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Pädagogik & Soziales

Annika Christiansen

Tiergestützte Arbeit in der Traumabewältigung von Kindern und Jugendlichen

ISBN: 978-3-95934-863-8

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 01.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Begriff Trauma ist derzeit in aller Munde, doch was steckt dahinter? Traumaspezialisten sind sich in der Verwendung nicht einig. Die meisten Spezialisten sind der Meinung, die Auswirkungen des Traumas werden durch die Intensität des Erlebten beeinflusst, andere Fachleute stellen die Konstitution des Menschen in den Vordergrund, welche die Verarbeitung eines Negativerlebnisses beeinflusst und somit auch Erfahrungen traumatische Wirkung erhalten können, die für andere Menschen als nichtig erscheinen. Diese Undurchsichtigkeit erschwert die Handhabung des Begriffs nicht nur für Laien, sondern auch für Fachleute. Doch was kann bei einem traumatischen Erlebnis getan werden? Das noch junge Fachgebiet der Traumapädagogik entwickelt nun strukturierte Hilfeangebote, um ein effektives Arbeiten mit dem traumatisierten Klientel gewährleisten zu können und somit ihre Fachkräfte in diesem Bereich wirksamer werden zu lassen. Eine mögliche und wirksame Stütze in der Traumapädagogik könnte die immer beliebter werdende tiergestützte Arbeit darstellen. Immer mehr Studien über die unterschiedlichen Wirkungen von Tieren auf den Menschen werden publiziert. Skeptiker sind schwer zu einer Auseinandersetzung mit diesem Thema zu veranlassen, sodass die wissenschaftliche Erforschung nur langsam voran geht. Da tiergestützte Interventionen eine neue Ressource der Pädagogik darstellen, soll diese Arbeit Aufschluss darüber geben, ob die tiergestützte Arbeit eine Unterstützung für die Traumapädagogik sein kann. Wieso haben Tiere eine Wirkung auf den Menschen und was kann der professionelle Einsatz von Tieren in der Arbeit mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen bewirken? Um diesen Fragen nachzugehen, behandelt die Arbeit zunächst die Entstehungsweise eines Traumas und deren Auswirkungen im Körper. Bei dieser Betrachtung wird speziell auf Kinder und Jugendliche eingegangen. Zudem werden der hohe Arbeitseinsatz der Pädagogen und mögliche Gefahren in der Traumaarbeit aufgezeigt. Des Weiteren wird dann die tiergestützte Pädagogik beleuchtet.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4. Die tiergestützte Pädagogik: Der Einsatz von Tieren im Sozial- und Gesundheitswesen wird in Deutschland noch nicht lange praktiziert, sodass ein überdisziplinäres Grundverständnis, eine konzeptionelle Fundierung sowie Untersuchungen und Evidenzbasierungen von tiergestützten Interventionen noch weitestgehend fehlen. (Vgl. Wohlfarth, 2013, 12) Diese Aspekte werden jedoch benötigt, um eine allgemeine Akzeptanz dieser Arbeitsrichtung zu erreichen, was folgende Organisationen realisieren wollen. 1977 gründet sich eine Gesellschaft zur Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung in den USA mit Namen Delta Society . Sie erarbeitet erstmalig Richtlinien für die Arbeit mit Tieren und erforscht die Wirkung tiergestützter Interventionen. Internationale Organisationen wie z.B. ESAAT18 und ISAAT19 orientieren sich hieran. (Vgl. Kirchpfennig, 2014, 11) ESAAT gründet sich 2004 und versteht sich als Verein zur Erforschung und Förderung der therapeutischen, pädagogischen und salutogenetischen Wirkung der Mensch/Tier-Beziehung . (Vernoij, Schneider, 2013, 54) Unter dem Präsidenten Dr. Rainer Wohlfarth zielt sie zudem auf einheitliche Qualifikationsstandards bei Aus- und Weiterbildung innerhalb Europas sowie auf Anerkennung der tiergestützten Therapie als eigenständige Form. ISAAT wird 2006 unter Leitung von Prof. Dr. Erhard Olbrich gegründet und setzt sich für Qualifikationskontrolle bei Aus- und Weiterbildung durch unabhängige Institutionsakkreditierung ein. Des Weiteren arbeiten sie auf die Anerkennung tiergestützter Interventionen als (gesundheits)fördernde Maßnahmen hin (Vgl. ebd. 54f). 