehr die Konfrontation mit einer weit ausholenden Besinnung auf die Möglichkeit und Unmöglichkeit, Gott zu Sprache bringen zu können, die das Herz dieser Arbeit bildet. Wer sich auf den nicht immer leichten Weg dieser Besinnung zu begeben wagt, hat die Möglichkeit tief einzutauchen in die Frage nach der sprachlichen Fassbarkeit Gottes und in einen erfrischend anders gestalteten Exkurs der Theo-Logie! Voraussetzung hierfür ist die Auseinandersetzung mit dem Baugesetz der Arbeit. Ist dieses jedoch erst einmal erkannt, erschließt sich das Buch als eben das, was der Titel ankündigt: eine Untersuchung zur Sprachform der Gottesrede, deren besondere Form (so gut wie möglich) dem entspricht, was sie inhaltlich ausführt: Die Arbeit visiert eine Rede von Gott an, die sowohl Gott als auch den Schülerinnen und Schülern entspricht, nämlich Gott als den Unfassbaren und den Schülerinnen und Schülern als solche, die im Banne einer instrumentellen Sprache (die immer auch Religion und Schule durchdringt, wenn nicht sogar beherrscht) auch sich selbst zu fassen nicht in der Lage sind. Diese Rede ist aber nur dann möglich, wenn und insofern Gott ein Wort gesprochen hat, das sich selbst die menschlichen Möglichkeiten der Aufnahme und Aneignung schafft (transzendental) und indem Gott so zur Sprache gebracht wird, dass nicht nur über ihn gesprochen wird, sondern die Weise, von ihm zu sprechen, auch Sprache gibt, so dass Menschen in die Lage versetzt werden, von sich (aus) zu sprechen (kategorial) – kurz: indem Gott poetisch zur Sprache gebracht wird. Dies bildet die Arbeit durch ihren elegant vollzogenen Dreischritt (Wie sprechen vom Unfassbaren? - Über Inhalt und Form einer theologischen Gottesrede – Lyrik als Sprachform für eine schülerorientierte Theologie) als auch durch die Rahmung der diskursiven Erörterung durch Jes 55, 10-11 und Christian Morgensterns Gedicht Erster Schnee und den Ausgang des Gedankenganges von Rilkes Sprachkritik in seinem frühen Gedicht Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort und durch die Einfaltung des Gedankenganges in Kurt Martis Gedicht theolalie/reden von Gott ab. Auf diese Weise kontrastieren auf der einen Seite ein konstatierend-erfassendes Sprechen und auf der anderen ein dialogisches-sich bindendes Sprechen. Diese Gegenüberstellung wird gestützt von der Verknüpfung der Not, von Gott nicht sprechen zu können und doch von ihm sprechen zu sollen mit dem Umstand, dass in der Gottesrede Unsagbares ins notvolle Verstummen von Menschen einbricht.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3.2, Theologische Gottesrede als Theopoetik: Als erfahrungsbezogene und erfahrungsoffene Sprachform hat sich die metaphorische Sprache zweifellos charakterisieren lassen. Zugleich impliziert ihre Funktion, die Art und Weise, wie sie aus menschlichen Erfahrungen (und Begriffen) entspringen und auf das die Wirklichkeit Übersteigende hinweisen kann, ihr Zusammenspiel von Schärfe und Unschärfe, wie eine theologische Gottesrede formal gestaltet werden kann. Dabei thematisiert sie auch, indem sie zeigt, wie sie von der Wirklichkeit spricht, die Beschränktheit des menschlichen Wortes. Gleichzeitig konnte aber auch herausgestellt werden, dass ihr Bezug auf die Lebenswirklichkeit für die Verwendung in religionspädagogischen Kontexten zu beschränkt ist. Zudem sind die theologisch interessanten Implikationen nur dann erkennbar und wirksam, wenn ein theologisches Grundverständnis beim Rezipienten vorhanden ist. Daher erweist sich die Suche nach einem Ort, an dem die Art metaphorischen Redens wirksam ist und zusätzlich eine höhere Plausibilität aufgrund konkreterer Bezüge zur Lebenswirklichkeit gegeben ist, als obligatorischer Folgeschritt. Ein Ort, der ohne metaphorische Sprache nicht auskommen kann, ist die Poesie. Der Wechsel von der metaphorischen Sprache zur Poetik scheint auf den ersten Blick sprunghaft zu sein. Die in dieser Arbeit präsentierte metaphorische Sprache ist aber immer auch poetische Sprache. Sie impliziert nämlich ein bestimmtes, am Ende des Kapitels näher erläutertes Verständnis von Sprache, das auch der Poetik anhaftet. Ebenso kann umgekehrt gesagt werden, dass dichterische Sprache auch metaphorischen Charakter hat. In der speziellen