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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Digitale Medien sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Gerade dem Fernsehen widmen die Menschen einen Großteil ihrer Zeit. Dass die Konsumenten jedoch nicht nur passiv vor dem Bildschirm sitzen, ist bereits bekannt. Speziell für die Jugend bildet das Fernsehprogramm ein Fenster zur Welt, in das sie nach Belieben hineinschauen können. Dieses Buch wagt einen Versuch das Konsumverhalten von Jugendlichen zu verstehen und wählt hierfür das prominente Genre Reality TV. Hierzu wird zunächst ein Fundament von Theorien zur Jugendphase, zur Rezeption von Medien und der Medienkompetenz an sich, aber auch zum Genre Reality TV gelegt. Im Hauptteil wurde vier Gruppen von Jugendlichen eine ausgewählte Folge der 2009 quotenstarken Sendung U20 – Deutschland deine Teenies gezeigt, über die sie diskutieren sollten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2.5, Identitätsfindung als Lebensaufgabe – Die Frage nach der Sozialisation: Die folgende Studie legt den Schwerpunkt auf die veräußerte Medienkompetenz von Jugendlichen und die Ausbildung eines kompetenten Medienumgangs über den Weg der Selbstsozialisation mit Medien. Selbstsozialisation, so lautete die Bilanz bereits in der Einführung in die Medienjugend, ist heute brisanter denn je, da ein allgemein gültiges Erziehungsziel – über die Vermeidung von abweichendem Verhalten hinaus – nicht herrscht. Es obliegt demnach der Eigeninitiative des Jugendlichen, sein Leben selbst zu bestimmen und sich seinen Platz in unserer Gesellschaft weitestgehend selbst zu suchen. Die ‘Sozialisationsinstanzen’ Elternhaus und Schule, wie Süss (2004) sie in Rekurs auf Tillman (2001) bezeichnet, werden in der heutigen Wissens- und Mediengesellschaft ihrer Funktion als Vermittler von Kompetenzen und Wissensbeständen nicht mehr ausreichend gerecht. Die Weitergabe von Handlungskompetenzen ‘von Generation zu Generation’ schlägt in vielen Fällen fehl, da die Erwachsenen mit den technischen und medialen Neuerungen kaum Schritt halten können (Treumann et al. 2007, S. 28f). Hier sind die ‘Digital Natives’, als Hineingeborene in die Welt der heute ‘Neuen Medien’, auf sich gestellt. Die Sozialisation verlagert sich von dem Elternhaus und der Schule in die Peer Group (ebd.). Jugendliche werden dabei von zahlreichen ‘Sozialisationsagenten’ begleitet, welche ‘ohne expliziten Auftrag oder Sanktionsmittel […] sozialisierend wirken’ (Süss 2004, S. 25). Diese sind, wie beispielsweise der Fernseher, Optionen, die von Jugendlichen selektiv als Einflussfaktoren herangezogen werden können. Sozialisation wird hier jedoch nicht als ein reines Hineinwachsen des Subjekts in die Gesellschaft verstanden. In der Weise, wie die Gesellschaft auf den Menschen wirkt, wirkt dieser auch auf die Gesellschaft. Im Rückgriff auf die vorgestellten Haltungen des Konstruktivismus, erstellt der Mensch sich seine Umwelt selbst, indem er sie interpretiert und für sich greifbar macht. Sozialisation ist in diesem Sinne eine interaktionistische Vermittlung von Subjekt und Umwelt. Jugendliche suchen sich selbst Angebote, von denen sie sich sozialisieren lassen (ebd., S. 32). Für den Bereich der Medien postuliert Aufenanger: ‘Menschen und Medien interagieren miteinander und Einflüsse müssen in diesem Wirkgefüge gesehen werden’ (Aufenanger 2008, S. 88). Der Mensch verbleibt, wie bereits die aktuellen Medienrezeptionstheorien mit aller Deutlichkeit betont haben, aktiv handelndes Subjekt, welches aus der Interaktion mit seiner Umwelt seine Identität konstruiert. Identität ist dabei kein einmal erworbener Status, sondern ein prozessuales Gebilde, welches lebenslang ständige Aktualisierung verlangt. Die Jugend jedoch gilt als Phase der Etablierung von Identität und kann als Startfeld der Identitätskonstruktion verstanden werden. Hiermit erhält sie besonderes Gewicht (Süss 2004, S. 25). Dabei bezeichnet Identität das Selbstverständnis einer Person, welches in drei Elemente untergliedert werden kann: ‘1) der Rekonstruktion der eigenen Lebensgeschichte und Entfaltung der Biographie, 2) dem aus den bisherigen Erfahrungen entwickelten Lebensentwurf, 3) der aktuellen Positionierung im Verhältnis zu den Anforderungen der Handlungssituation. Identität hat somit einen retrospektiven, einen prospektiven und einen