4.1 Abgrenzungen der tiergestützten Arbeitsweisen: Betrachtet man die vielfältigen Titel- bzw. Arbeitsbezeichnungen, können über 20 verschiedene Bezeichnungen der tiergestützten Therapie und 12 unterschiedliche Titel für Tiereinsätze als Helfer gefunden werden. Das macht die Klärung des Tätigkeitsbereiches nicht einfach. (Vgl. Wohlfarth, 2012, 1) Trotz der benannten Organisationen bestehen noch keine einheitlichen Definitionen bzw. geschützte Titel, auf die sich berufen werden kann. Die Delta Society unterscheidet zwei Kategorien. Zunächst die Animal-Assisted Activities, welche aus Aktivitäten mit Tieren besteht, um eine Steigerung des Wohlbefindens und der Lebensqualität von Klienten zu erreichen. Eine Ausbildung ist hier nicht erforderlich. Die Animal-Assisted Therapie ist dagegen Teil eines therapeutischen Settings mit vorher definierten Zielen und steter Dokumentation. Hier ist nur die Arbeit von Fachkräften und Therapeuten erlaubt, mit Einsatz geschulter Tiere (Vgl. Kirchpfennig, 2014, 11). Im deutschsprachigen Raum werden neben der tiergestützten Aktivität und der tiergestützten Therapie noch zwei weitere Unterscheidungen vorgenommen. Zum einen die tiergestützte Förderung, die nach einem festgelegten Förderplan auf Entwicklungsfortschritte zielt und vorhandene Ressourcen der Klienten nutzt und erweitert. Auszuführen sind diese Maßnahmen durch verschieden qualifizierte Personen mit geschultem Tier. Das Angebot findet mehrmals statt und wird dokumentiert. Die tiergestützte Förderung kann zudem noch in pädagogische-sonderpädagogische und materiell-ökonomische Förderung differenziert werden. Diese Kategorie der tiergestützten Arbeit ist im wesentlichen der tiergestützten Pädagogik zuzuordnen, welche allerdings noch Erweiterungen aufweist und die zweite Unterscheidung darstellt. Die tiergestützte Pädagogik initiiert und unterstützt Lernprozesse im sozio-emotionalen Bereich. Sie arbeitet nach klientenorientierten Zielvorgaben und benötigt zur Durchführung eine (sonder)pädagogische Qualifikation, sowie ein speziell geschultes Tier. Die tiergestützten pädagogischen Maßnahmen finden über einen längeren festgelegten Zeitraum statt und werden dokumentiert (Vgl. Vernoij, Schneider, 2013, 36-41). Am häufigsten sind in der Praxis die tiergestützte Aktivität, Pädagogik und Therapie zu finden, welche unter dem Begriff tiergestützte Interventionen zusammengeschlossen werden können. Je nach Zielsetzung ist der Einsatz verschiedenartiger Tiere möglich. Wichtig ist die artspezifischen und individuellen Charaktereigenschaften des Tieres zu kennen, um diese in der Intervention sinnvoll einsetzten zu können. Das Tier wird nicht als alleiniger Initiator angesehen, sondern gilt als Unterstützung für die ausführende Person. Diese muss vor Beginn der Maßnahme eine Vorstellung erarbeiten, was das Tier beim Klienten auswirken kann bzw. soll, speziell nach klientenorientierten Zielvorgaben. Hier ist besonders Flexibilität während der Maßnahmen von Nöten, um ungeplante Effekte auffangen und nutzbar machen zu können. Das Tier bleibt trotz Instrumentalisierung geschützt, wie auch der Klient in einer sicheren und strukturierten Situation. Dies stellt hohe Anforderungen an die auszuführende Person, da sie nicht nur das Kind bzw. den Jugendlichen berücksichtigen, sondern auch stets das Wohl und die möglichen Verhaltensweisen des Tieres im Blick behalten muss. Nur so können die positiven Effekte des Tieres in der Arbeit mit Menschen genutzt werden (Vgl. ebd. 45f). 4.2 Kann die tiergestützte Pädagogik den allgemeinen Zielen der Pädagogik standhalten? Aufgrund der noch sehr jungen und nicht vollständig anerkannten Arbeitsweise der tiergestützten Pädagogik werden hier zunächst die derzeit wichtigsten allgemeingültigen Ziele der Pädagogik aus der westlichen Kultur vorangestellt. Daraufhin folgen die Ziele und Leistungen der tiergestützten Pädagogik, sodass Überschneidungen der wichtigsten Komponenten ersichtlich werden und die fachliche Kompetenz der tiergestützten Pädagogik offen gelegt werden kann. 4.2.1 Allgemeine Ziele der Pädagogik: Das Interesse der pädagogischen Arbeit kann durch drei zentrale Fragen beschrieben werden. Wer ist der junge Mensch derzeit? Welches Entwicklungsziel wird für ihn zukünftig angestrebt? Und wie kann dies bestmöglich, im Prozess des Erwachsenwerdens, in Form von Unterstützung realisiert werden? Ziel der Pädagogik ist somit: Der Junge Mensch soll unter Ausschöpfung seines genetischen Potentials, eingebettet in ein gesellschaftliches Ganzes, selbständig und selbsttätig, vor dem Hintergrund der realen Gegebenheiten sein Leben unter eigener Zielsetzung, mit eigenen Strategien und bezogen auf eigene Interessen und Bedürfnisse gestalten. (Vernoij, Schneider, 2013, 79) Um den individuellen und auch gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, teilt sich die Pädagogik in verschiedene Fachrichtungen. Sie beinhaltet vier Prinzipien, nach denen sie handelt. Zum Ersten die entwicklungsorientierte Arbeit. Hier