Art und Weise, wie Gott jeweils zur Sprache kommen kann bzw. zur Sprache gebracht wird, zeigt sich das vorsichtige Herantasten an das Unfassbare, das immer neue Ausloten der sprachlichen Grenzen, der immer neue Versuch, Gottes Verschwiegenheit sprachlich auszudrücken. Die poetische Sprache scheint dieser Aufgabe gewappnet zu sein. Indem auch sie sich weigert, eine fertige Welt abzubilden, indem sie das durchbricht, was uns konventionell geworden ist , präsentiert sie eine nicht-fertige, nicht-abgeschlossene Welt und verweist damit auf ihre eschatologische Dimension. Der sich der Instrumentalität der Sprache verweigernde poetische Sprachgebrauch bricht das Abgeschlossene auf und spiegelt dies in der eigenen Übergänglichkeit wider. Hier zeigt sich die ästhetische Dimension der poetischen Sprache. Dieses Sprachverständnis ist (unter anderem) Grundlage der so genannten Theopoetik. In vielen Variationen und in zahlreichen Begriffen ist die Idee geäußert worden, Theologie und Poesie zusammenzudenken, Theologie als Poesie zu denken. Deshalb bedarf sie, in Anlehnung an das vorherige Kapitel, einer intensiveren Betrachtung. Vorab ist es wichtig, die dem Wort Poesie anhaftenden negativen Konnotationen zu relativieren. Zwischen der Dichtung und der Theologie eine produktive Korrelation zu vermuten, wirkt zunächst naiv, der Begriff Theopoetik künstlich und willkürlich. Mit einer ernsthaften, rationalen und den wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Auseinandersetzung mit der Gottesfrage ist ein romantisches Poesie-Verständnis freilich kaum vereinbar. Aber gerade diese auch heute noch stark verbreitete romantische Idee der Poesie führt zu vielen Missverständnissen, die den Begriff Theopoetik allzu schnell ins Lächerliche ziehen. Der eigentliche Gedanke der Theopoetik wird verwischt. Theopoetik kann grundsätzlich als der Versuch angesehen werden, in die Gottes-Rede die Vorstellung zu integrieren, dass Theologie immer auch und immer schon Poesie ist. Dieser Gedanke kann sich in zweifacher Weise manifestieren: erstens im Sinne des poetischen Redens von Gott – Theopoesie als Form der Gottes-Rede – und zweitens als Thematisierung Gottes als Schöpfer der Möglichkeit von Poesie. Theopoetik meint dabei eher die wissenschaftliche Auseinandersetzung, der Begriff Theopoesie bezieht sich auf den Vorgang der Gottesrede selbst. Die theologia poetica ist allerdings keine Erfindung der letzten Jahrzehnte, vielmehr gab es immer wieder Phasen der Geschichte, in denen sie einen Aufschwung erlebte: Die Renaissance, die Spätantike und die Antike. In der Neuzeit kam 1753 ein erneuter Enthusiasmus mit der Entdeckung des sogenannten Parallelismus membrorum durch den englischen Lordbischof Robert Lowth auf. Dieses formale Prinzip kennzeichnet die hebräische Poesie und bezeichnet einen Vers der Hebräischen Bibel, bestehend aus zwei Teilen, die einander zugeordnet sind. Es ist charakteristisch für die Sprachgewalt der Bibel und öffnet dem Leser mit seiner dualen, stereometrischen Ausdrucksform die Tür zu der Erkenntnis, dass die Wirklichkeit nicht präzise und vereinfacht in einem Wort dargestellt werden kann. Der Parallelismus in biblischer Poesie ist Ausdruck dualer, dialektischer, mehrschichtiger Wahrnehmung und der Erfahrung, dass es gut ist, eine Sache, ein Problem, eine Beziehung aus mehr als einer Perspektive zu betrachten. Damit wird angedeutet, wie von der Wirklichkeit Gottes gesprochen werden kann: nicht mit einer technischen Sprache, die nur die Oberflächenstruktur der Wirklichkeit wiedergeben kann, sondern mit einer Sprache, die ihren Ursprung selbst im Gesagten hat, eine Sprache, die inspiriert, geistgeschenkt ist, in der Gott sich zwar nicht selbst neu offenbart, aber seine Offenbarung gegenwärtig werden lässt. Dichterische Sprache ist demnach kein Werkzeug, das dazu dient, der Gefühlswelt des Dichters oder der Innenwelt der Menschen Ausdruck zu verleihen. Einer derartigen Funktionalisierung von Sprache erteilt sie eine Absage. Stattdessen wird der Dichtung die Kraft eingeräumt, Gotteserfahrungen zu ermöglichen, den Genannten selbst zur Sprache kommen zu lassen. Sie ist eine Sprache des Innehaltens, des Transzendierens und des Inszenierens des Anderen. Konsequenterweise