aktuellen, handlungsrelevanten Aspekt’(Mikos 2004, S. 159). Dieses Begriffsverständnis integriert dabei das gesamte Leben des Individuums, zu dem auch vermehrt die Medien als Umweltfaktoren zählen. Dabei ist es natürlich von Interesse, wie die Medien als Sozialisationsagenten mit den Sozialisationsinstanzen im Verhältnis stehen. Mediennutzung findet meist im sozialen Kontext statt und breitet sich zunächst vom familiären Rahmen in alle Alltagsbereiche (wie Schule oder Peergroup) aus. Für die Forschung muss daher Identität durch Medien immer auch im Wirkkontext der Familie und sozialen Situation gesehen werden (Aufenanger 2008, S. 89). Speziell das gemeinsame Fernsehen ist eine gängige Familienaktivität, die durch eine enorme Programmvielfalt jedes Alter anspricht. In verschiedenen Formaten (z. B. dem Reality TV) werden unterschiedliche Lebensmodelle vorgestellt, anhand derer sich der Jugendliche ‘selbst am Anderen’ wahrnehmen kann (Mikos 2004, S. 162). Wurde Sozialisation nach früherer Vorstellung auf dem Weg sozialer Interaktion praktiziert, so muss heute der Bereich Medien – also die parasoziale Interaktion – hinzuaddiert werden (ebd., S. 157f). Süss beschreibt die Medien als ‘Steinbruch’ und meint damit, dass sich in den Medientexten Erfahrungen finden lassen, die solche der sozialen Umwelt entscheidend erweitern (Süss 2004, S. 69). Heranwachsende werden mit Normen und Werten konfrontiert, die ihnen in der sozialen Interaktion möglicherweise nicht zugänglich wären. Diese können frei wählbar angenommen oder abgelehnt werden, wodurch diese einen Beitrag zur Verortung des Selbst leisten können (ebd.). Doch gerade dieser unerschöpfliche und auch unkontrollierbare Vorrat an Meinungen und Haltungen in den Medien lässt Raum für Bedenken gegenüber der ‘richtigen Entscheidung’ der Jugendlichen. Es ist nicht zu widerlegen, dass sich in den Medien durchaus subversive Gedanken wiederfinden lassen. Dennoch sei für das Medium des Fernsehers, auf den sich hier beschränkt werden soll, festzuhalten, dass die Medienanstalten einer Zensur unterliegen, die es kaum zulässt jungen Menschen extremes Gedankengut nicht systemerhaltend moralisch gefärbt zukommen zu lassen. Eine Fremdsozialisation im Bereich des Fernsehens ist damit nicht in jedem Fall notwendig, ebenso wie teils unmöglich. Jugendliche selektieren aufgrund ihrer eigenen Interessenslagen, die kaum von außen gesteuert werden können. Das Wirken eines Inhalts, über die reine Rezeption hinaus, obliegt demnach ausschließlich dem Subjekt. Beruhigend kann hinzugefügt werden, dass Medienkompetenz, wie sie hier untersucht werden soll, ‘teilweise ein Resultat autodidaktischer Bemühungen ist und damit auch en passant erworben werden kann’ (Treumann et al. 2007, S. 32). Festzuhalten bleibt, dass Sozialisation als Aufgabe des Subjekts nicht wahllos und ungezügelt verläuft, sondern sich an den Entwicklungszielen der Heranwachsenden orientiert. Medien sind eine Ergänzung zu den Erfahrungen der sozialen Interaktion und werden vom Jugendlichen selektiv verwendet, um eine eigene Identität im Verhältnis zu anderen zu entwickeln. Diese Identität wird durch lebenslange Erfahrungen erweitert, erhalten oder moduliert. Fremdeinflüssen können Anreize bei der Sozialisation sein, müssen aber durch den Jugendlichen gebilligt werden, um wirken zu können. Medienkompetenz ist dabei eine Erscheinung der Sozialisation, welche auch über den Weg der Selbstsozialisation erlangt werden kann.

Über den Autor

Andy Blum wurde 1985 in Meppen geboren. Sein Studium der Erziehungswissenschaften an der Justus-Liebig Universität Gießen schloss der Autor 2010 mit dem akademischen Grad Diplom Pädagoge mit Auszeichnung ab. Früh im Studium zeichneten sich bereits seine Interessen für die Jugendphase und den Umgang mit Medien ab. In diversen Tätigkeiten konnte der Autor seine theoretischen Interessen praktisch festigen. Am deutlichsten wird dies in seiner 3-jährigen Anstellung als Betreuer in der stationären Jugendhilfe für männliche Jugendliche. Weiterhin mit der Wissenschaft verbunden, lehrte Herr Blum sein Wissen im Rahmen eines Lehrauftrags 2011 an der Justus-Liebig Universität in Gießen. Sich selbst beschreibt er heute jedoch eher als konfrontativer und klientenzentrierter Praktiker und widmet sich seit 2014 einer Beratertätigkeit für Erziehungshilfestellen.

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