wird der derzeitige Entwicklungsstand des Klienten betrachtet und unterstützend zum Soll-Stand hingewirkt. Wichtig sind stets die individuellen Gegebenheiten des Kindes bzw. des Jugendlichen einzubeziehen. Das ressourcenorientierte Arbeiten ist das zweite Handlungsprinzip. Fähigkeiten werden gefördert und Begabungen entdeckt, sodass der Klient eine innere Stärkung erfährt. Zudem sollen Entwicklungsdefizite aufgeholt, Fehlentwicklungen korrigiert und fehlende Ressourcen kompensiert werden. Zum Dritten gibt es das bedürfnisorientierte Prinzip in der Pädagogik. Es hat aktuelle, aber auch zukünftige Bedürfnisse des Kindes im Blick und versucht diese, durch Schaffung notwendiger Kompetenzen zu befriedigen. Das autonomieorientierte Arbeiten stellt das vierte Handlungsprinzip dar und fördert den Klienten zu einem selbständigen und selbstbestimmten Menschen. Hierzu gehören u.a. selbständiges Denken und Handeln wie auch innere und äußere Unabhängigkeit, mit all ihren Anforderungen. Damit diese Handlungsprinzipien in der pädagogischen Praxis ihre Wirkung entfalten können, müssen notwendige Voraussetzungen zum (Um-)Lernen für den Klienten geschaffen sein. Lernen im weiteren Sinne umfasst die Herausbildung und Ausschöpfung aller geistigen und psychischen Merkmale und Anlagen durch die Auseinandersetzung mit der Umwelt (Vernoij, Schneider, 2013, 81). In der heutigen Zeit besteht ein Verständnis des kognitivkonstruktivistischen Lernens. Dieses prägt eine individuelle Bedeutungskonstruktion der Umwelt. Der Lernende ist aktiv an der Aneignung neuer objektiver Informationen beteiligt, welche er sich subjektiv, gefärbt durch emotionale und soziale Aspekte, aneignet. Es sind verschiedene Arten des Lernens möglich, wobei das implizite Lernen besonders bedeutend für die Persönlichkeitsentwicklung ist. Um effektive Lernsituationen gestalten zu können, sollten diese mehrdimensional ausgerichtet sein, sodass viele neuronale Schaltungen angesprochen werden. Neben Einbezug des kognitiven Bereichs, sollten auch sinnliche, affektive und motorische Ebenen angesprochen werden. Um Lernen zu können, bedarf es einer intrinsischen Motivation, welche die Ausführung von Selbstbestimmung und Kompetenz benötigt. So muss sich ein Lernender als kompetent und selbstbestimmt wahrnehmen, um einen Lernvorgang durchlaufen zu können. Die bereits benannten Aspekte sind auch im Aufbau einer Intervention zu beachten. So sollte die Zielsetzung nach den individuellen Fähigkeiten des Jugendlichen aufgebaut sein, sodass die Maßnahme als gut zu bewältigende Herausforderung wahrgenommen wird. Dies ermöglicht dem Jugendlichen ein bestmöglichstes Feedback seiner eigenen Fähigkeiten. Zudem sollte die Attributionstendenz im Blick behalten werden. Fällt die Intervention mit positivem Ergebnis aus, so sollte sich der Jugendliche dies seinen eigenen Fähigkeiten zusprechen. Misserfolge sollten jedoch auf externe Bedingungen wie z.B. die mangelnde Zeit geschoben werden können. Dieser hauptsächlich subjektive Prozess ist wichtig, um zukünftig neuen Herausforderungen positiv zu begegnen trotz vergangener Misserfolge. Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Gestaltung einer Intervention ist, dass das Erleben von Freude und Stolz bei einem Erfolg größer ausfällt, als mögliche negative Gefühle bei einem negativen Ergebnis. Bei der Arbeit mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen darf die Sonderpädagogik (bzw. Heilpädagogik) mit ihrer speziellen fachlichen Ausrichtung nicht außer Acht gelassen werden. Sonderpädagogik ist eine Teildisziplin der Pädagogik [und] umfasst die Theorie und Praxis der Erziehung, Bildung, Förderung und Fürsorge von Kindern und Jugendlichen, die aufgrund körperlicher, geistiger und/oder seelischer Beeinträchtigungen in ihrer Entwicklung und in ihrem Lernen gehemmt bzw. behindert sind (Vgl. Vernoij, Schneider, 2013, 87). Besonders bei Traumatisierten ist die psychische Stabilisierung von großer Bedeutung. Kinder und Jugendliche, die Belastungen in ihrer Lebensgestaltung ausgesetzt sind bzw. wurden, haben meist Verzögerungen in ihrer Identitätsentwicklung. In diesem Fall wird die Identitätsentwicklung mit erhöhtem Energieaufwand schubweise nachgeholt und Beeinträchtigungen in das Selbstbild eingefügt. Dieser Prozess wird durch die nichtbeeinträchtigte Umwelt meist erschwert, sodass positive Beziehungen noch wichtiger sind als sonst bei normal entwickelten Kindern (Vgl. Vernoij, Schneider, 2013, 78-87).

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