kann nach den gewonnenen Eindrücken behauptet werden, dass Poesie die Urform von Theologie darstellt , die, so deutet Henning Schröer an, dem Menschen einverleibt wurde durch die Vergöttlichung der Menschen durch Jesus Christus. Damit zeigen sich schließlich in deutlicheren Konturen die Parallelen zwischen der metaphorischen und der poetischen Sprache. Beide implizieren keine rein semantischen Aussagen, verweisen stattdessen verstärkt auf eine außersprachliche Wirklichkeit, indem sie sich der der Sprache eigenen Fähigkeit zum übertragenen bildhaften Ausdruck bedienen. Mit der systematischen Verschmelzung und gleichzeitigen Gegenüberstellung von heterogenen Begriffen generieren sie zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten von Eigenschaften, die in der außersprachlichen Wirklichkeit als solche nicht anzutreffen sind. In ihrem Gebrauch von Sprache lässt sich von daher eine semantische Willkür erkennen, die aber bewusst akzeptiert wird. In der Dichtung wird diese Fähigkeit der Sprache bewusst gesteigert und eingesetzt. Dichterische Sprache will schließlich nicht Sachverhalte der außersprachlichen Wirklichkeit vermitteln, als vielmehr, Vorstellungen zu erzeugen, die über die Art, wie der Mensch sein Dasein in der Welt erfährt, Auskunft geben. In diesem unorthodoxen Gebrauch der Sprache liegt zugleich ihr schöpferisches Moment, da sie die außersprachliche Wirklichkeit nicht nur abzubilden, sondern zu übersteigen vermag. Sie ist schöpferisch, weil in ihr eine Sache, weil in ihr Sprache neu entstehen kann. Eine Theopoetik nimmt, und das soll der Schlusspunkt der Ausführung sein, von daher immer ein bestimmtes Gottesbild mit in ihr Reden auf, ihr Reden selbst steht stellvertretend dafür, wie Gott sprachlich dargestellt werden kann: Sprechen von Gott ist nur im Bewusstsein des Scheiterns möglich: Gott ist unaussprechlich, unverfügbar und unbegreiflich! Theopoetische Texte sind gekennzeichnet von einer vibrierenden Sprache, die immer auch Zweifel spüren lässt, der man ihre Besitzlosigkeit, ihr Bedrohtsein, aber auch ihre Risikobereitschaft anerkennen kann. Sie bildet Gott nicht einfach ab, sondern lässt ihn in die Sprache, sie umringt nicht das Besagte, sondern stößt es nur an. Sie definiert nicht in semantischer Klarheit, was oder wer Gott ist, sondern versucht als Sprache einen Ort bereitzustellen, an dem Er wahrgenommenen werden kann. Wo also das, was nicht Sprache ist, zu Sprache wird (und wo das, was bereits Sprache ist, gebrochen wird), da ist der Sitz des Poetischen. Und so wird Sprache selbst zu einer Allegorie der sprachlos sich meldenden Wirklichkeit. Behandelte dieses Kapitel bis hierher den theoretischen Hintergrund einer Theopoetik, d.h. einer heutigem Sprach- und Zeitbewußtsein adäquaten Stillehre angemessenen Redens von Gott , so wird die Arbeit infolgedessen Lyrik als einen, ja vielleicht den Ort poetischen Redens vorstellen. Es geht dabei noch nicht darum, konkrete lyrische Texte vorzustellen! Die praktische Umsetzung der bisher verstärkt wissenschaftlich-theoretischen Auseinandersetzung mit den formalen Kriterien einer theologischen Gottesrede soll von daher noch nicht erfolgen. Vielmehr wird beabsichtigt, Lyrik als Sprachform vor dem Hintergrund der bisher angestellten Untersuchungen inhaltlicher und formaler Kriterien einer theologischen Gottesrede zu erforschen.

Über den Autor

Jörn Freier studierte von 2002 bis 2009 an der Westfälischen Wilhelms-Universität katholische Theologie und Englisch. Sein Studium unterbrach er für einen Auslandsaufenthalt: er unterrichtete das Fach Deutsch an einer Gesamtschule im Norden Englands. Während des Studiums leitete Freier in einer außerschulischen Bildungsstätte unter katholischer Trägerschaft zahlreiche Kurse mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, durch die er immer wieder mit der Sprachlosigkeit junger Menschen, besonders bei der Frage nach Gott, konfrontiert wurde. Darüber hinaus begleitet ihn die Schwierigkeit, im Religionsunterricht Gott und passende Fragen an Ihn in Worte zu fassen. Er ist davon überzeugt, dass die gewaltige Sprachkraft der Gedichte auch für heutige Jugendliche ihren Charme nicht verloren hat!

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